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Die Kassenärztliche Bundesvereini- gung (KBV) wird im Rahmen einer strategischen Kooperation in Zu- kunft mit der Rhön-Klinikum AG (RKA) zusammenarbeiten. „Uns geht es darum, eine wohnortnahe, flä- chendeckende medizinische Versor- gung und eine hohe Versorgungs- qualität zum Wohl der Patienten zu sichern. Uns ist klar, dass wir dabei gemeinsam neue Wege gehen müs- sen“, betonte der KBV-Vorstands- vorsitzende, Dr. med. Andreas Köh- ler. RKA-Vorstand Wolfgang Pföh- ler verwies darauf, dass angesichts der demografischen Entwicklung der Schlüssel zu einer hochwertigen Versorgung in einer engeren Zusam- menarbeit von ambulantem und sta- tionärem Bereich liege.
Möglich seien im Rahmen der Kooperation zahlreiche Varianten einer innovativen sektorenübergrei- fenden Versorgung, machten beide Vorstände klar. Konkrete Projekte gebe es aber noch nicht. „Wir wer- den unter anderem gezielt die Mög- lichkeiten des ambulanten Operie- rens oder der personellen Verzah- nung fördern“, sagte Köhler. Nicht nur den Patienten, sondern auch jun- gen Ärzten ist nach seinen Worten ein anhaltendes Gegeneinander von
ambulantem und klinischem Be- reich nicht mehr zu vermitteln.
Pföhler verwies darauf, dass das Rhön-Klinikum bereits seit dem Jahr 2004 Medizinische Versor- gungszentren an seinen Kliniken aufbaue. Im Rahmen der Koopera- tion will das Unternehmen seine Kenntnisse der ambulanten Versor- gung erweitern. Im Gegenzug könn- te die KBV von Rhöns Erfahrungen mit Weiter- und Fortbildungsange- boten gerade auch in ländlichen Re- gionen profitieren, ebenso von Pro-
jekten zur gemeinsamen Nutzung der medizinischen Infrastruktur oder Entwicklungen wie der elektroni- schen Patientenakte.
Köhler erklärte auf Nachfrage, möglicherweise würden derartige Kooperationen auch zu einer Lö- sung beim Streit um § 116 b SGB V führen. Die KBV hat unlängst den Gemeinsamen Bundesausschuss we- gen zweier Beschlüsse verklagt, mit denen Zugangsvoraussetzungen für die ambulante spezialisierte Klinik- behandlung fixiert werden. Rie KOOPERATION
KBV und Rhön wollen eng zusammenarbeiten
Bei der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen Ende Mai haben die gewähl- ten Vertreter der Vertragsärzte den Entwurf eines neuen Versorgungs- modells der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung (KBV) kritisiert. Es sieht vor, die ambulante Versorgung in fünf Versorgungsebenen einzutei- len (siehe DÄ, Heft 14/2008). Eine Zersplitterung der fachärztlichen Versorgung sei die Folge, die Finan- zierungsprobleme der ambulanten Versorgung würden aber nicht gelöst, kritisierte die Vertreterversammlung.
In einer Resolution mahnten die Delegierten zudem, dass der politi-
sche Wille der Selbstverwaltungs- gremien für das operative Geschäft der hauptamtlichen Vorstände wie- der mehr Verbindlichkeit bekom- men müsse. Die Einschränkung von Selbstverwaltungskompeten- zen durch den Gesetzgeber „hat bei den Mitgliedern der Kassenärztli- chen Vereinigungen zu Verdruss geführt“, heißt es dort. „Die Bereit- schaft, das System zu verlassen, nimmt deshalb stetig zu.“ Ende April hatten bereits die Delegierten der Vertreterversammlung der KV Westfalen-Lippe die Basisferne von Vorstandsentscheidungen kri-
tisiert. HK
Zahl der Woche
98
Prozent der Geburten finden im Krankenhaus statt.
DIE FÜNF EBENEN
Primärversorgung Wohnortnahe fachärztliche
Versorgung Spezialisierte fachärztliche krankenhausnahe Versorgung
Stationäre Grund- und Regelversorgung Stationäre spezialisierte
Versorgung HESSEN
Kassenärzte wollen mehr Selbstverwaltung
Foto:dpa
Ambulant und stationär bes- ser verzahnen:
KBV und Rhön- Klinikum AG haben eine stra- tegische Koope- ration vereinbart.
Kritik am neuen Versorgungs- modell:Der KBV- Entwurf stieß bei den Delegierten der KV Hessen nicht auf Gegenliebe.
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Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) hat eine Bilanz der Qualitätssicherung ambulanter Ko- loskopien nach 245 000 Untersu- chungen vorgelegt (siehe dazu die Originalarbeit im medizinisch-wis- senschaftlichen Teil dieser Ausga-
be). KV-Chef Dr. med. Axel Munte sieht in den umfangreichen Daten eine valide Basis für die Versor- gungsforschung und damit die große Chance, durch gezielte Maß- nahmen eine Erkrankung – wie in diesem Fall Darmkrebs – frühzeitig zu erkennen und Menschenleben zu retten. Konkret könnte in Bayern aufgrund der Erkenntnisse aus den
erhobenen Daten beispielsweise ein strukturiertes und gezieltes Einla- dungswesen etabliert werden.
