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Archiv "Ambulante Versorgung: Partnerschaft mit den Kassen nur bei Waffengleichheit" (24.03.1995)

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OLIT1K LEITARTIKEL

Ambulante Versorcunc

Partnerschaft mit den Kassen nur bei Waffengleichheit

Wer von Vertragspartnerschaft spricht, der muß auch am Verhandlungstisch gleichlange Spieße akzeptieren. Mit die- sem Standpunkt tritt Dr. med. Winfried Schorre, der Vorsit- zende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, den Versu- chen der Krankenkassen entgegen, im Zuge der kommen- den Gesundheitsreform mehr Einfluß und Kompetenzen zu gewinnen. Schorre sieht die niedergelassenen Ärzte gegen-

wärtig in einem Abwehrkampf gegen die Aushöhlung des Si- cherstellungsauftrages begriffen. Doch er läßt keinen Zwei- fel daran, daß die Kassenärztlichen Vereinigungen ihre Posi- tion behaupten werden. Ferner kündigte Dr. Schorre an, daß das gemeinsame Papier mit dem Marburger Bund zur In- tegration ambulanter und stationärer fachärztlicher Ver- sorgung neu und unmißverständlich formuliert werden soll.

Af

ls Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer Anfang März dieses Jahres Bilanz über die inanzielle Entwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 1994 zog, sprach er von einer

„gesundheitspolitischen Schönwet- terlage" Immerhin erzielten die Krankenkassen einen Überschuß von rund 2,1 Milliarden DM (siehe Nach- richten in diesem Heft). Das ministe- rielle Lob galt in diesem Zusammen- hang vor allem den niedergelassenen Kassenärzten, die weder das Hono- rar- noch das Arzneimittelbudget überschritten haben.

So gesehen steht die Kassenärzt- liche Bundesvereinigung bei den Ge- sprächen über die dritte Stufe der Ge- sundheitsreform ausgesprochen gut da. Seehofer selbst zog daraus freilich den Schluß, daß Leistungsfähigkeit und Sparsamkeit sich gegenseitig nicht ausschließen — eine Position, die der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr. med. Win- fried Schorre, nur bedingt gelten las- sen möchte: „Wir glauben nicht, daß ein solcher Kraftakt auf Dauer gut ge- hen kann. Erst recht nicht, wenn es nicht gelingt, den nach wie vor größ- ten und kostenträchtigsten Bereich, das Krankenhaus, in den Griff zu be- kommen "

Angesichts der ungebremsten Kostenentwicklung im stationären Sektor und dem (kostentreibenden)

Werbegetöse der Krankenkassen will der KBV-Vorsitzende für die Einhal- tung des Grundsatzes der Beitrags- satzstabilität nicht den Kopf hinhal- ten. „Der Sprengsatz für die weitere Ausgabenentwicklung liegt eindeutig bei den Krankenhäusern", weiß sich Schorre mit den Ersatzkassen einig.

Daß der Bundesgesundheitsmi- nister in den bisherigen Gesprächen zur nächsten Gesundheitsreform durchblicken ließ, der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen wieder Vorrang ein- räumen zu wollen, stößt bei Dr.

Schone auf Zustimmung. Allerdings sei die KBV nicht bereit, eine Ver- tragspartnerschaft nach der Lesart der Kassen zu praktizieren. Will heißen: „Auch bei den künftigen Ver- handlungen mit den Krankenkassen muß Waffengleichheit herrschen. Ein Partner darf nicht etwas mehr Ge- wicht haben als der andere."

KBV will nicht „Hase und Igel" spielen Schorre spielt damit auf die Vor- stellungen der Kassen an, nach Gut- dünken Einzelverträge mit Ärzten abschließen zu wollen. Alles unter dem Vorwand des Wettbewerbs, ver- steht sich. „Wir sind durchaus für Ver- tragsvielfalt", sagt der KBV-Vorsit- zende, „wir beharren aber auch dabei

auf Kollektivverträge." Ein Hase- und Igel-Spiel — nach dem Motto „wer hat zuerst die schönsten Verträge, wer die verlockendsten Angebotspake- te?" — mache die KBV auf keinen Fall mit.

