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Untersuchungen zum Einfluss von Grassilagen mit auffälligen Reineiweißgehalten auf die Zahl der Bakterien und der Protozoen im Pansensaft (in vitro)

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(1)

Tierärztliche Hochschule Hannover

Untersuchungen zum Einfluss von Grassilagen mit auffälligen Reineiweißgehalten auf die Zahl der Bakterien und der Protozoen im

Pansensaft (in vitro)

INAUGURAL – DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer

Doktorin der Veterinärmedizin - Doctor medicinae veterinariae -

(Dr. med. vet.)

vorgelegt von Anne Gast

Rostock

Hannover 2010

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. H. Bollwein Klinik für Rinder

Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

1. Gutachter: Prof. Dr. H. Bollwein

2. Gutachter: Prof. Dr. J. Kamphues

Tag der mündlichen Prüfung: 22.11.2010

Gefördert durch die Tierseuchenkasse Niedersachsen

(3)

Meinen Eltern

(4)
(5)

Inhaltsverzeichnis Seite

Abkürzungsverzeichnis xi

Glossar xii

1. Einleitung 1

2. Schrifttum 2

Teil I Mögliche Ursachen für unterschiedliche Rohprotein- und Reineiweißgehalte in Grassilagen im Dauergrünland

2

Einleitung 2

2.1 Gras als Ausgangsmaterial für die Silagebereitung 3 2.1.1 Speziesunterschiede in Menge und Zusammensetzung von Proteinen 3

2.1.2 Reifegrad und Schnittzeitpunkt 10

2.2 Silageherstellung 16

2.2.1 Veränderung des Grases nach dem Schnitt 16

2.2.2 Zur Frage des Anwelkens 20

2.2.3 Hinweise zur Silageherstellung und deren Risiken 25 2.2.4 Proteinabbau vor und während der Silierung 29

2.3 Pflanzliche Reaktionen auf Umweltstress 38

2.3.1 Wasser-, Kälte- und Salzstress 38

2.3.2 Stressreaktionen am Beispiel der Stomata 47

2.4 Abwehrmechanismen der Pflanzen 59

2.4.1 Konstitutive Abwehrmechanismen 59

2.4.1.1 Kutin, Wachse, Subserin 59

2.4.1.2 Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe 60

2.4.2 Induzierte Abwehrmechanismen 66

2.4.3 Proteinase-Inhibitoren 71

2.5 Zusammenfassung 73

(6)

Teil II Indirekte Bestimmung der Bakterienzahl mithilfe der Nukleobasen und Bestimmung der Protozoenzahl sowie der Allantoinkonzen- tration im Pansensaft des Rindes

77

Einleitung 77 2.6 Nukleobasen als indirekter Parameter für die Bakterienzahl im

Pansensaft

78

2.7 Überblick zu Lebensbedingungen und Quantifizierung der Pansenprotozoen

79

2.8 Allantoin als Messparameter im Pansensaft 81

3. Eigene Untersuchungen 83

3.1 Versuchsziel 83

3.2 Material und Methodik 83

3.2.1 Das RUSITEC-System 83

3.2.1.1 Aufbau und Funktionsweise 83

3.2.1.2 Beladung und Bedienung 85

3.2.1.3 Betrieb 86

3.2.2 Futterkomponenten 88

3.2.2.1 Herkunft und Beschaffenheit der Silage 88

3.2.2.1.1 Kontrollsilage 88

3.2.2.1.2 Schadsilage 88

3.2.2.2 Herkunft und Beschaffenheit des Heus 88

3.2.2.3 Herkunft und Beschaffenheit des Kraftfutters 89

3.2.3 Spendertier 90

3.2.3.1 Identität 90

3.2.3.2 Haltung und Fütterung 90

3.3 Versuchsdurchführung 91

3.4 Analytik 92

3.4.1 Bestimmung des pH-Werts 93

3.4.2 Bestimmung der Nukleobasenkonzentration 93

(7)

3.4.3 Bestimmung der Allantoinkonzentration 94 3.4.4 Entwicklung eines Verfahrens zur automatisierten Protozoenzählung 94

3.4.4.1 Ziel der Protozoenmessung 94

3.4.4.2 Messprinzip 94

3.4.4.3 Probengewinnung und Aufbereitung 95

3.4.4.4 Testung des CASY®TT in der Protozoenzählung 96

3.4.4.4.1 Messbereich 96

3.4.5.4.2 Probenmenge 97

3.4.4.4.3 Messdauer 104

3.4.4.4.4 Arbeitsschritte und Vorbereitung 108

3.4.4.4.5 Bestimmung der Protozoenzahl mit dem CASY®TT 113

3.4.4.4.6 Berechnung der Protozoenkonzentration 115

3.4.4.4.7 Überprüfung der Methode 115

3.4.4.4.7.1 Präzision in der Serie 115

3.4.4.4.7.2 Wiederfindungsrate 118

3.4.4.4.7.3 Messgenauigkeit durch Doppelmessung 120

3.4.4.4.7.4 Vergleich CASY®TT und mikroskopische Kammerzählung 122

3.5 Statistische Auswertung 126

4. Ergebnisse 127

Allgemeine Bedingungen unter Kontroll- und Schadsilageeinsatz 128

4.1 Veränderungen des pH-Werts 129

Spezielle Bedingungen unter Kontroll- und Schadsilageeinsatz 131 4.2 Veränderungen der Nukleobasenkonzentrationen 131

4.2.1 Veränderungen der Cytosinkonzentration 132

4.2.2 Veränderungen der Uracilkonzentration 135

4.2.3 Veränderungen der Guaninkonzentration 138

4.2.4 Veränderungen der Adeninkonzentration 141

4.2.5 Veränderungen der Thyminkonzentration 144

(8)

4.2.6 Veränderungen der Gesamtnukleobasenkonzentration 147 4.2.7 Prozentualer Anteil der Nukleobasen (NB) an der Gesamtnukleobasen-

konzentration

150

4.2.7.1 Prozentualer Anteil der NB an der GesamtNB-Konzentration in den Läufen 2-4

150

4.2.7.2 Prozentualer Anteil der NB an der GesamtNB-Konzentration in den Läufen 5-7

152

4.2.7.3 Prozentualer Anteil der NB an der GesamtNB-Konzentration in den Läufen 8-10

154

4.2.7.4 Prozentualer Anteil der NB an der GesamtNB-Konzentration in den Läufen 11-13

156

4.2.7.5 Prozentualer Anteil der NB an der GesamtNB-Konzentration in den Läufen 16-18

159

4.3 Veränderungen der Allantoinkonzentration 162

4.4 Veränderungen der Protozoenkonzentration 165

4.4.1 Veränderungen der Protozoenkonzentration in der Countklasse 1 165 4.4.2 Veränderungen der Protozoenkonzentration in der Countklasse 2 167 4.4.3 Veränderungen der Protozoenkonzentration in der Countklasse 3 169 4.4.4 Veränderungen der Protozoenkonzentration in der Countklasse 4 171 4.4.5 Veränderungen der Protozoenkonzentration in der Countklasse 5 173 4.4.6 Veränderungen der Protozoenkonzentration in der Countklasse 6 175 4.4.7 Veränderungen der Gesamtprotozoenkonzentration 177

4.5 Zusammenfassung der Ergebnisse 179

5. Diskussion 184

5.1 Intention der Arbeit 184

5.2. Kritische Betrachtung der Versuchsanstellung 184

5.2.1 Das RUSITEC-System 184

5.2.2 Beurteilung der verwendeten Futtermittel 185

5.3 Verwendete Parameter und kritische Betrachtung 191

(9)

5.4 Bewertung des entwickelten Verfahrens zur automatisierten Protozoen- zählung

191

5.5 Statistik 192

5.6 Auswirkungen der (Schad-)Grassilagezulage auf die Pansenfermen- tation

193

5.6.1 Auswirkungen auf den pH-Wert (Milieuparameter) 193 5.6.2 Auswirkungen auf die Nukleobasenkonzentration 194 5.6.3 Auswirkungen auf die Allantoinkonzentration 196 5.6.4 Auswirkungen auf die Protozoenkonzentration 198

5.7 Ergänzende Kontrollen 200

5.8 Ranking und zusammenfassende Wertung 200

6. Zusammenfassung 205

7. Summary 207

8. Schrifttumsverzeichnis 209

9. Anhang 245

9.1 Probenaufkommen 246

9.2 Nährstoffanalyse der eingesetzten Silagen 247

9.3 Versuch Überstandsvolumina 248

9.3.1 Versuchsanordnung 248

9.3.2 Ergebnisse und Bewertung 249

9.4 Statistische Daten 250

9.4.1 pH-Wert 251

9.4.2 Nukleobasen 256

9.4.3 Nukleobasen: prozentuale Anteile an der Gesamtnukleobasen- konzentration

271

9.4.4 Allantoin 284

(10)

9.4.5 Protozoen 287

9.5 Vergleich ausgewählter Parameter 308

9.6 Ergänzende Kontrollen 314

9.7 Ranking 315

9.8 Vertiefende Literatur zu speziellen Problemen des Pansens (Übersicht) 317

9.9 Verzeichnis über die Übersichten, Abbildungen und Tabellen 319

(11)

Abkürzungsverzeichnis

ABA Abscisinsäure

ADF acid detergent fiber (saure Detergens-Faser)

ADIN acid detergent insoluble nitrogen (im sauren Medium unlöslicher Stickstoff)

Da Dalton

fAS freie Aminosäuren FW fresh weight (Frischmasse) JA jasmonic acid (Jasmonsäure)

HPLC high performance liquid chromatography (Hochleistungsflüssigkeitschromato- graphie)

KbE Koloniebildende Einheit

LSU large subunit (große Untereinheit des Enzyms Rubisco) MW Mittelwert

NB Nukleobasen

NDF neutral detergent fiber (neutrale Detergens-Faser) NfE N-freie Extraktstoffe

NPN Nicht-Protein Stickstoff NSC nicht strukturelle Kohlenhydrate PEP Phosphoenolpyruvat

PI Proteinase-Inhibitoren PK Pufferkapazität

PR pathogenesis-related proteins (Pathogenese-spezifische Proteine) ROS reaktive Sauerstoffspezies

Rubisco Ribulose-1,5-bisphosphat-carboxylase

SSU small subunit (kleine Untereinheit des Enzyms Rubisco) TN total nitrogen (Gesamtstickstoff)

TPN total protein nitrogen (Gesamtproteinstickstoff) TS Trockensubstanz

uS ursprüngliche oder Frischsubstanz

WSC water soluble carbohydrates (wasserlösliche Kohlenhydrate)

