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N- Verbindung Pflanzenspezies und ggf. Veränderung in %

3. Eigene Untersuchungen

5.2 Kritische Betrachtung der Versuchsanstellung

5.2.1 Das RUSITEC-System

Das eingesetzte Langzeitinkubationssystem wurde bereits in den Dissertationen SCHIRMER (1990), KRAKOW (1992), BECKER (1994) und HÜBNER (2001) ausführlich beschrieben und kritisch betrachtet.

Das RUSITEC-System ist in Inkubationsversuchen über mehrere Wochen einsetzbar und liefert Langzeitergebnisse, die nahezu identisch mit Ergebnissen aus in vivo Versuchen sind (CZERKAWSKI u. BRECKENRIDGE 1977; CZERKAWSKI 1986; DURAND 1988;

CHENG u. MCALLISTER 1997; DOHME et al. 2001; TEJIDO et al. 2002; BORGUHN et al.

2006). Das „steady state“, mit kontinuierlicher Fettsäurenproduktion und gleichbleibendem Fettsäurenmuster, ist nach fünf Tagen erreicht und spricht für eine von der Mikrobenpopulation des Spendertiers unabhängige Fermentation (CZERKAWSKI u.

BRECKENRIDGE 1977). Im Vergleich zu anders konstruierten in vitro Untersuchungen liefert das RUSITEC-System eine verbesserte Trockensubstanzverdaulichkeit, ähnlich den in vivo Verhältnissen (RESTREPO 1998). Das RUSITEC-System ist ein voll funktionsfähiger Pansen ohne Pansenwand (CHENG u. COSTERTON 1980; CZERKAWSKI 1984). Die flüssige Phase bildet das Kompartiment 1, die feste Phase mit anhaftenden Bakterien das Kompartiment 3. Dazwischen liegt das Kompartiment 2 mit Bakterien, die losen Futterpartikeln anhaften. Das vierte Kompartiment stellt in vivo die Pansenwand dar. Diese muss im RUSITEC unberücksichtigt bleiben (Näheres s. BECKER 1994 und ELIAS 1999).

Für die Vergleichbarkeit des RUSITEC-Systems mit in vivo Verhältnissen müssen weiterhin die Anforderungen an Temperatur (39 °C) und Atmosphäre (anaerob) erfüllt sein (CZERKAWSKI u. BRECKENRIDGE 1977).

Die Präzision des RUSITEC-Systems ist aus dem weitgehend stabilen Werteniveau der einzelnen Parameter in der Kontrollphase ablesbar. Die Parameter Gasvolumen, Gaszusam-mensetzung und Überstandsvolumen dienen als Kontrolle der Dichtigkeit des Systems und der kontinuierlichen Pufferzufuhr (Nachbildung des Wiederkäuerspeichels). Die genannten Parameter verhalten sich identisch mit denen vorausgegangener Dissertationen22, sodass von einer hohen Dichtigkeit und gleich bleibender Pufferzufuhr ausgegangen werden kann. Bei den Überstandsvolumina ist eine leichte Zunahme (im Mittel 4,5 %) infolge der Silagezulage erkennbar; sie könnte zu einer Verdünnung der Fermentationsprodukte führen (höherer Feuchtigkeitsgehalt der Silagen; s. Kap. 9.3). Da diese Zunahme alle Fermenter betrifft, sind weder die Präzision des Systems noch die Ergebnisauswertung beeinträchtigt.

5.2.2 Beurteilung der verwendeten Futtermittel

In den Zulagephasen kamen Grassilagen aus Betrieben zum Einsatz, in denen Erkrankungen bzw. in denen keine Erkrankungen auftraten (Schad- bzw. Kontrollsilagen). Auffällig war, dass es sich bei allen Schadsilagen um Silagen aus dem ersten Schnitt handelte. Die Probenentnahmen zur Untersuchung fanden während der ersten Wochen nach Beginn der jeweiligen Verfütterung statt. Die Analysen zeigten unterschiedliche Ergebnisse bei den Nährstoffen, insbesondere beim Reineiweiß, und im Energiegehalt. Aufgrund der unterschiedlichen Zusammensetzung der Grassilagen könnten Auswirkungen auf die Fermentationsvorgänge entstanden sein. Die Fermentation könnte, neben dem Reineiweiß-gehalt (s. auch Kap. 5.6 u. 5.8), vom Schnittzeitpunkt, der Lagerung sowie den Nährstoff- und Energiegehalten der Silagen beeinflusst worden sein.

