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Archiv "Stationäre ärztliche Versorgung" (01.08.1974)

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Die Information:

Bericht und Meinung Presseecho

zur besseren Diagnoseerstellung, ein gemeinsamer sozialärztlicher Dienst, Ambulatorien in unterversorgten Gebie- ten und vieles mehr. Wenn die ärztli- chen Standesvertreter weiterhin so stur

bleiben, dann laufen sie Gefahr, daß die Reform des Gesundheitswesens an ihnen vorbeigeht." (Albert Kuhlwein in:

„Welt der Arbeit")

Umdenken

„Man fragt sich, ob der Ärztetag in Ber- lin vielleicht nur deutlich macht, wie groß der Nachholbedarf an nüchternem Tatsachendenken bei den Ärzten ist.

Der normale Sterbliche, der in der plu- ralistischen Gesellschaft längst gelernt hat, sich mit gegensätzlichen Überzeu- gungen zu arrangieren, findet die Show in Berlin deshalb so peinlich, weil die Beteiligten nicht merken, wie komisch das eigentlich ist. Da gebärden sich junge Mediziner wie Revoluzzer, weil sie es versäumt haben, ihre Stimme bei Delegiertenwahlen abzugeben; da ver- suchen die Erbhofbauern der Ärzteor- ganisationen, ihren politischen Ein- fluß mit Klauen und Zähnen zu verteidi- gen.

Zweifellos sind beide Parteien von der Richtigkeit ihrer Ansichten völlig über- zeugt. Sicherlich haben sie, auch im Blick auf den Patienten, nur das Beste im Sinn. Schwierig scheint nur, den zerstrittenen Ärzten klarzumachen, daß dem Patienten weder zornige Polemik gegen das System noch allzu durch- sichtige Beschwichtigungsversuche viel

nützen." (Gisela Rothermel in: „Stutt- garter Nachrichten" und weiteren Blät- tern)

Was bleibt ...

„Der 77. Deutsche Ärztetag, der am Wochenende in Berlin zu Ende ging, hat ein paar Narben hinterlassen, die der Stand, vor allem aber seine einzel- nen Mitglieder noch öfter nachdenklich betrachten werden. Es gab erstmals ein ,go in', nicht von berufsfremden Rabau- ken, sondern von Stoßtrupps aus der eigenen Familie ... Was von diesem Ärztetag bleibt, ist nicht die Erinnerung an lautstarke Deklamationen, sondern an die Reformbereitschaft, die sich bei zahlreichen Anlässen zeigte. Reformen werden rascher durchgesetzt, wenn der Stand geschlossen auftritt. Es ist immer ungut, wenn einige glauben, sie könn- ten den Fortschritt wie eine Straßen- bahn etwas schneller besteigen als ih- re Kollegen." (Richard Kaufmann in:

„Deutsche Zeitung/Christ und Welt")

Neben der ambulanten ärztlichen Versorgung kommt der ärztlichen Versorgung der Patienten im Kran- kenhaus wegen der Entwicklung der Medizin und wegen des Wan- dels der gesellschaftlichen Verhält- nisse eine wachsende Bedeutung zu.

Die in der öffentlichen Verwaltung entwickelten Strukturen wurden ohne Rücksicht auf die besonderen Belange der ärztlichen Versorgung auf das Krankenhaus übertragen.

Der Mangel an Flexibilität in den herkömmlichen Verwaltungsstruk- turen erschwert immer mehr die notwendige Anpassung der Kran- kenhausorganisation an die sich wandelnden Erfordernisse. Er hat dazu beigetragen, daß die Kosten der Krankenhäuser seit Jahren überproportional angestiegen sind;

denn die Ursachen hierfür liegen nicht nur in der schnellen Entwick- lung der im Krankenhaus ange- wandten Technik und den erweiter- ten Möglichkeiten in Diagnostik und Therapie.

Wenn das Krankenhaus auch in Zukunft seine Aufgabe für den Be- reich der stationären Behandlung medizinisch und ökonomisch sinn- voll erfüllen soll, ist ein Umdenken bei der Gestaltung der Kranken- hausstrukturen erforderlich.