Dennoch, Kassen und KBV müs- sen sich alsbald einigen — zumindest für die Zeitspanne nach dem Auslau- fen der Budgetierungsphase und bis zum Abschluß der nächsten Gesund- heitsreform. Während nämlich der SPD-Gesundheitspolitiker Rudolf Dreßler schlicht und einfach die Ver- längerung der Budgetierung fordert, will Seehofer „die Zeit dazwischen"

den Vertragspartnern überlassen. Der Minister machte wiederholt klar, daß er keine Neuauflage der Budgetie- rung will.

Dr. Schorre strebt deshalb eine Rahmenvereinbarung mit den Spit- zenverbänden der Krankenkassen an, die gegenüber der Politik den Beweis erbringen soll, daß tragfähige Lösun- gen auch ohne das Dazutun des Staa- tes möglich sind. Gegenstand der Ver- handlungen werden dabei auch die Forderungen der KBV nach 600 Mil- lionen DM zur Verbesserung der hausärztlichen Vergütung und nach einer besseren Vergütung der ambu- lanten Operationsleistungen sein. Im übrigen sei die KBV nicht bereit, neue Leistungen ohne eine angemes- sene Erhöhung der Gesamtvergütung einzuführen.

Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 12, 24. März 1995 (15) A-809

(2)

POLITIK LEITARTIKEL/DIE GLOSSE

Kondom- Sozialhilfe

Die nachdrücklichen Empfeh- lungen von Rita Süssmuth, Kondome zu benutzen, sind wohl auf fruchtba- ren Boden gefallen und haben breite Schichten der Bevölkerung erreicht.

Wie denn sonst hätte es zu sozialhilfe- rechtlichen Problemen kommen kön- nen, die einer authentischen Entschei- dung zuzuführen waren. Der Laie mag mit Erstaunen zur Kenntnis neh- men, daß es nunmehr eine gefestigte höchstrichterliche „Kondom-Recht- sprechung" in Deutschland gibt.

Danach ist zu empfehlen, wenn die Eile nicht zu drangvoll ist, sich erst ein ärztliches Rezept zu besorgen, ein nachträgliches hat die Sozialhilfe nicht zu honorieren. Gute bis beste Chancen — aufgrund von Rezept ver- steht sich —, die Sozialhilfe zur Kasse zu bitten, bestehen, wenn der Ver- dacht einer HIV-Infizierung begrün-

Immer mehr Frauenärzte geben ihren Beruf auf, weil der Job zu ris- kant wird. Zeichnet sich bei uns eine Entwicklung wie in den USA ab?

Dort, vor allem in den Großstädten, werden Gynäkologen immer rarer.

Aber dies ist der Zeitgeist: Der geringste Anlaß — und schon hat der Arzt einen Prozeß am Hals. Wehrt sich der Arzt beziehungsweise sein Haftpflichtversicherer, dann droht so- fort die Presse-Keule. Längst ist es jetzt Usus, den Fall via Illustrierte oder TV „öffentlich" zu machen.

Die Assekuranz hat prompt rea- giert und bietet jetzt die All-Risk- Haftpflicht (ARH) für Ärzte an. Hier werden nunmehr alle erdenklichen Behandlungs- und Therapierisiken gedeckt. Vom Schmerzensgeld beim Impfeinstich bis zur Entschädigung fürs Formularausfüllen — es ist an alles gedacht.

Allerdings gibt es ein paar Vor- aussetzungen: Die ARH-Police zahlt nur, wenn die Patienten jede Untersu- chung mehrmals machen. Eine Kern-

det ist. Und wer wäre da schon völlig unverdächtig? Welche Mengen soll, kann, darf der Arzt nun verschreiben?

Wie sagt doch Martin Luther: „in der Woche zwier, schadet weder ihm noch ihr." Nach welcher Position der Ge- bührenordnung für Ärzte rechnet der Arzt dann ab? Welcher Träger ist er- stattungspflichtig? Die Sozialhilfe schließlich hat ein menschenwürdiges Dasein zu garantieren. Auch den Bei- schlaf an sich kann man als integralen Bestandteil der Menschenwürde an- sehen — also auf Kosten des Steuer- zahlers, der auf einen „Umbau des So- zialstaats" warten mag. Arbeit soll sich wieder lohnen. Deshalb sei die Spanne zwischen Niedrig-Ecklohn und der Sozialhilfe zu vergrößern, hört und liest man allenthalben.

