• Keine Ergebnisse gefunden

Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Magie und Religion

Im Dokument DISSERTATION / DOCTORAL THESIS (Seite 23-28)

Magie und Religion sind aus denselben Wurzeln entstanden, trotz einiger Ähnlichkeiten gibt es gravierende Unterschiede zwischen den beiden. Das menschliche Bewusstsein verlieh seiner Umgebung und der Natur generell menschliche Qualitäten. Die übernatürliche Welt wurde mit übersinnlichen Wesen besiedelt. Ein großer sozio-anthropomorpher Komplex aus Kunst, Mythologie und Religion, der nichts mit religiösem Kultus zu tun hatte, äußerte sich in Magie. Man versuchte, die Gesetze und Verbindungen „herauszufinden“, die gar nicht auf den ersten Blick zu sehen und zu finden sind, weil sie nicht existieren. Die Magie verbindet das, was in Wirklichkeit auf der physikalischen Ebene nicht verbunden ist: den Gegenstand und seinen Namen oder sein Bildnis, seine Abbildung, den Gegenstand und den von ihm abgetrennten Teil, Prozess und Imitation des Prozesses59. Der Magier ist überzeugt von der praktischen Effektivität seiner Handlung. In der Magie wird die Verbindung zwischen magischer Handlung und magischer Beschwörung und der angestrebten Auswirkung als

57 Thorndike, Lynn, A History of Magic and Experimental Science- During the first thirteen centuries of our era, Vol. I, New York 1923, S.

2.

58 Malinowski, Bronislaw, Magic, Science and Religion and Other Essays, Beacon Press: Boston, Massachusetts, The Free Press: Glencoe, Illinois 1948, S.3.

59 Ebd., 54.

24

direkt vorgestellt. Der Magier ist der Überzeugung, dass das, was er herbeibeschwört und wünscht, passieren muss, wenn es „richtig“ durchdacht und durchgeführt wurde.

Im Gegensatz zur Magie gibt es in der Religion die Verbindung zwischen Gebet und religiösem Ritual, mit dessen Hilfe etwas erbeten wird, und einer Wirkmacht. Durch diese wird man abhängig von einer Macht oder einer „Person“ in der Form eines Gottes, die beliebig beides kann: das Opfer annehmen oder auch ablehnen. Dies wird von verschiedenen Faktoren bestimmt: von der Laune, von geheimem Wissen oder auch von „Gründen“, die uns vielleicht eines Tages offenbart werden. Im Christentum wird auch der unerwünschte göttliche Wille demütig angenommen.60

In der Magie sieht die Sache gänzlich anders aus: Wird alles „richtig“ gemacht, muss das Resultat eintreten. So entwickelte sich die Idee über die subjektive Macht eines Menschen, der im Besitz magischer Kenntnisse und Techniken ist; sollte dieser nicht imstande sein, sie zu erlernen, so könnte er sich diese freilich intuitiv aneignen, mit der Absicht, damit etwas zu erzwingen, was mit alltäglichen Mitteln zu erlangen nicht möglich zu sein scheint.

Wahrscheinlich spielt hier der Wunsch des Magiers eine große Rolle, so mächtig wie Gott zu werden, also ein absolut mächtiger Herr über die eigenen Wünsche und Taten zu sein, freilich auch Herr über die Wünsche der Anderen. Somit können wir uns der Definition Hans-Peter Müllers anschließen, er erklärt den magischen Akt, „ob sprachlich oder non-verbal“, als „eine machthafte Handlung, mit der der Mensch auf eine ebenso machthafte Wirklichkeit einwirkt, die er als ontologisch mit sich selbst identisch erlebt“.61

Beim Versuch, die Magie und die Religion zu vergleichen, muss man feststellen, dass das Wesensmerkmal der Religion das Betende bzw. Bittende ist, hier “wird eine überirdische Person in der Erwartung angeredet, dass sie auf die Wirklichkeit einwirkt“62, und das der Magie das Erzwingende. Man muss aber ebenso betonen, dass auch in der Religion Magie oder magische Elemente vorhanden sind, mag die Magie auch nur eine Nebenrolle spielen.

Gegebenenfalls ist es nicht erwünscht, sie vor Gläubigen offen zu präsentieren. Die magische Handlung ist im religiösen Zeremoniell verborgen und daher unsichtbar. (Auch wenn wir

60 Vgl.Müller, Hans-Peter, Handeln, Sprache, Magie und Religion, in: Zur Akzeptanz von Magie, Religion und Wissenschaft, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Annemarie Fiedermutz-Laun (Hg.), LIT Verlag, Münster 2002, S.62.

61 Ebd. S.54.

62Ebd. S.61.

