Stochastik, Sommersemester 2014 Prof. Dr. I. Veselić Dr. M. Tautenhahn, Dr. C. Schumacher Hausaufgabe 9
Abgabe am 9.6. oder am 11.6. in der Übung
Aufgabe 1. Es seien (Ω, A, P ) ein Wahrscheinlichkeitsraum, (S, P (S)) ein abzählbarer Messraum und X
i: Ω → S, i = 1, . . . , N Zufallsvariablen. Weiter sei für s ∈ S und ω ∈ Ω
H
s(ω) := ]{i ∈ {1, . . . , N} | X
i(ω) = s}.
Zeigen Sie, dass die Abbildungen
X : (Ω, A, P ) → (S
N, P (S
N)), X(ω) := (X
1(ω), . . . , X
N(ω)) und
H : (Ω, A, P ) → ({0, . . . , N}
S, P ({0, . . . , N }
S)), H(ω) := H
s(ω) s∈S
Zufallsvariablen sind.
Lösung zu Aufgabe 1: (Histogramm) histo.tex
Die Abbildung H heißt in der Statistik Histogramm des Zufallsvektors X.
(a) Sei a = (a
1, . . . , a
N) ∈ S
Nbeliebig. Dann gilt {X
i= a
i} ∈ A für alle i = 1, . . . , N, da X
imessbar ist. Damit folgt
X
−1({a}) = {X
1= a
1, . . . , X
N= a
N} =
N
\
i=1
{X
i= a
i} ∈ A.
Sei nun A ∈ P(S
N) beliebig. Dann schreiben wir A als Vereinigung seiner Elemente und erhalten X
−1(A) = X
−1[
a∈A
{a} = [
a∈A
X
−1({a}) ∈ A da letzeres eine abzählbare Vereinigung von Mengen aus A ist.
(b) Wir definieren die Abbildung
h : S
N→ {0, . . . , N }
S, h(a
1, . . . , a
N) :=
N
X
i=1
1
{s}(a
i)
s∈S
,
welche messbar ist, da S
Nmit der Potenzmenge ausgestattet ist. Nach Definition gilt nun H = h◦X, wonach H als Verknüpfung messbarer Abbildungen messbar ist.
Aufgabe 2. Sei E eine endliche Menge, % eine Zähldichte auf E, N ∈ N und X = (X
a)
a∈Eeine Zufallsvariable mit Werten in Ω = b {(k
a)
a∈E∈ N
E0| Pa∈Ek
a = N } und Multinomialverteilung M
N,%. Zeigen Sie: Für jedes a ∈ E hat X
a die Binomialverteilung B
N,%(a).
Lösung zu Aufgabe 2: (Projektion der Multinomialverteilung) projmulti.tex Wir haben in Aufgabe multi.tex: Multinomialkoeffizienten gesehen, dass für j = (j
e)
e∈Eder Multino- mialkoeffizient
N j
!
:= N ! Q
e∈E
j
e!
für alle a ∈ E die Gleichung
N j
!
= N
j
a! N − ja
(j
e)
e∈E\{a}!
erfüllt (oder rechnen es einfach nach). Außerdem ist mit der Formel von dort über Potenzen von Summen P (X
a= k) = X
ω∈
b
Ω :Xa=kM
N,%({ω}) = X
j∈NE\{a}0
N j, k
!
%
kaY
e∈E\{a}
%
jee= N
k
!
%
kaX
j∈NE\{a}0
N − k j
! Y
e∈E\{a}
%
jee= N
k
!
%
kaX
e∈E\{a}
%
eN
−k
= N
k
!
%
ka1 − %
aN−k
für alle k ∈ {0, . . . , N}. Das bedeutet genau, dass X
abinomialverteilt mit Parametern N und %
aist.