Vor- und Nachteile der Schnittzeitpunktwahl wurden bereits in Kapitel 2.1.2 ausführlich dargestellt. Die Nutzung des ersten Schnitts muss demnach u. a. in Bezug auf Rohprotein-

22 laut persönlicher Mitteilung von Frau L. Lumpp, Hannover am 12.03.2010

und Reineiweißgehalt, Verdaulichkeit, Proteinabbaubarkeit und mikrobielle Proteinsynthese als vorteilhaft angesehen werden. Trotzdem traten die Krankheitserscheinungen (s. Kap.

3.2.2.1.2) bei Silagen des ersten Schnitts auf. Eine Ursache dafür könnte in fehlerhafter Silageherstellung, z. B. bei der Gewinnung, Bearbeitung oder Lagerung (vgl. Kap. 2.2), liegen. Dazu sind jedoch keine Daten vorhanden. Eine weitere Ursache könnte in der Kombination von vermindertem Reineiweißgehalt mit anderen Parametern liegen (z. B.

Energiegehalt; s. u.).

Bis zu ihrer Verwendung wurden die Silagen tiefgekühlt bei -20 °C gelagert. Möglicherweise hat ein Tiefgefrieren Einfluss auf die Silagequalität und damit auf die in vitro Fermentation.

Allerdings werden in den wenigen Literaturangaben (GREENHILL 1964 c; KROTSCHECK et al. 2003) keine Hinweise auf eine Verstärkung autolytischer Prozesse und einen dadurch beschleunigten Beginn der Silagefermentation durch Einfrieren bei -18 °C und anschließen-dem Auftauen bei Luzerne beschrieben. Neuere Untersuchungen gehen ebenfalls davon aus, dass Tiefgefrieren von Silagepresssaft bei -21 °C den nativen Zustand mindestens 1 Jahr weit-gehend erhält (KROTSCHECK et al. 2003). Die in den vorliegenden Untersuchungen ver-wendeten Silage lagerten jedoch z. T. länger als ein Jahr in der Tiefkühlung. Ob dies einen Einfluss auf die Ergebnisse hat, kann nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Jedoch wurden alle eingesetzten Silagen der Läufe 2-13 und 16-18 gleichermaßen behandelt, so dass der Lagerungseinfluss identisch sein müsste. Verglichen werden kann der Lagerungseinfluss mit den Silagen aus den Läufen 14 und 15, die als ergänzende Kontrollen getestet wurden und frisch zur Untersuchung gelangten. Geringgradig abweichende Ergebnisse (vgl. Kap. 5.7) könnten auf den Lagerungseinfluss zurückzuführen sein.

Die Ermittlung des prozentualen Reineiweißgehalts lieferte bei Messung der Silagen an verschiedenen Einrichtungen unterschiedliche Ergebnisse. Beispielhaft sei hier die Kontroll-silage K-01 erwähnt. Durch die LUFA Nordwest wurde der Reineiweißgehalt mit 83,2 % vom Rohprotein (28.10.2005 LUFA Nordwest Nr. 34 05 0722729) ermittelt. Daraufhin wurde K-01 als Kontrollsilage ausgewählt. In Folgeuntersuchungen hat sich der Reineiweißgehalt in dieser Höhe nicht bestätigt (50,5 %; 14.11.2008 Institut für Tierernährung Nr. 2775/08). Zum

ersten Messzeitpunkt befand sich die Silage in der Verfütterung im Betrieb23. Das ab-weichende Ergebnis könnte also durch Lagerungseinflüsse (s. o.) oder durch unterschiedliche Analysemethoden der genannten Einrichtungen zustande gekommen sein. Letzteres wurde in einem Ringversuch überprüft. Unterschiedliche Ergebnisse zwischen den Einrichtungen traten bei verschiedenen Entnahmezeiten und Trocknungsverfahren auf24. Die Definition einer Kontrollsilage bezieht neben dem Parameter Reineiweiß aber auch die Eigenschaft ein, dass ihre Verfütterung zu keiner klinischen Erkrankung der Tiere geführt hat. Diesem Anspruch genügte K-01 vollauf. Da K-01 somit alle Anforderung an eine Kontrollsilage erfüllte, wurde sie weiterhin eingesetzt.