25

nicht nur christliche Religion in Betracht ziehen und die christlichen Heiligenkulte mit ihren Reliquien, Segen und Fluch beiseite lassen.) 63

Die Tatsache, dass es sich bei der Magie um eine Handlung, eine Operation im Geiste, handelt, wird von mehreren Philosophen angenommen.64 Es ist eine geistige Tätigkeit oder Manipulation, die von einigen Handlungen in der Realität begleitet wird, mit deren Hilfe auch spürbare Veränderungen in der Realität erzeugt werden „sollen“ und „müssen“.65 Magie und magisches Handeln ist in einer Welt möglich, in der neben der materiellen auch die geistige Welt existiert, in der die Ideen vorherrschen (Bruno, Dee). Alles hängt zusammen, das ist die Annahme der Magier.66 Durch die Einwirkung auf die sichtbare Welt beinflusst der Magus die unsichtbare. Die kleinen Partikel von etwas Großem tragen in sich alle Eigenschaften des Ganzen und können schließlich anstatt des ganzen Körpers der Dinge verwendet werden. Der Magier erlangt die Macht über die organische und anorganische Welt, über alles, was existiert. Alles steht ihm zu Diensten: Geister aus der Unterwelt, Engel, Dämonen, Tiere, Pflanzen, Steine, Wasser, Feuer, Erde, die Natur.

Immer und zu allen Zeiten gab es Menschen, die das Wissen von Himmel und Erde besaßen.

Gemeint waren damit: Kenntnisse über die Geschehnisse, die die Menschen erwarten, über den Lauf der Gestirne, über die (ideale) Zeit der Saat und der Ernte. Auch Himmelserscheinungen hatten religiöse Bedeutung.

Der Rennaissance-Mensch ging jedoch weiter. Die einzigartige Weltanschauung der Renaissance- Menschen hat die Entstehung von Renaissance- Magiern mitbegründet. Ein erstaunlicher Wissensstand war Zeichen der Zeit. Es wurde sehr viel Wissen akkumuliert.

Derjenige, dessen Ideen-Bilder überzeugend waren, und derjenige, der kraft seines Geistes Veränderungen hervorrufen konnte, war zweifellos gefragt. Ein gutes Beispiel dafür ist John Dee mit seiner Idee vom Britischen Imperium.67

63 Vgl. Fraser, Kyle A., The Contested Boundaries of "Magic" and "Religion" in Late Pagan Monotheism, Magic, Ritual, and Witchcraft, Volume 4, Number 2, Winter 2009, pp. 131-151(Article).

Zitat: Recent scholarship, reasoning along these lines, has tended to approach ancient "magic" mainly as a distinction within religion, motivated by social, ethnographic or legal concerns. Whereas Christians viewed magic as other than religion, it is held that Greeks and Romans viewed magic as a deviant or antisocial application of religious rites. In the pagan context, in other words, magic was a sociopolitical problem, not a theological problem.”

64 Vgl. Malinowski, Bronislaw, Magic, Science and Religion and Other Essays, Beacon Press: Boston, Massachusetts, The Free Press:

Glencoe, Illinois 1948, S.55.

65 Ebd.

66 Vgl. Yevons, F. B., An Introduction to the History of Religion, Methuen & Co, London 1896, S. 41.

67 Peterson´s Introduction, in: Dee, John, Five Books of Mystery Joseph H. Peterson, Editor, Weiser Books, Boston, Ma/York Beach, ME 2003.

26

Die Grundlagen für die Entstehung des Renaissance-Magiers waren schon längst vorhanden.

Bereits seit Jahrhunderten hatte die Menschheit sich mit Magie beschäftigt. Wir sprechen nicht von Schamanismus oder Volksmagie, die jedes Volk in sich aufweist, wir möchten den Leser auch auf einige zentrale Schriften von Philosophen und Denkern hinweisen, deren Gegenstand Magie ist.

In den Grundsätzen der Magie der Renaissance findet sich die Magie der Spätantike wieder, die auf Grund der stoischen Synthese entwickelt wurde. Sie ist eine praktische Weiterbildung der medizinischen Theorien des Empedokles, wie die Stoa sie verbreitet hatte68, seine Lehre von vier Elementen, die unerschaffen sind und ewig, aus deren Mischung alles entsteht. Man ordnete den Elementen jeweils bestimmte charakteristische Merkmale zu. Dieses Konzept der Mischung der vier Elemente kam im Zusammenhang mit der Lehre über die Psyche sowie über die Gesundheitslehre hinzu. Krankheiten entstehen durch das Ungleichgewicht der Elemente, durch ausgleichende Einnahme und Zufuhr kann das Gleichgewicht wiederhergestellt werden. Die Elemente im Körper jedes Menschen sind individuell vermischt, wodurch sich auch seine individuellen Charakterqualitäten ausprägen. Später haben die Stoiker das Pneuma dazugefügt.69

Im 9. oder 10. Jahrhundert. wurde Picatrix verfasst, und im Jahre 1256 im Auftrag Alfons‘

des Weisen ins Spanische übersetzt.70

Im 12.- 13. Jahrhundert kamen zu dieser Lehre noch die alchemistischen Elemente hinzu, erstens waren das die feinstofflichen Energien, die jedem Element entsprachen und vor allem durch die entsprechenden Metalle Wirkung erhielten. Gold war ein Symbol für Feuer, Silber für Wasser, Quecksilber gehörte zum Element Luft und Blei zum Element Erde. Diese Energien sind übertragbar, man kann sich durch das Tragen von Schmuck oder das Benützen von Gegenständen aus diesen Metallen oder durch deren Einnahme diese Energien zu eigen machen und sie zum eigenen Vorteil oder auch zu dem Nachteil der anderen nützen.

