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Archiv "Konsenspapier: Ambulante und stationäre Versorgung" (05.06.1998)

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I. Problemaufriß

Ein am Versorgungsbedarf der Bevölkerung aus- gerichtetes Gesundheitswesen muß unter dem Gebot des wirtschaftlichen Mitteleinsatzes die Versorgungs- probleme der Bevölkerung jeweils dort lösen, wo die medizinische Betreuung unter Beachtung humanitärer Bedingungen am effizientesten durchgeführt werden kann. Dies erfordert abgestufte Versorgungsebenen, die nach Versorgungsauftrag, Behandlungskapazitä- ten, Behandlungsintensität und Kostenaufwand defi- niert werden. In der Bundesrepublik ist, anders als in anderen Gesundheitssystemen, die fachärztliche Ver- sorgung nicht am Krankenhaus konzentriert, sondern, soweit es die ambulante Versorgung betrifft, grundsätzlich niedergelassenen Fachärzten im Rah- men ihrer Kassenzulassung übertragen. Dies ermög- licht eine wohnortnahe individuelle fachärztliche Be- treuung der Patienten.

1. Je spezialisierter und durch Geräteeinsatz ko- stenaufwendiger die fachärztliche Betreuung wird, de- sto intensiver besteht jedoch die Notwendigkeit, am Krankenhaus vorhandene Spezialeinrichtungen, die über freie Kapazitäten verfügen, auch ambulant nut- zen zu können (Spezialeinrichtungen der invasiven Diagnostik und Großgeräte). Aus diesem Grunde ist es notwendig, durch neue kooperative Strukturen eine bessere Verzahnung zwischen ambulanter und sta- tionärer Versorgung zu erreichen. Dies betrifft insbe- sondere Leistungen aus Bereichen der hochspeziali- sierten Medizin. Die Möglichkeiten für hochspeziali- sierte Fachärzte am Krankenhaus, eine verantwortli- che Lebensstellung zu erwerben, sollen verbessert werden.

2. Mit steigendem Spezialisierungsgrad der Ver- sorgung ist unter dem Gesichtspunkt der Qualitätssi- cherung eine Konzentration der Leistungserbringung bei entsprechend qualifizierten Fachärzten erforder- lich, die aufgrund ihrer Spezialisierung und Praxisaus- richtung einen Schwerpunkt in der Betreuung von Pa- tienten haben, die einer entsprechend spezialisierten Behandlung bedürfen (hochspezialisierte Versorgungs- ebene). Die Erbringung entsprechend hochspezialisier- ter Leistungen kann für den Patienten mit medizini- schen Risiken verbunden sein, zu deren Beherrschung die Infrastruktur eines Krankenhauses benötigt wird.

Bei diesen Leistungen ist die ambulante Erbringung durch entsprechend qualifizierte Fachärzte, die, so-

weit möglich, ambulant und stationär behandeln, am Krankenhaus bzw. vor einem entsprechenden intensiv- medizinischen Hintergrund zu konzentrieren.

3. Die Bildung vernetzter Praxisstrukturen im Rahmen von Strukturverträgen und Modellvorhaben zwischen Krankenkassenverbänden und Kassen- ärztlichen Vereinigungen ist darauf gerichtet, die Kon- kurrenzsituation unter hausärztlich und fachärztlich tätigen Vertragsärzten durch ein arbeitsteiliges Zusam-

menwirken möglichst aufzuheben und dadurch entste- hende Rationalisierungsmöglichkeiten in der ambulan- ten Versorgung zu nutzen. Dadurch sollen einerseits unnötige Krankenhauseinweisungen vermieden, ande- rerseits aber notwendige Krankenhauseinweisungen ohne zeitliche Verzögerung eingeleitet werden. Dieses arbeitsteilige Zusammenwirken erfordert für definier- te, schwerwiegende, meist chronische Erkrankungen von der Ärzteschaft entwickelte und abgestimmte Be- handlungskonzepte für die kontinuierliche medizini- sche Betreuung auf entsprechend abgestuften Versor- gungsebenen, in die auch spezialisierte Kranken- hausärzte persönlich im Rahmen gemeinsam abge- stimmter Versorgungsabläufe (Versorgungsketten) für die stationäre Problemlösung und bei gegebenem Be-

darf auch ambulant einzubinden sind (z. B. Diabetes, Onkologie, AIDS). Vor diesem Hintergrund ist die Be- teiligung von Krankenhausärzten über die Einbezie- hung von Krankenhäusern an Verträgen und Modell- vorhaben zweckmäßig und wünschenswert.