*) Das Vorwort des Blauen Papiers (in we- sentlichen Auszügen) sowie das erste Kapitel, das auf die Grundlagen dieser

„Gesundheits- und sozialpolitischen Vor- stellungen der deutschen Ärzteschaft"

eingeht, hatte das DEUTSCHE ÄRZTE- BLATT bereits in Heft 25/1974, Seite 1817 ff., veröffentlicht; der Abschnitt B 1

— „Ambulante ärztliche Versorgung" — ist in Heft 28/1974, Seite 2169 ff., wie- dergegeben worden.

1.

Krankenhausplanung

Voraussetzung für eine Reform des Krankenhauswesens ist eine Kran- kenhausplanung, die eine bedarfs- gerechte Gliederung der Kranken- häuser sowohl nach der Aufgaben- stellung als auch nach der regiona- len Verteilung ermöglicht. Wegen ihres Sachverstandes sollten hier- bei Ärzte verantwortlich mitwir- ken.

Die Vorschriften der Krankenhaus- gesetze über die Beteiligung von Ärzten bei dieser Planung hält die deutsche Ärzteschaft für unzurei- chend. Diese Krankenhausplanung darf nicht mehr als notwendig in die Eigenständigkeit der Kranken- hausträger eingreifen und keine Präferenzen zugunsten bestimmter Trägergruppen schaffen.

Auch im Rahmen einer Kranken- hausplanung muß der Leistungsver- gleich und damit ein gesunder Wettbewerb zwischen verschiede- nen Krankenhausträgern ermög- licht werden.

Ziel entsprechender Reformen muß es sein, neben einer besseren Ver- sorgung der Patienten durch eine günstigere Relation zwischen Ko- sten und Leistung auch zu besse- ren wirtschaftlichen Ergebnissen zu kommen. Dem Patienten dient nur eine dem Stand der medizini- schen Entwicklung entsprechende Versorgung, für die die personellen und apparativen Voraussetzungen zu schaffen sind. Mit repräsenta- tiven Ausstattungen und Gebäuden ist ihm nicht geholfen.

THEMEN DER ZEIT

Stationäre ärztliche Versorgung

Das Blaue Papier:

Abschnitt B 2 der „Gesundheits- und sozialpolitischen Vorstellungen der deutschen Ärzteschaft"*)

2318 Heft 31 vom 1. August 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(2)

Die Information:

Bericht und Meinung

Neuordnung des Bettenangebotes Das Bettenangebot in den Kran- kenhäusern der Bundesrepublik bedarf einer grundsätzlichen Neuordnung. Trotz scheinbaren Bettenmangels an manchen Orten ist das Bettenangebot in der Bun- desrepublik insgesamt ausrei- chend. Wissenschaftliche Untersu- chungen haben ergeben, daß die Inanspruchnahme der Krankenhäu- ser (die sogenannte Krankenhaus- häufigkeit) und die Liegedauer steigen, je größer die Zahl der vor- gehaltenen Krankenhausbetten ist.

Da in der Bundesrepublik bereits jetzt eine relativ große Zahl von Krankenhausbetten vorgehalten wird, sollte die Steigerung der Effi- zienz Vorrang haben vor der Erwei- terung der Kapazität. Die Häufig- keit von Krankenhauseinweisungen und die Liegedauer im Kranken- haus lassen sich entsprechend be- einflussen. Voraussetzung hierfür ist die Schaffung eines differenzier- ten Krankenhaussystems, in dem die Möglichkeiten von Diagnostik und Therapie jeweils den Erforder- nissen der Krankenversorgung ent- sprechen. Zur Zeit liegen in hoch- spezialisierten Krankenhäusern zu einem erheblichen Teil Patienten, die der Einrichtung solcher Häuser nicht bedürfen.

Nur durch eine stärkere Differen- zierung der Krankenhäuser kann die Fehlverteilung der Patienten vermieden werden. Eine enge Ko- operation zwischen den Kranken- häusern in der jeweiligen Versor- gungsregion ist dabei erforderlich.

