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Archiv "National Health Service: Mehr Spielräume, mehr Druck" (18.07.2011)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 28–29

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18. Juli 2011 A 1575 NATIONAL HEALTH SERVICE

Mehr Spielräume, mehr Druck

Während der Gesetzentwurf zur Reform des staatlichen britischen Gesundheits- dienstes noch im Parlament diskutiert wird, geben Experten bereits die mit einer Umsetzung verbundenen Schwierigkeiten zu bedenken.

S

elten fiel eine Bewertung des staatlichen britischen Ge- sundheitsdienstes so positiv aus wie die von Dr. Donald M. Berwick:

„I am romantic about the National Health Service“, sagte der Direktor des US Center for Medicare and Medicaid Services vor britischem Publikum im Jahr 2008. „All I need to do to rediscover the romance is to look at healthcare in my own country”, sagte der Amerikaner.

Berwicks Begeisterung für das überwiegend aus Steuermitteln fi- nanzierte System fanden nicht nur viele Amerikaner befremdlich.

Auch die britische Regierung – al- len voran Gesundheitsminister An- drew Lansley – wollte den National Health Service (NHS) einschnei- dend reformieren. Anfang Januar 2011 stellte sie einen Gesetzent- wurf vor (Health and Social Care Bill), der ein mehr marktwirtschaft- lich geprägtes Gesundheitswesen durch mehr Freiheiten für Ärzte, Krankenhäuser und Versicherungen vorsieht (DÄ, Heft 17/2011).

„Während die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen seit Jahren um rund vier Prozent steigt, hat sich die Leistungsfähigkeit unseres Ge- sundheitswesens nicht gleicherma- ßen erhöht“, berichtete Mark Sim- monds, Abgeordneter im britischen Parlament, am Rande der „Euro - pean Health Care Conference“ der Techniker-Krankenkasse, deren Wissenschaftlichem Institut und der European Health Management As- sociation in Hamburg. So habe Großbritannien noch immer eine hohe Rate vermeidbarer Todesfälle und schneide bei Erhebungen zum Gesundheitsstatus im OECD-Ver- gleich schlecht ab, ergänzte Dr. Jen- nifer Dixon, Direktorin des Nuf- field Trust in London. Der Druck auf das britische Gesundheitssys- tem wird sich nach Angaben der

Experten weiter erhöhen. Die Be- völkerung altert, Komorbiditäten nehmen zu. Darüber hinaus wachse der finanzielle Druck durch die Ein- führung neuer Technologien und steigende Erwartungen an die Quali- tät und Effizienz, unterstrich Dixon.

Wettbewerb soll Abhilfe schaf- fen. So sieht die Reform vor, dass Patienten künftig ihren Hausarzt

frei wählen können. Regional zu- ständige Arztpraxen sind in dem Primärarztsystem dann kein Muss mehr. Während Hausärzte zuvor bestimmte Behandlungen für ihre Patienten bei staatlichen Stellen beantragen und sich auf vorge - gebene Krankenhäuser beschrän- ken mussten, sollen sie dem Ent- wurf zufolge künftig hierüber freier entscheiden.

Die Abstimmung über Behand- lungen soll in Gremien stattfinden, zu denen sich Hausärzte zusam- menschließen müssen. Diese erhiel- ten dann vom „NHS Commis - sioning Board“ und dem Staat Gel- der. Die Höhe der Mittel – und hier kommt der Wettbewerbseffekt zum Tragen – wäre abhängig vom Be- handlungserfolg der Hausärzte. Pa- tienten würden den Plänen nach

künftig gemeinsam mit ihrem Hausarzt entscheiden, von welchen Fachärzten sie sich behandeln las- sen. Öffentliche Krankenhäuser wären freier, Privatpatienten anzu- nehmen, müssten andererseits aber mit privaten Krankenhäusern oder Operationszentren um die Behand- lungsaufträge der Hausärzte kon- kurrieren.

Ob diese und andere Maßnah- men ausreichen, um den Kosten- druck zu reduzieren und für bessere Ergebnisse zu sorgen, wollten die Experten noch nicht beurteilen. Zu- mal die Rolle der Hausarztgremien noch nicht klar definiert sei, urteilt Dixon. Sie hält es für eine schwieri- ge Gratwanderung, Effizienz und Produktivität zu erhöhen, dabei aber mit weniger Geld auskommen zu müssen.

Prof. Dr. Kieran Walshe von der Universität Manchester hält die Re- form für einen Triumph. Allerdings sei der Weg hin zu mehr Marktwirt- schaft im Gesundheitswesen ein langsamer, schmerzvoller und unsi- cherer Prozess. Und an Unsicher- heiten sei man in einem staatlichen System nicht gewöhnt. ■

Martina Merten

Einschneidende Reformen will der britische Gesund- heitsminister Andrew Lansley dem System verordnen.

Foto: picture alliance

T H E M E N D E R Z E I T

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