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Archiv "Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen: Unter der Last der „Gesundheitsreform“" (20.04.1989)

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AK U E PI IK

Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen

Unter der Last

der „Gesundheitsreform"

0), Vorsichtige Weiterbildung Aufgabenempfehlungen zum .Allgemeinarzt

Schon die Terminwahl für diese Konzertierte Aktion im Gesund- heitswesen war kompliziert. Immer wieder wurde die Veranstal- tung, die von Gesetzes wegen in jedem Frühjahr stattfinden muß, verschoben. Schließlich fand sie am 10. April statt. Die eigentliche .

Aufgabe, Empfehlungen zur Ausgabenentwicklung in der gesetzli- chen Krankenversicherung abzugeben, trat gegenüber der aktuel- len Lage („Gesundheits-Reformgesetz") in den Hintergrund.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

W

egen des Gesundheits- Reformgesetzes und dessen mutmaßlichen Auswirkungen sind die Empfehlungen, die die Konzertierte Aktion nach langen Bemühungen verabschiedete, materiell wenig aus- sagekräftig. Bis auf die sogenannte Ärzte-Empfehlung (die auf der nächsten Seite im Wortlaut doku- mentiert wird) enthalten sämtliche übrigen Erklärungen — zu den Berei- chen Zahnärzte, Krankenhaus, Heil- und Hilfsmittel, Arzneimittel — keine konkreten Daten für die Ausgaben- entwicklung im Jahre 1988/89. Und auch die Ärzteempfehlung stellt wie- der einmal lediglich Bekanntes fest, daß nämlich die von den Vertrags- partnern getroffenen Vereinbarun- gen fortgelten.

So weit die Auswirkungen des Gesundheits-Reformgesetzes auf die künftige Ausgabenentwicklung. Das Gesetz zeitigte freilich schon seine Wirkungen, als es noch gar nicht da war, als aber in Umrissen bekannt wurde, was auf Patienten, Ärzte so- wie alle übrigen Beteiligten des Ge- sundheitswesens zukommen würde.

Der Ankündigungseffekt des Ge- sundheits-Reformgesetzes hat sich in einzelnen Leistungsbereichen in eklatanten Ausgabensteigerungen („Blüm-Bauch") niedergeschlagen.

So sind die Ausgaben der gesetzli- chen Krankenversicherung für Heil- und Hilfsmittel 1988 um 11,6 Pro- zent und die Ausgaben für Arznei- mittel in der ambulanten Versorgung um 7,9 Prozent je Mitglied gestiegen.

Die Grundlohnsumme, jene magi- sche Zahl, um die die Konzertierte Aktion immer kreist, stieg hingegen nur um 3,3 Prozent. Sehr maßvoll an- gestiegen sind 1988 hingegen die Ausgaben für die stationäre Behand- lung ( + 3 Prozent gegenüber dem Vorjahr).

Auch bei dieser Konzertierten Aktion wurde wieder eingehend, aber letzten Endes ergebnislos, über die Grundlohnsummenorientierung debattiert. Die Bindung der Ausga- ben an eine solche Zahl, die dem Wachstumssektor Gesundheit, spe- ziell dem medizinischen Fortschritt, überhaupt nicht Rechnung trägt, wurde von den Leistungsträgern ein- mal mehr bemängelt. Das Ziel der

Beitragssatzstabilität, an dem der Bundesarbeitsminister nach wie vor stur festhält, wurde erneut in Frage gestellt, ohne freilich das Ziel ver- rücken zu können. Immerhin dringt, wie auch das Presseecho der Konzer- tierten Aktion andeutet, die Argu- mentation der Leistungsträger lang- sam in die Öffentlichkeit.

Kunstfehler:

Keine Übergangs- vorschriften

Die Umsetzung des Gesund- heits-Reformgesetzes beschäftigte die Konzertierte Aktion nachhaltig.

Vor allem dem Vorsitzenden, Bun- desarbeitsminister Dr. Norbert Blüm, lag es daran, zur Eile anzutrei- ben. Er muß sich allerdings vorhal- ten lassen, daß er selbst, das Bundes- arbeitsministerium und schließlich der Gesetzgeber für die meisten Pro- bleme, die das Gesundheits-Reform- gesetz in der Praxis zur Zeit macht, verantwortlich sind; schludrige Ge-

setzgebungsarbeit, juristisch nicht eindeutige Formulierungen und vor allem das gänzliche Fehlen von Übergangsvorschriften werden vor allem die Selbstverwaltungen der Krankenkassen wie der Leistungsträ- ger noch lange belasten und das tat- sächliche Wirksamwerden des Ge- setzes verzögern.