Im einzelnen schlägt die deutsche Ärzteschaft folgende Maßnahmen für eine solche Differenzierung vor:

a) Aufgabenteilung zwischen den Akutkrankenhäusern einer Region Nicht jedes Akutkrankenhaus einer Versorgungsregion muß über al- le Spezialeinrichtungen verfügen.

Vielmehr sollte durch eine arbeits- teilige Koordinierung von Spezial- einrichtungen in den verschiede-

nen Krankenhäusern eine bessere Nutzung kostspieliger Einrichtun- gen angestrebt werden. Das ist be- sonders in Ballungsgebieten mit ei- ner größeren Zahl von Akutkran- kenhäusern zu erreichen.

b) Belegkrankenhäuser

Krankenhäuser der Grund- und Re- gelversorgung sollen in Zukunft mehr als bisher als Beleghäuser geführt werden. Dabei sollen die Fachabteilungen durch jeweils mehrere Belegärzte versorgt wer- den, die sich gegenseitig assistie- ren, konsultieren und vertreten können und eine ärztliche Dienst- bereitschaft sicherstellen. Dadurch ließe sich eine verstärkte Nieder- lassung von Fachärzten außerhalb der Ballungsgebiete erreichen. Au- ßerdem würde eine Verkürzung der Verweildauer und damit eine Ko- stensenkung ermöglicht.

c) Praxiskliniken

Zur Entlastung der Akutkranken- häuser sollte die Errichtung von Praxiskliniken gefördert werden.

d) Nachsorgeeinrichtungen

In Verbindung mit größeren Akut- krankenhäusern sollen Abteilungen für die stationäre, kurative Nach- sorge eingerichtet werden, die die Betreuung des Patienten bis zur Entlassung übernehmen. Um einen nahtlosen Übergang in die ambu- lante Behandlung zu ermöglichen, sollten in diesen Einrichtungen ne- ben den Krankenhausärzten auch niedergelassene Ärzte in die Be- handlung eingeschaltet werden, soweit nicht ein Belegkrankenhaus oder eine Praxisklinik der Grund- versorgung die Nachsorge über-

nimmt.

e) Spezielle Pflegeeinheiten

Chronisch Kranke, die für ihre Be- handlung der intensiven ärztlichen Betreuung und der aufwendigen In- frastruktur des Akutkrankenhauses nicht bedürfen, sollten in speziellen Pflegeeinheiten betreut werden.

Solche Einrichtungen dürfen nicht

isoliert errichtet werden, sondern müssen Krankenhäusern räumlich und organisatorisch zugeordnet sein. Auf diese Weise kann die ärztliche und pflegerische Betreu- ung sichergestellt werden.

f) Anschluß-Rehabilitation

Durch sinnvolle, gut koordinierte Rehabilitationsmaßnahmen in be- sonderen Rehabilitationseinrich- tungen kann bei einer Reihe von schweren akuten Erkrankungen (Herzinfarkt, größere Operationen und ähnliches) die Verweildauer in Akutkrankenhaus oder Nachsorge- klinik abgekürzt werden.

g) Altenpflegeheime

Patienten, die nicht der aufwendi- gen apparativen und pflegerischen Einrichtung eines Krankenhauses bedürfen, müssen in speziellen, weniger kostenintensiven Einrich- tungen untergebracht und ärztlich versorgt werden. Hier fehlen Alten- pflegeheime und Pflegestationen in Altenheimen. Diese sollten in der Nähe der Wohngebiete dezentral geschaffen und von niedergelasse- nen Ärzten versorgt werden.

h) Ausbau der Haus- und Familienpflege

Die Einweisung von Patienten in ein Akutkrankenhaus kann nicht selten unterbleiben, wenn pflege- bedürftige Patienten in ihrem häus- lichen Kreis durch entsprechende Fachkräfte gepflegt und in der Be- handlung ihres Hausarztes bleiben können. Die Ärzteschaft empfiehlt deshalb, vermehrt Hauspflegedien- ste, auch als Aufgabe von Sozial- stationen, einzurichten, deren Ko- sten nach § 185 RVO von der ge- setzlichen Krankenversicherung übernommen werden können.