(12)

Glossar

ADF-Bestimmung weiterführende Analyse der Gerüstsubstanzen nach der NDF- Bestimmung; Kochen in saurer Detergentienlösung (Cetyltrimethylammoniumbromid in 1 n H2SO4); der erhaltene

Rückstand besteht vorwiegend aus Zellulose und Lignin

Dalton in der Biochemie als Synonym für die atomare Masseeinheit (u) verwendet; u ist definiert als 1/12 der Masse des

Kohlenstoffisotops 12C

Malat Salz der Äpfelsäure; die Äpfelsäure ist ein Zwischenprodukt im Zitratzyklus

NDF-Bestimmung Kochen des Futtermittels in neutraler Detergentienlösung (Natriumlaurylsulfat, EDTA) bei pH 7; der erhaltene Rückstand beschreibt die Gesamtmenge der Gerüstsubstanzen

Oxalacetat Salz der Oxalessigsäure; die Oxalessigsäure ist ein Metabolit im Zitratzyklus

Rubisco Ribulose-1,5-biphosphat-carboxylase; CO2-Fixierung während

der Photosynthese

Sippe beschreibt in der Botanik die natürliche Verwandtschaftseinheit unabhängig von der Rangstufe, allgemeine systematische

Einordnung entspricht idealerweise dem Taxon (Art, Gattung, Familie, Ordnung)

Tribus Rangstufe in der Systematik der Biologie; eine Rangstufe oberhalb der Gattung und unterhalb der Unterfamilie

(13)

1. Einleitung

Die Qualität des Grundfutters ist seit Beginn einer leistungsgerechten Milchviehfütterung ein wichtiges Thema. Trotz Verwendung von, nach heutigen Qualitätskriterien, „guten“

Grassilagen in Hochleistungsherden ergeben sich bisweilen Gesundheitsprobleme, in Form von schweren Verdauungsstörungen und Stoffwechselerkrankungen mit Auswirkungen auf Fruchtbarkeit und Milchleistung bis hin zu plötzlichen Todesfällen, deren Ursache in der verfütterten Grassilage vermutet wird („Faktorenerkrankung Milchviehherde“, EICKEN 2005). In der vorliegenden Arbeit werden Grassilagen aus betroffenen Betrieben geprüft.

Der am deutlichsten hervortretende Unterschied zwischen „guten“ und „schlechten“ Silagen ist deren prozentualer Reineiweißgehalt am Rohprotein (≥ bzw. <50 %; EICKEN 2005).

Reineiweiß ist ein analytischer Begriff, der nur das Protein erfasst, das man in den Fällungs- reaktionen nach Barnstein oder nach Mothes (NAUMANN u. BASSLER 2004) erhält. In der Pflanze macht das Reineiweiß 65-75 % (JEROCH et al. 2008) bzw. 75-85 % (BUXTON u.

O’KIELY 2003) des Rohproteins von Grünfuttermitteln aus. Bei den vorliegenden Silagen wurden im Vorfeld dieser Untersuchungen teilweise Werte von nur <40 % (vom Rohprotein) erreicht.

In der vorliegenden Arbeit wurde die Fragestellung bearbeitet, inwieweit sich auffällige Reineiweißgehalte in Grassilagen auf den Nukleobasengehalt, und damit indirekt auf die Bakterien- sowie auf die Protozoenzahl im Pansensaft des Rindes unter in vitro Bedingungen auswirken. Es wird angenommen, dass die über die Nukleobasenkonzentration indirekt bestimmte Bakterienzahl und die Protozoenzahlen unter Einfluss von Silagen mit niedrigen Reineiweißgehalten geringer ausfallen als bei unauffälligen Silagen.

(14)

2. Schrifttum

TEIL I

Mögliche Ursachen für unterschiedliche Rohprotein- und Reineiweißgehalte in Grassilagen im Dauergrünland

Einleitung

Im Folgenden soll zunächst die Grassilage in ihrer Entstehung betrachtet werden, da sie die eingangs erwähnten Gesundheitsprobleme höchstwahrscheinlich verursacht.

Zurzeit entstehen im Pansenlabor parallele Arbeiten zu den Einflüssen unterschiedlicher Rein- eiweißgehalte von Grassilagen auf den Stickstoff-1 und Kohlenhydratstoffwechsel2 im Pansen. Vertiefende Literatur zu speziellen Problemen des Pansens ist in Tabelle 9.8 zu finden.

1 laut persönlicher Mitteilung von Frau N. Gresner, Hannover, im April 2008

2 laut persönlicher Mitteilung von Frau L. Lumpp, Hannover, im April 2008

(15)

2.1 Gras als Ausgangsmaterial für die Silagebereitung

Bei dem Versuch, die Ursache für verminderte Reineiweißgehalte in Grassilagen zu ergrün- den, soll zunächst das Ausgangsmaterial „Gras“ betrachtet werden. Von Interesse ist, ob Gehalte und Zusammensetzung des Rohproteins, sowie die Siliereigenschaften der Pflanzen (Reife-grad, TS-, Zuckergehalt) Einfluss auf den Reineiweißgehalt von Grassilagen haben.

2.1.1 Speziesunterschiede in Menge und Zusammensetzung von Proteinen

Weltweit werden in der Dauergrünlandwirtschaft nur rund 40 Spezies (HARTLEY u.

WILLIAMS 1956) der etwa 10 000 Arten aus der Familie der Süßgräser (Poaceae, Gramineae) genutzt. In Deutschland werden am häufigsten das Deutsche Weidelgras (Lolium perenne) und das Wiesen-Lieschgras (Phleum pratense) angebaut. Süßgräser werden unterteilt in Gräser der gemäßigten Breiten und in Tropengräser, mit Temperaturoptima von 15-25 bzw. 25-35 ºC (NELSON 1996). Erstere fixieren Kohlenstoff über den C3-, letztere über den C4-Photosyntheseweg (WALLER u. LEWIS 1979). Jedoch gibt es auch in den gemäßigten Klimazonen einige C4-Pflanzen, bekanntestes Beispiel ist der Mais (HELDT u.

PIECHULLA 2008). Der Name der C3-Pflanzen leitet sich von ihrem ersten stabilen Zwischenprodukt bei der CO2-Fixierung ab, das drei Kohlenstoffatome besitzt. Bei den C4-Pflanzen sind es folglich vier Kohlenstoffatome. Die CO2-Fixierung ist deswegen interessant, weil an ihr Enzyme, also Proteine, beteiligt sind. C3-Pflanzen bedienen sich bei der Photosynthese des Enzyms Ribulose-1,5-bisphosphat-carboxylase/-oxygenase (Rubisco).

C4-Pflanzen besitzen zusätzlich das Enzym PEP (Phosphoenolpyruvat)-Carboxylase. Dieses kann das im Cytosol zu HCO3- umgewandelte CO2 zunächst in Form von Oxalacetat fixieren.

Nach einer weiteren Umwandlung in Malat, welches in die Bündelscheidenzelle diffundiert, wird das CO2 wieder freigesetzt und kommt mit Rubisco in Kontakt (HELDT u.

PIECHULLA 2008). Mit Hilfe dieser Kompartimentierung kann CO2 entgegen dem Konzen- trationsgefälle transportiert werden. Auf diese Weise können C4-Pflanzen selbst geringste CO2-Mengen aufnehmen und nutzen, auch wenn ihre Spaltöffnungen zur Vermeidung von hitzebedingten Wasserverlusten (Transpiration) größtenteils geschlossen bleiben. Die Bedeu-

(16)

tung der Spaltöffnungen für die Lebens- und Abwehrprozesse der Pflanze wird in den Kapiteln 2.3.2 und 2.4.1.2 näher betrachtet.

C3- und C4-Pflanzen unterscheiden sich nicht nur in ihrer Enzymausstattung, sondern auch in der Proteinmenge. In der Anzahl an Proteinen sind die C3-Pflanzen den C4-Spezies überlegen (LYTTLETON 1973). Proteine machen mit 75-90 % den größten Teil des Gesamtstickstoffs der Pflanze aus (HEGARTY u. PETERSON 1973). Letzterer ist die Basis für die Berechnung des Rohproteins (N x 6,25) in einem Futtermittel. Durchschnittlich enthalten Gräser der gemäßigten Breiten 100-200 g Rohprotein kg-1 TS (LYTTLETON 1973). Das Rohprotein wird nach PICHARD u. VAN SOEST (1977) und VAN SOEST (1994) in fünf Fraktionen eingeteilt (s. Tab. 2.1.1).

Tab. 2.1.1: Rohproteinfraktionen in Futtermitteln und deren Abbaugeschwindigkeit nach dem

„Cornell Net Carbohydrate Protein Model“ (nach PICHARD u. VAN SOEST 1977 und VAN SOEST 1994)

Fraktion (Klassifikation) Proteinanteil Abbaugeschwindigkeit

A NPN sehr schnell

B1 Pufferlösliches Reinprotein schnell

B2 Pufferunlösliches/ND1- lösliches Reinprotein

verschieden

B3 ND-unlösliches/AD2-

lösliches Reinprotein

verschieden bis langsam

C AD-unlösliches Reinprotein unverdaulich

1 neutrale Detergentienlösung, vgl. Glossar; 2 saure Detergentienlösung, vgl. Glossar

(17)

Diese Fraktionen lassen sich nach ihrem Anteil am Rohprotein graphisch wie folgt darstellen:

Abb. 2.1.1: Schematische Darstellung der Proteinfraktionen anteilig am pflanzlichen Rohprotein (nach STEINHÖFEL 2008)

Zu den NPN-Verbindungen (Fraktion A) gehören u. a. freie Aminosäuren, N-haltige Basen und Säuren sowie Harnstoff. Fraktion B umfasst das Reinprotein, welches sich je nach Löslichkeit in drei Unterfraktionen gliedert: nicht fasergebunden (B1), gebunden an NDF (B2), gebunden an ADF (B3; B2 u. 3 sind leicht löslich). Zur Fraktion C zählen die Proteine, die unlöslich an ADF gebunden sind. Sie sind nahezu unverdaulich (STEINHÖFEL 2008).

Was die Menge an NDF betrifft, so sinkt die Futteraufnahme mit zunehmenden Gehalten (MERTENS u. ELY 1979). Der in der vorliegenden Arbeit untersuchte Parameter Reineiweiß setzt sich aus den Fraktionen B und C zusammen (STEINHÖFEL 2008). Reinprotein macht 65-85 % des Rohproteins von Grünfuttermitteln aus (BUXTON u. O’KIELY 2003; JEROCH et al. 2008).

