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Archiv "Gesundheits-Ökonomen in Schieflage" (09.04.1986)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

E

s geht um die Verteilung des Krankenkassen-Ku- chens, ohne ihn weiter zu hinterfragen." Dieser wahr- haft bildhafte Ausspruch der grünen Abgeordneten Marita Wagner war so ungefähr das Bemerkenswerteste, was bei der Aktuellen Stunde des Bundestages über die „Hal- tung der Bundesregierung zur Kostenentwicklung im Ge- sundheitswesen" Ende März herauskam. Im wesentlichen ging es der Abgeordneten darum, daß die Konzertierte Aktion sich mal wieder nur um die „Steigerung der Ein- kommen der Anbieterseite im Gesundheitswesen" gedreht habe. Dieses Gremium folge ja aber ohnehin „nur die Lo-

gik der einnahmenorientier- ten Ausgabenpolitik der Krankenkassen" (sic).

Nehmen wir also solche Bei- träge der Grünen nicht ern- ster, als sie es verdienen (in- des: den Krankenkassen soll- te es schon zu denken geben, daß die einnahmenorientierte

Pflichtübung im Bundestag

Ausgabenpolitik die Grünen offenbar nicht sehr beein- druckt. Was wäre, wenn die Alternativen mal die Sozial- wahlen als Betätigungsfeld entdecken?).

Bloß: Der Rest war auch nicht viel besser. Der SPD-Ab- geordnete Hans-Eberhard Urbaniak beklagte, daß die Einkommen der Ärzte und Zahnärzte „aus den Beitrags- groschen der kleinen Leute"

stammen (woher denn wohl sonst in unserem Versiche- rungssystem?). Die Sprecher der CDU/CSU und auch Bun- desarbeitsminister Blüm fei- erten die Frühjahrssitzung der Konzertierten Aktion, die vier Tage vorher stattgefunden hatte, als großen Erfolg ihrer Kostendämpfungspolitik, die

eben bewiesen habe, daß die Selbstverwaltung die Dinge in den Griff bekommen kann, wenn man ihr nur den nötigen Freiraum läßt.

Da waren die Beiträge aus der FDP (Dr. Irmgard Adam- Schwaetzer und Dieter Julius Cronenberg) noch die seriöse- sten. Zum einen zogen sie sich geschickt aus der Schlin- ge des Vorwurfs, daß ihre Par- tei ja die Ehrenbergschen Ko- stendämpfungsgesetze mit zu verantworten hatte. Zum an- deren lenkten beide den Blick in die Zukunft, nämlich auf die in der nächsten Legisla- turperiode anzupackende Strukturreform des Gesund- heitswesens. Die kam nicht einmal in Blüms Rede vor.

Wenn das, was beide FDP- Sprecher ankündigten — näm- lich alle, Leistungserbringer

und Versicherte, würden in die Verantwortung genom- men —, in einer 1987 erneuer- ten Koalition durchzusetzen sein sollte, dann könnte etwas daraus werden. gb

E

inem Modetrend folgend, werden immer mehr Ge- sundheitsökonomen in die Politikberatung einge- spannt. Selbst im „Sachver- ständigenrat für die Konzer- tierte Aktion" scheinen die drei Wirtschafts- und Sozial- wissenschaftler die Marsch- zahl vorgeben zu wollen (zu sollen). Dabei war es doch die Absicht auch des Bundesar- beitsministeriums, mit Hilfe des Sachverständigenrates die bisher zu sehr auf die Ökonomie ausgerichteten Empfehlungen der Konzer- tierten Aktion zu korrigieren und Versäumnisse der Ver- gangenheit aufzuarbeiten.

Dies ist von der ursprüngli- chen Konzeption her auch der richtige Ansatz: Mit Hilfe der Sachverständigen soll die Konzertierte Aktion instand gesetzt werden, den bereits seit 1977 bestehenden Ge- setzesauftrag zu vollziehen, nämlich medizinische Orien- tierungsdaten neben wirt-

Gesundheits- Ökonomen in Schieflage

schaftlichen Daten zu berück- sichtigen (§ 405 a RVO).

Doch bereits zu Beginn dieser Kärrnerarbeit besteht die Ge- fahr, daß unter dem Eindruck des anhaltenden Kostendämp- fungsdruckes die Beratertä- tigkeit auf eine gesundheits- ökonomische Schiene gescho- ben wird. Jedoch: Eine bloße Input-Output-Analyse wird den Erfordernissen des Ge- sundheitswesens nicht ge- recht. Heilung, Linderung, Verbesserung der subjektiven Lebensqualität infolge des medizinischen Fortschritts lassen sich ebensowenig in Heller und Pfennig ausdrük-

ken wie eine humane Betreu- ung von Patienten und Ster- benden.

Das einseitige Schielen nach den Kosten verstellt den Blick für Realitäten. Jedwedem Ressourcenverbrauch stehen auch Leistungen, Erträge und Nutzeffekte gegenüber. Diese und nur diese zu vergleichen wäre die Aufgabe von Ge- sundheitsökonomen und der Vertreter der medizinischen Wissenschaft. Noch so einsei- tig und ausschließlich auf die Kostendämpfung gerichtete Gutachtenaufträge und Selbstbeschränkungen von Beratungsgremien befinden sich in einer Schieflage. Öko- nomen müssen sich darauf beschränken, Pfade der ge- ringsten Mittelverwendung und, soweit ökonomisch meß- bar, Nutzeffekte aufzuzeigen.

Alles andere ist für eine Poli- tikberatung wenig brauchbar und öffnet der Rabulistik Tor und Tür! HC

Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 15 vom 9. April 1986 (1) 993

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