Möglicherweise haben die Rich- ter auch übersehen, daß die Sozialhil- fe auch Bedarf an Mitteln für Körper- hygiene umfaßt — von Sexualhygiene ist allerdings dabei nicht die Rede. Ob nicht vielleicht doch der vielbeschäf- tigte und fleißige Gesetzgeber gefor- dert ist. jureff

spintomographie wird etwa nur aner- kannt, wenn sie dreimal durchgeführt wurde. Das hilft nicht nur den Patien- ten, sondern löst so auch die Ausla- stungsprobleme der Apparatemedi- zin.

Andererseits schreiben die ARH-Versicherungsbedingungen vor, bei der Medikation extrem zu un- terdosieren, um Nebenwirkungen zu vermeiden. Tabletten dürfen nur noch

„achtelweise" verordnet werden. Zu- dem sollen neue Verfahrenstechniken grundsätzlich blockiert werden — nur was sich über Jahrzehnte bewährt hat, wird bezahlt. „Das Gefasel vom medi- zinischen Fortschritt können wir nicht mehr hören", so ein Haftpflicht-Ex- perte, „das ist doch nur Terrain für ab- seitige Experimente."

Die ARH-Police soll der Renner bei den Ärztinnen und Ärzten wer- den. Schluß mit der Kunstfehler- Angst. Bei diesen rosigen Aussichten sind die neuen Haftpflichtprämien von 200 000 DM im Jahr sicher ein Pappenstiel. BE Inwieweit sich die Vorstellungen

von Kassen und KBV zur aktuellen Vertragsgestaltung wie auch zur Wei- terentwicklung des Gesundheitswe- sens vereinbaren lassen, wird sich En- de März erweisen. Sowohl die Kas- senärzteschaft als auch die Kranken- kassen sind dann erneut zu Ge- sprächen mit Minister Seehofer ein- geladen, wobei eine gemeinsame Runde den Abschluß bilden wird.

Unterdessen bemüht sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung um die Beseitigung einiger Irritatio- nen innerhalb der Ärzteschaft. Es geht dabei um ein gemeinsames Mo- dell der Kassenärztlichen Bundesver- einigung und des Marburger Bundes zur Integration ambulanter und sta- tionärer fachärztlicher Versorgung.

Eine vorzeitige Veröffentlichung des Entwurfs des von den beiden Or- ganisationen gemeinsam mit der Bundesärztekammer erarbeiteten Papiers hat nach Ansicht der KBV

„zu einer Fülle von Mißverständnis- sen und Fehlinterpretationen" ge- führt. Der KBV-Vorstand, der das Pa- pier vor der Veröffentlichung noch nicht beraten hatte, zog den Entwurf

— trotz Bejahung eines Regelungsbe- darfs, wie es in einer Erklärung der KBV heißt — nun offiziell zurück.

Vereinbarung mit dem Marburger Bund vertagt

Dies soll jedoch nicht bedeuten, daß die angestrebte Vereinbarung nicht mehr zustande kommt Viel- mehr will der KBV-Vorstand den Entwurf mit den beteiligten Organi- sationen neu formulieren, und zwar so eindeutig, daß Fehlinterpretatio- nen ausgeschlossen sind. Dr. Schone dazu: „Wenn ein Papier so mißver- standen werden kann, dann muß es einfach neu formuliert werden."

Besonderes Augenmerk wird die Kassenärztliche Bundesvereinigung dabei auf die Aussagen zur Koopera- tion der ambulant und stationär täti- gen Ärzte bei den hochspezialisierten Leistungen legen. Der neue Entwurf soll nach den Vorstellungen der KBV rechtZeitig vor dem nächsten Deut- schen Ärztetag, Ende Mai dieses Jah- res, fertiggestellt sein. Josef Maus

Rosige Aussichten

A-810 (16) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 12, 24. März 1995

Referenzen

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