Proteine werden nach ihrer Verteilung in der Pflanze als Samen- oder Blattproteine bezeichnet. Samenproteine dienen der Nährstoffversorgung des Embryos. Blattproteine sind in erster Linie metabolisch aktiv, sie dienen dem Wachstum der Zelle und deren bio- chemischen Funktionen wie Photosynthese, Atmung und Zellteilung (BUXTON u. O’KIELY 2003). Die Blattproteine werden historisch in drei Proteinfraktionen unterteilt: Blattprotein 1, Blattprotein 2 und Chloroplastenmembranproteine. Die Hälfte aller Blatt-proteine und damit die gesamte Fraktion 1 wird allein durch die Ribulose-1,5-bisphosphat-carboxylase (Rubisco) gestellt (MANGAN 1982). Sie ist mit 560 kDa das größte Blattprotein (MANGAN 1982;

MAKONI et al. 1993) und im Calvin-Zyklus (Pentosephosphatweg) für die Bindung von CO2

verantwortlich (MCDONALD et al. 1991). Sie besteht aus acht großen (LSU: large subunit) Rohprotein

A

A

Reinprotein

B1 B2 B3 C

(18)

und acht kleinen (SSU: small subunit) Untereinheiten. Jede einzelne LSU wiegt 56 kDa, jede SSU 14 kDa. Zwischen den Pflanzenspecies gibt es bei Rubisco nur wenig Unterschiede.

Diese ergeben sich zum größten Teil aus unterschiedlicher Aminosäurenzusammensetzung der SSU (MANGAN 1982).

Fraktion 2 besteht aus einer heterogenen Mischung von Proteinen, die aus den Chloroplasten oder aus dem Zytoplasma der Pflanzenzelle stammen. Sie machen 25 % aller Blattproteine aus und setzen sich aus 6 bis 9 Proteinspezies, darunter Strukturproteine wie Aktin oder Enzyme wie die ATP-Synthetase, zusammen. In der letzten Gruppe, der Chloroplasten- membranproteine, finden sich unlösliche Proteine, die von der Thylakoidmembran abstammen (MANGAN 1982). Sie bilden Lipoprotein-Chlorophyll-Komplexe (BUXTON u.

O’KIELY 2003) und machen 40 % der Chloroplastenproteine oder 15-20 % der Gesamtpflanzenproteine aus (MANGAN 1982).

Die drei klassischen Blattproteinfraktionen nach MANGAN (1982) lassen Nukleoproteine und mitochondriale Proteine unberücksichtigt. Nukleoproteine machen 1-2 % des Blattproteins aus. Obwohl Mitochondrien in der Pflanzenzelle zahlreich sind, sind nur bis zu 5 % aller Blattproteine mitochondrial (MANGAN 1982).

In Tabelle 2.1.2 sind die Informationen zu den Blattproteinfraktionen zusammengestellt.

Tab. 2.1.2: Blattproteinfraktionen und deren Anteil am Gesamtblattprotein

Blattprotein Prozentualer Anteil am Gesamtblattprotein Blattprotein 1 (Rubisco) Fraktion 1 50 Blattprotein 2 Fraktion 2 25

Chloroplastenmembranproteine Fraktion 3 15-20

Mitochondriale Proteine 5

Nukleoproteine 1

Neben den Proteinen kommen auch kleinere Stickstoffbausteine in den Pflanzen vor. Drei bis 20 % des Gesamtstickstoffs sind freie Aminosäuren und Ammoniak. Der Aminosäurepool setzt sich aus neusynthetisierten Aminosäuren und solchen, die innerhalb der Pflanze transportiert werden, zusammen. Nach VAN VUUREN (1993) sind die „Hauptaminosäuren“

(19)

Asparagin- und Glutaminsäure sowie Alanin und Leucin, während Cystein, Methionin, Histidin und Arginin nur in geringen Konzentrationen vorkommen. Diese Einteilung (VAN VUUREN 1993) stimmt mit den Werten von YEOH u. WATSON (1982) für Deutsches Weidelgras (Lolium perenne) unter Gewächshausbedingungen überein (s. Tab. 2.1.3). Lolium perenne wurde nicht unter Feldbedingungen getestet, andere auf dem Feld gewachsene Gräser des Tribus (vgl. Glossar) Poeae zeigten jedoch ähnliche Werte (YEOH u. WATSON 1982).

Die Poeae gehören zur Familie der Süßgräser (Poaceae) und zur Unterfamilie der Pooideae.

Der Tribus Poeae enthält Gattungen wie die Knauelgräser (Dactylis), Schwingel (Festuca), Lolche (Lolium) und Rispengräser (Poa; STRASBURGER et al. 2002). Im Gegensatz zu den bereits genannten Autoren VAN VUUREN sowie YEOH u. WATSON fanden WILSON u.

TILLEY (1965) in einem Vergleich von fünf verschiedenen nicht näher spezifizierten Gräsern für Arginin die höchsten Konzentrationen in allen Presssaftproben (144 g N kg-1 Gesamtprotein). Lysin, Asparaginsäure, Glutaminsäure, Alanin, Leucin und Glycin lagen in dieser Untersuchung zwischen 72 und 94 g N kg-1 Gesamtprotein. Die sieben genannten Aminosäuren machen nach WILSON u. TILLEY (1965) 63 % der Gesamtaminosäurenmenge aus der experimentellen Hydrolyse der Gräser aus. Unterstützung bekommen WILSON u.

TILLEY (1965) von ASHBELL et al. (1983), die in Weizen ebenfalls Arginin als die Aminosäure mit der höchsten Konzentration vorfanden. Eine mögliche Erklärung für die abweichenden Funde beim Arginin könnte in dessen starkem Abbau begründet sein (vgl. Kap.

2.2.4). Es ist denkbar, dass die Argininkonzentration bei dem von VAN VUUREN (1993) und YEOH u. WATSON (1982) verwendeten Pflanzenmaterial zum Untersuchungszeitraum bereits gesunken war und deshalb mengenmäßig hinter der Asparagin- und Glutaminsäure zurückfiel. Der Argininabbau geschieht u. a. durch Umwandlung zu Ornithin, welches zur Prolinsynthese weiterverwendet werden kann (vgl. Kap. 2.2.4). Der erhöhte Prolinwert in der Untersuchung von YEOH u. WATSON (1982) gegenüber derjenigen von WILSON u.

TILLEY (1965) kann die These des bereits eingeleiteten Argininabbaus untermauern.

Nach WILSON u. TILLEY (1965) unterscheiden sich die Aminosäurengehalte des Pflanzenproteins zwischen verschiedenen Futterpflanzen kaum. YEOH u. WATSON (1982) beschränken diese Aussage auf Gräser. Ausgehend von den in der folgenden Tabelle aufgelisteten Aminosäurenkonzentrationen trifft diese Aussage nur für knapp die Hälfte der dargestellten Aminosäuren zu. Tabelle 2.1.3 stellt ausgewählte Ergebnisse von WILSON u.

(20)

TILLEY (1965), ASHBELL et al. (1983) sowie YEOH u. WATSON (1982) zusammen. Zum Vergleich sind Gehalte an freien Aminosäuren angegeben (FAUCONNEAU 1960). Freie Aminosäuren machen bei Feldgräsern ca. 14,7 % der Gesamtaminosäuren aus (YEOH u.

WATSON 1982).

Tab. 2.1.3: Durchschnittliche Konzentrationen ausgewählter Aminosäuren von verschiedenen Gräsern in g kg-1 Gesamtaminosäurenstickstoff (modif. nach 1FAUCONNEAU 1960; 2WILSON u. TILLEY 1965; 3YEOH u. WATSON 1982; 4ASHBELL et al.

1983)5

Aminosäure Dt. Weidelgras3 Gemisch fünf verschiedener

Gräser2

Weizen4 Deutsches Weidelgras1

(fAS)

Asparaginsäure 116 81 59,6 140

Glutaminsäure 129 76 91,2 135

Aspartat k.A. k.A. 4,85 50

Glutamat k.A. k.A. 10,5 110

Leucin 94 72 64,5 k.A.

Alanin 74 80 76,7 160

Glycin 59 79 62,9 k.A.

Lysin 69 94 92,3 k.A.

Arginin 43 144 139,6 k.A.

Methionin 21 13 k.A. k.A.

Histidin 23 47 43,2 k.A.

Cystein 8 k.A. k.A. k.A.

Valin 50 64 53,9 k.A.

Prolin 60 46 51,1 k.A.

3 korr. g % in g kg-1; 4 korr. mit Rp kg-1 TS; 5 korr. auf total amino acid N = leaf protein content (Yeoh u.

Watson 1982)

Menge und Zusammensetzung von Rohprotein und Kohlenhydraten im Grasschnitt werden durch die botanische Zusammensetzung des Aufwuchses beeinflusst (ISSELSTEIN et al.

(21)

2003). ISSELSTEIN et al. (2003) machen allerdings keine Angaben dazu, wie sich verschiedene Gräser- oder Leguminosenspezies auf den Rohproteingehalt auswirken könnten.

Rohprotein- und Kohlenhydratgehalte sollen nach Möglichkeit durch die Heu- und Silagewerbung erhalten bleiben. Dabei spielt die Menge an wasserlöslichen Kohlenhydraten (water soluble carbohydrates – WSC) für den Erhalt des Rohproteins während der Silierung eine entscheidende Rolle (NEHRING 1972; LEIBENSPERGER u. PITT 1988). Die WSC- Konzentration ist stark speziesabhängig (JONES 1970; LEIBENSPERGER u. PITT 1988). In einer Untersuchung von HENDERSON et al. (1972) betrug der WSC-Gehalt von Deutschem Weidelgras (Lolium perenne) 17,7 % TS. Für Luzerne ermittelten OHSHIMA et al. (1979) dagegen nur eine Konzentration von 5,4 % TS. Erstrebenswert sind für Gräser und Leguminosen gleichermaßen 4-6 % TS (MAHANNA 1994 a, b). Für die Siliereignung wichtig sind außerdem die Pufferkapazität (PK; ISSELSTEIN et al. 2003; JEROCH et al.

1993) und der Quotient aus Zuckergehalt und PK (JEROCH et al. 1993). Für eine erfolgreiche Silierung sind geringe Pufferkapazitäten und hohe Zuckergehalte günstig. Wichtige Pufferbestandteile einer Pflanze sind mit 68-80 % Sulfate, Nitrate und Chloride (PLAYNE u.