Kennzeichnend für die Lage ist eine Erklärung der Leistungsträger im Gesundheitswesen, die einen Tag vor der Konzertierten Aktion an die Presse ging: Anwendungsprobleme gebe es zum Beispiel für Regelungen zur Kostenerstattung, zu Festbeträ- gen, zu Richtgrößen, zur Wirtschaft- lichkeitsprüfung, zum Recht der er- mächtigten Krankenhausärzte und Krankenhauseinrichtungen, zur In- stallation von Großgeräten.

Die Leistungsträger kritisieren ferner „die neue Praxis des Bundes- ministeriums für Arbeit und Sozial- ordnung, den für die Rechtsanwen- dung Verantwortlichen durch ,Maul- korberlaß' andere Rechtsmeinungen zu verbieten". Gemeint ist hier ins- besondere der Versuch des Bundes- arbeitsministers, die Kassenärztliche Bundesvereinigung mittels Andro- hung eines Zwangsgeldes zu zwin- gen, eine dem Arbeitsminister pas- sende Rechtsauffassung in Sachen Zuzahlung zur Heilmittelabgabe in der Kassenpraxis abzugeben.

Trotz Einwänden und trotz der nach wie vor bestehenden Zweifel an den von Blüm erhofften Spareffek- ten — die Beteiligten und Betroffe- nen scheinen sich zusehends mit der nun einmal geschaffenen Gesetzesla- ge abzufinden. Der neue Erste Vor- sitzende der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung, Dr. Ulrich Oesing- Dt. Ärztebl. 86, Heft 16, 20. April 1989 (21) A-1097

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mann, versicherte — freilich einge- kleidet in einen Katalog von Monita

—, die Kassenärztliche Bundesverei- nigung werde „auch in ihrer neuen Besetzung konstruktiv an der Umset- zung des Gesundheits-Reformgeset- zes mitwirken". Schon im Vorfeld der Konzertierten Aktion hatte sich der Präsident der Bundesärztekam- mer, Dr. Karsten Vilmar, in ähnli- chem Sinne vor der Presse geäußert, was um so bemerkenswerter ist, als gerade Vilmar während des Gesetz- gebungsverfahrens zu den scharfen Kritikern des Gesetzesvorhabens ge- hörte. Und auch der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie gab sich wenige Tage vor der Konzertier- ten Aktion auffallend friedlich.

Der neue Tenor scheint allent- halben zu sein: man müsse das Beste aus dem Gesetz machen, was nicht bedeute, sich den Mund verbieten zu lassen.

Ungeklärte Fragen um die allgemeinmedizinische Weiterbildung

Die Konzertierte Aktion be- schäftigte sich schließlich mit dem innerärztlich seit drei Jahrzehnten heiß diskutierten Thema, der allge- meinmedizinischen Weiterbildung (hier als Zugangsvoraussetzung für Kassenärzte). Soll neben der Weiter- bildung zum Gebietsarzt (Facharzt) in Zukunft auch die kassenärztliche Tätigkeit auf dem Gebiet der Allge- meinmedizin von einer formalen Weiterbildung abhängig gemacht werden? Das Thema ist in der Ärzte- schaft seit langem unter dem Stich- wort Pflichtweiterbildung oder Wei- terbildungspflicht bekannt und um- stritten.

Der Bundesarbeitsminister hat unlängst seinerseits einen neuen Vorstoß unternommen, wobei er ge-

wiß auch Anregungen aus Kreisen der Kassenärzteschaft bis hin zum Vorstand der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung aufgegriffen hat. Mi- nister Blüm ventilierte kürzlich den Vorschlag, eine dreijährige Weiter- bildung auf dem Gebiet der Allge- meinmedizin als Zulassungsvoraus- setzung vorzuschreiben. Die Blüm- Idee hat sich auch in der „Ärzte- Empfehlung" der Konzertierten Ak- tion (Ziffer 3) niedergeschlagen.