4. Darüber hinaus bedarf es einer engeren Ko- operation zwischen ambulanter und stationärer Ver- sorgung in der Versorgung bei medizinischen Notfäl- len, um unnötige Krankenhauseinweisungen zu ver- meiden. Durch eine stärkere Koordination von ambu- lantem Notfalldienst und Rettungsdienst sowie einer Einbeziehung von niedergelassenen Vertragsärzten in die Aufnahmeentscheidungen für Patienten in das Krankenhaus aufgrund von Notfallaufnahmen sollte diese Kooperation sichergestellt werden.

5. Die Einrichtung von Hauptfachabteilungen mit angestellten Krankenhausfachärzten ist wegen der hierbei erforderlichen Abteilungsgröße nicht durchge- hend möglich. Insbesondere für Organfächer oder für die Berücksichtigung hochspezialisierter Leistungsbe- reiche am Krankenhaus bedarf es daher nach wie vor

des Ausbaus eines kooperativen Belegarztsystems als einem Bindeglied zwischen ambulanter und stationä- rer Versorgung.

6. Auf Wunsch des Patienten oder zur Absiche- rung der eigenen Entscheidung sollte dem Vertragsarzt die Möglichkeit eingeräumt werden, insbesondere vor Krankenhauseinweisungen einen weiteren Arzt zur konsiliarischen Beratung zuzuziehen (Einholung einer Zweitmeinung). Soweit der Vertragsarzt zur Absiche- rung seiner Entscheidung oder zur Berücksichtigung des Wunsches seines Patienten auf Einholung einer Zweitmeinung einer konsiliarischen Beratung bedarf, die durch niederglassene Vertragsärzte nicht erfolgen kann, sollte ihm diese Möglichkeit durch Ermächtigung hierfür qualifizierter Krankenhausfachärzte mit auf A-1428 (24) Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 23, 5. Juni 1998

P O L I T I K 101. DEUTSCHER ÄRZTETAG

Konsenspapier

Ambulante und stationäre Versorgung

Sicherung der ärztlichen Berufsfreiheit in Klinik und Praxis

Zustimmung zum Konsenspapier sowohl beim Deutschen Ärztetag . . .

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konsiliarische Beratung entsprechend eingeschränk- tem Untersuchungsauftrag (Untersuchung, Beratung, Bericht) eröffnet werden.

7. Die sektorale Budgetierung der Krankenhaus- ausgaben für die ambulante und stationäre Versor- gung hat die in diesem Konsenspapier geforderte ver- besserte Kooperation von freiberuflichen Vertragsärz- ten und Krankenhausärzten entscheidend behindert.

Sie muß deswegen aufgegeben und durch mit den Krankenkassen vereinbarte Regelleistungsvolumen auch für die von Krankenhausärzten in der ver- tragsärztlichen Versorgung erbrachten Leistungen ab- gelöst werden.

II. Lösungsansätze

Die notwendig kostenaufwendige Infrastruktur eines Krankenhauses und die in der Bundesrepublik bewährte Struktur einer wohnortnahen fachärztlichen Versorgung durch in freier Praxis als Kassenärzte zu- gelassene Fachärzte steht einer Öffnung der Kranken- häuser für die fachärztliche ambulante Versorgung ent- gegen. Der Versorgungsauftrag des Krankenhauses ist daher nach wie vor grundsätzlich auf die Behandlung von Vertragsärzten eingewiesener und zur Kranken- hausbehandlung aufgenommener Patienten sowie von Notfällen auszurichten. Dabei ist die Notwendigkeit ei- ner Krankenhauseinweisung grundsätzlich im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung abzuklären.

Aufgrund der Problemdarstellung bedarf es je- doch in folgenden Bereichen einer Verzahnung zwi- schen ambulanter und stationärer Versorgung, wobei unter den Gesichtspunkten von Qualität, Kontinuität der Behandlung und Wirtschaftlichkeit am Grundsatz der persönlichen Teilnahmeberechtigung entspre- chend qualifizierter Krankenhausfachärzte festgehal- ten wird:

1. Die gemeinsame Nutzung von Großgeräten und kostenaufwendigen Spezialeinrichtungen in der ambulanten und stationären Versorgung soll soweit wie möglich gefördert werden. Dazu dienen insbeson- dere

– Kooperationsverträge zwischen Krankenhaus- trägern, Krankenhausärzten und Vertragsärzten,

– die Zulassung von Vertragsärzten zum Betrei- ben einer Kassenpraxis auch als Zweigpraxis in den Räumen eines Krankenhauses,

– die Ermächtigung von Krankenhausfachärzten zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung.

Soweit eine gemeinsame Nutzung im Wege der Ermächtigung von Krankenhausfachärzten erfolgt, würde die Zulassung weiterer Vertragsärzte mit ent- sprechender Praxisausstattung den Fortbestand dieser Kooperation durch Wegfall der Ermächtigung in Frage stellen. Es sind daher dann Wege weiterer Kooperatio- nen anzustreben. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Kooperation zur gemeinsamen Nutzung von den zur Zulassung anstehenden Vertragsärzten abgelehnt wird.