Durch eine gute Zusammenarbeit zwischen den Krankenhausärzten und den Ärzten in freier Praxis in Verbindung mit dem Ausbau der Hauspflege ließen sich auch mehr als bisher Frühentlassungen nach Operationen, besonders im Kindes- alter, ermöglichen. Auch dies wür-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 31 vom 1. August 1974 2319

(3)

Die fuformation:

Bericht und Meinung

Stationäre ärztliche Versorgung

de zu einer Entlastung und damit zu einer besseren Nutzung der Akutkrankenhäuser beitragen.

111.

Innere Struktur der Krankenhäuser

Die innere Struktur der Kranken- häuser muß auf die Erfordernisse der stationären Krankenversorgung ausgerichtet sein. Dies setzt einen hohen Grad an Eigenverantwor- tung der Krankenhausleitung und eine größtmögliche Unabhängig- keit gegenüber dem Krankenhaus- träger voraus. Schon aus diesem Grunde ist es nicht möglich, Kran- kenhäuser nur als Bestandteil staatlicher, kommunaler oder kirchlicher Institutionen zu be- trachten. Erforderlich ist vielmehr

eine klare Abgrenzung der Lei- stungsfunktionen und Kompetenzen zwischen dem Krankenhausträger und der Krankenhausleitung.

Die Kompetenz für Entscheidungen im Krankenhausbetrieb steht der Krankenhausleitung zu, unter maß- geblicher Mitwirkung der im Kran- kenhaus tätigen Ärzte und Pflege- kräfte.

Im Rahmen der Grundsatzentschei- dungen des Krankenhausträgers über Zielsetzung, Organisation und Finanzierung des Krankenhausbe- triebes ist die Krankenhausleitung verantwortlich für die laufende Be- triebsführung einschließlich Pla- nung, Organisation, Durchführung und Kontrolle der. Betriebsabläufe.

In der Krankenhausleitung müssen die im Krankenhaus tätigen Ärzte und Pflegekräfte der Aufgabenstel- lung des Krankenhauses entspre- chend vertreten sein.

Für die innere Struktur der Kran- kenhäuser hat der 75. Deutsche Ärztetag in Westerland 1972 "Leit- sätze zur Struktur der Krankenhäu- ser und ihres ärztlichen Dienstes"

beschlossen. Der 77. Deutsche Ärz- tetag bekräftigt diese Leitsätze und

fordert alle Verantwortlichen in Bund, Ländern und bei den Kran- kenhausträgern auf, diese Leitsät- ze im Interesse einer Weiterent- wicklung des Krankenhauswesens alsbald zu verwirklichen.

Der 75. Deutsche Ärztetag in We- sterland 1972 war weiterhin der Auffassung, daß die Prinzipien, die mit den "Leitsätzen" entwickelt worden sind, auch im Bereich der Hochschulkliniken verwirklicht wer-

den sollen.

a) Ärztlicher Dienst im Krankenhaus Um eine Versorgung der Patienten durch fachlich qualifizierte Ärzte in Zukunft sicherzustellen, ist es not- wendig, mehr selbständige, in die Fachabteilungen integrierte Funk- tionsbareiche zu schaffen, die Fachärzten eine ihrer Qualifikation entsprechende verantwortliche Tä- tigkeit auf Dauer im Krankenhaus ermöglichen. Nur damit kann der Tendenz entgegengewirkt werden, daß der Anteil der Fachärzte im Krankenhaus weiter zurückgeht.

Darüber hinaus besteht wegen der ständig zunehmenden Spezialisie- rung der Medizin und der damit einhergehenden Differenzierung ärztlicher Aufgaben innerhalb der Fachabteilungen ein erhöhter Be- darf an Ärzten.

Die Unterteilung der Fachabteilun- gen in kleine, selbständige Spezial- abteilungen hat sich nicht bewährt.

Sie führt zwangsläufig zu einer für den Patienten nachteiligen Zersplit- terung der ärztlichen Behand- lung. Die ärztliche Versorgung an den Fachabteilungen ist einer Gruppe von Fachärzten mit einem von ihnen gewählten leitenden Arzt anzuvertrauen. Stellen für diese

"Fachgruppenärzte" sollen öffent- lich ausgeschrieben werden. Nur dadurch kann das Berufungsver- fahren der in ihrem Fach verant- wortlichen, in Lebensstellung täti- gen Ärzte durchsichtig gemacht werden. Die Ärztekammern sind bereit, bei der fachlichen Auswahl solcher Krankenhausärzte bera- tend mitzuwirken.