Anlaß für den neuen Vorstoß ist die EG-Richtlinie Allgemeinmedi- zin. Die Bundesländer haben sich darauf geeinigt, daß die Vorschriften dieser Richtlinie mit der Arzt-im- Praktikum-Phase kompatibel sein sollen. Blüms Vorschlag zielt weiter;

und Blüm kommt damit auch Forde- rungen von Allgemeinarztvertretern entgegen, die schon seit langem eine abgeschlossene Weiterbildung für das Tätigwerden auf dem Gebiet der

Die „Ärzte-Empfehlung ••

"

1. Die Konzertierte Aktion im Gesund- heitswesen stellt fest, daß auf der Grundlage der Vereinbarungen der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung Vergütungsverträge geschlos- sen wurden, die den Anstieg der ärztlichen Ge- samtvergütung im Rahmen der Grundlohnent- wicklung gehalten und damit die Stabilisierung der Beitragssätze unterstützt haben. Gleichzei- tig wurde der Einheitliche Bewertungsmaßstab für die ärztlichen Leistungen vollständig über- arbeitet. Die Spitzenverbände der Krankenkas sen und die Kassenärztliche Bundesvereini- gung haben zu den Auswirkungen dieser Re- form am 21. Februar 1989 eine Gemeinsame Erklärung abgegeben.

2. Die Konzertierte Aktion im Gesund- heitswesen teilt die Auffassung der Partner die- ser Erklärung, daß ein Ziel der EBM-Reform, die Steuerung der Mengenentwicklung, nicht erreicht wurde. Die Konzertierte Aktion im Ge- sundheitswesen begrüßt, daß sich die Partner der Erklärung über Rahmenbedingungen und Maßnahmen verständigen wollen, die einer medizinisch nicht vertretbaren Mengenentwick- lung im ärztlichen Bereich entgegenwirken.

3. Die Konzertierte Aktion im Gesund- heitswesen vertritt nach wie vor die Auffas- sung, daß die Sicherung einer hohen fachli- chen Qualifikation des Hausarztes wesentliche Voraussetzung einer wirtschaftlichen Lei- stungserbringung ist. Um dieses Ziel zu errei- chen, bedarf es

a) einer Ausrichtung der Zugangskrite- rien zum Medizinstudium an den tatsächlich

vorhandenen Ausbildungskapazitäten, wobei auf die für die Ausbildung geeigneten Akutkran- kenbetten unter Berücksichtigung der Zumut- barkeit von Ausbildungsmaßnahmen für die Patienten abzustellen ist;

b) im Zusammenhang mit der Umset- zung der EG-Richtlinie „Allgemeinmedizin" als Zugangsvoraussetzung zur hausärztlichen Tä- tigkeit in der kassenärztlichen Versorgung einer Regelung, die den derzeitigen Qualitätsstan- dard der allgemeinmedizinischen Weiterbil- dung nicht gefährdet; ggf. muß eine inhaltliche Reform und Verkürzung des Medizinstudiums die Voraussetzungen dafür schaffen. Dabei soll die Gesamtzeit der Aus- und Weiterbildung acht Jahre nicht überschreiten;

c) der Sicherstellung ausreichender Wei- terbildungsmöglichkeiten an Krankenhäusern und bei niedergelassenen Ärzten für eine allge- meinmedizinische Weiterbildung.

4. Die Konzertierte Aktion im Gesund- heitswesen fordert die Kassenärztlichen Verei- nigungen und die Verbände der Krankenkassen auf, das Instrumentarium des Gesundheits-Re- formgesetzes für den Ausbau von Maßnahmen zur Qualitätssicherung und für die Gewährlei- stung einer ausreichenden Qualifikation des Arztes für bestimmte Untersuchungs- und Be- handlungsmethoden im Interesse einer be- darfsgerechten und damit wirtschaftlichen Lei- stungserbringung zu nutzen.

5. Die Konzertierte Aktion im Gesund- heitswesen fordert die Kassenärztlichen Verei- nigungen auf, durch geeignete Maßnahmen die Kooperation niedergelassener Ärzte auch mit

dem Ziel der gemeinsamen Nutzung medizi- nisch-technischer Geräte zu fördern.

6. Die Konzertierte Aktion im Gesund- heitswesen fordert die Kassenärztlichen Verei- nigungen und die Verbände der Krankenkassen auf, die Vorschriften des Gesundheits-Reform- gesetzes zur Wirtschaftlichkeitsprüfung und zur Transparenz zügig umzusetzen.