2. Die Ärzteschaft definiert einen Katalog spezia- lisierter Leistungen, für deren fachgerechte Erbringung zur Vermeidung unnötiger gesundheitlicher Risiken für den Patienten die Infrastruktur eines Krankenhauses oder eine entsprechende intensivmedizinische Struktur vorgehalten werden muß. Für die in diesen Katalog auf- genommenen Leistungen ist in der Regel der Bedarf für die Ermächtigung entsprechend qualifizierter Kranken- hausärzte zu vermuten, wobei vorrangig eine koopera- tive Nutzungsregelung anzustreben ist.

Dazu gehören Leistungen der cinterventionellen Kardiologie cinterventionellen Gastroenterologie cinterventionellen Radiologie

cVersorgung spezieller onkologischer Patien- ten

cVersorgung spezieller Formen der AIDS-Er- krankung.

3. Die Ärzteschaft stellt für geeignete Fälle als Unterstützung der auf freier Arztwahl und den Prinzipi- en der Therapiefreiheit beruhenden Patientenbetreu- ung in Behandlungskonzepten Entscheidungshilfen für eine qualitätsgesicherte Behandlung chronischer oder anderer schwerwiegender Erkrankungen zur Verfü- gung und definiert Anforderungen an ein Qualitätsma- nagement, auf der jeweils adäquaten Versorgungs- ebene bei Bedarf unter Einbeziehung entsprechend qualifizierter Krankenhausfachärzte als Teil einer die Betreuung von Patienten gestaltenden Versorgungs- kette. Sofern ein solcher Bedarf gegeben ist bzw. ein entsprechender Konsens unter den beteiligten Ärzten herbeigeführt wird, ist für eine solche Kooperation eine Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zu bejahen.

4. Das Belegarztwesen ist – insbesondere in seiner kooperativen Ausprägung – als bewährtes Bin- deglied zwischen ambulanter und stationärer ärztli- cher Versorgung zu fördern.

5. Die Ärzteschaft wird im Rahmen der Organi- sation des ärztlichen Notfalldienstes geeignete Maß- nahmen treffen, um den Notfall-/Rettungseinsatz zu koordinieren und durch Mitwirkung geeigneter Ver- tragsärzte in der Notfallversorgung am Krankenhaus unnötigen Streit um die Berechtigung von Kranken- hauseinweisungen und -aufnahmen zu vermeiden.

6. Durch hierfür auf Konsiliarleistungen einge- schränkte Ermächtigung entsprechend qualifizierter Krankenhausfachärzte soll Vertragsärzten die Möglich- keit der Einholung einer Zweitmeinung gegeben wer- den, soweit dies durch niedergelassene Vertragsärzte nicht erfolgen kann.

7. Soweit durch eine stärkere Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung ein erhöhter Bedarf an ambulanter Versorgung entsteht, müssen durch die Vereinbarungen von Regelleistungsvolumen die finanziellen Voraussetzungen für die verbesserte Kooperation geschaffen werden.

III. Verbesserung der Kooperation und Kommunikation

Die Kooperation unter Vertragsärzten und Kran- kenhausärzten muß durch folgende Maßnahmen ver- bessert werden:

1. Gewährleistung des notwendigen Informati- onsaustausches unter niedergelassenen Vertragsärz- ten und Krankenhausärzten bei Einweisung zur und Entlassung aus der Krankenhausbehandlung.

2. Einführung eines elektronisch gestützten Kommunikationsnetzes zur Ermöglichung der Online- Kommunikation unter Einhaltung von Sicherheitsstan- dards zur Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht.

3. Organisation gemeinsamer Qualitätszirkel, ins- besondere als Bestandteil eines Qualitätsmanagements im Rahmen von „Versorgungsketten“ nach Abschn. II.3.

4. Ausbau einer Telematikplattform.

IV. Weiterentwicklung der Krankenhausstrukturen

Die Ärzteschaft spricht sich dafür aus, bei der Weiterentwicklung der Krankenhausstrukturen die Zahl unbefristeter endverantwortlicher Lebensstellun- gen für hochqualifizierte Fachärzte zu erhöhen und da- mit den Druck auf eine Niederlassung in eigener Praxis mangels entsprechender Existenzmöglichkeiten im Krankenhaus abzubauen.

A-1429

P O L I T I K 101. DEUTSCHER ÄRZTETAG

Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 23, 5. Juni 1998 (25) . . . als auch wenige Tage zuvor auf der Vertreterversammlung der KBV

Referenzen

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