2320 Heft 31 vom 1. August 197 4 DEUTSCHES ARZTEBLATI'

b) Pflegerischer Dienst

In den meisten Krankenhäusern besteht ein von den Ärzten nicht mehr zu verantwortender Mangel an qualifizierten Mitarbeitern für die Krankenpflege. Zwar steigt von Jahr zu Jahr die Zahl der Berufsan- fänger in den Pflegeberufen; die Dauer der Berufsausübung ist je- doch zu kurz. Darunter leidet nicht nur die Krankenpflege, vielmehr werden auch die hohen Aufwen- dungen für die Ausbildung qualifi- zierter Krankenberufe nicht sinn- voll genutzt. Damit Krankenschwe- stern und Krankenpfleger ihrem Beruf und damit dem Krankenhaus und seinen Patienten länger erhal- ten bleiben, müssen folgende Maß- nahmen ergriffen werden:

...,. Hilfen für die Wiedereingliede- rung von verheirateten Kranken- schwestern;

...,. Förderung der Teilzeitarbeit;

...,. Ausbildung von Männern für die Pflegeberufe;

...,. wirtschaftliche Anreize.

Ferner ist im pflegerischen Bereich ein Abbau überholter Strukturen ebenso wie im Bereich des ärztli- chen Dienstes am Krankenhaus notwendig. Dadurch kann die At- traktivität der Pflegeberufe weiter erhöht werden.

Die Ausbildung des Pflegeperso- nals bedarf der Verbesserung und Intensivierung. Die Länder sind aufgerufen, sich an den Kosten an- gemessen zu beteiligen, die nach dem Krankenhausfinanzierungsge- setz für Krankenpflegeschulen nicht aus dem Pflegesatz finanziert werden dürfen.

Fortbildung und Weiterbildung von Krankenschwestern und Kranken- pflegern müssen dem Fortschritt der Medizin entsprechen. Vor Ein- führung neuer Ausbildungsgänge für Pflegeberufe sollte eine fachbe- zogene Weiterbildung für neue Auf- gabengebiete und beruflichen Auf- stieg genutzt werden.

(4)

Die Information:

Bericht und Meinung

Die Bedeutung der Grundpflege als Kern der pflegerischen Tätigkeit muß mehr als bisher betont wer- den. Wegen ihres hohen menschli- chen Einsatzes und der damit ver- bundenen Belastungen muß die Grundpflege — trotz der Notwen- digkeit einer spezialisierten Funk- tionspflege — im sozialen Anse- hen, in der inneren Organisation des Krankenhauses und in der Ver- gütung mindestens gleichrangig behandelt werden.

c) Weitere akademische Berufe im Krankenhaus

Die Entwicklung der Medizin erfor- dert, daß Krankenhausärzte stärker, als dies früher üblich war, nicht nur mit Apothekern und klinischen Psychologen, sondern auch mit an- deren nicht im Bereich der Heil- kunde tätigen akademischen Beru- fen im Krankenhaus zusammenar- beiten. Auf Dauer kann, vor allem in Krankenhäusern höherer Versor- gungsstufen, auf die Mitwirkung von Biochemikern, Physikern, Ma- thematikern, Statistikern, Ingenieu- ren und ähnlichen Berufen nicht verzichtet werden.

d) Medizinische Assistenzberufe im Krankenhaus

Im Laufe der letzten Jahre und Jahrzehnte haben sich neue Assi- stenzberufe entwickelt, die der wei- teren Förderung bedürfen: Medizi- nisch-technische Assistenten, Krankengymnasten, Diät-Assisten- ten, Masseure, Beschäftigungsthe- rapeuten und Sozialarbeiter. Dem auch in diesen Berufen bestehen- den Mangel an qualifizierten Mitar- beitern muß durch gezielte Maß- nahmen begegnet werden, wie sie auch für den Pflegebereich aufge- zeigt wurden.