Aufgabe 3. Es sei (X
n)
n∈Neine Folge unabhängiger, reellwertiger Zufallsvariablen auf einem Wahr- scheinlichkeitsraum ( R , B( R ), P ). Jedes X
nbesitze eine Dichte f
n. Ferner sei N : R → N eine Zufallsva- riable, die von (X
n)
n∈Nunabhängig ist. Zeigen Sie:
(a) Die zufällige Summe
S(ω) :=
N(ω)
X
n=1
X
n(ω) ist eine Zufallsvariable.
(b) Die Funktion P∞n=1P ({N = n}) · (f
1∗ . . . ∗ f
n) ist eine Dichte von S.
Hinweise: Sei X eine Zufallsvariable auf ( R, B( R ), P ). Eine Funktion f
X: R → [0, ∞) heißt Wahr- scheinlichkeitsdichte von X (bezüglich des Lebesgue-Maßes), falls für alle A ∈ B( R ) gilt
P ({X ∈ A}) = Z
A
f
X(t)dt.
Es könnte hilfreich sein, für k ∈ N die Zufallsvariable S
k(ω) = Pkn=1X
n(ω) zu definieren.
Lösung zu Aufgabe 3: (Zufällige Summe) zufsum.tex
(a) Sei A ∈ B ( R ). Wir haben S
−1(A) = [
k∈N
N−1({k}) ∩ S
−1(A) = [
k∈N
N−1({k}) ∩ S
k−1(A)
Die Funktion S
k:= Pkn=1X
n ist als endliche Summe messbarer Funktionen messbar, ebenso N . Daher sind S
n−1(A) und N
−1({k}) messbare Mengen. Die Menge S
−1(A) ist daher die abzählba- re Vereinigung von endlichen Durchschnitten messbarer Mengen und damit selbst messbar. Das beweist die Messbarkeit von S.
(b) Sei A ∈ B ( R ). Wir haben P (S ∈ A) = P
[
n∈N
S ∈ A, N = n = X
n∈N
P (S ∈ A, N = n)
= X
n∈N
P (S
n∈ A, N = n) = X
n∈N
P (S
n∈ A) · P (N = n) ,
2
weil N von den X
k, also auch von S
n:= Pnk=1X
k, unabhängig ist. Wir wissen aus der Vorlesung, dass f
1∗ . . . ∗ f
n eine Dichte von S
n ist. Daher gilt
P (S ∈ A) = X
n∈N
P (N = n) · Z
A
(f
1∗ . . . ∗ f
n) (t) dt
= lim
N→∞
Z
A N
X
n=1
P (N = n) · (f
1∗ . . . ∗ f
n) (t) dt
= Z
A N→∞
lim
N
X
n=1
P (N = n) · (f
1∗ . . . ∗ f
n) (t) dt
= Z
A
∞
X
n=1
P (N = n) · (f
1∗ . . . ∗ f
n) (t) dt,
wobei wir den Satz von Beppo Levi angewandt haben, um Integral und Grenzwertbildung zu ver- tauschen (die Summen bestehen nur aus nichtnegativen Summanden, die Partialsummenfolge ist daher monoton). Dies zeigt das Verlangte.
Aufgabe 4.
(a) Seien X
1, . . . , X
nunabhängige reellwertige Zufallsvariablen mit absolutstetigen Verteilungen be- züglich des Lebesgue-Maßes auf R :
P ({X
i∈ B }) = Z
B
f
Xi(t)dt, B ∈ B( R ).
Zeigen Sie: Die gemeinsame Verteilung von X
1, . . . , X
nist absolutstetig bezüglich des Lebesguema- ßes auf R
nmit Dichte
f (t
1, . . . , t
n) =
n
Y
i=1
f
Xi(t
i).
(b) Umgekehrt seien X
1, . . . , X
nreellwertige Zufallsvariablen, deren gemeinsame Verteilung absoluts- tetig mit einer Dichte in Produktform ist:
f (t
1, . . . , t
n) =
n
Y
i=1
f
i(t
i), f
i: R → [0, ∞) messbar.
