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Begründung der Fragestellungen

motivationalen Konstrukte untersucht werden und danach die stark beeinflussenden bei weiteren Berechnungen kontrolliert (auspartialisiert) werden.

5.3 Begründung der Fragestellungen

Im Folgenden werden die zentralen Fragestellungen und ihre Kernelemente be-schrieben und untermauert (Kap. 5.3.1 bis 5.3.7). Dabei werden die Konstrukte so-wohl der abhängigen als auch der unabhängigen Variablen dargelegt und begründet.

Ebenso erfolgen Begründungen zur differentiellen Perspektive, zur Benützung der Daten von 13-Jährigen als auch zu längsschnittlicher Forschung.

5.3.1 Warum soziale Eingebundenheit als unabhängige Variable?

Nach der SDT sind für die Ausprägung der Lern- und Leistungsmotivation Autono-mie, Kompetenzerleben und soziale Eingebundenheit verantwortlich. Sie sind quasi die Motoren der Motivation.

Dass in dieser Arbeit die soziale Eingebundenheit im Elternhaus und in der Schule und die davon abhängige Leistungsmotivation und nicht die Selbstwirksamkeit (s.

Variable m4) fokussiert werden, kann auch gemäß Krapp und Ryan (2002) gestützt werden. Diese weisen auf den zentralen Kritikpunkt der SDT am Konzept der Selbstwirksamkeitserwartung hin, in der die Herkunft der motivationalen Dynamik zuwenig berücksichtigt sei (S. 65).

Es interessiert also nicht vor allem, ob der Jugendliche motiviert bzw. eine eigene hohe Selbstwirksamkeit besitzt, sondern inwiefern die Motivation gefördert wird bzw. von welchen Determinanten sie abhängig ist. Nach der SDT ist es vor allem der psychosoziale Kontext, der prägend wirkt.

5.3.2 Zur Begründung des Konstrukts der Leistungsmotivation

Die Skala Leistungsmotivation, wie sie in der vorliegenden Arbeit benutzt wird, be-inhaltet die Einschätzungen von Anstrengung, Ausdauer und Ehrgeiz, wobei die Schüler sich mit den Klassenmitgliedern vergleichen. Dieses Konstrukt ist nicht domänenspezifisch und reiht sich darum zu Arbeiten von Grolnick und Ryan (1989) ein, Grolnick, Kurowski, Dunlap und Hevey (2000), Wild und Wild (1997) und Wild und Hofer (2000), die ebenfalls die Bedeutung der häuslichen Lehr-Lern-Situation für eine übergreifende Motivation fokussierten. Exeler und Wild (2003), die die Rolle der Eltern für die Förderung selbstbestimmten Verhaltens bei Gymna-siasten längsschnittlich untersuchten, benutzten als quantitatives Maß der Motiva-tion ebenfalls die Skala schulische Anstrengungsbereitschaft von Pekrun (1983), die sich mit vergleichsweisen hohen Regressionskoeffizienten vor allem auf die Fakto-ren emotionale Unterstützung und angepasste Ansprüche der Eltern stützt – unter Kontrolle des sozioökonomischen Status, der Noten und der Eingangsmotivation (vgl. S. 18). Tabelle 5.4 zeigt diese Resultate auf.

5 Fragestellung, Rahmenmodell und Begründung 5.3 Begründung der Fragestellungen

Tabelle 5.4: Zusammenhänge zwischen Formen der Lernmotivation und elterlichen Einstellungen und Instruktionsstrategien; stan-dardisierte Regressionskoeffizienten unter Kontrolle von sozioökonomischem Status, Noten und Eingangsmotivation (Exeler & Wild, 2003, S. 18);

Autonomie emotionale Unterstützung Prozessorientiert Regeln und Rituale Produktorientiert hohe Anspche Leistungs- orientierter Druck

Interesse .06 .19 .09 -.03 -.06 -.25 -.17 Aufgaben-Orientierung .12 .22 .17 -.17 -.03 -.25 -.17 Identifizierte Motivation .12 .31 .14 -.04 .02 -.29 -.14

Anstrengungsbereitschaft .04 .28 .23 -.03 -.10 -.34 -.13

externale Motivation .12 .18 -.11 -.11 .09 -.06 .02 Ich-Orientierung .11 .18 .03 -.09 -.05 -.13 .05

Vermeidung .10 .09 .06 -.02 -.04 -.07 .06

Abneigung .01 -.07 -.19 -.07 -.03 .16 .15

Fettmarkierung der Begriffe durch D.L.; schattierte Zellen (p< .05); kursiv dargestellt (p< .07); fett dargestellt (höchste Werte); Werte ohne Her-vorhebung (= nicht signifikant)

Es kann also gefolgert werden, dass die sozial-emotionale Eltern-Unterstützung ei-nerseits und angepasste und nicht zu hohe Erwartungen andererseits (s.a. unter Kap.