Die von Gesundheitspolitikern und Vertretern der Krankenkassen oft geäußerte Befürchtung, mehr Qualität bedeute zugleich einen un- kalkulierbaren Kostenanstieg, hält Munte durch das bayerische Kolo- skopie-Projekt für widerlegt. Etwa acht Prozent der koloskopierenden Ärzte hätten wegen der Einführung verpflichtender Qualitätssicherungs- maßnahmen in den Jahren 2004 und 2005 diese Tätigkeit beendet, die Zahl der Koloskopien sei im selben Zeitraum jedoch annähernd gleich geblieben. Für Munte folgt daraus:
Leistungen vermehren sich nicht beliebig, sondern verlagern sich dorthin, wo die höchste Qualität ge- boten wird.
Hohe Anerkennung erhielten die bayerischen Koloskopie-Ergebnisse Munte zufolge auch beim Gastroen- terologenkongress in Washington/
USA. Auch im internationalen Ver- gleich könnten sich damit die erhobe- nen Datensätze aus der standardisier- ten elektronischen Dokumentation aller kurativen und präventiven Kolo- skopien in Bayern sehen lassen. JM
Bei der Fußballweltmeisterschaft 2006 war es der große Renner und hat seitdem einen festen Platz im deutschen Sprachgebrauch – Public Viewing. Auch bei der zurzeit lau- fenden Europameisterschaft (EM) werden Tausende Fans die Spiele vor einer der zahlreichen riesigen Leinwände verfolgen. Doch was ist
mit Patienten in Krankenhäusern?
Müssen sie darauf verzichten, an diesem Großereignis teilzunehmen?
Im Klinikum der Ludwig-Maximilians- Universität München in Großhadern ist dies zumindest nicht der Fall. Dort startete pünktlich zum Beginn der EM eine dem Public Viewing ähnliche Initiative, das Patient Viewing.
„Wir wollen den normalen Klinik- alltag durchbrechen und den Pati- enten Lebensfreude vermitteln“, sagt Serap Tari vom Verein Lebens- mut. Der Verein, der die psychoon- kologische Betreuung von Krebspa- tienten fördert, organisiert gemein- sam mit dem Klinikum für Patienten und deren Angehörige eine Übertra- gung aller Spiele auf einer Großlein- wand in Hörsaal III. Das Konzept hatte sich bereits bei der Weltmeis- terschaft bewährt, als die Spiele nicht nur von Patienten, sondern auch von Ärzten und Pflegepersonal verfolgt wurden, sofern der Arbeits- aufwand dies zuließ. „Der Hörsaal war immer gut besetzt, bei den Spielen der deutschen National- mannschaft gab es sogar Stehplät- ze – wie im Stadion“, berichtet Tari.
Der Übertragungsort hat zudem einen weiteren, medizinischen Vor- teil. Einer Studie von Wissenschaft- lern am Klinikum der Universität München zufolge steigt bei beson- ders aufregenden Spielen nämlich das Risiko, dass kardiale Notfälle auftreten, um das 2,7-Fache an.
Ärztliche Hilfe ist in diesen Fällen dann nicht fern.
RANDNOTIZ
Gisela Klinkhammer
Jubel in Hörsaal III
Zum 16. Juni 2008 führt das Deut- sche Ärzteblatt das Online-Einrei- chungs- und Begutachtungssystem
„Editorial Manager“ für medizi- nisch-wissenschaftliche Artikel ein.
Nach einer kurzen Registrierung können Autoren dann unter www.
editorialmanager.com/daeb in we- nigen, leicht verständlichen Schrit- ten Manuskripte einreichen und sich mit ihrem Benutzernamen und Pass- wort jederzeit über den Bearbei- tungsstand ihres Manuskriptes im Begutachtungsverfahren informie- ren. Hilfreiche Informationen, wie etwa die herunterladbaren Hinweise für Autoren, stehen dabei unmittel- bar zur Verfügung und vereinfachen die Einreichung.
Neben der besseren Übersicht für Autoren soll Editorial Manager auch die Dauer des Begutachtungsverfah- rens verkürzen. Gutachter können mithilfe des Onlinesystems unmit- telbar auf das betreffende Manu- skript zugreifen und ihre Bewertung direkt in das System eingeben.
Editorial Manager ist ausschließ- lich zur Einreichung medizinisch- wissenschaftlicher Artikel vorge- sehen. Gesundheits- und sozialpoli- tische Beiträge senden Sie bitte wei- terhin direkt an die Redaktion.
Die Autoren medizinisch-wissen- schaftlicher Artikel werden gebeten, künftig ausschließlich Editorial Ma- nager zur Einreichung von Manu- skripten zu verwenden. Ba MEDIZINISCH-WISSENSCHAFTLICHE ARTIKEL
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KOLOSKOPIEN
KV-Chef sieht Bayern auf dem richtigen Weg
Axel Munte, Vorsitzender des Vorstands der Kas- senärztlichen Ver- einigung Bayerns
Foto:KV Bayerns