Zeigen Sie: X
1, . . . , X
nsind unabhängig und die Verteilungen sind absolutstetig mit Dichten f
Xi= f
iR
R
f
i(t)dt , 1 ≤ i ≤ n.
Lösung zu Aufgabe 4: (Unabhängigkeit und Produktdichte) unabhprod.tex (a) Seien B
1, . . . , B
n∈ B ( R ). Dann ist wegen des Satzes von Fubini
P (X
1∈ B
1, . . . , X
n∈ B
n) = P (X
1∈ B
1) · . . . · P (X
n∈ B
n)
= Z
B1
f
X1(t
1) dt
1· . . . · Z
Bn
f
Xn(t
n) dt
n= Z
B1
· · · Z
Bn
f
X1(t
1) · . . . · f
Xn(t
n) dt
n· · · dt
1= Z
R
· · · Z
R
1
B1×...×Bn(t
1, . . . , t
n) ·
n
Y
i=1
f
Xi(t
i) dt
n· · · dt
1= Z
Rn
1
B1×...×Bn(t
1, . . . , t
n) ·
n
Y
i=1
f
Xi(t
i) d (t
1, . . . , t
n)
= Z
B1×...×Bn
f (t
1, . . . , t
n) d (t
1, . . . , t
n) ,
3
also ist f eine Dichte der gemeinsamen Verteilung auf dem Semiring {B
1× . . . × B
n: B
1, . . . , B
n∈ B ( R )} .
Nach dem Eindeutigkeitssatz ist f eine Dichte des Produktmaßes µ
(X1,...,Xn)auf R
n, der gemeinsa- men Verteilung von X
1, . . . , X
n.
(b) Weil f eine Dichte ist, gilt 1 =
Z
Rn n
Y
i=1
f
i(t
i) d (t
1, . . . , t
n) = Z
R
· · · Z
R n
Y
i=1
f
i(t
i) dt
1· · · dt
n= Z
R
f
n(t
n) Z
R
f
n−1(t
n−1) · · · Z
R
f
1(t
1) dt
1· · · dt
n=
n
Y
i=1
Z
R
f
i(t
i) dt
i. (*)
Sei i = n. Die anderen Fälle folgen aus Symmetriegründen. Wir haben P (X
n∈ B
n) = P (X
1∈ R , . . . , X
n−1∈ R , X
n∈ B
n)
= Z
R×...×R×Bn n
Y
i=1
f
i(t
i) d (t
1, . . . , t
n)
= Z
Bn
Z
R
· · · Z
R n
Y
i=1
f
i(t
i) dt
1· · · dt
n−1dt
n= Z
Bn
f
n(t
n) Z
R
f
n−1(t
n−1) · · · Z
R
f
1(t
1) dt
1· · · dt
n−1dt
n= Z
Bn
f
n(t
n) dt
n·
n−1
Y
i=1
Z
R
f
i(t
i) dt
i (*)=
Z
Bn
f
n(t
n) dt
n· Qn−1
i=1
R
R
f
i(t
i) dt
iQ
ni=1
R
R
f
i(t
i) dt
i= R
Bn
f
n(t
n) dt
nR
R
f
n(t
n) dt
n, woraus sofort die Behauptung über die Dichten der X
ifolgt.
Seien B
1, . . . , B
n∈ B ( R ). Dann ist P (X
1∈ B
1, . . . , X
n∈ B
n) =
Z
B1×...×Bn
f (t
1, . . . , t
n) d (t
1, . . . , t
n)
= Z
B1×...×Bn n
Y
i=1
f
i(t
i) d (t
1, . . . , t
n)
obenwie
=
(Fubini) n
Y
i=1
Z
Bi
f
i(t
i) dt
i= Qn
i=1
R
Bi
f
i(t
i) dt
iQ
n i=1R
R
f
i(t
i) dt
i=
n
Y
i=1
R
Bi
f
i(t
i) dt
iR
R
f
i(t
i) dt
i=
n
Y
i=1