4.2.5 B „Einfluss der wahrgenommenen Begabungseinschätzung und Erwartung von Seiten der Eltern“) für die Anstrengungsbereitschaft und die identifizierte Motiva-tion von zentraler Bedeutung ist. Zu hohe Erwartungen wirken kontraproduktiv. E-xeler und Wild (2003) verweisen aber auf die kleinen Aufklärungsbeitrage der elter-lichen Einstellungs- und Verhaltensweisen auf die Lernmotivation in diesem eher kürzeren Längsschnitt, welche in nachfolgenden Untersuchungen weiter zu prüfen seien. Diese „verfestigten Interaktionsmuster der emotionalen Beziehung zwischen Eltern und Kind“ können mit vorliegender Untersuchung zur Bestimmung der Leis-tungsmotivation über einen Zeitraum von 20-22 Jahre untersucht werden.

Aufgrund der Tatsache, dass bei der Studie von Exeler und Wild (2003) die emotio-nale Unterstützung in einem Nebenfach wie Chemie für eine Leistungsmotivations-steigerung unter Kontrolle von Schicht, Leistung und Eingangsmotivation sorgt, lässt sich vermuten, dass die global erhobene Leistungsmotivation (im Gegensatz zur domänenspezifischen), wie sie in dieser Arbeit untersucht wird, von großer Be-deutung bleibt.

Da die Anstrengung in der Skala berufliche Leistungsmotivation und berufliche Weiterbildungsmotivation im Erwachsenenalter ebenfalls global formuliert ist (siehe Kap. 6.3.5), ist die Prüfung der Stabilität bzw. Instabilität bezüglich Leistungsmoti-vation unter Kapitel 7.6 ebenfalls sinnvoll.

5.3.3 Warum Fokussierung auf „selbstbestimmte“ extrinsische Motivation mit-tels Konstrukt Leistungsmotivation?

Wie in Tabelle 5.4 bezogen auf Gymnasiasten gezeigt wurde, ist ein ähnlicher Effekt auch für die vorliegende Fragestellung zu erwarten: Soziale Unterstützung und

Ein-5 Fragestellung, Rahmenmodell und Begründung 5.3 Begründung der Fragestellungen

gebundenheit zuhause sollten auch in der längsschnittlichen Analyse der beruflichen Weiterbildungs- und Leistungsmotivation ihre Wirkung zeigen, wenn diese extrinsi-sche Motivation identifiziert oder internalisiert und damit internal reguliert ist. Die Bedeutung dieser höchsten Art extrinsischer und somit selbstbestimmter Motivation ist im schulischen Kontext besonders wichtig:

Auch wenn ein interessenbasiertes Lernen, das durch eine hohe wertbezogene und gefühlsbetonte Valenz gekennzeichnet ist, ohne Zweifel den Idealfall markiert, wäre es gerade im Kontext Schule, in dem Lerner nur bedingt ihren eigenen Interessen nachgehen können, bereits von Vorteil, wenn aus ‚nüch-terner’ Einsicht in den Wert von Bildung gelernt wird. (Exeler & Wild, 2003, S. 9)

Diese Einsicht, in der Schule vor allem aus Gründen für spätere Berufschancen zu lernen, ist vielen Jugendlichen aber abhanden gekommen. In der vorliegenden Ar-beit interessiert nicht vor allem die intrinsische Motivation mit ihren ausgewiesenen längerfristigen Auswirkungen, sondern die Leistungsmotivation auf der Stufe inter-nal ausgelöster Regulation (s. Kap. 3.2.4 C), welche zwar einhergeht mit dem Ge-fühl der Selbstbestimmung, sich aber von der interessensbasierten Motivation klar abhebt, indem die sodann integrierten Ziele und Anforderungen ursprünglich von außen kamen. Diese Motivation hat also immer noch einen instrumentellen Charak-ter. Man strengt sich nicht vor allem des Interesses wegen, sondern aus Gründen ei-nes zu erreichenden Zielzustandes oder einer zu erlangenden sozialen Eingebunden-heit in der Klasse oder zuhause an. Man möchte dazugehören. Die soziale Einge-bundenheit ist also eine Ursache extrinsisch, aber selbstbestimmt motivierten Ver-haltens. Sie ist es, die den Identifikationsprozess mit von außen vorgegeben Zielen fördert. Nach Deci und Ryan (1993) beruht die Motivation zur aktiven Auseinander-setzung mit der Umwelt letztendlich auf den „sozialen Bedingungen, die das Bestre-ben nach Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit unterstützen oder verhindern“ (S. 236; Hervorhebung durch D.L.).