MCDONALD 1966). Proteine haben dagegen nur einen Anteil von 10-20 % und damit nur einen geringen Einfluss auf die Siliereignung einer Pflanze. Sie werden selbst aber am stärksten von der Siliereignung der Pflanze (Ausmaß des Proteinabbaus) beeinflusst.

Der Rubiscoabbau dürfte bei der Proteolyse in Grassilagen eine zentrale Rolle spielen.

Aufgrund seiner Menge und Größe ist Rubisco schnell Angriffspunkt für proteolytische Enzyme, besonders in alternden Blättern oder nach Abtrennen der Blätter von der Pflanze durch Laubabwurf oder Schnitt. Sein Abbau könnte damit für den größten Teil des Proteinverlusts zu Beginn der Silierung verantwortlich sein (PETERSON u. HUFFAKER 1975).

Zusammenfassung:

Unterschiede zwischen Gräserspezies in Bezug auf Proteinmenge und Zusammensetzung gibt es zwischen C3- und C4-Pflanzen (mehr Proteine in C3-Pflanzen). Im größten pflanzlichen Protein, der Rubisco, gibt es nur wenige Unterschiede zwischen Pflanzenspezies, die in der Aminosäurenzusammensetzung der kleinen Untereinheit (SSU) begründet liegen. Bei der Beurteilung der Unterschiede zwischen verschiedenen Gräserarten kommt es anscheinend

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sehr auf die Methode der Proteinhydrolyse und das verwendete Pflanzenmaterial an. An der Aussage von WILSON u. TILLEY (1965), dass es kaum Unterschiede in der Aminosäuren- zusammensetzung von verschiedenen Gräsern gibt, darf zumindest gezweifelt werden.

2.1.2 Reifegrad und Schnittzeitpunkt

Im folgenden Kapitel soll der Einfluss von Reifegrad (Alter) und Erntezeitpunkt der Pflanze auf den Reineiweißgehalt der Silage untersucht werden.

Einfluss der Jahreszeit

Bei der Gewinnung von Gras für die Bereitung von Grassilage werden mehrere Schnitte im Laufe einer Vegetationsperiode genutzt. Bei Deutschem Weidelgras beispielsweise erfolgt der erste Schnitt meist Mitte bis Ende Mai vor der Blüte. Im Juni/Juli wird häufig zum zweiten Mal mit Beginn der Blüte geschnitten. Wenn ein dritter (und vierter) Schnitt erfolgen soll, so ist dies zum Ende des Sommers im August/September (nach der Blüte) möglich. Mit den Schnitten verändern sich Menge und Zusammensetzung der Pflanzeninhaltsstoffe wie Roh- protein, Reineiweiß und Gerüstsubstanzen. Beim Rohprotein ist bereits im zweiten Schnitt ein deutlich geringerer Gehalt feststellbar (KÜNNEMANN u. HERRMANN 1967). Bei Knaul- (Dactylis glomerata), Wolligem Honiggras (Holcus lanatus) und Wiesenfuchsschwanz (Alopecurus pratensis) sinken die Gehalte an Rohprotein und Reineiweiß nach einer Untersuchung von KIRCHGESSNER et al. (1960) im Zeitraum vom Rispenschieben bis zum Blühende im Mittel um 37 % bzw. 32 %. Mit den Gerüstsubstanzen verhält es sich andersherum. Sie nehmen im Laufe der Vegetationsperiode zu und bestimmen den Reifegrad der Pflanze. Je höher der Anteil an Gerüstsubstanzen wie Zellulose, Hemizellulose und Lignin ist, desto schlechter wird die Verdaulichkeit der Pflanze (HARRISON et al. 2003). Mit der Verdaulichkeit sinkt auch der Energiewert der Silage (SMITH et al. 1972). Dies bestätigen Untersuchungen der LUFA Nord-West für die Grassilageernte 2009, bei denen der erste Schnitt am energiereichsten war (ENGLING u. EGERT 2009).

Die Rohprotein- und Energiewertveränderungen in verschiedenen Aufwüchsen werden in Abbildung 2.1.2 verdeutlicht.

(23)

Für die Verwertbarkeit einer Pflanze durch das Tier ist v. a. der Blatt-Stamm-Quotient entscheidend, der sich bei der älteren Pflanze in Richtung des zunehmend weniger verdaulichen Stammes verschiebt (SMITH 1972; HARRISON et al. 2003). Zunehmende Reife der Pflanze bedeutet auch, dass die Pflanze längeren Tageslichtperioden ausgesetzt ist.

Dies führt schon bei nur vier Stunden mehr Licht am Tag zu einer Reduktion der Blattzahl (BOWMAN u. LAW 1964). In der Folge nimmt auch der Gehalt an löslichen Blattproteinen ab (LYTTLETON 1973). Für die nordwestdeutsche Ernte 2009 bescheinigen ENGLING u.

EGERT (2009) der Grassilage eine deutlich geringere Verdaulichkeit im dritten Schnitt im Vergleich zum ersten Schnitt. Mit zunehmender Reifung der Pflanze kommt es also zu einem Anstieg der Gehalte an Zellwandbestandteilen, während die Proteinkonzentration sinkt (Tab.

2.1.4). Die Pflanze wird damit für das Tier schlechter verwertbar.

Tab. 2.1.4: Gehalte an Rohprotein und Zellwandbestandteilen (Hemicellulose, Cellulose, Lignin) mit zunehmender Reife von Weidelgras in g kg-1 TS (mod. nach MCDONALD et al. 1991)

Schnitt Datum Rohprotein Hemicellulose Cellulose Lignin

1 22. April 209 113 170 30

2 14. Juni 61 127 217 33

3 19. Juli 34 183 284 72

4 13. September 31 210 331 100

Anders verhält es sich, wenn das Gras im Laufe der Vegetationsperiode geschnitten wird. Der neue Aufwuchs kann eine fast ebenso hohe Rohproteinkonzentration enthalten, wie der

Abb. 2.1.2: Qualitätsveränderungen des Futters einer intensiv be-

wirtschafteten Wiese (aus DIERSCHKE u. BRIEMLE 2002, nach KÜHBAUCH et al. 1997)

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vorherige. So fanden ISSELSTEIN et al. (2003) in einem Frühjahrsaufwuchs von Deutschem Weidelgras (Lolium perenne) 194 g Rohprotein kg-1 TS und im Sommeraufwuchs 178 g Rohprotein kg-1 TS.

VAN STRAALEN u. TAMMINGA (1990) zeigen einen weiteren Trend im Zusammenhang mit dem Rohprotein auf. Sie fanden eine positive Beziehung zwischen der Anzahl an Tagen, die seit dem 1. Mai vergangen sind, und der Menge an nicht abbaubarem Protein in der Pflanze. Dieser Fund spricht für einen frühen Schnitt. Zum gleichen Ergebnis kommen RINNE et al. (1997). Nach ihren Untersuchungen ist der Anstieg in der Fraktion A (NPN, s. Kap. 2.1.1) während der Silierung umso größer, je jünger (weniger reif) die Pflanze ist.

MCALLAN et al. (1994) untersuchten eine Anfang Juni und eine Ende Juni/Anfang Juli geschnittene Grassilage und fanden bei der nur knapp einen Monat früher geschnittenen Silage eine signifikant höhere Verdaulichkeit. Die Anfang Juni erzeugte Silage zeigte geringere Buttersäuregehalte und führte bei laktierenden Milchkühen zu größerer mikrobieller Proteinsynthese im Pansen, sowie zu stärkerer Anflutung von mikrobiellem Protein im Duodenum.

Im Hinblick auf die Pansenverdauung birgt ein jahreszeitlich früher Schnitt die Gefahr des Absinkens des Pansen-pH durch eine schnelle Fermentation. Die Faserverdauung wird beeinträchtigt und die pH-Werte können in kritische Bereiche von 6,2 bis 6,0 (gegenüber 6,4-6,6 Normalwert) absinken (HOOVER 1986). Der bei der Silagefütterung aus früh im Jahr geschnittenem Gras (28 g N kg-1 TS gegenüber 18,9 g N kg-1 TS bei spätem Schnitt) auftretende pH-Wert Abfall im Pansen ist laut MCALLAN et al. (1994) vergleichbar mit einer Erhöhung des Kraftfutteranteils in der Ration von drei auf neun kg pro Tag. Kraftfutter enthält große Mengen leichtlöslicher Kohlenhydrate und führt in größeren Mengen zu einer Übersäuerung des Pansens. Es kann infolgedessen zur Entstehung einer subklinischen oder gar klinischen Pansenacidose kommen. Die Auswirkungen bei der Wahl eines späteren Schnittzeitpunkts im Jahr sind in Tabelle 2.1.5 zusammengefasst.

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Tab. 2.1.5: Veränderungen im Futterwert von Gras bei jahreszeitlich späterem Schnitt- zeitpunkt (≥ 2. Schnitt) im Vergleich zum 1. Schnitt

Parameter Veränderung Autor(en)

Rohprotein-Gehalt sinkt KÜNNEMANN u. HERRMANN 1967;

LYTTLETON 1973

Reineiweiß-Gehalt sinkt KIRCHGESSNER et al. 1960 Gehalt an

Gerüstsubstanzen

steigt SMITH 1972; HARRISON et al. 2003

Blattzahl sinkt BOWMAN u. LAW 1964

Buttersäuregehalt steigt MCALLAN et al. 1994

Verdaulichkeit sinkt THOMAS et al. 1981; VAN VUUREN et al. 1990

Proteinabbaubarkeit sinkt VAN STRAALEN u. TAMMINGA 1990;

RINNE et al. 1997b Mikrobielle

Proteinsynthese

sinkt MCALLAN et al. 1994

Anflutung von mikrobiellem N im Duodenum

sinkt MCALLAN et al. 1994

Angesichts der deutlich negativen Veränderungen in Bezug auf Proteingehalt und Verdaulichkeit des Grasschnitts, empfiehlt sich ein jahreszeitlich früher Schnitt (vorzugsweise 1. Schnitt) im Jahr.

