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Archiv "Ambulante und stationäre Versorgung: Nicht mehr länger auf der Stelle treten" (24.10.1991)

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er in diesen Tagen nach den berufspolitischen Ergebnissen der Haupt- versammlung des Hart- mannbundes in Baden-Baden fragt, könnte reichlich mit Papier beliefert werden. Der Vorstand und die Dele- gierten des Verbandes der Ärzte Deutschlands e. V. waren bienenflei- ßig: In zwei Tagen, am 11. und 12.

Oktober, bewältigte die Hauptver- sammlung des nach eigenen Anga- ben rund 42 000 Mitglieder zählen- den Verbandes ein gewaltiges Pen- sum. Am Ende standen zwei mit gro- ßer Mehrheit verabschiedete Grund- satzbeschlüsse zur Kassenarzt- und Krankenhauspolitik. Ein Paket mit annähernd 50 Grundsatz- und Ein- zelforderungen zum gesamten Spek- trum der ärztlichen Versorgung.

Am ersten Sitzungstag, der ganz im Zeichen der ambulanten Versor- gung stand, zog Dr. med. Hans-Jür- gen Thomas eine kritische Bilanz des Gesundheits-Reformgesetzes, des- sen strukturelle Ambitionen nichts weiter als pure Illusion gewesen sei- en. „Eine reine Kostendämpfungs- politik", kritisierte der Hartmann- bund-Vorsitzende, „die nur deshalb zu einer vorübergehenden Stabilisie- rung der GKV-Finanzen geführt hat,

weil die Patienten mit jährlich rund sechs Milliarden Mark an Zuzahlun- gen zur Kasse gebeten worden sind."

Wenn man bedenke, daß die Re- form in eine Zeit des anhaltenden wirtschaftlichen Wachstums gefallen sei, die auch mehr Geld in die Kran- kenversicherung gespült habe, und das dicke Ende bei den Krankenhäu- sern erst noch komme, sei die Blüm- sche Kostenbremse alsbald endgültig passe. Kaum mehr als Illusion war aus Sicht des Hartmannbundes auch das von Blüm vielgerühmte „Herz- stück" der Reform: die Festbetrags- regelung. Nicht 90, sondern erst run- de 30 Prozent des Arzneimittelmark- tes seien erfaßt, und der Verdruß der Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen wachse. Thomas:

„Längst geht es nicht mehr darum, medizinisch und wirtschaftlich sinn- volle Lösungen zu finden; vielmehr müssen wir Arzte uns auseinander- setzen mit höchst komplizierten Fra- gen des Verhältnisses von Sozial-

recht zu Arzneimittelrecht und Pa- tientenrecht."

Schlechte Noten auch für die Negativliste und die neuen For- men der Wirtschaftlichkeitsprüfung:

bürokratisch, überflüssig, unange- messen und hinderlich. Dr. Thomas ließ kein gutes Haar an der Reform, die nach dem Motto gestrickt gewe- sen sei: „Nun nimm mal den Vor- schlaghammer und repariere die Uhr!"

Nicht minder kritisch setzte sich der Hartmannbund-Vorsitzende mit der kassenärztlichen Honorarpolitik auseinander. „Sechs Jahre Honorar- deckel haben deutliche Spuren beim ärztlichen Einkommen hinterlassen, Frustration ist keine Einzelerschei- nung mehr." Mit aller Macht müsse nun endlich die Trendwende herbei- geführt werden, forderte Thomas mit Blick auf die angestrebte Rück- kehr zur Einzelleistungsvergütung.

So gesehen sei die Kassenärztliche Bundesvereinigung auf dem rich-

Ambulante und stationäre Versorgung

Nicht mehr länger auf der Stelle treten

I

„Gesundheitsreform"

Eine reine Illusion

Hartmannbund legt umfangreichen Forderungskatalog vor

Zahlreiche Grundsatz- und Einzelforderungen zur Berufspolitik standen zur Abstimmung. Foto: Maus

Dt. Ärztebl. 88, Heft 43, 24. Oktober 1991 (21) A-3605

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tigen Weg, aber — und hier hörte der KBV-Vorsitzende Dr. Ulrich Oesingmann als Gast auf der Haupt- versammlung besonders aufmerksam hin — „dieser an sich richtige Weg darf nicht mit Zugeständnissen beim Punktwert erkauft werden."

Angemessene Punktwerte müß- ten oberste Priorität haben, lautet das freiverbandliche Credo: 14,5 Pfennige bei den Ersatzkassen und 13 Pfennige bei den Primärkassen.

Oesingmann selbst muß die ganze Diskussion wohl als verkehrte Welt empfunden haben — bei allem Ver- ständnis für die Maximalforderun- gen eines Verbandes, der nicht am Verhandlungstisch gegenüber den Kassen Platz nehmen muß. Anderer- seits müßten die Kassen nun wirklich aufhorchen: Die Basis der Kassen- ärzteschaft meint es ernst, wenn landauf und landab vom Ende der Geduld die Rede ist. Zu lange hat der Honorardeckel gedrückt.

Längst überfällig:

Krankenhaus-Reform

Als Stimmungsbarometer, so- fern denn überhaupt noch einer nö- tig sein sollte, kann getrost das um- fassende Forderungspaket des Hart- mannbundes herangezogen werden.

Von finanzieller Sicherstellung der ambulanten Versorgung ist da die Rede — eine Begriffsdehnung, die den Kern der Sache trifft — und von vielen verbesserungswürdigen Ein- zelaspekten der kassenärztlichen Tä- tigkeit, die in der Summe das Bild ei- ner unzufriedenen und in zuneh- mender Zahl aufbegehrenden Kas- senärzteschaft zeichnen.

