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Archiv "Gesundheitspolitik: Zum Schweigen gebracht" (16.08.2002)

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r gilt als Lieblingsberater von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt und möchte es auch nach der Bundestagswahl bleiben. Daran ließ Prof. Dr. Karl Lauterbach, Direktor des Instituts für Gesundheitsökonomie an der Universität Köln, auf der Auft- aktveranstaltung der SPD-Wähler- in- itiative „Wir im Gesundheitswesen für Schröder“ in Berlin keinen Zweifel.

„Das erste Mal seit 20 Jahren wird nicht Kostendämpfungspolitik betrieben, sondern die Qualität verbessert“, lobte der Gesundheitsökonom. Ministerin Schmidt strahlte, und SPD-Generalse- kretär Franz Müntefering war „froh über so viel Unterstützung“.

Krach hinter den Kulissen

Doch der schöne Schein der Einigkeit trügt. Hinter den Kulissen brodelt und kracht es gewaltig. Katastrophale Um- fragewerte setzen die SPD zunehmend unter Druck. Da bleibt wenig Zeit für Höflichkeiten. Dies hat auch Lauter- bach erfahren müssen, als er ein im letz- ten Jahr vom SPD-Parteivorstand initi- iertes Expertengutachten zur Zukunft des Gesundheitswesens vorstellen woll- te. Daraus wurde nichts. „Termin abge- sagt“, ließ die Friedrich-Ebert-Stiftung als Organisatorin der Veranstaltung verlauten. „Meinungsverschiedenheiten zwischen den Verfassern“ wurde als Be- gründung angegeben. Dies sei „abwe- gig“ protestiert Lauterbach. Zwischen den Verfassern gebe es keine Unstim- migkeiten, berichten auch seine Mit- autoren Prof. Dr. Gerd Glaeske und Prof. Dr. Jürgen Wasem. Lauterbach gibt stattdessen an, dass „leichte Terminpro- bleme“ zu dem Rückzieher geführt hät-

ten. Damit hat er vermutlich Recht, wenn auch anders, als er meinte. Insbe- sondere der Wahltermin am 22. Septem- ber scheint der Veröffentlichung des bri- santen Konzepts im Wege zu stehen. Die radikalen Forderungen der SPD-nahen Gutachter sind mit den gesundheitspoli- tischen Beteuerungen der Ministerin zumindest augenblicklich nicht kompa- tibel. Das mittlerweile von der Frank- furter Rundschau veröffentlichte Ex- pertenpapier hat es in sich.

Wie schon in ihren Vorentwürfen plädiert die Gruppe um Lauterbach in ihrem Abschlussbericht für eine weitge- hende Entmachtung der Kassenärztli- chen Vereinigungen (KVen). Es sei er- forderlich, „dass der Sicherstellungs- auftrag für die Versorgung auf die ein- zelnen Krankenkassen übergeht“, heißt es in dem Papier. Harter Tobak für die KVen. „Hier sieht man mal wieder, welch unheilvollen Einfluss Experto- kraten haben können“, sagte der Vorsit- zende der Kassenärztlichen Bundesver- einigung, Dr. med. Manfred Richter- Reichhelm, gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt. Ministerin Schmidt tue gut daran, den Vorschlägen solcher Exper- ten kein Gehör zu schenken.

Defizite werden

Ärztekammern angelastet

Auch beim Thema Weiterbildung gehen die Gutachter auf Konfrontationskurs zur Ärzteschaft. Vermeintlich struktu- relle Probleme werden den Ärztekam- mern angelastet. Etwas verklausuliert heißt es dazu: „Die derzeitige Delegati- on der Weiterbildung von Ärzten an die rein berufsständischen Interessen unter- worfene Autonomie der Landesärzte-

kammern muss zugunsten einer intensi- veren Wahrnehmung der Landeskom- petenzen beendet werden.“ Im Klartext heißt das: Die Länder sollen die Verant- wortung für die ärztliche Weiterbildung übernehmen. Man erhofft sich dadurch eine stärkere Anpassung der Weiterbil- dung an die „Versorgungswirklichkeit“.

So würden Allgemeinmediziner nur marginal in den Bereichen Psychiatrie und Psychosomatik ausgebildet. Behan- deln würden sie aber die Mehrzahl der psychisch Kranken in Deutschland.

Breite Unterstützung für SPD-Wählerinitiative

Fraglich ist, ob das Reformkonzept tatsächlich als Vorlage für eine künftige rot-grüne Gesundheitspolitik dienen wird. Bei der Vorstellung der SPD- Wählerinitiative war davon jedenfalls nichts zu hören. Nachdem man auf zu radikale Forderungen weitgehend ver- zichtete, war der Kreis der Unterstützer entsprechend groß. Rund 240 Vertreter aus Praxis,Wissenschaft und Politik plä- dierten für einen einheitlichen Lei- stungskatalog der Gesetzlichen Kran- kenversicherung. Darunter auch die Ärztekammerpräsidenten Dr. med.

Frank Ulrich Montgomery (Hamburg, zugleich Vorsitzender des Marburger Bundes), Prof. Dr. med. Frieder Hes- senauer (Rheinland-Pfalz) und Prof. Dr.

med. Ingo Flenker (Westfalen-Lippe).

Der Unterscheidung in Pflicht- und Wahl- leistungen erteilte man eine Absage.

Stattdessen sollen die Patientenrechte gestärkt und die Prävention verbessert werden – im Vergleich zum Konzept der Reformkommission eher harmlose Forderungen. Samir Rabbata P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 33½½½½16. August 2002 AA2143

Gesundheitspolitik

Zum Schweigen gebracht

Die SPD will mit Vertretern aus dem Gesundheitswesen um Wählerstimmen werben. Ein radikales Reformkonzept parteinaher

Gutachter könnte diese Allianz stören und die Wähler irritieren.

Die offizielle Präsentation der Studie wurde kurzerhand verschoben.

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