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Anwelken, d.h. Trocknen des geschnittenen Grases auf dem Feld, dient der Vorbereitung auf die Silierung. Ziel ist es, den Trockensubstanzgehalt (TS) des Silierguts von 18 % (Wiesengras vor dem Schossen, KAMPHUES et al. 2009) auf 25-35 % (JEROCH et al. 1993) bzw. 30-40 % (NEHRING 1972) zu erhöhen. Anwelken kann die Nährstoffverluste des Pflanzenmaterials durch Atmung und Proteinabbau (Proteolyse) eindämmen. Diese Verluste sind nach dem Schnitt besonders bei sehr feuchtem Pflanzenmaterial hoch, deshalb wird ein schnelles Anwelken empfohlen (HONIG 1980). Je kürzer die Zeit zwischen Schnitt und Anwelken, desto besser lassen sich Protein- (BRADY 1965) und Zuckerabbau (JEROCH et al. 1993) begrenzen. MUCK (1987) ermittelte einen linearen Zusammenhang zwischen steigendem Trockensubstanzgehalt und Abnahme der Proteolyse im Silo. Die Löslichkeit der Proteine wird durch die Trocknung vermindert, eine Eigenschaft, die bestehen bleibt, bis das Protein in den Pansen gelangt, wo es daraufhin weniger stark abgebaut wird (HRISTOV u.

SANDEV 1998).

Neben dem verminderten Nährstoffabbau hat angewelkte Silage im Vergleich mit unbehandelter (nicht angewelkter) Silage folgende Vorteile (MAHANNA u. CHASE 2003):

- kürzere Gärdauer erforderlich,

- geringere WSC-Konzentrationen im Gras notwendig, - geringfügig höherer pH-Wert erlaubt;

- außerdem geringerer Säureanteil in der Silage

- und damit eine verbesserte Akzeptanz (Futteraufnahme).

Jedoch führt nicht jede beliebige Anwelkdauer zum gewünschten Erfolg. Zu langes Welken führt zum Anstieg proteolytischer Enzyme und damit zu einem unerwünschten Proteinabbau,

der besonders unter feuchten Witterungsbedingungen auftritt (MCDONALD et al. 1991;

GABEL u. BICKEL 2006). Auf der anderen Seite beschleunigt zu kurzes Anwelken, bei dem das Siliergut nicht ausreichend abtrocknen konnte, ebenfalls die Proteolyse, da der pH-Wert im Silo bei zu feuchtem Material nicht stark genug abfällt (MUCK 1987). Vorteilhaft ist ein schneller Wasserentzug bei kurzer Feldliegezeit (BRADY 1960) – wie bei der Heugewinnung üblich –, Zielwert für Silagen sind >300 g TS kg-1 in 24 Stunden (MUCK 1987; OWENS 1996). Nach STEINHÖFEL et al. (2008) ist die Feldliegezeit für den Reineiweißgehalt der Silage von untergeordneter Bedeutung. Die Autoren beprobten Siliergut bis zu einer Feldliegezeit von fünf Tagen und nochmals nach dessen Einsilierung. Während der Feldliegezeit beobachteten sie bereits einen geringen Reineiweißabbau. Ein weitaus bedeutenderer Abbau erfolgt allerdings während der Silierung (Abb. 2.2.1). Die Daten aus Abbildung 2.2.1 stammen aus Silierversuchen, die im LKV Sachsen ausgewertet wurden. Sie enthalten keine Angaben zu den verwendeten Pflanzenspezies, Reifegrad und Schnitt-zeitpunkt.

Abb. 2.2.1: Einfluss der Feldliegezeit auf den Reineiweißgehalt in Relation zum Rohprotein (STEINHÖFEL et al. 2008: ohne Angaben von Pflanzenspezies, Reifegrad und Schnittzeitpunkt)

GABEL u. BICKEL (2006) prüften den Einfluss des Anwelkens auf die proteolytische Aktivität (s. u.) von Pflanzenmaterial. Sie führten Untersuchungen zur Proteolyse von Grünfutterleguminosen mit Presssaft aus Luzernefrischmaterial und -silagen (1. Aufwuchs, vor der Blüte) durch. Die proteolytische Aktivität der Pflanzenmaterialien wurde anhand des Gehaltes an α-Amino-N nach Abbau des Testproteins (Erbsenhydrolysat) bestimmt. Es zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen angewelktem, frischem und siliertem Material.