Mit weniger Emotionen bela- den, aber von gleichfalls großer Be- deutung ist die Diskussion um die längst überfällige Krankenhaus-Re- form. „Seit Jahren dreht sich das Thema im Kreis", erklärte Dr. med.

Ingrid Hasselblatt-Diedrich, stellver- tretende Vorsitzende des Hartmann- bundes, unter dem Beifall der Dele- gierten. „Immer wieder hat die Ärz- teschaft Vorschläge gemacht, bislang ohne jeden Erfolg."

Dennoch oder gerade deshalb will der Freie Verband das Tempo der Reformanstrengungen forcieren.

Eine hochkarätig besetzte Podiums- diskussion — mit dem Präsidenten der Bundesärztekammer, Dr. med.

Karsten Vilmar, dem Präsidenten der Deutschen Krankenhausgesell- schaft, Dr. Rolf Thieringer, ärztli- chen Abgeordneten des Deutschen Bundestages und dem Sozialminister von Mecklenburg-Vorpommern, Dr.

Klaus Gollert — befaßte sich mit der Frage nach der Reformbedürftigkeit und der Reformfähigkeit des Kran- kenhauses.

Keinen Streit gab es darüber, daß etwas geschehen müsse. Ingrid Hasselblatt nannte die Stichworte:

veraltete Strukturen, die dem heuti- gen Krankheits- und Leistungsspek- trum nicht angepaßt seien, die man- gelhafte Personalbemessung im Pfle- gebereich wie auch bei den Arztstel- len, falsche wirtschaftliche Anreize durch eine pauschale Finanzierung und Budgetierung, eine Planung auf der Basis unzureichender und nicht mehr aktueller Daten und nicht zu- letzt ein Investitionsstau in Milliar- denhöhe, der den notwendigen me- dizinischen Fortschritt im Kranken- haus behindere.

Die Ärztinnen und Ärzte wie auch das Pflegepersonal leisteten gu- te Arbeit, auch darin waren sich Po- dium und Plenum einig. So gut, wie es eben in ziemlich morbiden Rah- menbedingungen gehen kann. Aber wo ist der Ansatzpunkt für überfälli- ge Verbesserungen? Der Hartmann- bund hat dazu eine ganze Reihe von Forderungen zusammengestellt, die von Hasselblatt in realistischer Ein- schätzung des Machbaren als mittel- und langfristige Zielvorstellungen deklariert wurden. Absolut vorrangig sei zunächst die Angleichung der ost- deutschen stationären Versorgung an den Stand des Krankenhauswe- sens in der alten Bundesrepublik.

Aber: „Es muß eine Neuregelung für alle Länder so erfolgen, daß bekann- te Mißstände und Fehlentscheidun- gen nicht fortgeschrieben werden."

Aus Sicht des Hartmannbundes haben sich die bisherigen Gesprächs- partner in Sachen Krankenhaus, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Spitzenverbände der gesetzli- chen Krankenversicherung und die Bundesregierung, als nicht fähig er- wiesen, notwendige Empfehlungen

im Sinne einer qualifizierten und lei- stungsfähigen stationären Versor- gung abzugeben. Daher müsse sich die Arzteschaft aktiv im Rahmen der Selbstverwaltung engagieren. Dr. In- grid Hasselblatt: „Wir brauchen Krankenhausärztliche Vereinigun- gen nach dem Vorbild der ambulan- ten ärztlichen Versorgung. Wir brau- chen ärztlichen Sachverstand. -

Neben grundsätzlichen Forde- rungen zur künftigen Sicherung der Bedarfsgerechtigkeit, Leistungsfä- higkeit und Finanzierbarkeit des Krankenhauswesens sieht der Hart- mannbund einen wichtigen Ansatz- punkt innerhalb der Häuser. Der Verband fordert nicht nur mehr Ärz- te und die Abkehr von allen Formen einer pauschalen Vergütung, er plä- diert zudem für eine differenziertere Vergütung nach Einsatz- und Tätig- keitsbereichen. Der direktionale Führungsstil müsse von einem kolle- gialen Führungssystem abgelöst wer- den — dies verlange allein schon die zunehmende Spezialisierung in der Medizin.

Krankenschwestern und Kran- kenpfleger sollten, so der Hartmann- bund, neben einer besseren Vergü- tung Aufstiegschancen erhalten, die einen zusätzlichen Leistungsanreiz und ein höheres Ansehen des Be- rufsfeldes nach sich ziehen würden.

Und: Qualifizierte Pflegekräfte müß- ten dringend von Verwaltungs- und Schreibarbeiten entlastet werden, damit sie sich ihrer eigentlichen Tä- tigkeit unbeeinträchtigt widmen könnten. Wenigstens in Modellver- suchen sollten diese Vorschläge ver- wirklicht werden, appellierte der Verband.

Hasselblatts Fazit der Diskus- sion: „Bei der durch die Bundesre- gierung angekündigten Novelle der Krankenhausgesetzgebung müssen wir (die Ärzteschaft, die Red.) früh- zeitig als Betroffene konkrete Forde- rungen anmelden. Unsere besondere Aufmerksamkeit muß den Landesre- gierungen gelten, an deren Veto so manches sinnvolle Konzept in der Vergangenheit scheiterte." JM

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Abkehr

pauschalen Vergütung von der

A-3606 (22) Dt. Ärztebl. 88, Heft 43, 24. Oktober 1991

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