Einfluss der Tageszeit

Für die Gewinnung des Grasschnitts ist nicht nur das Datum entscheidend, auch die Tageszeit spielt eine Rolle. Die meisten Ratschläge bezüglich des optimalen Termins orientieren sich am Gehalt der wasserlöslichen Kohlenhydrate (WSC). Ihre Konzentration ist ausschlaggebend für die Intensität der Milchsäuregärung, die zur Konservierung des Futters benötigt wird. Bevor auf den Einfluss der Tageszeit eingegangen wird, zunächst ein paar allgemeine Betrachtungen: Besonders in jungen eiweißreichen Grünfutterpflanzen reicht die

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Menge an WSC oft nicht für eine ausreichende Milchsäurebildung und damit eine erfolgreiche Silierung aus (NEHRING 1972). Ideal sind 30 g WSC pro kg Siliergut- Frischmasse (WILKINSON et al. 1983). Ausgehend von einem TS-Gehalt von Wiesengras im Schossen (vor der Blüte) von 180 g TS/kg uS (KAMPHUES et al. 2009) liegt der erforderliche Wert an WSC bei 167 g kg-1 TS. Demnach verfügt das Deutsche Weidelgras mit 100-200 g kg-1 TS über eine ausreichende Menge an nicht strukturellen Kohlenhydraten (LEIBENSPERGER u. PITT 1988). Weitere Gräserspezies unserer Breiten wie Wiesen- schwingel (Festuca pratensis), Wiesen-Lieschgras (Phleum pratense) und Wiesen-Knaulgras (Dactylis glomerata) haben niedrigere WSC-Konzentrationen, wobei das Wiesen-Knaulgras am schlechtesten abschneidet (JONES 1970).

Im Tagesverlauf steigt die WSC-Konzentration an und erreicht in den späten Nachmittags- bis frühen Abendstunden ihr Maximum (HOLT u. HILST 1969; NEHRING 1972). Maximale Konzentrationen an WSC und nicht strukturellen Polysacchariden wurden für Luzerne und Gräser gegen 18:00 Uhr, minimale gegen 6:00 Uhr ermittelt (HOLT u. HILST 1969) was WAITE u. BOYD (1953) auf Veränderungen in der Saccharosekonzentration zurückführen.

Diese wird positiv von hoher Lichtintensität und niedrigen Temperaturen beeinflusst (DEINUM 1966). Das verwundert, weil die Temperaturkurve im Tagesverlauf üblicherweise ansteigt. Steigende Temperaturen führen zu einem Verlust an WSC; schon bei einem Anstieg um 15 °C sinkt der WSC-Gehalt bei Welschem Weidelgras (Lolium multiflorum) um rund 40 % (DEINUM 1981). In den Abendstunden, in denen die größten Gehalte an WSC vorliegen (s. o.), werden wieder geringere Temperaturen als zur Tagesmitte gemessen.

Für einen Schnitt zum Ende der Tageslichtperiode spricht auch der dann geringere pH-Wert im Vergleich zu den Morgenstunden. Gegen 8:30 morgens liegt der pH-Wert von Luzerne deutlich über pH 5,5; um 14:00 Uhr bei 4,87 (MELVIN 1965). Mithilfe der Milchsäurebildung im Silo soll der pH-Wert der Silage letztlich auf 4,2 bis 4,0 abgesenkt werden (s. Kap. 2.2.2). OWENS et al. (1999) unterstützen die Ergebnisse von MELVIN (1965). Sie schnitten Luzerne und Rotklee (Trifolium pratense L.) zu vier verschiedenen Tageszeiten (6:00, 10:00, 14:00 und 18:00 Uhr) und welkten das Pflanzenmaterial (auf 350 g TS kg-1) vor der Silierung an. Die Silage von 6:00 hatte den höchsten, die von 14:00 den niedrigsten pH-Wert. Die Differenz zwischen niedrigstem und höchstem pH-Wert lag in der Untersuchung von OWENS et al. (1999) mit angewelkter Silage bei 0,41; für die direkt

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geschnittene Silage von MELVIN (1965) bei 0,63. MUCK et al. (2003) schließen daraus, dass der Schnittzeitpunkt bei angewelkten Silagen weniger stark ins Gewicht fällt. Gegen die Ernte am Abend sprechen die höheren Atmungsverluste (Abnahme der Konzentration an nicht strukturellen Kohlenhydraten), wenn das geschnittene Pflanzenmaterial vor Einbruch der ersten Nacht nur wenig trocknen konnte (MUCK et al. 2003).

Die Wahl eines späteren Schnittzeitpunkts am Tag führt zu den in Tabelle 2.1.6 zusammengefassten Auswirkungen. Veränderungen, die für einen späteren Schnittzeitpunkt sprechen, sind in Kursiv-Schrift dargestellt.

Tab. 2.1.6: Veränderungen im Futterwert von Gras bei tageszeitlich späterem Schnittzeitpunkt (14:00 und 18:00 vs. 6:00)

Parameter Schnittzeitpunkt mittags (14:00)

Schnittzeitpunkt abends (18:00)

Autor(en)

Gehalt an WSC steigt HOLT u. HILST 1969;

NEHRING 1972

pH-Wert sinkt1 MELVIN 1965; OWENS et

al. 1999b Atmungsverluste

(Gehalt an WSC) bei Liegezeit auf dem Feld

steigt MUCK et al. 2003

1 nur Daten für Luzerne und Rotklee

Die optimale Schnittzeit ist auch nach der in Tabelle 2.1.6 dargestellten Zusammenstellung der Veränderungen nicht leicht festzulegen. Zwar sprechen der höhere WSC-Gehalt des Abend- und der niedrigere pH-Wert des Nachmittagsschnitts gegenüber denen vom Morgen für eine Ernte nach dem Mittag. Jedoch könnte die ungenügende Trocknungsmöglichkeit des Schnittguts diese Vorteile ins Gegenteil verkehren (vgl. Kap. 2.2.2 und 2.2.3).

(28)

Anmerkung zur Schnittfrequenz

Neben der Wahl des geeigneten Schnittzeitpunkts gilt es auch, sich über die Häufigkeit des Schneidens Gedanken zu machen. Denn um die wirtschaftliche Nutzung des Graslandes sicher zu stellen, sind i.d.R. drei bis vier Schnitte, mit den bereits genannten Vor- und Nachteilen (1. Schnitt vs. Folgeschnitte), erforderlich. Dabei ist die Zeitspanne zwischen den Schnitten von Bedeutung. Wählt man zu lange Schnittintervalle, nimmt die Pflanzenreife auf Kosten der Verdaulichkeit zu. Dagegen führen zu kurze Intervalle zwischen den Schnitten zu einer Abnahme des Hektarertrags (HARRISON et al. 2003). Eine Empfehlung für die richtige Vorgehensweise wird nur aufgrund der futtermittelanalytischen Ergebnisse des entsprechenden Aufwuchses sowie der witterungs- und betriebsbedingten Voraussetzungen möglich sein. In jedem Fall muss das Siliergut sorgfältig geworben werden, um Blattverluste zu vermeiden und dadurch den Blatt-Stamm-Quotient günstig zu halten (Auswirkungen auf die Rohproteinkonzentration, s. Kap. 2.1.2.; MUCK et al. 2003). Selbstverständlich müssen Verunreinigungen vermieden werden (vgl. Kap. 2.2.3).

2.2. Silageherstellung

2.2.1 Veränderungen des Grases nach dem Schnitt

Durch den Ernteschnitt wird die Pflanze beschädigt. An der Schnittstelle werden Zellen und Zellorganellen zerstört, sodass Zellinhaltsstoffe ausfließen oder mit anderen Stoffen in Kontakt kommen, von denen sie zuvor durch die Zellkompartimentierung getrennt waren.

Dieser Prozess lässt sich auch bei den proteinabbauenden Enzymen der Pflanze, den Proteinasen, beobachten.

Pflanzliche Proteinasen kommen in der Zelle hauptsächlich in Vakuolen, besonders in denen reifer Blätter, vor (KINGSTON-SMITH et al. 2005). Sie haben wichtige Aufgaben: so entfernen sie geschädigte Proteine, bearbeiten Proteine, die im Zellkern synthetisiert wurden, aber in andere Organellen importiert werden und sie eliminieren geschädigte oder infizierte Zellen, um die Ausweitung von Verletzungen oder die Ausbreitung von Pathogenen zu verhindern (ZHU et al. 1999). Proteinasen werden konstitutiv oder durch Schädigung der

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Zellen oder durch biotischen Stress synthetisiert (ZHU et al. 1999). Das macht eine feine Regulierung (biochemisch oder durch Kompartimentierung) notwendig, um ein Neben- einander von Proteinen und Proteinasen in der gleichen Zelle zu ermöglichen (ZHU et al.

1999). Die Separierung von Enzym und Substrat führt dazu, dass die Proteinasen nur erschwert an die Proteine in intakten Zellen andocken können. Nach der Ernte wird diese Kompartimentierung in Teilen der Pflanze aufgehoben und die Proteinasen werden sofort aktiv (HENDERSON et al. 1972). Sie vermitteln die „initialen“ Schritte der Proteolyse, die ein wesentlicher Teil sowohl der Alterung als auch des Zelltods ist (KINGSTON-SMITH et al. 2003). Pflanzliche Proteinasen wirken jedoch nicht nur unmittelbar nach Austritt aus Vakuolen und Cytosol, sondern auch noch einige Zeit länger auf das Pflanzenmaterial ein (BECK 1966). Noch vorhandene Proteine werden weiterhin hydrolysiert; hauptsächlich zu Aminosäuren (OHSHIMA u. MCDONALD 1978), aber auch zu anderen Abbauprodukten wie z. B. Amiden, deren Gehalt besonders am zweiten und dritten Tag nach dem Schnitt ansteigt (KEMBLE u. MACPHERSON 1954). Amide, Amine und Ammoniak führen zu einer pH-Wert-Erhöhung in der Silage (WOOLFORD 1984). Dies könnte zumindest teilweise durch die beim Schnitt freigesetzten organischen Säuren und ihre pH-Wert senkende Eigenschaft (WOOLFORD 1984) kompensiert werden. Der Proteinabbau geht auch nach der Einsilierung (s. auch Kap. 2.2.3) weiter. Ausführliche Informationen zum Proteinabbau während der Silierung sind nicht Teil der vorliegenden Arbeit; sie sind in der einschlägigen Literatur (z. B. WOOLFORD 1984; MCDONALD et al. 1991; BUXTON et al. 2003) zu finden.

Nach HELDT u. PIECHULLA (2008) sind die wichtigsten proteolytischen Enzyme löslich bzw. in Wasser suspendierbar. Da Proteine von Enzymen hydrolytisch unter Aufnahme von Wasser gespalten werden, schlussfolgern GABEL u. BICKEL (2006), dass die Enzym- aktivität sich auf die wässrige Phase von Pflanzen und Silage beschränkt bzw. angewiesen ist.

