• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "KASSENÄRZTE: Patienten hören" (06.07.1989)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "KASSENÄRZTE: Patienten hören" (06.07.1989)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

KASSENÄRZTE

Zu dem Leserbrief „Weiter- wurschteln" von Dr. Gernot Emin- ger in Heft 21/1989, der sich auf den Beitrag „Der ‚Altenberg' wird immer kleiner" in Heft 17/1989 be- zog:

Patienten hören

Gestatten Sie mir, meinem Unmut etwas Luft zu machen nach Lesen des Leserbriefs aus München über die altern- den Kollegen. Hat das DEUTSCHE ÄRZTE- BLATT wirklich berichtet, daß „bedauerlicherweise 6500 biologische Greise die Positionen für nachrückende jüngere Kollegen noch immer blockieren"? Man traut sei- nen Augen nicht beim Wei- terlesen: neuzeitliches Wis- sen sollte an erster Stelle ste- hen statt beruflicher Erfah- rung, welches beim Gros der Kollegen über 65 nicht mehr up to date sei, so daß diese begreifen müßten, daß sie ei- nem hohen Ziel signifikant im Wege stünden usw.

Zu diesem Brief, offenbar im voreingenommenen Zorn geschrieben, ließe sich viel sa- gen, kurz etwa folgendes:

Auch die Patienten, deren Versorgung dann qualitativ verbessert wäre, wenn der lie- be Gott verkehrsregelnd ein- griffe, sollten gehört werden!

Ich hatte während meiner kli- nischen Ambulanztätigkeit derartige Befragungen (aus anderen Gründen) durchge- führt. Fast einstimmig wurde die ärztliche Erfahrung ange- sichts einer zur Wahl gestell- ten Gelehrsamkeit bevorzugt, nur drei Ausnahmen sind mir erinnerlich, von zweien wur- den alte Ärzte abgelehnt, trotz Erfahrung (weil einmal ein Gutachten von so einem Herrn negativ abgegeben wurde, dann ein anderer den Patienten angeschrieen hät- te); eine Patientin nur hielt frisches Universitätswissen für besser . . .

Weiter aber: bekannt ist hinlänglich, daß Alte nur von Alten ausreichend verstanden werden können (zum Beispiel in gerontopsychiatrischer Li- teratur nachzulesen); daß die

Alten der Fortbildung nicht fernbleiben, in Konsiliarge- sprächen erstaunlich up to date sind; daß es doch gänz- lich unwichtig ist, ob jemand zum Beispiel die neueste Li- pid-Therapie im Kopf hat, die ja auch konsiliarisch erfahr- bar ist; daß bei psychothera- peutischer Zuwendung und psychosomatischer Betrach- tungsweise vom EBM so warm empfohlenes, neuzeit- liches Wissen gar nichts gilt, sondern nur ein gereiftes Le- ben und eigene Selbsterhel- lung im Laufe der Jahre.

Und schließlich ist es schon anmaßend, in einem Beruf, bei dem oft Lebensin- halt und Tätigkeit zusammen- fallen, ein Abdanken zu ver- langen oder gar ein himmli- sches Eingreifen, ohne Rück- sichtnahme und Kenntnis- nahme, daß es für viele einen Lebenssinn gibt, der im An- gerufensein durch die Not ei- nes Begegnenden liegt, wie von Gebsattel so vortrefflich sich ausdrückte.

Sollten die blockierten jüngeren Kollegen aber grol-

len, so mögen sie bedenken:

auch zu unserem Berufsbe- ginn gab es erhebliche Verzö- gerungen durch Krieg und Gefangenschaft und erbärm- liche Arbeitsbedingungen für die Nachkriegsjahre, doch hat da niemand nach dem Ge- setzgeber und dem lieben Gott gar gerufen.

Dr. med. Georg Lechte, Frankfurter Straße 35, 6050 Offenbach a. M.

Unverschämt

Der Kollege Eminger scheint von sich auf andere zu schließen. Er hat wahrschein- lich während seiner aktiven Arztzeit niemals medizini- sche Zeitschriften gelesen, an Fortbildungsveranstaltungen teilgenommen oder sich als Praktiker mit besonderen Heilmethoden beschäftigt.

Hätte er es nämlich getan, dann hätte er weder mit 65 seine Praxis aufgegeben, noch hätte er den geradezu unver- schämten Beitrag vom „Wei- terwurschteln der alten Her-

ren" ins Ärzteblatt einge- bracht. Woher weiß er über- haupt, daß „das Gros der über 65 Jahre alten Kollegen im Wissensstand keineswegs mehr up to date ist"?

Ich kenne eine ganze An- zahl Kollegen, die mit über 65 noch praktizieren, und weiß, daß sie in bezug auf das „neu- zeitliche Wissen" durchaus auf dem laufenden sind. Ich selbst habe zwar keine Praxis mehr, nachdem ich mit 72 meine Landpraxis in der DDR aufgegeben habe. Aber ich werde immer noch um Ur- laubsvertretungen gebeten, und als ich mal fragte, warum der Kollege denn keinen jun- gen (arbeitslosen) Arzt als Vertreter wolle, sagte er mir:

„Ach wissen Sie, die jungen Kollegen können ja keine ein- fache Gastritis diagnostizie- ren ohne Endoskopie und Röntgenuntersuchung!" Also scheint doch neben dem neu- zeitlichen Wissen auch die längere berufliche Erfahrung für die Qualität der ärztlichen Versorgung eine Rolle zu spielen. Man kann einem jun- gen Kollegen nachfühlen, daß er aus Sicherheitsgründen mehr Labor- und Apparate- diagnostik betreibt, als viel- leicht manchmal nötig wäre.