Zur Beurteilung der Nährstoff- und Energiegehalte wurden die für die eingesetzten Futtermittel ermittelten Werte denen aus der Literatur gegenüber gestellt (Tab. 5.2.1).

Tab. 5.2.1: Nährstoff- und Energiegehalte von Heu und Grassilagen (Literatur*- und Mess-werte). Einzelwerte S-02 bis S-13 s. Tab. 9.2.2.

Gehalte

* Angaben aus KAMPHUES et al. 2009, umgerechnet auf TS; ** Minima und Maxima aller Schadsilagen S-02 bis S-13; *** N-freie Extraktstoffe, Rechenwert

23 laut persönlicher Mitteilung von Herrn Dr. K. Eicken, Ovelgönne am 05.07.2010

24 laut persönlicher Mitteilung von Frau Dr. V. Taube, Hannover am 20.03.2009

Die Nährstoffgehalte der eingesetzten Futtermittel stimmen recht gut mit der üblichen Zusammensetzung von Heu und Silagen (nach KAMPHUES et al. 2009) überein. Nur die Energiegehalte (NEL) sind höher. Beim Wechsel von Heu auf Silage sinkt in den Fermentern das Angebot an RE um bis zu 55 %. Das Angebot an Rohprotein, Mengen- und Spurenelementen (Rohasche) sowie Energie steigt jedoch durch den Silageeinsatz im RUSITEC an. Die Pansenfermentation wird offenbar durch das höhere Nährstoffangebot aus den Silagen gegenüber Heu stimuliert, was sich in den Konzentrationszunahmen der Pansenmikroorganismen (vgl. Kap. 4.2 u. 4.4.), der vermehrten Produktion von Gas und flüchtigen Fettsäuren25 sowie der Zunahme des bakteriellen Proteins26 widerspiegelt. Die größten Unterschiede zwischen Kontroll- und Schadsilagen liegen in den prozentualen Reineiweißgehalten (vom Rp) und im NfE-Gehalt (s. Tab. 5.2.1). Die Schadsilagen führten i. d. R. zu vermehrten Nukleobasen- und Allantoinkonzentrationen (vgl. Kap. 5.5.2 u. 5.5.3) sowie zu verminderten Protozoengehalten (vgl. Kap. 5.5.5) im Vergleich zur Kontrolle (K-01). Zusätzlich steigen die Konzentrationen der meisten flüchtigen Fettsäuren15 sowie die Konzentrationen von Ammoniak- und der zum Proteinstoffwechsel zu rechnenden i-Säuren (i-Butter- und i-Valeriansäure)16 bei Schadsilageeinsatz im Vergleich zur Kontrolle an (s. Übersicht 5.1). Dies spricht für einen erhöhten mikrobiellen Stoffumsatz durch Zugabe der Schadsilagen.

Nach dem Einfluss der Silagenährstoffgehalte sollen im Folgenden die -energiegehalte näher beleuchtet werden. Hochenergetisches Futter führt zu höheren Wachstumsraten der Pansen-mikroorganismen und zu einer vermehrten mikrobiellen Proteinsynthese (TOPPS u. ELLIOT 1965). Bei den eingesetzten Silagen (Kontroll- und Schadsilagen, s. Tab. 5.2.2) fällt zunächst auf, dass die NEL-Werte deutlich über den mittleren Vergleichswerten aus den Untersu-chungen der LUFA Nord-West liegen. Die Ursache dafür liegt in der Mittelung der LUFA-Werte über alle Schnitte, während die NEL-LUFA-Werte der eingesetzten Silagen sich ausnahmslos auf den ersten Schnitt beziehen.

25 laut persönlicher Mitteilung von Frau L. Lumpp, Hannover am 12.03.2010

26 laut persönlicher Mitteilung von Frau N. Gresner, Hannover am 12.03.2010