Wenn bei den Korrelationsberechnungen zwischen Leistungsmotivation im Jugend-alter und beruflicher Weiterbildungs- und Leistungsmotivation im ErwachsenenJugend-alter (entweder als intrinsische oder selbstbestimmt extrinsische Form) signifikante Werte (je nach Kontext) berechnet werden, so können diese Resultate als große längsschnittliche Bewegungen von external in internal regulierte Motivation aufge-fasst werden. Weiterbildung im Erwachsenenalter ist im Normalfall eine freiwillige Sache und geht eher auf innere als äussere Steuerung zurück. Es darf als selbstbe-stimmte Motivation angenommen werden.

5.3.4 Warum differentiell-geschlechtsspezifische Auswertungen für Schüler des Gymnasiums und der Hauptschule?

„[Die Schule] – so der generelle Tenor der Forschung – verfestigt geschlechtsspezi-fische Unterschiede im Verhalten, einschließlich kognitiver, emotionaler und

moti-5 Fragestellung, Rahmenmodell und Begründung 5.3 Begründung der Fragestellungen

vationaler Aspekte“ (Gudjons, 1995, S. 167). Tabelle 5.5 zeigt die geschlechtsspezi-fischen Rangkorrelationswerte zwischen Berufsinteresse und Berufsprestigeangaben aus einer Studie von Barnett (1975). Es ist zu erkennen, dass bei den Knaben mit steigendem Alter das Interesse an prestigeträchtigen Berufen zunimmt. Obwohl die Studie von 1975 ist und sich beim Thema Gender zwischenzeitlich viel bewegt hat, erscheint es plausibel, dies als weiteren Beleg zu nehmen, warum Knaben gegenüber Mädchen eine unterschiedliche Sozialisation in der Leistungsmotivationsentwick-lung aufweisen könnten.

Tabelle 5.5: Geschlechtsspezifische Rangkorrelationswerte zwischen Berufsinteresse und Berufsprestigeangaben bei Kin-dern/Jugendlichen (vgl. Barnett, 1975)

Alter (Jahre) 9 10 11 12 13 14 15 16 17

Rangkorrelationen

Männlich (N=1531) .39 .44 .37 .59 .58 .57 .73 .63 .72

Weiblich (N=988) .00 .22 .14 -.04 -.18 .14 -.12 -.19 -.07

“Schulerfolgsentwicklungen gehen bei Jungen im Gegensatz zu Mädchen ‚Hand in Hand’ mit Veränderungen des Eltern-Kind-Verhältnisses” (Fend, 1998, S. 161).

Fend wertet dies als Hinweis, dass für Eltern die Schullaufbahn von Jungen auch heute noch wichtiger ist als jene für Mädchen. Somit schlagen sich Erfolge oder Mißerfolge bei Jungen auf die Beziehung auch stärker zu Buche (vgl. ebd.).

Der enge Zusammenhang zwischen Schulerfolg und Eltern-Kind-Beziehung, so Fend (1998), spiegle sich auch darin, dass die Veränderungsmuster mit der Schul-formzugehörigkeit der Jugendlichen korrespondiere. „Jugendliche in Gymnasien ha-ben ein besseres Verhältnis zu den Eltern als Jugendliche in Realschulen. Gleich-zeitig bleibt es bei Gymnasiasten besser als bei Realschülern” (S. 161). Zudem ist das schulische Problemverhalten insgesamt deutlich stärker mit einer belasteten Be-ziehung zu den Eltern verknüpft als außerschulisches Risikoverhalten (vgl. S. 170).

