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Archiv "Frage der Woche an . . . Dr. med. Andreas Botzlar, Zweiter Vorsitzender des Marburger Bundes" (06.03.2015)

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Beendigung der Assistenzarztzeit nahtlos weiterbeschäftigt werden, wird deutlich, wie dünn die Bewer- berdecke tatsächlich ist.

In der Pneumologie ist die Rela- tion mit 117 Facharztanerkennun- gen zu 54 Stellenausschreibungen auf den ersten Blick zwar etwas günstiger, aber auch hier werden zu wenige Fachärztinnen und Fachärz- te weitergebildet. Dies führt dazu, dass viele Krankenhäuser bei dem Versuch scheitern, eine Abteilung oder Sektion Pneumologie aufzu- bauen, weil sie dafür einfach nicht die geeigneten Ärzte finden. Ähnli- ches gilt für die Geriatrie: Die Etab- lierung von geriatrischen Abteilun- gen kann nicht in dem Maße voran- schreiten, wie es der demografische Wandel eigentlich erforderlich macht, weil die entsprechend wei- tergebildeten Fachärztinnen und Fachärzte fehlen.

Nun ist es sicherlich richtig, dass ein so komplexes System wie die ärztliche Weiterbildung nicht kurz- fristig auf jede Nachfrageschwan- kung reagieren kann. Die Kranken- häuser sehen dies allerdings nicht so „entspannt“: Für sie ist es oft- mals mit wirtschaftlichen Nachtei- len verbunden, wenn Ärztinnen und Ärzte mit bestimmten formalen

Qualifikationen fehlen. Dies gilt nicht nur für Facharzt- und Schwer- punktkompetenzen, sondern zuneh- mend auch für Zusatzbezeichnun- gen. Diese sind inzwischen für die Krankenhäuser zum Teil von ele- mentarer Bedeutung, da sie für die Abrechnung bestimmter DRG- Leistungen oder in Zertifizierungs- verfahren nachgewiesen werden müssen.

Wirtschaftliche Nachteile, wenn bestimmte Ärzte fehlen Ein Beispiel ist die Zusatzbezeich- nung „Intensivmedizin“, welche für die Abrechnung intensivmedizini- scher Komplexbehandlungen vor- handen sein muss. Wollen Kliniken, die eine Intensivstation betreiben, dieses Leistungen abrechnen, muss dort laut aktueller Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dauerhaft ein entsprechend qualifizierter Arzt anwesend sein; dies gilt auch für den Bereitschaftsdienst. Die Anstel- lung einer genügenden Anzahl von weitergebildeten Intensivmedizi- nern stellt viele kleine und mittlere Krankenhäuser aber vor große Pro- bleme, da zu wenige Ärztinnen und Ärzte diese Weiterbildung besitzen und diese mehrheitlich an größeren Krankenhäusern arbeiten.

Ein anderes Beispiel ist die Zu- satzbezeichnung „Spezielle Ortho- pädische Chirurgie“. Diese muss mindestens ein Hauptoperateur nachweisen, will ein Krankenhaus die Zertifizierung als Endoprothe- tikzentrum erhalten. So weit die Theorie. Da viel zu wenige Fach- ärztinnen und Fachärzte für Ortho- pädie und Unfallchirurgie diese Qualifikation besitzen, wären sehr viele Krankenhäuser, die die gefor- derten Fallzahlen und Strukturvor- gaben durchaus erfüllen, nicht in der Lage gewesen, die Zertifizie- rung zu erhalten. Um bewährte Versorgungsstrukturen zu erhalten, wurde daher eine Übergangsfrist von vier Jahren vereinbart, in der die Qualifikation nicht zwingend nachgewiesen werden muss. Ob sich die Situation nach Ablauf der Frist aber anders darstellt, muss bezweifelt werden. Es stellt sich schon die Frage, wie man zukünftig eine „flächendeckende“ Versorgung mit entsprechend qualifizierten Fachärztinnen und Fachärzten si- cherstellen will, wenn es gleichzei- tig das Nadelöhr „Weiterbildungs-

kapazität“ gibt.

Dr. Wolfgang Martin mainmedico GmbH, consulting & coaching, Frankfurt am Main

Warum fordert der Marburger Bund eine Erhöhung der Medizinstu- dienplätze um zehn Prozent?

Botzlar: Wir als Marburger Bund meinen, dass neben den Reformen der Inhalte und der Frage „Wie bekomme ich überhaupt einen Studien- platz?“ auch die Frage der Anzahl der Studienplätze ins Visier genom- men werden muss. Derzeit werden pro Jahr etwa 10 500 Studierende zum Medizinstudium zugelassen. Das ist in etwa die gleiche Größenord- nung, wie wir sie in der alten Bundesrepublik vor der Wiedervereinigung gehabt haben. Im Prinzip ist die gesamte Studienkapazität, die die DDR miteingebracht hat, dabei durch den Rost gefallen. Wenn man das ku- muliert, müssten es heute rein rechnerisch 16 000 Studienplätze sein.

Der Politik muss klar sein, dass für die Versorgung der viel größeren Be- völkerung, die wir heute im Vergleich zu der Zeit vor 1989 haben, die bestehenden Kapazitäten und Medizinabsolventen nicht ausreichen.

Gleichzeitig sind ja in den letzten Jahrzehnten auch andere Tätig- keitsfelder für Ärztinnen und Ärzte entstanden, die einen bestimmten Bedarf haben. Insofern fordert der Marburger Bund eine Erhöhung der

Studienkapazität um mindes- tens zehn Prozent. Uns geht es vor allem darum, dass ausrei-

chend ärztlicher Nachwuchs ausgebildet wird, der für die kurative Me- dizin zur Verfügung steht, wenn die großen Ruhestandswellen auf uns zukommen.

Natürlich stellt sich dann auch die Frage, wie das bezahlt werden kann. Hier muss man klar zum Ausdruck bringen, dass die Gewährleis- tung einer guten medizinischen Versorgung eine der zentralen staatli- chen Aufgaben ist – die auch eine höhere Priorität als viele andere Auf- gaben hat. Wir meinen auch, dass eine bessere Kooperation zwischen dem Bund und den hoheitlich dafür zuständigen Ländern stattfinden muss. Es ist oft zu beobachten, dass Mittel, die der Bund den Ländern gibt, in allgemeinen Haushaltslöchern versickern. Insofern wäre es viel- leicht auch zielführend, wenn man eine direkte Mitfinanzierung von Hochschulen, insbesondere medizinischen Fakultäten und allem was damit zusammenhängt, durch den Bund selbst gewährleisten könnte. EB

FRAGE DER WOCHE AN . . .

Dr. med. Andreas Botzlar, Zweiter Vorsitzender des Marburger Bundes

4 Deutsches Ärzteblatt I Heft 10 I 6. März 2015

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