Im Vergleich zu frischer Luzerne hatte das Anwelken keinen Einfluss auf den Gesamt-stickstoff- und Reinproteingehalt; bei der Luzernesilage waren die Reinproteinkonzen-trationen umso höher je stärker der Anwelkgrad war. Angewelkte Silage wies höhere Konzentrationen an Gesamtstickstoff im Silagepresssaft gegenüber nicht angewelkter Silage auf. Dies führen die Autoren (GABEL u. BICKEL 2006) auf die Sickersaftverluste (Ab-fließen von nährstoffhaltigem Pflanzensaft) der nicht angewelkten Silage zurück. Im Presssaft von unbehandelten Silagen lag der Reinproteingehalt bei 23,8 % und der von angewelkten Silagen bei 32,3 % des Gesamtstickstoffs (GABEL u. BICKEL 2006).

Anwelken bei warmem und trockenem Wetter fördert den Besatz des Pflanzenmaterials mit den erwünschten homofermentativen Milchsäurebakterien. Kühles, feuchtes Wetter hingegen fördert die weniger erwünschten heterofermentativen Milchsäurebakterien (RUSER 1989).

Homofermentative Milchsäurebakterien produzieren ausschließlich Milchsäure; hetero-fermentative dagegen außerdem Ethanol und Kohlendioxid. Das Anwelken trägt auch zum Eindämmen von unerwünschten Mikroorganismen bei. Zu diesen gehören Enterobakterien, Clostridien, Hefen und Schimmelpilze. Sie befinden sich praktisch immer auf dem Pflanzen-material, führen jedoch in hohen Konzentrationen zu Störungen und Verderb bei der Silierung (MUCK et al. 2003).

Ab einem TS-Gehalt von 400 g kg-1 sinkt die Proteolyse auf ein Mindestmaß (MACPHERSON 1952). Zum vollständigen Einstellen der Proteolyse bedarf es eines TS-Gehalts von 750 g kg-1 (MUCK 1987). Eine Trocknung des Grases bis auf diesen Wert bringt jedoch eine Abnahme des Gehalts an löslichem Stickstoff mit sich. Da die ruminale Proteinabbaubarkeit von Silage mit zunehmendem Trockensubstanzgehalt sinkt, bedeutet dies, dass die Abbaubarkeit von Futterprotein im Pansen unter dem Anwelken geringgradig

leidet (VAN STRAALEN u. TAMMINGA 1990). Außerdem kommt es bei überhöhten TS-Gehalten zu keiner ausreichenden Fermentation des Silierguts: der gesamte Siliervorgang kommt ins Stocken3. Anwelken wirkt sich auch auf die Verdaulichkeit der Silage aus. Diese ist für angewelkte Silage häufig geringer im Vergleich zu direkt einsilierter (ca. -15 bis -35 g kg-1; ROHR u. THOMAS 1984). Ursachen dafür sind Feldverluste, die beim Anwelken unter schlechten Wetterbedingungen auftreten und einer kürzeren Verweildauer von ange-welkter Silage im Pansen (KOKKONEN et al. 2000). Unter Feldverlusten versteht man mechanische (Aufladen, Transport) und biochemische (Atmung, Enzyme) Verluste sowie Verluste durch Auswaschen (GORDON et al. 1969). Die Fermentation selbst unterscheidet sich zwischen direkt geschnittener und angewelkter Silage kaum (vgl. HARRISSON et al.

2003), außer bei sehr hohen TS-Gehalten3. Tabelle 2.2.1 fasst die genannten Eigenschaften unbehandelter und angewelkter Silage zusammen.

3 laut persönlicher Mitteilung von Herrn Prof. H. Scholz, Hannover am 20.11.2009

Tab. 2.2.1: Qualitätsvergleich von nicht angewelkter und angewelkter Silage

Parameter Nicht angewelkt

(Ausgangsmaterial

Die Milchsäurebildung beginnt bei angewelkter Silage verspätet (GREENHILL 1964 c).

Grund dafür ist, genau wie für den erhöhten pH-Wert angewelkter Silage, die erst 7-8 Stunden später einsetzende Zelllyse bei angewelktem im Vergleich zu nicht angewelktem Pflanzen-material (vgl. Kap. 2.2.1).

Zusammenfassung:

Die wichtigsten Vorteile angewelkter Silage sind die höheren Rohprotein- und Reineiweiß-gehalte im Vergleich zu direkt siliertem Pflanzenmaterial, die bessere Akzeptanz (höhere TS-Aufnahme; MAHANNA u. CHASE 2003), der erhöhte Anteil homofermentiver Milchsäure-bakterien sowie der geringere Besatz mit unerwünschten Mikroorganismen (EnteroMilchsäure-bakterien, Clostridien, Hefen, Schimmelpilze; MUCK et al. 2003). Nachteilig ist die geringere Verdau-lichkeit angewelkter Silage (ROHR u. THOMAS 1984). Ersteres führt zu der Empfehlung, geschnittenes Pflanzenmaterial anzuwelken.