Die Fragestellung bezüglich der differentiellen Wirkung der Selbstbestimmungs-theorie in verschiedenen Schulkontexten und in Abhängigkeit des Geschlechts grün-det auch auf dem Fazit von relevanten Studien zum gleichen Thema:

Wild und Hofer (2000) weisen auf Unterschiede in der Leistungsmotivations-Entwicklung zwischen Gymnasiasten und Berufsschülern hin. Sie halten fest, dass Schüler in der beruflichen Erstausbildung in beiden motivationalen Orientierungen höhere Werte als gleichaltrige Schüler in den letzten Klassen der gymnasialen Ober-stufe erzielen. Diese Differenzen können nach Ansicht der Autoren auf Unterschiede in der schulischen Lernumgebung und hier insbesondere auf den starken Anwen-dungsbezug der Lerninhalte in der Berufsschule zurückgeführt werden. Solange aber solche Befunde nicht auf Längsschnittstudien beruhen, „die die Entwicklung ver-schiedener Formen der Lernmotivation über die gesamte Spanne der schulischen und beruflichen Ausbildung hinweg“ abbildet, bleibt eine solche Interpretation für die Autoren doch spekulativ. Die Unterschiede könnten gerade so gut aufgrund von früheren (außer-)schulischen Lernerfahrungen zustande gekommen sein.

5 Fragestellung, Rahmenmodell und Begründung 5.3 Begründung der Fragestellungen

Stuhlmann (2005) hat gezeigt, dass vor allem die Gruppe „Mütter mit Kindern“ be-züglich beruflicher Leistungs- und Weiterbildungsmotivation tiefe Werte haben, während dies für „Männer mit Kindern“ nicht gilt. Insofern ist es auch nachvoll-ziehbar, dass bei der vorliegenden Untersuchung vor allem die Gruppe der Männer fokussiert wird.

Meier (2004), der vertiefende Analysen mit PISA-2000-Daten zum Kontext von Schülerleistungen machte, weist auf die empirische Tatsache des Familienklimas in Abhängigkeit des Schultyps hin: „Je ‚höher’ die Schulform, desto sozial besser ge-stellt ist die Schülerschaft – und desto eher wird das Familienklima als akzeptierend eingeschätzt“ (S. 190). Obwohl die Unterschiede klein ausfallen, so Meier weiter, wirkt sich dieser Befund vor allem bei Knaben in Zusammenhängen mit anderen Konstrukten (hier z.B. Lesekompetenz) aus. Mädchen zeigen bezüglich des Zusam-menhangs zwischen Lesen und Familienklima nicht solche ausgeprägte Resultate.

Seine Daten zeigen also, dass beim Zusammenhang von Klima und Leis-tung(smotivation) die Fokussierung auf Knaben sinnvoll ist (vgl. Tabelle 5.6).

Tabelle 5.6: Korrelationen der Lesekompetenz mit dem Familienklima bei Knaben nach Schulform (Meier, 2004, S. 191)

Akzeptierendes Familienklima Restriktives Familienklima

Hauptschule .08*** -.13***

Realschule .05** -.10**

Gymnasium .11*** -.19***

*p< .05, **p< .01, ***p< .001

Die Wirkung eines positiven Familienklimas auf die Lesekompetenz ist bei Gymna-siasten stärker als bei Hauptschülern. Hieraus kann also gefolgert werden, dass die Wirkungszusammenhänge bei Gymnasiasten zwischen der sozialen Eingebunden-heit zuhause und schulischer Einstellung stärker sind als bei Hauptschülern. Wäh-rend nun Meier (2004) die Varianzaufklärungen der Kompetenzen (querschnittlich berechnet) von maximal 4% als eher unbedeutend deklariert (S. 193), fokussiert die in dieser Arbeit vorliegende Fragestellung aber die längerfristige und somit bedeut-samere Prägung des Elternhauses auf die Lernmotivation. Somit muss von kleinen Werten ausgegangen werden, welche in ihrer Bedeutung aber als relevant angesehen werden können.

5.3.5 Zum Zielkonflikt „Leistungs- oder Persönlichkeitsentwicklung“ – der Zusammenhang zwischen Beziehung und Leistungsmotivation

Die Frage nach Zielkonflikten geht der häufig geäußerten Befürchtung nach, dass ein besonders stark auf Leistungssteigerung ausgerichtetes Elternverhalten im Durchschnitt auf Kosten einer positiven Entwicklung der Lernmotivation oder ande-rer leistungsbezogener Motive und Einstellungen geht. Optimal wäre hingegen, wenn sich elterliche Beziehungs-, Kommunikations- und Erziehungsstilmerkmale identifizieren liessen, bei denen die kognitive Entwicklung nachhaltig gefördert wird, ohne dass die affektive und motivationale Entfaltung darunter leidet. Mit der theoretischen Rahmenkonzeption der SDT ist diesem Aspekt Rechnung getragen,

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weil explizit die soziale Eingebundenheit bzw. das Wohlbefinden als Bedingung für Leistungs- und Lernmotivation herausgehoben wird.

