ie Krankenhausfinanzierung gerät immer mehr in eine politische Schieflage: Nach dem Seehofer-Motto „Mehr Vor- fahrt für die Selbstverwaltung“ sind die Klinikträger und das Kranken- hausmanagement gehalten, in den jährlichen Budget- und Pflegesatz- runden sich mit den Krankenkassen und deren Verbänden „vor Ort“ bis zu jeder Stelle hinter dem Komma über die Budget-Anpassungen und die neu festzulegenden Pflegesätze auseinanderzusetzen. Oftmals schei- tern die Verhandlungen, und es bleibt dann nur noch der Gang zum Schiedsamt. Infolge der Betten- streichaktionen seitens der Bundes- länder und der Schließung von Klini- ken infolge von Kündigungen von Versorgungsaufträgen drohen die Klinikarbeitgeber oftmals damit, weiteres versorgungsnotwendiges Personal „freisetzen zu müssen“.
Im Dauerclinch
Seit das Selbstkostendeckungs- prinzip Anfang 1993 durch den Ge- setzgeber vollends außer Kraft ge- setzt worden ist und das leistungs- bezogene Entgeltsystem ab 1996 flächendeckend angewandt werden muß (Basispflegesatz, Abteilungs- pflegesätze, Fallpauschalen, Sonder- entgelte), weht im Klinikalltag und im Management ein schärferer Wind. Die Krankenkassen und die Politik drängen darauf, daß immer größere Teile des Krankenhausbud- gets auf die neuen Entgeltformen umgestellt werden. Hinzu kommt:
Die Klinikmanager können nicht
mehr vorbehaltlos auf frühere An- haltszahlen zur Bemessung der Per- sonalstellen im Pflegebereich, in der Psychiatrie und im ärztlichen Dienst der Krankenhäuser zurückgreifen, obwohl entsprechende Vorschriften zur Erarbeitung solcher Maßstäbe durch die Selbstverwaltungspartner noch im § 19 des Krankenhausfinan- zierungsgesetzes und in der Bun- despflegesatzverordnung enthalten sind. Lediglich in der Pflege und der Psychiatrie wurden die Vorschriften erlassen. Anhaltszahlen, mit deren Hilfe mehr Objektivität in das Ver- handlungsgeschäft gebracht werden sollte, passen einfach nicht mehr in ein System, das der Selbstkosten- deckung und der Erstattung „produ- zierter“ Kosten abgeschworen hat.
Auf der Strecke blieben die Perso- nalanhaltszahlen im klinikärztlichen Dienst. Um so mehr wird eine Ver- antwortung, für die der Bund gera- destehen müßte, jetzt auf die Klinik- arbeitgeber, das Management und das Klinikfachpersonal verlagert – mit der Möglichkeit, daß die Kran- kenkassen diese systematisch auszu- powern versuchen.
Sparkommissare
Auch was die Investitionsko- sten der Krankenhäuser betrifft, verschärft sich die politische Ge- mengelage: Die Länder, die nach der dualen Finanzierung für die Investi- tionskosten der Krankenhäuser ein- stehen müssen, hatten im vergange- nen Jahr einen Betrag in Höhe von 7,1 Milliarden DM für den Klinik- sektor lockergemacht – 0,3 Milliar-
den DM weniger als noch 1991 (alte und neue Bundesländer). Die nahe- zu stagnierende finanzielle Förde- rung und der Abwärtstrend seit 1997 können nur teilweise mit der Betten- stillegung (von 1991 bis 1996 sank die Zahl der Klinikbetten bundes- weit um fast 11 Prozent auf 593 743) erklärt werden – wohl eher mit dem Diktat der ständig leeren Kas- sen der Länder. Dagegen sind die Betriebs- und Versorgungskosten der Krankenhäuser überproportio- nal von rund 57 auf heute 78 Milliar- den DM gestiegen (1991 bis 1996).
Der Investitionskostenanteil an den Gesamtkosten der Krankenhäuser beträgt heute nur noch acht Prozent.
Kliniknotopfer abschaffen
Hier müßten die Politiker an- setzen, um den Krankenhäusern ihren verbrieften Rechtsanspruch auf die Finanzierung der Investiti- onskosten durch die Länder zu ga- rantieren. Dieser müßte die Länder verpflichten, künftig den Instandset- zungsaufwand wieder ganz zu über- nehmen, statt auf die Versicherten zu überwälzen (ab dem Jahr 2000, wenn das „Notopfer“ entfällt).
Denn schließlich sind Investitionen zur Modernisierung und Rationali- sierung der Schlüssel für mehr Wirt- schaftlichkeit und Sparsamkeit im bisher immer noch teuersten Sektor des Gesundheitswesens.
Es bleibt zu hoffen, daß die An- schlußregelung zur Ablösung des
„Klinik-Notopfers“ auf Dauer ange- legt ist und nicht nur gerade einmal drei Jahre hält. Dr. Harald Clade A-2003
P O L I T I K LEITARTIKEL
Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 34–35, 24. August 1998 (15)