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Archiv "Streit um Paragraph 218: Front läuft quer durch das Regierungslager" (25.03.1983)

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Bericht und Meinung NACHRICHTEN

Streit um Paragraph 218:

Front läuft quer durch das Regierungslager

Ob die gesetzlichen Krankenkas- sen auch weiterhin Schwanger- schaftsabbrüche bei sozialer Indi- kation finanzieren müssen? Der jüngste Kampf um die Gunst der Wählerstimmen zum neuen Bun- destag hat nicht gerade zur Klä- rung dieser Frage beigetragen.

Dennoch zeichnen sich — angesta- chelt auch durch die steten Vor- würfe der Deutschen Gesellschaft für Sexualberatung und Familien- planung e. V. „pro familia" zum Thema „Schwangerschaftstouris- mus" — neue Frontlinien ab.

„Pro familia" hatte den unions- regierten Ländern — mit Ausnah- me von Schleswig-Holstein und Berlin — vorgeworfen, sie blok- kierten die Genehmigung ambu- lanter Schwangerschaftsabbrü- che. Schwangere müßten deshalb unter erheblichem Kostenaufwand den Abbruch in Hessen, Nordrhein- Westfalen oder Schleswig-Holstein vornehmen lassen.

Diesmal verläuft die Front nicht zwischen den Lagern Regierung und Opposition, sondern geht quer durch die Regierungsreihen.

Aus dem zuständigen Bundesfa- milienministerium wird verkündet, die neue Bundesregierung plane keine Änderung des Paragraphen 218. Die jetzige Regelung sei mit den Stimmen der überwiegenden Mehrheit der CDU/CSU-Bundes- tagsfraktion verabschiedet wor- den. Die „überwiegende Mehr- heit" heißt aber auf der anderen Seite: Bislang haben schon 18 Ab- geordnete im Bundestag einen Gruppenantrag auf Entlastung der Krankenkassen von den Schwan- gerschaftskosten bei sozialer Indi- kation gestellt. Etwas verschwom- mener klingen die Wahlkampfaus- sagen vom Bundeskanzler zu die- sem Thema: Er sei sicher, daß man in den anstehenden Koalitionsver- handlungen „zu einem vernünfti- gen Ergebnis" kommen werde.

Laut „Deutschland Magazin" be- kundete er allerdings Verständnis

dafür, daß engagierte Christen empört seien, Schwangerschafts- abbrüche aus sozialer Indikation über den Krankenkassenbeitrag mitfinanzieren zu müssen.

Die Meinung des Koalitionspart- ners hingegen läßt keine Zweifel offen: Ein klares Nein zu den Än- derungswünschen der Gegner der Krankenkassenfinanzierung. Beim Streit um die Beihilferegelung im Beamtenrecht ist es sogar schon zur unverhüllten Auseinanderset- zung zwischen dem Bundes-Ju- stizministerium (F.D.P.) und dem CSU-regierten Bundes-Innenmini- sterium gekommen. Justizminister Engelhard warnt davor, bei der Neuordnung der Beihilfevorschrift die Kostenerstattung für Beamtin- nen und Ehefrauen von Beamten im Fall sozialindizierter Schwan- gerschaftsabbrüche zu streichen.

Dadurch würde ein „Zweiklassen- recht" geschaffen.

Die SPD hält zwar nichts von die- ser „verbalen Kraftmeierei" — so SPD-Abgeordnete Dr. Herta Däub- ler-Gmelin — des Justizministers, da ihm die Rechtslage keine Hand- lungsvollmacht einräume, ist aber ansonsten mit ihrem früheren Koalitionspartner darüber einig, daß die Krankenkassen auch wei- terhin für die soziale Indikation aufkommen solle.

Nach Ansicht von Bundesfamilien- minister Heiner Geißler muß jetzt erst einmal geklärt werden, ob Schwangerschaftsabbrüche von den gesetzlichen Krankenkassen überhaupt finanziert werden dür- fen. Dazu sei der Urteilsspruch aus Karlsruhe über die Klage einer katholischen Krankenversicherten abzuwarten. Sie hatte dagegen protestiert, mit ihren Beitragszah- lungen über die Solidargemein- schaft Schwangerschaftsabbrü- che finanzieren zu müssen, was sie mit ihrer christlichen Einstel- lung nicht vereinbaren könne. An den Richterspruch werde sich die Bundesregierung halten, sagt Geißler. Schon jetzt hat aber der Vorsitzende der CSU-Landesgrup- pe im Bundestag, Waigel, verlau-

ten lassen, die CSU werde sich auf jeden Fall dafür einsetzen, daß die Kosten bei sozialer Indikation künftig nicht mehr von den Kran- kenkassen bezahlt werden. Unab- hängig vom Spruch des Bundes- verfassungsgerichts und den Än- derungswünschen der einzelnen Gruppierungen am Paragraph 218 steckt Geißler aber noch in einem besonderen Dilemma: Im Sinne aktiver Familienpolitik möchte er einerseits durch „öffentliche Be- gleitmaßnahmen", sprich ver- stärktes Beratungsangebot für Schwangere in Notlage, die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche einschränken. Auf der anderen Seite fehlen ihm dazu die Finanz- mittel, und er läßt es vorerst bei Optionen auf die Zukunft. Alles in allem: Ein großes Verwirrspiel. Ob sich jetzt, nach der Bundestags- wahl, am Ende wirklich was ändert in Sachen Paragraph 218? ck

Arzneimittelthemen beim Wehrmedizinischen Beirat

Die 24. Vollversammlung des Bei- rats für das Sanitäts- und Gesund- heitswesen beim Bundesminister der Verteidigung, die im Februar unter Leitung des Inspekteurs des Sanitäts- und Gesundheitswesens, Generaloberstabsarzt Dr. Hansjoa- chim Linde, tagte, beriet unter anderem über Ausschußempfeh- lungen zu neuen Erkenntnissen in der Suizidprävention, zur Herstel- lung von Notfalltherapeutika durch die Bundeswehrapotheken sowie zur medikamentösen Thera- pie des Schocks unter dem Ge- sichtspunkt der Arzneimittelbevor- ratung. Der seit 1963 bestehende Beirat setzt sich aus 45 Ärzten ver- schiedener Gebiete zusammen und soll wissenschaftliche Er- kenntnisse und fachliche Erfah- rungen für die Wehrmedizin nutz- bar machen. Sprecher des Beirats ist zur Zeit der Rechtsmediziner Professor Dr. Horst Leithoff, Mainz. An der diesjährigen Voll- versammlung des Beirats nahm Bundesverteidigungsminister Dr.

Manfred Wörner teil, WZ, Ausgabe A DEUTSCHES ARZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 12 vom 25. März 1983 25

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