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Archiv "Stationäre Versorgung: Maximalversorger sind die Verlierer" (21.01.2011)

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A 72 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 3

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21. Januar 2011

STATIONÄRE VERSORGUNG

Maximalversorger sind die Verlierer

Als Folge des GKV-Finanzierungsgesetzes müssen die Krankenhäuser Mehrleistungsabschläge und eine weitere Anbindung an die Grundlohnsumme hinnehmen. Teil 2 der Serie zum Gesetz

J

eder muss seinen Beitrag leis- ten“, hatte Bundesgesund- heitsminister Philipp Rösler (FDP) im vergangenen Sommer mehrfach betont, als er die Eckpunkte für seine Gesundheitsreform vorstellte.

Zwar wurde seither die Höhe des erwarteten Defizits um zwei Milli- arden Euro nach unten korrigiert, doch die beiden großen Felder, über die die Krankenhäuser ihren Bei- trag einbringen sollen, sind unver- ändert: Zum einen bleibt die Orien- tierung des Krankenhausbudgets an der Grundlohnrate für zwei weitere Jahre bestehen. Zum anderen müs- sen die Krankenhäuser den Kran- kenkassen bei der Verhandlung ih- res Budgets Abschläge für alle Leistungen gewähren, die sie im Vergleich zum Vorjahr zusätzlich

vereinbart haben – zunächst zu ei- nem gesetzlich vorgeschriebenen Prozentsatz von 30 Prozent. Ab dem Jahr 2012 werden Kassen und Krankenhäuser diese Abschläge frei verhandeln.

Vor allem wegen dieser über eine reine Kostendämpfungsmaßnahme hinausgehenden Neuordnung wurde die Regierung kritisiert. „Diese Re- gelung passt weder zum GKV-Fi- nanzierungsgesetz, in dem ja eigent- lich nur die Ausgaben für die nächs- ten beiden Jahre begrenzt werden sollten, noch zum DRG-System“, sagt der Leiter des Bereichs Politik der Deutschen Krankenhausgesell- schaft (DKG), Detlev Heins. „2010 hatten wir endlich den Status er- reicht, der mit dem DRG-System bereits 2009 erreicht werden sollte, nämlich einen einheitlichen Preis auf Landesebene für die gleichen Leistungen. Das wird nun wieder ausgehebelt.“ Die Regelung sei ein Systemumstieg durch die Hintertür, kritisiert Heins: „Wir kommen wie- der an einen Punkt, an dem wir Preisverhandlungen auf Ortsebene führen. Doch das ist mit dem DRG- System unvereinbar, da es sich dabei um ein Festpreissystem handelt.“

Auch der Gesundheitsökonom Prof. Dr. Johann-Matthias Graf von der Schulenburg hält den Ansatz für verfehlt. „Diese Regelung ist aus

zwei Gründen fatal: Erstens trifft sie vor allem die Krankenhäuser, die etwas Zusätzliches anzubieten haben. Das heißt: Die besonders leistungsstarken Krankenhäuser wer - den abgestraft“, sagt der Direktor des Instituts für Versicherungs - betriebslehre an der Gottfried-Wil- helm-Leibniz-Universität Hanno- ver. Zweitens sei es unverständlich, dass die Regierung proklamiere, sie wolle Wettbewerb und Vertragsfrei- heit im Gesundheitswesen fördern, dann aber Preise mit einem He- ckenschnitt in den Fällen kürze, in denen Krankenkassen und Leis- tungserbringer sich auf dem Ver- handlungswege geeinigt hätten.

Die Krankenhäuser bekämen da- durch ein klares Signal, erklärt von der Schulenburg: „Leistung lohnt sich nicht, Mehrleistung schon gar nicht.“ Statt Mehrleistungen zu ver- einbaren und zu erbringen, müsse man als Krankenhaus nun versu- chen, die Fallpauschalen geschickt zu nutzen und durch Zusatzleistun- gen außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) Erlö- se zu erwirtschaften.

Da sich Krankenhäuser unter- schiedlicher Strategien bedienen, um ihren Erlös mit Hilfe des DRG- Systems zu steigern, werden sie durch Mehrleistungsabschläge auch unterschiedlich belastet, wie der Im Krankenhausfinanzierungsreformgesetz hatte die

Große Koalition 2009 einen Orientierungswert ab 2011 angekündigt, an dem sich die Verhandlungen der Lan- desbasisfallwerte ausrichten und die Anbindung an die Grundlohnrate ersetzen sollten. Der Orientierungswert sollte vom Statistischen Bundesamt anhand der tatsäch- lichen Kostenentwicklung im stationären Sektor errech- net werden. Mit dem GKV-FinG wird die Einführung die- ses Werts nun auf das Jahr 2013 verschoben.

ORIENTIERUNGSWERT

Foto: Becker & Bredel

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A 74 Deutsches Ärzteblatt

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21. Januar 2011 Verband der Universitätsklinika

Deutschlands (VUD) in einer Stel- lungnahme zum GKV-Finanzie- rungsgesetz (GKV-FinG) verdeut- licht hat: „Unsere Berechnungen zeigen, dass Maximalversorger mit einem hohen Sicherstellungsanteil und schwer steuerbaren Leistungen überproportional hart getroffen werden.“ Dem VUD zufolge wür- de, bezogen auf das gesamte Spek- trum an Krankenhausleistungen, gerade der Versorgung von Schwerst - kranken überproportional Mittel entzogen.