Wird die Pflanze nun abgeschnitten, so verliert sie pro Stunde bis zu ca. einen Viertelliter Wasser pro Einzelpflanze (z. B. Tomate, Mais und Sonnenblume 0,02-0,27 ml; LÖSCH 2003). Das Schneiden von Gras führt zum Austrocknen der Halme und damit zur Verminderung der wässrigen Phase. Folglich müsste der enzymatische Proteinabbau vermindert sein (vgl. Kap. 2.2.2). Dafür spricht, dass über die „blutenden“ Sprossquerschnitte eine große Menge Xylemsaft austritt, der sowohl durch den Wurzeldruck, als auch über

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organische Osmotika ausgetrieben wird. Der Wurzeldruck beträgt meist um 0,1 bis 0,2 MPa (ZIEGLER 1991). Er ist von früh morgens bis mittags am höchsten; um Mitternacht am geringsten (VAADIA 1960). Außerdem steigt der Wurzeldruck im Frühjahr vor und während der Blattentfaltung; vermutlich aufgrund temperaturabhängiger Osmotika wie Zucker und Kalium (Blattaustrieb) sowie Magnesium (Blattflächenerweiterung), an (LÖSCH 2003).

Hinzu kommt, dass die junge Pflanze einen per se höheren Flüssigkeitsanteil an der Trockensubstanz [Weidegras im Schossen 150 (BAILEY 1973) bis 175 g TS kg-1 uS (KAMPHUES et al. 2009)] gegenüber der reifen Pflanze [Weidegras zum Ende der Blüte 240 (KAMPHUES et al. 2009) bis 360 g TS kg-1 uS (BAILEY 1973)] besitzt.

Vorstellbar ist, dass der Flüssigkeitsverlust über die Schnittstelle bei einem jahreszeitlich frühen Schnitt (s. Kap. 2.1.2) relativ gesehen größer ist und damit die wässrige Phase schnell verringert sowie der Proteinabbau zügig vermindert wird. Ob er jedoch stärker verringert wird als bei der reiferen von sich aus wasserärmeren Pflanze lässt sich nicht mit Sicherheit sagen.

Ein Flüssigkeitsverlust findet zusätzlich über die Spaltöffnungen (Stomata; vgl. Kap. 2.3.2) statt. Nach dem Schnitt führt der Wasserverlust in den Mesophyllzellen indirekt zu einer Turgorreduktion in den Epidermiszellen. Letztere setzen den noch turgoreszenten Schließ- zellen weniger Druck entgegen, sodass die Schließzellen auseinander weichen können und so den stomatären Spalt für einige Minuten freigeben (MEIDNER u. MANSFIELD 1986). Diese passive Stomatabewegung ist unter der Bezeichnung „IWANOFF-Effekt“ bekannt (LÖSCH 2003). Sobald auch die Schließzellen vom Wasserverlust betroffen sind, schließen sich die Stomata wieder. Die Stomata öffnen nicht, wenn sich die Pflanze zuvor im Wasserstress (vgl.

Kap. 2.3.1) befunden hat (MEIDNER u. MANSFIELD 1968). Sind die Stomata bereits geöffnet, weil die Pflanze während der Transpirationsphase der Spaltöffnungen geschnitten wurde und ist die Pflanze gut wasserversorgt, werden die Stomata sofort („im Moment des Schneidens“) geschlossen. Ursache dafür ist der plötzliche Abfall des hydrostatischen Drucks.

Dadurch steht das Wasser im Blatt frei zur Verfügung; es kommt zu einem Anstieg des Turgors in den Epidermiszellen, die dann den Schließzellen einen größeren Widerstand entgegensetzen, sodass diese sich schließen (MEIDNER u. MANSFIELD 1968).

Je nach Wasserversorgung der Pflanze können Wasserverluste über die Stomata auftreten, die die Aktivität pflanzlicher Proteinasen beeinflussen können.

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Das Leben einer Pflanzenzelle endet nicht mit dem Schnitt oder der Aufnahme durch das Tier beim Grasen. Solange die Zelle intakt bleibt (KINGSTON-SMITH et al. 2003), kann sie atmen und so ihre Stoffwechselprozesse aktiv erhalten (MUCK et al. 2003). Ihre Lebens- fähigkeit hält sogar noch bis einige Stunden nach der Einsilierung an, und zwar solange wie Sauerstoff und Substrat vorhanden sind (MCDONALD 1991). In dieser Zeit sind auch pflanzliche Enzyme aktiv, die Eiweißstoffe abbauen (NEHRING 1972). Erst mit der Entstehung des anaeroben Milieus tritt der Tod der Pflanzenzelle ein (WOOLFORD 1984).

Mit dem Zelltod nimmt die Zellwandintegrität ab: es kommt zur Zelllyse. In deren Folge werden lösliche Pflanzenkomponenten frei, die wichtig für die mikrobielle Produktion von Milchsäure sind. Zwar wird nur ein geringer Teil der Milchsäure tatsächlich aus den freigesetzten Komponenten hergestellt, die Zelllyse ist jedoch der Anstoß für die Milch- säuresynthese (MUCK et al. 2003). Die Lyse der Zellen tritt innerhalb weniger Stunden nach vollständigem Verlust von Sauerstoff ein. Tritt weiterhin Luft in das Siliergut ein, verlangsamt sich die Zelllyse, was zu einem merklichen Verlust an fermentierbaren Kohlenhydraten führt. Auch bei niedrigem TS-Gehalt ist das Einsetzen der Zelllyse verzögert.

Bis zum Einsetzen einer signifikanten Milchsäureproduktion können unter diesen Umständen sieben bis acht Stunden vergehen (GREENHILL 1964 b). Welkt man das Pflanzenmaterial vor der Silierung an, so muss man auch hier im Vergleich mit direkt siliertem Pflanzenmaterial mit einer Verzögerung der Zelllyse rechnen (GREENHILL 1964 c). Damit stehen zunächst keine Substrate für die bakterielle Fermentation bereit und die Milchsäurebildung verzögert sich (GREENHILL 1964 d). Eine ungenügende oder verspätete Milchsäurebildung kann die Silierung ernsthaft gefährden. Die höhere Rohproteinausbeute empfiehlt dennoch das Anwelken (vgl. Kap. 2.2.2).

Zusammenfassung:

Nach dem Ernteschnitt treten für die Pflanze weit reichende Veränderungen ein. Die Unter- brechung der Flüssigkeitsversorgung führt zum Wasserverlust und damit zum Turgoreszenz- verlust in Zellen und Geweben. Es kommt zum Abbau von Proteinen durch pflanzliche Pro- teinasen und schließlich zur Zelllyse. Die Zelllyse wird durch Sauerstoffverlust beschleunigt und durch zu feuchtes oder zu trockenes Pflanzenmaterial verzögert. Da proteolytische Pflanzenenzyme Proteine hydrolytisch spalten und damit auf Wasser angewiesen sind

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(GABEL u. BICKEL 2006), kann eine Verringerung der Wasserkonzentration in den Zellen durch Wasserverlust über die Stomata zu einer Aktivitätsabnahme oder gar Inaktivierung pflanzlicher Proteinasen führen.

2.2.2 Zur Frage des Anwelkens

Anwelken, d.h. Trocknen des geschnittenen Grases auf dem Feld, dient der Vorbereitung auf die Silierung. Ziel ist es, den Trockensubstanzgehalt (TS) des Silierguts von 18 % (Wiesengras vor dem Schossen, KAMPHUES et al. 2009) auf 25-35 % (JEROCH et al. 1993) bzw. 30-40 % (NEHRING 1972) zu erhöhen. Anwelken kann die Nährstoffverluste des Pflanzenmaterials durch Atmung und Proteinabbau (Proteolyse) eindämmen. Diese Verluste sind nach dem Schnitt besonders bei sehr feuchtem Pflanzenmaterial hoch, deshalb wird ein schnelles Anwelken empfohlen (HONIG 1980). Je kürzer die Zeit zwischen Schnitt und Anwelken, desto besser lassen sich Protein- (BRADY 1965) und Zuckerabbau (JEROCH et al. 1993) begrenzen. MUCK (1987) ermittelte einen linearen Zusammenhang zwischen steigendem Trockensubstanzgehalt und Abnahme der Proteolyse im Silo. Die Löslichkeit der Proteine wird durch die Trocknung vermindert, eine Eigenschaft, die bestehen bleibt, bis das Protein in den Pansen gelangt, wo es daraufhin weniger stark abgebaut wird (HRISTOV u.

SANDEV 1998).

Neben dem verminderten Nährstoffabbau hat angewelkte Silage im Vergleich mit unbehandelter (nicht angewelkter) Silage folgende Vorteile (MAHANNA u. CHASE 2003):

- kürzere Gärdauer erforderlich,

- geringere WSC-Konzentrationen im Gras notwendig, - geringfügig höherer pH-Wert erlaubt;

- außerdem geringerer Säureanteil in der Silage

- und damit eine verbesserte Akzeptanz (Futteraufnahme).

Jedoch führt nicht jede beliebige Anwelkdauer zum gewünschten Erfolg. Zu langes Welken führt zum Anstieg proteolytischer Enzyme und damit zu einem unerwünschten Proteinabbau,

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der besonders unter feuchten Witterungsbedingungen auftritt (MCDONALD et al. 1991;

GABEL u. BICKEL 2006). Auf der anderen Seite beschleunigt zu kurzes Anwelken, bei dem das Siliergut nicht ausreichend abtrocknen konnte, ebenfalls die Proteolyse, da der pH-Wert im Silo bei zu feuchtem Material nicht stark genug abfällt (MUCK 1987). Vorteilhaft ist ein schneller Wasserentzug bei kurzer Feldliegezeit (BRADY 1960) – wie bei der Heugewinnung üblich –, Zielwert für Silagen sind >300 g TS kg-1 in 24 Stunden (MUCK 1987; OWENS 1996). Nach STEINHÖFEL et al. (2008) ist die Feldliegezeit für den Reineiweißgehalt der Silage von untergeordneter Bedeutung. Die Autoren beprobten Siliergut bis zu einer Feldliegezeit von fünf Tagen und nochmals nach dessen Einsilierung. Während der Feldliegezeit beobachteten sie bereits einen geringen Reineiweißabbau. Ein weitaus bedeutenderer Abbau erfolgt allerdings während der Silierung (Abb. 2.2.1). Die Daten aus Abbildung 2.2.1 stammen aus Silierversuchen, die im LKV Sachsen ausgewertet wurden. Sie enthalten keine Angaben zu den verwendeten Pflanzenspezies, Reifegrad und Schnitt- zeitpunkt.