Im Zuge von erhöhten Anforderungen in Schule und Berufsleben ist die Gefahr groß, dass Eltern und Lehrer zu fest nach Leistungen der Kinder und Jugendlichen

„drängen“ und dabei eine längerfristige positive Persönlichkeitsentwicklung verhin-dern.

Wild und Remy (2002a) stellen bei 3. Klässlern, deren Eltern einen direktiv-kontrollierenden Umgang mit schulischen Belangen zeigen, überhöhte Leistungser-wartungen hegen und in häuslichen Lehr-Lern-Arrangements das Leistungsergebnis ins Zentrum stellen (Produktorientierung), eine negative Wirkung fest (Abneigung gegenüber mathematischen Inhalten).

Interessant wäre nun aber die Frage, ob eine sehr gute Eltern-Kind-Beziehung, trotz hoher Kontrolle und hoher Leistungserwartungen inklusive Produktorientierung bei der Hausaufgabenbetreuung von Seiten der Eltern, dennoch eine hohe (extrinsische) Lernmotivation beim Kind erzeugen könnte. Aufgrund der nicht in einer Skala er-fassten Elternerwartungen lässt sich diese Frage aber mit vorliegendem Datensatz nicht beantworten.

5.3.6 Warum die Benützung der Daten von Jugendlichen im 13. Lebensjahr?

Der Konstanzer-Längsschnitt, wie er in Kap. 6.2 ausführlich beschrieben wird, weist Daten von Jugendlichen im Alter von 12 bis 16 Jahren auf. Zentrale Skalen, wie sie in dieser Arbeit verwendet werden, sind erst im Jahr 1980 (Alter 13 bei Jugendli-chen) erhoben worden.

Warum ist aber die Verwendung der Daten im Alter von 13 Jahren sinnvoll? Für Ullrich (1999) ist es vor allem das frühe Jugendalter, wo Zusammenhänge zwischen emotional angenehmen und kognitiv anregendem Klima zuhause und positiver Per-sönlichkeitsentwicklung zum Tragen kommen (vgl. S. 75). Dazu kommt, dass die Auseinandersetzungen zwischen Eltern und Kind typischerweise ihren Höhepunkt im Alter von etwa 13 Jahren erreichen – eine Entwicklungsphase, die schon seit Be-ginn der Jugendforschung als ein Kulminationspunkt der Auseinandersetzung mit sich selbst angesehen wird (Spranger, 1924; zitiert nach a.a.O., S. 77). Zudem ist, wie in Kap. 3.1.3 schon erwähnt, das Alter von 13 Jahren darum gewählt, weil dann Leistungen richtig durch Anstrengung und Fähigkeit attribuiert werden.

5.3.7 Bedeutung von Längsschnittstudien

Pekrun und Helmke (1991, S. 52) äußern in ihrem Fazit zu den Forschungsdefiziten explizit die Notwendigkeit von Längsschnittstudien. Es sei so gut wie nichts bekannt zu den Effekten von Schule auf die „nachschulische Persönlichkeitsentwicklung“ (S.

52). In Anlehnung an Fend (1980) definieren sie den Auftrag der Schule (s.a. Kap 2.3) folgendermaßen: „Gesellschaftlicher Auftrag von Schule ist es, die Entwicklung der heranwachsenden Generation zu beeinflussen, um den Fortbestand von

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schaft und kultureller Menschheitsevolution zu sichern“ (S. 33). Damit ist also an-gedeutet, dass die Schule nicht nur für kurze, sondern vor allem für langfristige Wirkungen sorgen muss, d.h. dass ihr Kerngeschäft auch die Persönlichkeitsent-wicklung der Kinder und Jugendlichen ist.

Pekrun und Helmke (1991) messen vor allem Längsschnittuntersuchungen große Bedeutung zu, die bei der Analyse von Schüler-Umwelt-Wechselwirkungen und dif-ferentiellen Einflüssen unterschiedlicher Entwicklungsumwelten zur Aufklärung der Persönlichkeitsentwicklung und nachschulischen Lebensbewältigung beitragen. Sie bezeichnen Längsschnittuntersuchungen darum als „Königsweg“ der Entwicklungs-forschung (vgl. S. 53).

Ulich und Jerusalem (1996) bilanzieren, dass es weitere prospektive Längsschnitt-studien im Bereich kognitiv-emotionaler und volitionaler Prozesse braucht, um zu-nehmend ein differenzierteres Bild über die schulische Sozialisation zu erhalten.

Somit ist die vorliegende längsschnittliche Fragestellung ausgewiesen und begrün-det. Im nächsten Kapitel werden die zur Beantwortung dienenden Variablen auf ihre Gültigkeit detailliert ausgewiesen.