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Archiv "Kommentar: Eine Schieflage" (29.06.2012)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 26

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29. Juni 2012 A 1381

KOMMENT A R

Die ausufernde Ver- waltung im deut- schen Gesundheits- system muss refor- miert werden (DÄ 15/2012: „Gesund- heitssystem: Hoch- gerüstete Verwaltungen“ von Frank Grünwald).

Eine Schieflage

. . . Prof. Grünwald hat in seinem Kommentar nur kurz aufgeführt, wofür heute mindestens die Hälfte der Versicherungsbeiträge ungefragt

„abgezweigt“ wird und dann im Fall der Krankheit des Versiche- rungsnehmers eben nicht mehr zur Verfügung steht. Was zu einer (in- zwischen vor allem für allgemein- versicherte Patienten deutlich spür- baren) Verknappung der medizini- schen Versorgung geführt hat.

Wenn ein derart großer Teil der Versicherungsbeiträge für Verwal- tung, Kontrollinstanzen, verschie- denste Gremien, Werbung und an- dere „Sekundärleistungen“ abfließt, ist bereits jetzt eine nicht zu tolerie- rende Schieflage erreicht, die leider noch nicht ausreichend ins Be- wusstsein der Betroffenen geraten ist . . .

Jenseits der enormen Summen, die die Bürokratie verschlingt, ist die Berufsunzufriedenheit der Ärzte zum großen Teil auf die überbor- dende (berufsferne) Verwaltungstä- tigkeit zurückzuführen. Viele gut ausgebildete Ärzte kehren Deutsch- land (häufig für immer) den Rü- cken zu, um wieder vorwiegend in ihrer Kernkompetenz als Arzt tätig werden zu können. Dazu gehört auch, dass die Individualität des Pa- tienten mit seiner Erkrankung im Zentrum der Bemühungen steht und nicht ICD-10, DRGs, EbM und

EBM, in die der Patient gepresst werden muss. Zu all dem kommt ein Qualitätsmanagement, das Res- sourcen bindet, Verantwortlichkei- ten in unüberschaubar kleine Par- zellen stückelt und doch den menschlichen Fehler nie ausrotten kann . . .

Wer, wenn nicht die direkt am Pa- tienten tätigen Ärzte, Pflegekräfte

O

D w s s m 1 h gerüstete Verwaltun

Briefe, die die Redaktion per E-Mail erreichen, werden aufmerksam gelesen. Sie können jedoch nur veröffent- licht werden, wenn sie ausdrücklich als „Leserbrief“ be- zeichnet sind. Voraussetzung ist ferner die vollständige Anschrift des Verfassers (nicht nur die E-Mail-Adresse).

Die Redaktion behält sich ohne weitere Mitteilung vor, E-Mail-Nachrichten, die als Leserbrief erscheinen sollen,

zu kürzen.

E-MAIL

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oder Physiotherapeuten, sollte die Stimme erheben und auf den ge- fährlichen Missstand aufmerksam machen? Von den Institutionen, die sich sekundär aus dem Topf der Versichertenbeiträge bedienen, ist dies wohl kaum zu erwarten . . .

Dr. med. Hanne Leggemann, CH-4900 Langenthal

Zu kurz gesprungen

Eine Beschreibung der Symptoma- tik einer Erkrankung, ohne auch nur die geringsten Anstalten zu ma- chen, sich mit der Ätiologie und Pathogenese zu befassen, ist nicht nur in der Medizin eine problemati- sche Vorgehensweise. Und so bleibt der Kommentar von Grünwald ei- ne, noch dazu inhaltlich teilweise falsche, rein phänomenologische Veranstaltung.

Falsch deswegen, weil beispiels- weise der MDK Bayern seit Jahren sein Budget in Absprache mit den gesetzlichen Krankenkassen konti- nuierlich reduziert hat. Dass also diese Kosten eine „zunehmende Rolle“ spielen würden, ist schlicht Unfug.

Die Frage, warum der Verwaltungs- aufwand im Gesundheitswesen so hoch ist, ist in erster Linie so zu be- antworten: Sobald ein Bereich wie die Medizin dem ungehemmten Profitstreben von Leistungsanbie- tern ausgeliefert wird, muss selbst- verständlich auch erheblich höherer Aufwand für Kontrollen betrieben werden . . .

Die logische Schlussfolgerung aus der von Grünwald beklagten Situa- tion wäre simpel: Statt Deregulie- rung und Privatisierung des Medi- zinbetriebs das Gegenteil vorzu- nehmen, nämlich Entprivatisierung des gesamten Sektors nach dem Grundsatz, dass Gesundheitsversor-

gung keine Ware ist, sondern eine öffentliche Aufgabe, die nach dem Solidarprinzip wahrgenommen werden und allen Bürgern unbe- schadet ihrer sozialen Stellung gleich gut, gleich schnell und gleich effektiv zugutekommen muss.

Wer das nicht will, der sollte sich über zu viel Bürokratie dann aller- dings nicht beschweren.

Dr. med. Klaus Engert, 84359 Simbach am Inn

Brisante Frage

. . . Bei knapper werdenden Res- sourcen für das eigene Handeln rückt die Frage immer mehr ins Be- wusstsein, wie eigentlich die Ver- waltungen im Gesundheitssystem arbeiten und welche Möglichkeiten zur Ressourcenschonung sie nut- zen.

In Bezug auf die ärztliche Selbst- verwaltung ist die Frage ihrer Wirt- schaftlichkeit besonders wichtig und auch „brisant“, da eine Ökono- misierung ihrer Strukturen nicht

„umsonst“ zu haben ist und immer auch „schmerzliche“ Folgen haben wird. Auf der anderen Seite ist das Privileg einer Selbstverwaltung aber kein garantierter Besitzstand, der vor äußerer Einflussnahme ge- schützt wäre. Es besteht ein wirksa- mer Zusammenhang zwischen bei- den Gegebenheiten, und diese Ein- sicht hat weitreichende Bedeutung für die Zukunft des Gesundheits- systems und die Frage, wie „wir“

uns darin wiederfinden. Mit seinem Artikel „Hochgerüstete Verwaltun- gen“ stärkt Herr Prof. Grünwald das entstehende Bewusstsein für die Bedeutung von Verwaltungs- ökonomie für die heutige und künftige ärztliche Berufsausübung.

Dr. med. Kay Morawietz, 32257 Bünde

Die Redaktion veröffentlicht keine ihr anonym zugehenden Zuschriften, auch keine Briefe mit fingierten Adressen. Alle Leserbriefe werden vielmehr mit vol- lem Namen und Ortsangabe gebracht. Nur in besonderen Fällen können Briefe ohne Namensnennung publiziert werden – aber nur dann, wenn der Redaktion

bekannt ist, wer geschrieben hat.

ANONYM

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