Abb. 2.2.1: Einfluss der Feldliegezeit auf den Reineiweißgehalt in Relation zum Rohprotein (STEINHÖFEL et al. 2008: ohne Angaben von Pflanzenspezies, Reifegrad und Schnittzeitpunkt)

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GABEL u. BICKEL (2006) prüften den Einfluss des Anwelkens auf die proteolytische Aktivität (s. u.) von Pflanzenmaterial. Sie führten Untersuchungen zur Proteolyse von Grünfutterleguminosen mit Presssaft aus Luzernefrischmaterial und -silagen (1. Aufwuchs, vor der Blüte) durch. Die proteolytische Aktivität der Pflanzenmaterialien wurde anhand des Gehaltes an α-Amino-N nach Abbau des Testproteins (Erbsenhydrolysat) bestimmt. Es zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen angewelktem, frischem und siliertem Material.

Im Vergleich zu frischer Luzerne hatte das Anwelken keinen Einfluss auf den Gesamt- stickstoff- und Reinproteingehalt; bei der Luzernesilage waren die Reinproteinkonzen- trationen umso höher je stärker der Anwelkgrad war. Angewelkte Silage wies höhere Konzentrationen an Gesamtstickstoff im Silagepresssaft gegenüber nicht angewelkter Silage auf. Dies führen die Autoren (GABEL u. BICKEL 2006) auf die Sickersaftverluste (Ab- fließen von nährstoffhaltigem Pflanzensaft) der nicht angewelkten Silage zurück. Im Presssaft von unbehandelten Silagen lag der Reinproteingehalt bei 23,8 % und der von angewelkten Silagen bei 32,3 % des Gesamtstickstoffs (GABEL u. BICKEL 2006).

Anwelken bei warmem und trockenem Wetter fördert den Besatz des Pflanzenmaterials mit den erwünschten homofermentativen Milchsäurebakterien. Kühles, feuchtes Wetter hingegen fördert die weniger erwünschten heterofermentativen Milchsäurebakterien (RUSER 1989).

Homofermentative Milchsäurebakterien produzieren ausschließlich Milchsäure; hetero- fermentative dagegen außerdem Ethanol und Kohlendioxid. Das Anwelken trägt auch zum Eindämmen von unerwünschten Mikroorganismen bei. Zu diesen gehören Enterobakterien, Clostridien, Hefen und Schimmelpilze. Sie befinden sich praktisch immer auf dem Pflanzen- material, führen jedoch in hohen Konzentrationen zu Störungen und Verderb bei der Silierung (MUCK et al. 2003).

Ab einem TS-Gehalt von 400 g kg-1 sinkt die Proteolyse auf ein Mindestmaß (MACPHERSON 1952). Zum vollständigen Einstellen der Proteolyse bedarf es eines TS-Gehalts von 750 g kg-1 (MUCK 1987). Eine Trocknung des Grases bis auf diesen Wert bringt jedoch eine Abnahme des Gehalts an löslichem Stickstoff mit sich. Da die ruminale Proteinabbaubarkeit von Silage mit zunehmendem Trockensubstanzgehalt sinkt, bedeutet dies, dass die Abbaubarkeit von Futterprotein im Pansen unter dem Anwelken geringgradig

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leidet (VAN STRAALEN u. TAMMINGA 1990). Außerdem kommt es bei überhöhten TS-Gehalten zu keiner ausreichenden Fermentation des Silierguts: der gesamte Siliervorgang kommt ins Stocken3. Anwelken wirkt sich auch auf die Verdaulichkeit der Silage aus. Diese ist für angewelkte Silage häufig geringer im Vergleich zu direkt einsilierter (ca. -15 bis -35 g kg-1; ROHR u. THOMAS 1984). Ursachen dafür sind Feldverluste, die beim Anwelken unter schlechten Wetterbedingungen auftreten und einer kürzeren Verweildauer von ange- welkter Silage im Pansen (KOKKONEN et al. 2000). Unter Feldverlusten versteht man mechanische (Aufladen, Transport) und biochemische (Atmung, Enzyme) Verluste sowie Verluste durch Auswaschen (GORDON et al. 1969). Die Fermentation selbst unterscheidet sich zwischen direkt geschnittener und angewelkter Silage kaum (vgl. HARRISSON et al.

2003), außer bei sehr hohen TS-Gehalten3. Tabelle 2.2.1 fasst die genannten Eigenschaften unbehandelter und angewelkter Silage zusammen.

3 laut persönlicher Mitteilung von Herrn Prof. H. Scholz, Hannover am 20.11.2009

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Tab. 2.2.1: Qualitätsvergleich von nicht angewelkter und angewelkter Silage

Parameter Nicht angewelkt

(Ausgangsmaterial 180 g kg-1 TS)

Angewelkt

(Ausgangsmaterial 250-400 g kg-1 TS)

Autor(en)

Rohprotein-Gehalt in g kg-1 TS

185 219 HRISTOV u.

SANDEV 1998 Reinprotein-Gehalt

(= Reineiweiß) in % TN

23,8 32,3 GABEL u.

BICKEL 2006 WSC

in % TS

1,2 4,7 HENDERSON et

al. 1972

pH 3,94 4,2;

5,0 – 6,0*

HENDERSON et al. 1972;

*GREENHILL 1964 c

Essigsäure in % TS

3,4 2,6 HENDERSON et

al. 1972 Milchsäure

in % TS

10,7 7,1 HENDERSON et

al. 1972 Durchflussprotein im

Vergleich zu frischem Gras (%)

-15 -25 THOMPSON u.

BEEVER 1980

Die Milchsäurebildung beginnt bei angewelkter Silage verspätet (GREENHILL 1964 c).

Grund dafür ist, genau wie für den erhöhten pH-Wert angewelkter Silage, die erst 7-8 Stunden später einsetzende Zelllyse bei angewelktem im Vergleich zu nicht angewelktem Pflanzen- material (vgl. Kap. 2.2.1).

(37)

Zusammenfassung:

Die wichtigsten Vorteile angewelkter Silage sind die höheren Rohprotein- und Reineiweiß- gehalte im Vergleich zu direkt siliertem Pflanzenmaterial, die bessere Akzeptanz (höhere TS- Aufnahme; MAHANNA u. CHASE 2003), der erhöhte Anteil homofermentiver Milchsäure- bakterien sowie der geringere Besatz mit unerwünschten Mikroorganismen (Enterobakterien, Clostridien, Hefen, Schimmelpilze; MUCK et al. 2003). Nachteilig ist die geringere Verdau- lichkeit angewelkter Silage (ROHR u. THOMAS 1984). Ersteres führt zu der Empfehlung, geschnittenes Pflanzenmaterial anzuwelken.

2.2.3 Hinweise zur Silageherstellung und deren Risiken

Für eine erfolgreiche Silierung ist eine sorgfältige Vorbereitung unerlässlich. Dazu zählen die zeitgerechte Gewinnung, Vorbereitung (s. auch Kap. 2.1.2 bzw. 2.2.2) und ausreichende Zerkleinerung des Silierguts, die Beschickung des Silos sowie die Lagerbedingungen. Werden diese außer Acht gelassen, erhöht sich das Verderbnisrisiko der Silage. Diese Abhandlung soll lediglich einen kurzen Überblick geben; sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Die Wasserkonzentration einer Pflanze ist abhängig vom Alter, ihrer Morphologie und ihren Wachstumscharakteristika sowie von Wetter und Ertrag. Für den Siliererfolg ist nicht nur die interne Wasserkonzentration der Pflanze, sondern auch diejenige auf der Pflanzenoberfläche von Bedeutung. Die chemische Zusammensetzung der Kutikula bestimmt, wie gut oder schlecht ein Wassertropfen auf der Blattspreite Halt findet. Deutsches Weidelgras gehört zu den hydrophilen Pflanzen, sodass auf seiner Oberfläche bis zu 10 % mehr Wasser zurück- bleibt als bei hydrophoben Pflanzen wie beispielsweise dem Weißen Straußgras (Agrostis stolonifera) (BUXTON u. O’KIELY 2003). Das interne Wasserspeichervermögen wird durch die Pflanzenreife bestimmt; ältere Pflanzen speichern mehr Wasser (HARRISON et al. 2003).

Beide Wasserreservoirs (oberflächlich und intern) sind entscheidend für die Silierung, denn ein erhöhter Feuchtigkeitsgehalt des Silierguts führt zu schlechterer Verdichtung (heutzutage auch durch zu starkes Anwelken4) durch Faserversteifung, zum Verlust löslicher Nährstoffe

4 laut persönlicher Mitteilung von Herrn Prof. J. Kamphues, Hannover am 01.11.2010

(38)

durch höhere Sickersaftverluste sowie zu hohen Säuregehalten und erhöhtem Proteinabau durch verlängerte Fermentation (BUXTON u. O’KIELY 2003; HARRISON et al. 2003;

MAHANNA u. CHASE 2003; MUCK et al. 2003). Zumindest bei der Oberflächen- feuchtigkeit gibt es Abhilfe. Bei Einsatz des auf dem amerikanischen Markt unter dem Begriff

„brush mower“ bekannten Mähwerkzeuges können 57 % des Oberflächenwassers entfernt werden (MUCK et al. 2003).

Mechanisches Vorbehandeln des Silierguts verbessert die Chancen für eine gute Silierung.

Die Zerstörung der Zellintegrität durch Häckseln, (Ab-)Reißen, Quetschen oder Mahlen setzt organische Säuren frei, die den erforderlichen pH-Wert-Abfall (auf <4,2; MACPHERSON 1952; NEHRING 1972; OHSHIMA u. MCDONALD 1978) beschleunigen (WOOLFORD et al. 1984). Außerdem werden Substrate, z. B. Zucker, für die Bakterien im Silo freigesetzt.

Neben der Zerkleinerung an sich, spielt die Länge der Partikel eine Rolle. Je kleiner die Pflanzenbruchstücke, desto einfacher die Verdichtung und damit die Verdrängung des Sauerstoffs aus dem Siliergut. Mit abnehmendem Sauerstoffgehalt sinken die Respirationsrate der Pflanzen (WOOLFORD 1984; MUCK et al. 2003) und infolgedessen die Nährstoff- verluste (Proteine, Kohlenhydrate). Jedoch darf nicht zu klein gehäckselt werden, da sonst die Strukturwirk-samkeit der Faser leidet. Bei Maissilage wird eine Häcksellänge von 5-8 mm empfohlen (SPIEKERS et al. 2009). Bei Grassilage sind ähnliche Häcksellängen möglich, wenn zusätzlich ausreichend langfaserige Anteile enthalten sind5.