7. Die Konzertierte Aktion im Gesund- heitswesen geht davon aus, daß dem Grund- satz der Beitragssatzstabilität durch die Emp- fehlungsvereinbarung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 21. Februar 1989 Rechnung getragen wird. Auf der Grundlage dieser Vereinbarung empfiehlt die Konzertierte Aktion, die geltenden Vereinbarungen zur Er- mittlung und Anpassung der kassenärztlichen Gesamtvergütungen beziehungsweise der Ge- samthonorarzahlung der Ersatzkassen bis zum 31. Dezember 1989 beizubehalten.

Gesondert zu vergüten sind vom 1. Juli 1989 an die Leistungen der Prävention (Mutter- schaftsvorsorge und Krankheitsfrüherkennung) und die Zuschläge zum ambulanten Operieren.

Die Ausgangsbeträge für die Weiterentwicklung der Gesamtvergütungen sind entsprechend zu berichtigen. Die Konzertierte Aktion im Gesund- heitswesen erwartet, daß auch in den Vergü- tungsvereinbarungen für die Zeit vom 1. Januar 1990 an der gesetzliche Grundsatz der Bei- tragssatzstabilität beachtet wird. Die Vertrags- partner streben Vereinbarungen an, die die Er- sparnisse bei der Menge der veranlaßten Lei- stungen auch den Veranlassern zugute kom- men lassen. Sie werden die durch das Gesund- heits-Reformgesetz angestrebten Einsparpo-

tentiale zügig angehen. ❑

A-1098 (22) Dt. Ärztebl. 86, Heft 16, 20. April 1989

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Allgemeinmedizin fordern. Zur Zeit beträgt die Weiterbildungszeit laut Weiterbildungsordnung vier Jahre.

Die AiP-Zeit kann, soweit sie ein- schlägig verbracht wird, anerkannt werden. Der Drang zur allgemein- medizinischen Weiterbildung in die- sem Sinne ist freilich nicht gewaltig.

Die meisten Ärzte, die sich allge- meinmedizinisch betätigen, tun das als praktische Ärzte. Dafür gibt es keinen geregelten Weiterbildungs- gang.

Angeblich hat die neue Bundes- gesundheitsministerin, Prof. Dr. Ur- sula Lehr, ein gewisses Verständnis für Blüms Anliegen signalisiert. Ge- naues weiß man aber noch nicht. Der Vorstand der Bundesärztekammer beschäftigte sich am 7. April mit der Frage und kam zu dem Ergebnis, Blüm um genauere Auskunft zu bit- ten. In einem Pressegespräch im An- schluß an die Konzertierte Aktion ließ Bundesärztekammer-Präsident Dr. Vilmar durchblicken, daß die Bundesärztekammer sich dann mit der Blüm-Idee anfreunden könne, wenn die dreijährige Weiterbildung mit einer Verkürzung des Medizin- studiums verbunden werde. Konkre- ter: Wenn es gelingt, das Medizinstu- dium auf 5 Jahre zusammenzudrän- gen, dann kann es akzeptabel sein, eine (mindestens) dreijährige Wei- terbildung aufzustocken. Bisher frei- lich wurde vom Bundesgesundheits- ministerium, aber auch von den me- dizinischen Fakultäten, immer dar- auf verwiesen, ein sechsjähriges Stu- dium sei nötig, um die EG-Vor- schrift erfüllen zu können, die von einer Ausbildung von mindestens 5500 Stunden ausgeht. Im europä- ischen Ausland können diese 5500 Stunden freilich in fünf Jahren ab- solviert werden. Das liegt unter an- derem daran, daß dort das Studium nicht nach Semestern, sondern nach Studienjahren organisiert ist.

Das Bundesgesundheitsministe- rium wird also zunächst zu klären ha- ben, ob das Medizinstudium verkürzt und neu organisiert werden kann.

Erst dann sind Überlegungen sinn- voll, den Weiterbildungsgang in All- gemeinmedizin (und in dessen Ge- folge möglicherweise auch weitere Weiterbildungsgänge) neu zu struk- turieren und zu verkürzen. Bei all

dem sind sehr komplizierte Rechts- fragen angesprochen. So liegt das Ausbildungsrecht in Bundeskompe- tenz, das Weiterbildungsrecht in Länderzuständigkeit. Die Ausfül- lung des Weiterbildungsrechts wie- derum ist Sache der Landesärzte- kammern. Die wiederum richten sich nach Empfehlungen der Deutschen Ärztetage.