e) Verwaltungsdienst

Die Erfüllung der immer umfangrei- cher und spezifischer werdenden Aufgaben der Wirtschaftsführung und Verwaltung eines Krankenhau- ses erfordert qualifiziertes, be- triebswirtschaftlich geschultes Per- sonal mit umfassender Ausbildung

und speziellen Erfahrungen in allen Bereichen des Krankenhausbe- triebswesens, sowie ein besonde- res Verständnis für ärztliche Ver- sorgung und pflegerische Betreu- ung der Patienten. Bei der Einstel- lung von Verwaltungspersonal müssen qualifizierte Anforderun- gen gestellt werden, denen durch angemessene Vergütung entspro- chen werden muß.

IV.

Finanzierung und Organisation des Krankenhauses

Die deutsche Ärzteschaft begrüßt das Krankenhausfinanzierungsge- setz insofern, als es den Grundsatz einer vollen Kostendeckung einge- führt hat, um damit die Zeit staat- lich verordneter Defizite im Kran- kenhaus zu beenden. Die prakti- schen Folgerungen, die aus diesem Gesetz, insbesondere in der Bun- despflegesatzverordnung, gezogen worden sind, befriedigen jedoch nicht.

• Der in der Bundespflegesatz- verordnung festgelegte einheitliche Pauschalpflegesatz erfüllt die von ihm erwartete Funktion nicht. Er ist undurchsichtig und gibt auch den zur Zahlung Verpflichteten keinen Überblick über die im Krankenhaus erbrachten Leistungen und die da- durch entstandenen Kosten.

Obwohl das Krankenhaus nicht nur ein Wirtschaftsbetrieb ist, muß sein Rechnungswesen transparent sein.

Nur so ist eine Leistungskontrolle im Krankenhaus sowie ein Ver- gleich gleichartiger Krankenhäuser auch für bestimmte Teilbereiche möglich. Und nur ein nach be- triebswirtschaftlichen Gesichts- punkten orientiertes Rechnungswe- sen kann auch Grundlage für ko- stengerechte Kalkulationen der Pflegesätze und Benutzergebühren sein.

Eine solche Kalkulation muß auch die unterschiedliche Kostenintensi- tät im Zeitverlauf der stationären

Versorgung eines Patienten be- rücksichtigen. Die derzeit voll pau- schalierten Pflegesätze genügen diesem Erfordernis nicht. Die Kran- kenhäuser sollten daher von der in der Bundespflegesatzverordnung enthaltenen Ermächtigung zur Er- probung neuer Pflegesatzmodelle Gebrauch machen.

Recht des Patienten auf individuelle Behandlung

Jeder Bürger hat Anspruch auf die der Art und Schwere seiner Er- krankung entsprechende Behand- lung im Krankenhaus. Dabei muß ihm die Wahl unter den Kranken- häusern der gleichen Versorgungs- stufe freistehen.

Jeder Patient muß das Recht ha- ben, seinen persönlichen Bedürf- nissen entsprechende, gesondert zu bezahlende Leistungen im Kran- kenhaus in Anspruch zu neh- men. _

Grundsätzlich muß jeder Patient das Recht haben, auch im Kran- kenhaus den Arzt seines Vertrau- ens frei zu wählen. Wahlmöglich- keiten, wie sie in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens bestehen, müssen auch im Kran- heitsfall gegeben sein. Das Kran- kenhausfinanzierungsgesetz und die Bundespflegesatzverordnung ermöglichen die Inanspruchnahme von Wahlleistungen und die freie Wahl des Krankenhausarztes.

• Die deutsche Ärzteschaft fordert die Länderparlamente auf, die vom Bundesgesetzgeber eröffneten Möglichkeiten nicht einzuengen, sondern zu nutzen. Im gleichen Sinne appelliert sie an die Kran- kenhausträger, derartige berech- tigte Wünsche der Patienten zu achten. Wenn Landesrecht oder Krankenhausträger diese Möglich- keiten beseitigen, beschränken sie die Freiheitsrechte der Bürger.

• Wird fortgesetzt

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 31 vom 1. August 1974 2321

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