Den „intuitiven diagnosti- schen Blick" kriegt man eben erst nach langjähriger Erfah- rung, und deswegen werden die Alten eben doch noch ge- braucht.

Es wäre durchaus fragwür- dig für die Zukunft der prak- tischen Medizin, wenn man per Gesetz alle über 65jähri- gen Praktiker aus dem Ver- kehr zöge, wie Kollege Emin- ger es scheinbar ernsthaft wünscht.

Ich kann ihm jedenfalls einfach nicht glauben, daß er seine Praxis nur deswegen aufgegeben hat, weil er eine solche „Position für nachrük- kende jüngere Kollegen nicht blockieren" will, ich nehme viel eher an, daß er sich selbst als „biologischer Greis" fühlt, der seinen Aufgaben nicht mehr gewachsen ist.

Dr. Hellmut Grell, Stu- benrauchstr. 25, 1000 Berlin 37

ÄRZTETAG

Zu den Entschließungen des 92. Deutschen Ärztetages über

„Einsatz von Ärzten/innen in Ent- wicklungsländern" in Heft 20/1989:

Möglicherweise langfristig fatal

. . . Zunächst erstaunt es, daß unter dem Themen- schwerpunkt „Arbeitsmarkt- situation" der Einsatz deut- scher Ärzte in Ländern der sogenannten Dritten Welt propagiert wird.

Sollen beispielsweise in Afrika (post-)AiP-Arzte Er- fahrung sammeln dürfen?

Werden ihnen die dort ge- sammelten Erfahrungen hier anerkannt?

Wie sollen die betreffen- den Ärzte hier auf ihre Arbeit dort vorbereitet werden?

Über welche kompetenten Ausbildungsstätten — ver- gleichbar etwa den Londoner oder Liverpooler Instituten für Tropenkrankheiten — ver- fügt die Bundesrepublik Deutschland?

Was werden hier ausgebil- dete stark technik-orientierte Jungärzte in einem Land an- fangen, dessen Gesundheits- budget pro Jahr und Kopf im allgemeinen eine DM nur un- wesentlich überschreitet?

Werden sie versuchen — wie das bereits vielfach geschieht

—, mit Ärztemustern zu thera- pieren? Wurden sie im Ver- lauf ihres Studiums mit dem Gedanken der Prävention nicht nur marginal vertraut gemacht?

Kurzum, ist die deutsche Ausbildung für Mediziner nicht völlig ungeeignet für Verhältnisse, wie sie uns hier nur ansatzweise vorstellbar sind?

Ist es nicht möglicherweise sogar langfristig fatal, einen derartigen Export „deutscher Medizinkultur" zu betreiben?

(Denn nichts anderes ge- schieht ja ebenso unvermeid- lich, wenn vielleicht auch un- beabsichtigt) .. .

Hanns-Eckart Blauert, Seebachstraße 5, 6230 Frank- furt 80

A-1968 (8) Dt. Ärztebi. 86, Heft 27, 6. Juli 1989

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Lassen Sie mich aber auch ganz offen sagen: Es darf nicht unberück- sichtigt bleiben, daß die für die me- dizinische Versorgung notwendigen Ressourcen letztlich im Wirtschafts-

Ärzte, die sich für eine Tätig- keit als „Telefon-Doktor“ interessie- ren, können sich wenden an: Kas- senärztliche Vereinigung Saarland, Frau Lesch, Tel 06 81/4 00 32 50. Mit

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), Düsseldorf, reagierte prompt, als Ende Oktober der Abschlußbericht zweier Untersuchungen über "Um- fang von

Die neu geschaffene Mög- lichkeit, einen Arzt oder eine Ärztin der gleichen Fachrich- tung im überversorgten Pla- nungsbereich als Partner in die Praxis aufzunehmen (sie- he auch

Entwickeln zu Lebensraummosaik aus LRT 91E0* und 6431: Auewälder mit Erle, Esche, Weide und Feuchte Hochstaudenfluren, planar bis montan). Wiederherstellung des LRT 6510

Ich glaube eher, dass es sich um den altbekann- ten Trick handelt, Kandidaten, die aus vielerlei Gründen nicht oder nicht mehr gewählt wer- den und damit im abgeschlagenen Feld

Dyssom- nien kennzeichnen sich da- durch, dass die Dauer, Quali- tät sowie der Eintrittszeitpunkt des Schlafes verschoben sind, während Parasomnien mit Phänomenen wie Albträumen

Eine schwedische Forschergruppe hat sich daher dieser Problematik angenommen und ver- schiedene Merkmal-Cluster geschaf- fen, nach denen es möglich sein könnte, in Zukunft