Auch der Vorsitzende des Mar- burger Bundes und des Ausschusses Krankenhaus der Bundesärztekam- mer, Rudolf Henke, meint: „Die kommenden Mehrleistungsabschlä- ge werden in erster Linie die Häu- ser der Maximalversorgung treffen, weil diese Häuser am stärksten da- rauf setzen, ihren Ertrag mit Mehr- leistungen zu erzielen.“

Auf Kostendruck reagieren Auf die neuen Abschläge könnten die Krankenhäuser nur so reagie- ren, wie sie auch bislang auf den steigenden Kostendruck reagiert hätten, sagt DKG-Bereichsleiter Heins: durch Spezialisierung, Ra- tionalisierung, Prozessoptimierung und eventuell auch dadurch, Stellen nicht nachzubesetzen.

Im Laufe des Gesetzgebungspro- zesses hat die Regierung noch Aus- nahmen für die Abschläge in das GKV-FinG aufgenommen. So gel- ten die Abschläge nicht für Mehr- leistungen, die die Bundesländer im Rahmen der Krankenhausplanung

oder durch Investitionen veranlas- sen. Auch können die Vertragspar- teien, um unzumutbare Härten zu vermeiden, einzelne Leistungen vom Abschlag ausnehmen. „Ich be- fürchte jedoch, dass die Bereit- schaft der Kassen, zu solchen Ver- einbarungen zu kommen, nicht sehr groß sein wird“, sagt Henke.

Das GKV-FinG verschiebt dar - über hinaus die Einführung eines Orientierungswerts um zwei weite- re Jahre. Bis dahin werden sich die Preise für die Krankenhausbehand- lung nicht nur weiterhin an der Entwicklung der Grundlohnsumme orientieren, sondern sie werden auch mit Abschlägen belegt – für 2011 mit 0,25 und für 2012 mit 0,5 Prozentpunkten. Da die vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) veröffentlichte Grundlohn- rate für 2011 1,15 Prozent beträgt, liegt der Zuwachs, den Kassen und Krankenhäuser maximal aushan- deln können, bei 0,9 Prozent. Die DKG ärgert sich über eine weitere Anbindung an die Grundlohnrate:

„Mit dem versprochenen Orientie- rungswert wäre endlich eine Ab- kehr von der Grundlohnrate einge- läutet worden, die mit der Kosten- entwicklung bei Krankenhäusern gar nichts zu tun hat“, betont Heins.

Die Grundlohnrate orientiere sich an der Einnahmesituation der GKV des vergangenen Jahres, in der der aktuelle wirtschaftliche Aufschwung nicht abgebildet sei. Die anste - henden Tarifverhandlungen würden hingegen in Zeiten der wirtschaftli- chen Konsolidierung des Landes geführt wer den müssen.

„Eine Einrichtung wie das Kran- kenhaus, das laut Sozialgesetzbuch nur Leistungen erbringen darf, die notwendig, zweckmäßig und aus- reichend sind, müsste komplett fi- nanziert werden“, meint auch Hen- ke. Das BMG befürchte jedoch, dass die Kostendisziplin der Kran- kenhäuser bei einer hundertprozen- tigen Refinanzierung ihres Budgets ins Wanken geraten könne. Deshalb werde es den Orientierungswert des Statistischen Bundesamtes wohl auch 2013 nicht eins zu eins über- nehmen.

„Die Lage ist heute besser“

„Selbst wenn das BMG den Orien- tierungswert im Endeffekt frei fest- legt, wird sich die Situation für die Krankenhäuser gegenüber dem Sta- tus quo verbessern“, sagt Heins.

Denn es müsse stets rechtfertigen, weshalb es den vom Statistischen Bundesamt ermittelten Wert unter- schreite. Mit dem GKV-FinG ver- abschiedet sich die Bundesregie- rung auch von dem angestrebten Ziel, einen einheitlichen Bundes - basisfallwert für alle Bundesländer einzuführen. Um einen „gewissen Preiswettbewerb“ zwischen den Ländern zu eröffnen, wird die Konvergenz zu bundeseinheitlichen Krankenhauspreisen aufgehoben.

Nach Henkes Einschätzung wer- den die Krankenhäuser alles in al- lem ihren Beitrag leisten können.

„Insgesamt ist die Lage für viele Krankenhäuser heute weit besser als noch 2008“, sagt der CDU-Ab- geordnete. 2009 seien die Erlöse beispielsweise um 6,6 Prozent ge- stiegen und 2010 um etwa vier Pro- zent. „Deshalb glaube ich auch, dass die Krankenhäuser in der Lage sein werden, die bereits vereinbar- ten Tariferhöhungen mit diesen Zu- wächsen zu bewältigen.“ Schließ- lich leisteten sie sich ja auch Hono- rarärzte, die einen deutlich höheren Stundensatz erhielten als ihre ange- stellten Kollegen. 2011 könne es je- doch eng werden: „Deshalb müssen wir uns die weitere Entwicklung genau angucken. Das Schlimmste, was uns passieren kann, ist, wenn aufs Neue Personal abgebaut

wird.“ ■

Falk Osterloh Um das Krankenhausbudget zu ver-

handeln, treffen sich einmal im Jahr Vertreter eines Krankenhauses mit den Vertretern der Krankenkassen, die mindestens fünf Prozent Bele- gungsanteil in diesem Krankenhaus haben. Einigen sich die Vertragspart- ner für das kommende Jahr auf mehr Leistungen als im laufenden Jahr, müssen die Krankenhäuser auf diese Mehrleistungen für das kommende

Jahr einen Abschlag gewähren. Die- ser Abschlag gilt einheitlich für alle mit dem Landesbasisfallwert vergüte- ten Leistungen. Die ausgehandelten Mehrleistungen fließen im Folgejahr voll in das Budget mit ein, durch sie wird also die Leistungsmenge für das Folgejahr nicht abgesenkt. Von dieser Grundlage aus werden im Folgejahr die Mehrleistungen für das darauf - folgende Jahr neu verhandelt.

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