Auf die Zerkleinerung des Silierguts folgt die Einsilierung im Silo. In Norddeutschland werden am häufigsten so genannte Durchfahrtsilos verwendet. Bei ihrer Beschickung sind folgende Hinweise zu beachten: gesamtes Siliergut auf einmal einsilieren, hohe Stapelung, zwischenzeitlich gründliches Verdichten, Erdeintrag vermeiden, geeignete Folienabdeckung (JEROCH et al. 1993; KAMPHUES 2009).

Direkt nach der Einsilierung ist im Silo ein Temperaturanstieg von ca. 4 °C für bis zu drei Tage zu beobachten. Er ist ein direktes Maß für die Pflanzenatmung (HENDERSON et al.

1972), welche es durch genügende Verdichtung einzudämmen gilt (MCDONALD et al. 1991).

5 laut persönlicher Mitteilung von Herrn Prof. H. Scholz, Hannover am 20.11.2009

(39)

Die spezifische Wärmekapazität steigt mit zunehmendem Feuchtigkeitsgehalt des Silierguts an (MCDONALD u. WHITTENBURY 1973). Ist die Trocknung des Silierguts nicht ausreichend oder ungleichmäßig, kann es im Silo zum sogenannten Schwitzen bis hin zur Selbstentzündung kommen. Der Wunsch einer ausreichend langen Trocknung ist aber nicht mit zu starkem Welken zu verwechseln. Stark angewelktes Material (TS 700-900 g kg-1 = Heulage bzw. Heu ≥90 % TS) führt zu höheren Atmungsverlusten und extremen Temperaturen (s. u. Maillard). Deshalb ist eine schnelle Einsilierung besonders in der wärmeren Jahreszeit wichtig (MUCK et al. 2003). Steigen die Temperaturen im Silo nämlich auf Werte >35-40 °C kommt es zur Maillard-Reaktion, einer auch als „browning“ bekannten, nicht enzymatischen chemischen Polymerisation von Zuckern und Hemizellulosen mit Aminosäuren (JEROCH et al. 1993; MUCK et al. 2003). Die unverdaulichen Polymerisationsprodukte finden sich bei der Futtermittelanalyse in der Lignin-Fraktion wieder. Höhere Ligninanteile beeinträchtigen den Futterwert der Silage (s. auch Kap. 2.4.1.2;

MUCK et al. 2003).

Bei erhöhter Silotemperatur ist die Proteolyserate durch die Aktivitätszunahme von Proteinasen erhöht (CRAWSHAW u. WOOLFORD 1979). Weniger extreme Temperatur- zunahmen (<10 °C) wirken sich nach MUCK et al. (2003) jedoch nur moderat auf die Proteolyse aus, da leicht gesteigerte Temperaturen auch die Fermentationsrate und den pH- Wert Abfall beschleunigen. Nicht nur ein verstärkter Proteinabbau kann zu Veränderungen in den Konzentrationen von z. B. Aminosäuren führen, sondern auch die Eigenschaften der Aminosäuren selbst. Die Gehalte hitzelabiler Aminosäuren wie Lysin, Asparaginsäure, Glu- taminsäure, Arginin, Histidin, Phenylalanin und Alanin sinken bei starker Temperatur- einwirkung, wobei Arginin und Lysin am empfindlichsten sind (WEISS et al. 1986; vgl. Kap.

2.2.4).

Wie bereits erwähnt, sollte der Sauerstoffgehalt im Silo durch ausreichendes Verdichten zügig gesenkt werden, um Atmungsverluste zu minimieren. Doch auch im Hinblick auf den Protein- abbau ist die Verringerung der Sauerstoffkonzentration wichtig, da proteolytische Pflanzen- enzyme bis zum Erreichen des anaeroben Milieus aktiv bleiben (OHSHIMA u. MCDONALD 1978). Unterstützt wird die Begrenzung der Proteolyse durch einen zügigen pH-Wert Abfall

(40)

auf ≤4,2 bzw. 4,0 (MACPHERSON 1952; NEHRING 1972; OHSHIMA u. MCDONALD 1978; bzw. JEROCH et al. 1993).

Eine schnelle Säuerung vermindert auch die Gefahr von Fehl- oder sekundären Gärungen. Sie werden v. a. durch erhöhte Gehalte an Clostridien hervorgerufen. Diese Bakterien können sich bei relativ hohen pH-Werten (>4) und hohen Feuchtigkeitsgehalten (TS <350 g kg-1) entwickeln (OHSHIMA u. MCDONALD 1978; WOOLFORD 1984).

Feuchte Silagen sind auch stärker von Veränderungen in der Aminosäurenkonzentration betroffen (BRADY 1965). Es kommt sogar zu einem zweiten, nicht genauer beschriebenen, proteolytischen Effekt im 1.-4. Lagermonat. Veränderungen im pH-Wert und Pufferindex ließen in Untersuchungen von BRADY (1960) auf bakterielle Aktivität schließen.

Um einen schnellen pH-Wert-Abfall zu erreichen und Fehlgärungen zu vermeiden, muss das Pflanzenmaterial einen ausreichend hohen Zuckergehalt besitzen. Dies ist bei jungen, eiweißreichen Grünfutterpflanzen häufig nicht der Fall (NEHRING 1972). Schwierigkeiten bereitet auch Pflanzenmaterial, dass eine hohe Pufferkapazität besitzt (NEHRING 1972). Aus einem Sommeraufwuchs aus Deutschem Weidelgras (Lolium perenne) mit einem pH-Wert von 5,7 ist deshalb i.d.R. keine stabile Silage ohne Zusätze herstellbar (ISSELSTEIN et al.

2003). Zur Stabilisierung werden daher Silierhilfsmittel und -zusätze verwendet. Zum Einsatz kommen hauptsächlich Enzyme, Milchsäurebakterien (MSB) und Formaldehyd (HARRISON et al. 2003). Mithilfe von Formaldehyd können die Silotemperatur um ca. 4 °C gesenkt (HENDERSON et al. 1972) und die Verluste durch Atmung vermindert werden (WOOLFORD 1984). Der Einsatz von MSB-Kulturen unter guten Silierbedingungen (genügend hohe Konzentration an WSC) kann die Fermentationsbedingungen verbessern und den Gehalt an Rubisco im Vergleich zu nicht inokulierten Silagen besser erhalten (DAVIES et al. 1998).

(41)

Zusammenfassung:

Bei Beachtung folgender Hinweise erhält man eine gute Silage:

1. geringer Feuchtigkeitsgehalt (<650 g kg-1 TS) durch Verringerung des Oberflächenwassers und durch Trocknung

2. ausreichend hoher Zuckergehalt (CAVE: junge Grünfutterpflanzen) 3. genügende Zerkleinerung

4. O2-Ausschluss durch Verdichten 5. niedriger pH-Wert (<4,0)

6. eventuell Zusatz von Silierhilfsmitteln und –zusätzen

2.2.4 Proteinabbau vor und während der Silierung

Der Proteinabbau in der geschnittenen Pflanze vollzieht sich in zwei Stufen. Zunächst werden die Peptidbindungen gespalten, wodurch freie Aminosäuren und Peptide entstehen. Im zweiten Schritt werden die Aminosäuren zu einer Fülle von Endprodukten abgebaut, darunter Ammoniak, organische Säuren und Amine (ROOKE u. HATFIELD 2003). Alkaloide dagegen sind keine Abbaustoffe, sonder werden aus Aminosäuren aufgebaut und gehören zu den sekundären Pflanzeninhaltsstoffen (s. Kap. 2.4.1.2).

Bis zu 50 % des Gesamtproteins der Pflanze werden durch die gemeinsame Aktivität von pflanzlichen und mikrobiellen Enzymen während der Silierung abgebaut (MAHANNA u.

CHASE 2003). Dabei verändern sich die Mengenverhältnisse der Stickstoffverbindungen zueinander. So erhöht sich z. B. der Anteil an Nicht-Protein-Stickstoff (NPN). Der NPN-Pool besteht aus Ammoniak, Nitrat, Nitrit, freien Aminosäuren, Aminen und Amiden (PITT 1990).

Ammoniak und Amine werden zu einem großen Teil mikrobiell fixiert (MUCK 1988). Den größten Teil (ca. 60 %) des Pflanzenproteins bauen jedoch pflanzliche Proteinasen ab (HERON et al. 1986).

(42)

Proteinasen

Proteinasen sind im Blattwerk enthalten (THIMANN 1980). Sie treten in den verschiedenen Phasen eines Pflanzenlebens, nämlich bei der Keimung, der Gewebedifferenzierung und bei der Alterung in Erscheinung (vgl. Kap. 2.2.1; FRITH u. DALLING 1980) und sie kommen sowohl im Cytoplasma (CHOE u. THIMANN 1974) als auch in Vakuolen vor (MATILE 1975; KINGSTON-SMITH et al. 2005). Die höchste Aktivität des Enzyms beobachtete TRACEY 1948 zwischen pH 5 und 6 in aufbereitetem Blattzellsaft verschiedener Pflanzen (Abb. 2.2.2).

Für die meisten Proteinasen liegt der Aktivitätsbereich im sauren Milieu (MCDONALD et al.

1991). Die in den Vakuolen befindlichen Proteinasen nehmen nicht am normalen Makro- molekülumsatz der lebenden Zelle teil. Sie treten erst ins Cytosol aus, wenn die Pflanze altert oder beschädigt wird. Ihre Aufgabe ist es, wertvolle Nährstoffe für die lebenden Pflanzenteile zurückzuführen (TAIZ u. ZEIGER 2007). Deshalb sind pflanzliche Enzyme sofort nach dem Schnitt der Pflanze aktiv und arbeiten auch in den frühen Stadien der Silierung, bis der pH- Wert abfällt (OHSHIMA u. MCDONALD 1978; auf <5: ROOKE u. HATFIELD 2003).

Darunter werden die meisten Proteinasen instabil; es kommt zur Aktivitätsabnahme bis hin zur Inaktivierung (ROOKE u. HATFIELD 2003). Auch GABEL u. BICKEL (2006) beobachteten, dass die Proteolyse unter pH 4,0 stark vermindert wird. Die Inaktivierung betrifft aber nicht alle Enzyme. CARPINTERO et al. (1979) konnten zeigen, dass der Proteinabbau auch in Silage, die mithilfe von Säure auf einen pH-Wert von 4,0 gebracht

Abb. 2.2.2: Aktivität proteolytischer Enzyme in Abhängigkeit vom pH-Wert im Medium von Nicotiana tabacum (TRACEY 1948)

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