DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
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ie in der DDR unter schwierigen Bedingungen arbeitenden Kolleginnen und Kollegen benötigen Unter- stützung. Es mangelt vor allem an vielen für die Behandlung notwendigen sächlichen Mitteln— etwa Artikeln des Sprechstun- denbedarfs, Op-Bestecken, In- fusionsgeräten, Arzneimitteln und medizintechnischen Appa- raten. Oft sind es Kleinigkeiten, die fehlen: Kanülen, Nahtmate- rial, Tupfer.
Hilfe muß den Polikliniken, Praxen und Krankenhäusern in der DDR unmittelbar, auf direk- tem Wege zur Verfügung ge- stellt werden, um wirksam zu sein. Die von der Bundesärzte- kammer ins Leben gerufene rechtsfähige „Hans-Neuffer- Stiftung" will nach Aufnahme von Kontakten mit den an den Gesundheitseinrichtungen in
DDR
Spendenaufruf der Neuffer-Stiftmg
der DDR tätigen Ärzten solche Hilfe leisten. Die Stiftung bittet alle Kolleginnen und Kollegen in der Bundesrepublik Deutsch- land um Spenden, um die Ver- sorgungslage in der DDR zu ver- bessern und um langwierige Be- schaffungvorgänge, die die Ärz- te in der DDR in ihrem Einsatz für die Patienten behindern, ver- meiden zu helfen. Eine Spende kann sowohl in einer Geldlei- stung als auch in Geräten und anderen medizinischen Artikeln bestehen.
Geldspenden erbittet die Hans-Neuffer-Stiftung auf das
hierfür eingerichtete Konto Nr.
0 201 786 970 (BLZ 370 606 15) bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank eG, Köln. Die Spenden sind steuerlich abzugs- fähig, Spender erhalten unver- züglich eine Spendenbescheini- gung. Sachspenden werden ver- mittelt: Die Hans-Neuffer-Stif- tung nimmt Kontakt mit Ärzten in der DDR auf und informiert den Spender, wohin Material und Gerät geliefert werden kön- nen.
Die Hans-Neuffer-Stiftung wird bei der Durchführung der Spendenaktion sehr eng mit den von der Bundesregierung einge- setzten Stellen des Deutschen Roten Kreuzes zusammenarbei- ten, um Fehlsteuerungen zu ver- meiden. Über die Verwendung der Spenden an die Hans-Neuf- fer-Stiftung wird im Deutschen Ärzteblatt berichtet. BÄK
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as werdende Leben hat Anspruch darauf, von der Gesellschaft geschützt zu werden — Schwangerschaftsab- brüche sollen aber nicht straf- rechtlich verfolgt werden. Mit dieser „Kompromißregelung"trägt das neue Grundsatzpro- gramm der SPD — das im Zuge der Euphorie über die deutsch- deutschen Entwicklungen vom ursprünglich vorgesehenen
„Bremer" zu einem „Berliner Programm" umfunktioniert wur- de — scheinbar der weitverbreite- ten Auffassung Rechnung, daß der Abtreibungsproblematik nicht mit Strafvorschriften bei- zukommen ist.
In Wirklichkeit ist die neue Formel ein mühsam erreichter Kompromiß zwischen kaum mit- einander vereinbaren Strömun- gen in der SPD. In etlichen An- trägen war gemäß sozialistischer Tradition schlichtweg die Streichung des Paragraphen 218 aus dem Strafgesetzbuch gefor- dert worden, was — wiederum scheinbar — der modernen For- derung entspricht, die Frau, und nur die Frau, solle und könne darüber bestimmen, was mit dem in ihr entstehenden neuen
SPD-Programm
Kompromiß zu aph218
Leben geschehen soll („mein Bauch gehört mir"). So ist auch in dem SPD-Kompromiß vom
„Selbstbestimmungsrecht" der Frau die Rede.
Gegen diese Formel läßt sich immer anführen, daß eine Frau, die sich beim Abbruch ih- rer Schwangerschaft darauf be- ruft, eben nur „Selbstbestim- mung" ausübt und ihre Mitver- antwortung für das ungeborene Leben zurückweist. So hieß es auch in der heftigen Parteitags- debatte, das Selbstbestimmungs- recht der Frau dürfe nicht schrankenlos gebraucht werden;
jene Selbstverantwortung müsse vielmehr eine umfassendere Ver- antwortung sein.
Dies entspricht ja auch dem, was — nach dem Scheitern der von der damaligen SPD/FDP- Koalition angestrebten Fristen-
regelung — mit der jetzigen Indi- kationslösung beabsichtigt ist:
die Frau soll sich beraten lassen über andere Möglichkeiten, wel- che die Gesellschaft für ihre Notlage organisiert hat, in einer Art „Mitverantwortung".
Es kommt also wieder ein- mal darauf an, wie man's auslegt
— und das ist bei diesem Problem fast immer so; man kann wohl die SPD kaum dafür schelten, daß sie nicht mehr zustandege- bracht habe. Denn selbst der Katholischen Kirche gelingt das nicht mehr: Für das „Fest der unschuldigen Kinder" am 28.
Dezember vergangenen Jahres gab es diesmal keine einheitliche Kanzel-Erklärung, und manche Bistümer stellten es den Ge- meinden frei, ob sie „zum Schutz des ungeborenen Lebens" die Glocken läuten wollten.
In einer Evangelischen Aka- demie beklagte kürzlich jemand, unsere Kinder seien zu „Streit- objekten in einer Welt juristi- scher Kampfhandlungen" ge- worden — traurig, aber wohl wahr. Und das beginnt lange vor der Geburt, die wohl weiterhin viele gar nicht erst erleben wer- den . . . gb
Dt. Ärztebl. 87, Heft 1/2, 8. Januar 1990 (1) A-1