S C H L U S S P U N K T
[56] Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 9½½½½2. März 2001
J
e mehr Analysten und Bankberater einen Titel gut finden, umso üppiger ist das prima Papierchen be- reits in vielen Fondsdepots und Eigenhandelsbeständen gebunkert. Das kann man ganz gut sehen, wenn Sie sich einen Kursverlauf (Chart) von viel empfohlenen Aktien ansehen. Die gute Presse be- ginnt fast nie am Tiefpunkt, sondern kumuliert in der Nähe von Höchstständen.Gegen dieses Phänomen sind auch Wirtschaftsjournalisten der einschlägigen Anlagega- zetten leider nicht gefeit.
Was wäre also die bessere Alternative? Klar, man müss- te einfach nur die Aktien fin- den, die von der Börse noch nicht entdeckt wurden oder bei denen eine spezielle
„Story“ nicht verstanden wur- de. Dazu gehört neben dem Fachwissen freilich noch eini- ger Mut, und zwar ein gehöri- ger. Sich aus dem Fenster zu
hängen, schief zu liegen und dann böse angesehen zu wer- den ist ja nicht jedermanns Sache. Ich will es gleichwohl versuchen.
Nun ist die RWE AG nicht gerade ein Wert, der von der Börse noch „entdeckt“ wer- den muss. Anders freilich ist es mit einem bestimmten neuen Geschäftszweig, der meines Erachtens von der Börse noch nicht so richtig verstanden wird. Das Esse- ner Stromversorgungsunter- nehmen schickt sich nämlich an, Steckdosen zum Internet- portal zu machen. Technisch ist die faszinierende Idee schon lange angedacht, aber bisher nur prinzipiell, zu schwierig schien die Wechsel- stromproblematik. Anschei-
nend deutet sich hier aber nun eine Lösung an.
Bereits im kommenden Monat sollen die ersten Pro- dukte für Privatleute und kleine Gewerbetreibende auf der CeBit in Hannover vorge- stellt werden. Internet über die Steckdose, wenn das wahr wird, dann ist der RWE-Kurs nicht mehr zu halten. Und auch nicht der von der schweizerischen Ascom AG, die mit dem Bau der notwen- digen Modems beauftragt wurde.
Bei der Schwarz Pharma AG habe ich das Gefühl, dass auf dem Parkett des Wertpa- pierhandels zu sehr die Ver- gangenheit bewertet wird denn die Zukunft. Die For- schungspipeline wird derzeit
mit dem Faktor Null bewertet, obwohl mit Rotigotine TDS ein viel versprechendes De- pot-Medikament zur Parkin- son-Behandlung soeben die Phase II abgeschlossen hat.
Ein weiteres Präparat gegen Inkontinenz mit dem Arbeits- titel SPM 907 sollte für den Fall einer Zulassung auch ganz gute Marktchancen haben.
Fazit: Wer an der Börse rechtzeitig das Gras wachsen hört, kann später gut ernten, selbst wenn manchmal eben nur Unkraut dabei ist. Auf den Schnitt kommt es an. ✮
zu Aktien
Bevor das Gras wächst . . .
„Das Wetter ist weiterhin schwachsinnig.“
„Der Lustdruck ist allgemein fallend.“
„Am Nachmittag auffrischen- der Südwestfunk.“
„Heute morgen nach Früh- durst Sichtbehinderung.“
„Heute nacht keine weitere Bevölkerungszunahme.“
„Sie gab wegen einer Leistungs- zerrung auf.“
„Das Tauziehen um das Kern- krampfwerk geht weiter.“
„Verkehrsmeldungen über Po- lizeistörungen liegen nicht vor.“
„Mit dem Gongschlag ist es 6 Mark dreißig.“
„Sie hören nun die h- Mess-Molle, Verzeihung, die h-Moss- melle von Jo-
hann Sebaldrian Bach . . .“
„Damit ist das 3. Programm des Bayerischen Rundfunks verendet.“
„Der Minister dementierte Rücksichtabsichten.“
„Es singen die Münchner Vo- kalsozialisten.“
„Sie hören nun den Gefange- nenchor aus Marokko.“
„Nun der neueste Erfolgs- shit.“
„Die Worte zur Fastenzeit spricht nun Prolet Meier.“
„Der Prozess fand vor der großen Schlafkam- mer des Oberlan- desgerichts statt.“
„Mit hohem Kopf und hoch- rotem Blutdruck . . .“
„In diesem Krankenhaus kön- nen 48 Patienten zu gleicher Zeit umgebracht werden.“
„Nicht wenige leiden dann un- ter Artellerieverkalkung.“
„Lots Frau erstarrte zur Salz- säure.“
„Er wird um zehn Uhr auf dem Hauptbahn- hof beerdigt.“
„Ich weiß ja selbst nicht, was für ein Pferd mich da geritten hat.“
„Eine Sache für den militärischen Ab-
schiedsdienst.“
„Wie in einem römischen Am- phibientheater.“
„Ab 14 Uhr übertragen wir den Riesendamenslalom.“
„Die Panne am Anfang bitten wir zu verzögern.“
BE Post Scriptum
Börsebius
Mit hochrotem Blutdruck
Heitere Radio- und TV-Versprecher
Börsebius-Telefonberatung
„rund ums Geld“
Wie an jedem 1. Samstag des Monats können Sie auch am 3.
März 2001 in der Zeit von 9 bis 13 Uhr Börsebius (Diplom-Ökonom Reinhold Rombach) anrufen. Wäh- len Sie bitte die 02 21/35 15 87.
Die kostenlose Telefonberatung ist ein spezieller Service des Deut- schen Ärzteblattes für seine Leser.
Zeichnung:
Reinhold Löffler