Sollte Blüm sein Vorhaben auch unabhängig von einer Studienzeit-

Der Exekutiv-Ausschuß des Psychiatrischen Weltverbandes (World Psychiatric Association — WPA) hat Ende März in Madrid vor- geschlagen, die sowjetischen Psych- iater wieder aufzunehmen. Der Be- schluß gilt auch für die Psychiater- Verbände in der Tschechoslowakei und Bulgarien, die 1983 zusammen mit dem sowjetischen Verband aus- getreten waren. Dieser war seiner- zeit ausgetreten, um einem drohen- den Ausschluß zuvorzukommen An- laß waren Ausschlußbemühungen verschiedener westlicher Psychiater- Organisationen, die dem politischen Mißbrauch der Psychiatrie in der So- wjetunion nicht mehr tatenlos zuse- hen wollten.

Das Exekutivkomitee der WPA hat nicht die endgültige Entschei- dungskompetenz; die Abstimmung findet im Oktober bei der General- versammlung in Athen statt. Dort wird es eine kontroverse Debatte ge- ben Zahlreiche Mitgliedsverbände sind der Meinung, man sollte erst einmal den Bericht der amerikani- schen Psychiater-Delegation abwar- ten, die in den letzten Wochen die Sowjetunion besucht hat (siehe Heft 13, „Nachrichten"). Die britischen Psychiater sind auch ohne diese „re- servatio" nicht überzeugt, daß die so- wjetische Psychiatrie einen Standard erreicht hätte, der die Wiederauf- nahme rechtfertige. Das mindeste sei, heißt es unter britischen Psychia- tern, daß die sowjetischen Kollegen nicht nur Übelstände abstellen, son- dern auch öffentlich zugeben, daß in der Vergangenheit Mißbrauch ge-

verkürzung verfolgen, so wird er ge- wiß nicht auf einen innerärztlichen Konsens bauen können.

Andererseits: Wenn der Blüm- Plan zugleich mit einer Ausbildungs- reform weiterverfolgt wird, dann wird man sich mit viel Geduld wapp- nen müssen. Bis der erste Arzt für Allgemeinmedizin neuen Stils seine Urkunde in der Hand hält, werden eher mehr als weniger denn zehn Jahre vergehen. NJ

trieben worden sei. Ähnliches ist aus den amerikanischen Verbänden zu hören.

Es scheint in der Tat unsinnig, daß die Führung der World Psychia- tric Association den Bericht ihrer amerikanischen Kollegen nicht ab- wartet. Aber da spielen Terminpro- bleme eine Rolle: Die eine Sitzung war lange geplant, das andere kommt dazwischen — daraus kann man nicht unbedingt einen Vorwurf machen.

Weiter: Man wirft dem (griechi- schen) Vorsitzenden der WPA vor, er sei allzu sowjetgläubig, und des- halb werden die Vorstandsaktionen überkritisch beobachtet. Das wich- tigste aber: Die sowjetische Psychia- trie hat in ihrer Abgeschlossenheit ihre eigene Lehre entwickelt. Sie weicht von dem, was wir im Westen als Standard kennen, weitgehend ab.

Darf man, kann man verlangen, daß in einem Zeitraum von etwa drei Jahren — das ist der Rhythmus der WPA-Tagungen — anerkannte Lehr- meinungen blitzartig von der Bühne verschwinden?

Auch die deutschen Psychiater haben sehr dezidierte und sehr kon- troverse Meinungen zu diesem Pro- blem. Sie stehen vor der sehr kritisch zu treffenden Überlegung, ob sie mit ihrer Stellungnahme den sowjeti- schen Kollegen — die ja bereit sind, sich von ihrer subjektiv wissenschaft- lich begründet erscheinenden Posi- tion zu entfernen — helfen oder scha- den würden; zum Nutzen oder zum Nachteil der sowjetischen Patien- ten . . . bt

Rehabilitation der Sowjet-Psychiatrie?

Dt. Ärztebl. 86, Heft 16, 20. April 1989 (23) A-1099

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