Auch die Religion der Medischen Magi mit ihrer Anbetung der Sterne und der sieben Planeten und deren heiligen Farben war eine der wichtigen Glaubensbesonderheiten, die

68 Vgl. Culianu, Ioan P., Eros und Magie in der Renaissance, Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig 2001, S.33.

69 Ebd., S.33-34.

70 Im Königreich Aragón im 11. Jh., in Kastilien unter Alfons X. im 13. Jh, im 12. Und 13. Jh im christlichen Spanien wurde das religiöse Leben der Juden geschützt. Könige pflegten intensiven Umgang mit Juden und bekleideten ansehnliche Ämter. Siehe Jung, H. Martin, Christen und Juden, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2008, S. 67.

27

später in die Magie der Renaissance einflossen. „Die Zeit der großen Synthesen“71 zeigt sich in allen Gebieten der Wissenschaft, Philosophie, Religion, Musik, Architektur und Medizin.

5.Historischer Abriss der Magie

Um das oben Gesagte zu bestärken, ist nochmals zu unterstreichen, dass die Magie von einer Religion kommt. Dazu einige historische Daten.

„Magi“, oder latinisiert „Magus“, nannten sich die Hohepriester in der Medischen Religion (Medien war ein Reich am Urmia-See um ca. 900-500 v. Chr.), und als das Mederreich von Persischen Herrschern erobert wurde (559-529 v.Chr.), wurde die Kaste der Magi unterdrückt, später sogar vernichtet, die Magi selbst massakriert.72 Die Magi beteten die Sonne und den Mond an, sie verehrten die Grundelemente und konnten Feuer vom Himmel auf die Erde beschwören. Zwei Grundprinzipien, das Gute und das Böse: Ahuramazda und Angromainyus (personifiziert in der Schlange), fanden die gleiche Huldigung auf dem Altar von Medischen Magi. „But the Magi considered the antagonism to be only superficial, for they regarded the representatives of the two opposing principles as consubstantial, equal in power, and emanating both from one and the same pre-existent principle.“73

Man schrieb den Magi übernatürliche Kräfte zu. Sie praktizierten Zauberei und Hexerei, auch die Zukunft konnten die Hohepriester der Meder mit Hilfe von Tamariskenzweigen vorhersagen. Die Anbetung der Sterne und der sieben Planeten mit deren heiligen Farben war eine der wichtigen Glaubensbesonderheiten der Medischen Magi, mit deren Hilfe die Hohepriester viele Veränderungen im Leben hervorrufen konnten, sogar die Schicksale von Königreichen bestimmen.

[…] it seems to have taught, as the supreme secrets of the caste of the Magi, all sorts of spells and divinations, even to the invocation of the dead and infernal spirits. Further, these priests who had spread from Media over the whole of Persia were regarded in the west as types of enchanters and magicians, hence the meaning attached by us to the word magic. Their magic was known, however, to have resembled very nearly that of

71 Culianu, Ioan P., Eros und Magie in der Renaissance, Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig 2001, S.40.

72 Lenormant, Francois, Chaldean Magic its Origin and development, Verlag Samuel Bagster and Sons. London 15, Paternoster Row.

London 1877, S.219.

73 Lenormant., S.229.

28

Chaldea, which ended by causing in the minds of the Greeks an inextricable confusion between the Magi and the Chaldeans.”74

Im Laufe der Jahrhunderte wurde der Titel „Magi“ von den griechischen und lateinischen Schreibern den chaldäischen, persischen oder auch babylonischen Priestern zugeschrieben.

Man kann sagen, dass diese Priestertümer einige Elemente der Medischen Magi (die nach dem Zerfall des Medischen Reiches überall in Asien und Europa75 zerstreut waren) in eigene Kulte übernommen haben, um sie mit Besonderheiten ihrer eigenen Religion zu verflechten.

Auch privat praktizierende wandernde Magis waren willkommen, J. Bremmer behauptet, dass deren Präsenz im fünften Jahrhundert z.B. in Ionien nachgewiesen werden kann.76

Beispielsweise war das charakteristische Merkmal der Chaldeischen Magie die Anbetung der Götter der Unterwelt, nicht in ihrer Qualität als Götter des Überflusses, aber als Beschützer der Edelsteine und der Metalle, die in den Tiefen der Erde verborgen sind. Insbesondere beteten sie die Sonne der Unterwelt an, das heißt die Sonne während ihrer „nächtlichen Pilgerfahrt“, sie beteten sie als den Wächter über alle leuchtenden Steine und Metalle an.

Im Dokument DISSERTATION / DOCTORAL THESIS (Seite 23-28)