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Archiv "Stationäre Versorgung: Die Krankenhäuser machen mobil" (19.09.2008)

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Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 3819. September 2008 A1947

P O L I T I K

A

ußergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. So haben sich Organi- sationen zum Aktionsbündnis „Ret- tung der Krankenhäuser“ zusammen- geschlossen, die sich sonst zum Teil spinnefeind sind; darunter die Bundes- ärztekammer (BÄK), die Deutsche Krankenhausgesellschaft

(DKG), der Marburger Bund (MB), die Vereinte Dienst- leistungsgewerkschaft, die Vereinigung der kommuna- len Arbeitgeberverbände, der Deutsche Pflegerat, der Ver- band der Universitätsklinika Deutschlands oder auch der Verband der Krankenhaus- direktoren Deutschlands. Sie wollen auf die akute Unter- finanzierung der Kranken- häuser aufmerksam ma- chen. Gemeinsam fordern sie von den politisch Verant- wortlichen die sofortige Streichung des Sanierungs- beitrags, die volle Refinan- zierung der Tarifsteigerun- gen 2008 und 2009, einen Ausgleich für steigende Energie- und Sachkosten, die Abschaffung der ge- deckelten Budgets sowie den Abbau des Investitionsstaus.

Anderenfalls drohten Wartelisten, weite Anfahrtswege, Stellenstreichun- gen und vor allem die Rationierung medizinischer Leistungen.

Der Druck zeigt Wirkung

Mit zahlreichen Aktionen haben in diesem Sommer einzelne Bünd- nispartner bereits auf die Finanzmi- sere der Krankenhäuser aufmerksam gemacht. Höhepunkt des Protests soll am 25. September die Großde- monstration vor dem Brandenburger Tor in Berlin sein. Und der Druck zeigt bereits Wirkung: Jüngst hat

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt ein Hilfsprogramm für die Krankenhäuser im Gesamtwert von drei Milliarden Euro angekündigt.

Demnach sollen unter anderem der Sanierungsbeitrag der Krankenhäu- ser für die Krankenkassen entfallen, ein Sonderprogramm für die Einstel-

lung von 21 000 Pflegekräften in den Kliniken aufgelegt werden und eine teilweise Kompensation der jüngsten Tarifsteigerungen für Ärzte und Pflegekräfte erfolgen.

Doch diese Entlastungen für die Krankenhäuser seien nicht genug, betonte BÄK-Präsident Prof. Dr.

med. Jörg-Dietrich Hoppe gegen- über dem Deutschen Ärzteblatt:

„Die Bevölkerung darf nicht den Eindruck gewinnen, mit den zuge- sagten drei Milliarden Euro ist jetzt alles gut.“ Das Geld reiche bei Wei- tem nicht aus, um die akuten Proble- me der Krankenhäuser zu lösen.

Für Dr. rer. pol. Rudolf Kösters ist das angekündigte Hilfsprogramm gar eine Mogelpackung: „Denn in die in Aussicht gestellten drei Mil- liarden Euro mehr werden Ver- gütungszuwächse hineingerechnet, die den Krankenhäusern ohnehin gesetzlich zustehen“, betonte der DKG-Präsident bei den Biersdorfer Krankenhaus- gesprächen. Hintergrund:

Die für die Kranken- hausbudgets maßgebliche Grundlohnsumme ist im relevanten Zeitraum um 1,41 Prozent gestiegen, so- dass die Krankenhausbud- gets für das Jahr 2009 um 750 Millionen Euro stei- gen. Daneben enthält das 3-Milliarden-Euro-Paket auch den Wegfall des Sa- nierungsbeitrags in Höhe von jährlich 230 Millionen Euro. Dieser muss laut Ge- setz aber ohnehin nur in den Jahren 2007 und 2008 aufgebracht werden. Zu- dem ist die Einrechnung des angekündigten finan- ziellen Hilfsprogramms für die Pflege auch nur eine scheinbare Erhöhung des Hilfsvolumens für die Krankenhäu- ser. Denn den Kliniken werden nur 70 Prozent der anfallenden Kosten erstattet, sodass gleichzeitig 30 Pro- zent ungedeckte Kosten entstehen.

Kösters: „Im Ergebnis werden aus den politisch diskutierten drei Mil- liarden Euro für die Krankenhäu- ser zusätzliche finanzielle Mittel von weniger als 1,5 Milliarden Eu- ro.“ Allein die Folge der Tarif- abschlüsse für die Jahre 2008 und 2009 führe aber zu einer Deckungs- lücke in Höhe von drei Milliarden Euro bei den Krankenhäusern. Die gestiegenen Energie- und Sach-

STATIONÄRE VERSORGUNG

Die Krankenhäuser machen mobil

Das Aktionsbündnis „Rettung der Krankenhäuser“ hat für den 25. September zu einer

Protestkundgebung in Berlin aufgerufen. Erwartet werden mehr als 40 000 Menschen,

die für eine bessere Finanzaustattung der Kliniken demonstrieren wollen.

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kosten schlagen nach DKG-Anga- ben noch einmal in der gleichen Größenordnung zu Buche. Die De- monstration in Berlin habe ihre Berechtigung also keinesfalls verlo- ren, betonte Kösters: „Ich zähle deshalb darauf, dass Sie möglichst viele Ihrer Mitarbeiter freistellen und am 25. September nach Berlin schicken“, appellierte der DKG-Prä- sident an die etwa 200 Krankenhaus- geschäftsführer in Biersdorf.

BÄK-Präsident Hoppe wertete Schmidts Zugeständnisse an die Krankenhäuser vor allem als cleve- ren politischen Schachzug: „Die versprochene Soforthilfe für die Krankenhäuser soll sicher auch da- zu dienen, die Öffentlichkeit dahin- gehend zu beeinflussen, dass diese denkt: Was soll denn jetzt noch die Demo?“ Überhaupt müsse die Ärz- teschaft damit rechnen, als Sünden- bock herzuhalten, wenn die Politik im Oktober erstmals den bundes- weit einheitlichen Beitragssatz für alle Krankenkassen festlegt: „2,7 Milliarden Honorarzuwachs für die Vertragsärzte, drei Milliarden Euro mehr für die Krankenhäuser – da fällt es leicht, einen Schuldigen zu

finden, wenn der Beitragssatz deut- lich steigt.“ Dabei seien die Zu- wächse angesichts der jahrelangen Budgetierung in beiden Versor- gungssektoren überfällig.

Der Ärztepräsident verwies auf ein weiteres Problem: Schmidts So- fortprogramm ziele lediglich auf ei- ne Verbesserung der Betriebskos- tenfinanzierung der Krankenhäuser ab. Ein weiteres großes Problem sei aber, dass sich in den Kliniken über die Jahre – wegen Versäumnisse der Bundesländer – ein Investitionsstau in zweistelliger Milliardenhöhe an- gehäuft habe. Hoppe: „Allein, um auf diese Misere aufmerksam zu machen, ist die Demonstration mehr als notwendig.“

Investitionskosten: Henke fordert nationalen Kraftakt

Stichwort: Investitionsfinanzierung.

Da sich Bund und Länder weiterhin nicht einigen können, wie die Inves- titionen der Krankenhäuser in Zu- kunft finanziert werden sollen, ver- dichten sich derzeit die Anzeichen dafür, dass das Bundesgesundheits- ministerium einen Vorschlag von DKG und BÄK aufgreift. Dieser

zielt darauf ab, die zugesagten Ent- lastungen für die Krankenhäuser bei den Betriebskosten aus dem Kran- kenhausfinanzierungsrahmengesetz herauszulösen und noch vor der Festsetzung des einheitlichen Bei- tragssatzes zu beschließen. Die Krankenhäuser hätten dann zumin- dest etwas Planungssicherheit für das so wichtige Budgetjahr 2009 – bekanntlich das erste, in dem das DRG-System als Preissystem

„scharf geschaltet“ wird. Bund und Länder hätten etwas Zeit gewonnen, um sich doch noch auf eine Reform des ordnungspolitischen Rahmens für die Krankenhausversorgung zu einigen – mit weniger Zeitdruck.

Um die investive Unterfinanzie- rung der Krankenhäuser mittelfristig zu beheben, plädiert der MB-Bun- desvorsitzende Rudolf Henke der- weil dafür, einen Fonds zu gründen, der von Bund und Ländern gemein- sam gespeist wird. Insbesondere da- mit die Krankenhäuser in den alten Bundesländern in einen besseren Zustand versetzt werden könnten –

„die Kliniken in den neuen Ländern sind ja nach der Wende praktisch einmal komplett durchrenoviert und durcherneuert worden“ –, sei eine nationale Kraftanstrengung notwen- dig, argumentierte Henke bei der Hauptversammlung des MB-Lan- desverbandes Nordrhein-Westfa- len/Rheinland-Pfalz. Die Kreditan- stalt für Wiederaufbau müsse sich mit attraktiven Darlehen an einem solchen Programm beteiligen. Hen- ke: „Wir fordern die Bundesregie- rung auf, jetzt den Weg für eine aku- te Finanzhilfe für die Krankenhäuser zu öffnen und parallel dazu ein Ge- setz zur nachhaltigen Finanzierung der Krankenhäuser zu entwickeln, das auch die Länder einbindet, so- dass unsere Kliniken finanziell deut- lich besser ausgestattet werden.“

In allen Bundestagsfraktionen sei längst klar, dass die permanente fi- nanzielle Überforderung der Kran- kenhäuser korrigiert werden müsse.

Die Bundesregierung bleibe die Ant- wort aber noch schuldig. Henke:

„Wir wollen deshalb am 25. Septem- ber in Berlin deutlich machen, wel- che Bedeutung Krankenhäuser für unsere Gesellschaft haben.“ I Jens Flintrop

Die Bevölkerung darf nicht den Eindruck gewinnen, mit den zugesagten drei Milliarden Euro ist jetzt alles gut.

Jörg-Dietrich Hoppe

Foto:Eberhard Hahne

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