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Archiv "PARAGRAPH 218: Leben ist leben" (06.08.1990)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

«WelFenterelfle,

TRAUERARBEIT

Zu dem Leserbrief „Pathologi- sche Kasuistik erläutern" von Dr.

Günter Hesse in Heft 27/1990:

Fatale Erinnerung

Von Thematik und Stil her ist es mir unbegreiflich, wie dieser Brief in diesem Blatt erscheinen konnte. Um den Verfasser vor weiterem Ver- fall in den Stürmer-Jargon zu bewahren, möchte ich daran erinnern, daß derartige Aus- fälle gegen „Pathisches" bei uns Älteren fatale Erinnerun- gen wachrufen: „der Paralyti- ker vom weißen Haus", der

„Whiskysäufer" und derglei- chen.

Der Verfasser wäre gut beraten, sich außer in Stalins Werken in unserer eigenen jüngeren Geschichte genauer umzusehen. Hic Rhodus —!

Dr. med. W. Herwig, Teichtor 47, 2305 Heikendorf

KASSENLEISTUNG Zur Aufnahme von Impfungen in den Leistungskatalog:

Übersteigt jegliches Augenmaß

Nun schlägt die Politik der Krankenkassen und der KVen wohl Kapriolen: Auf der einen Seite gibt es zum Teil sehr niedrig angesetzte Arzneimittelfestbeträge, bei physikalischer Therapie (Durchführung in der Praxis sowie auch Verordnung) muß man so sparsam sein wie ir- gend möglich, und alle ande- ren Leistungen sollten von uns Ärzten nahezu zum Null- tarif erbracht werden, auf der anderen Seite kommt dieser Tage ein Rundruf der KV — in diesem Fall Straubing in Nie- derbayern —, daß Impfungen für Fernreisen wie Malaria, Cholera, Gelbfieber und Ty- phus ab sofort Kassenleistung sind! Dies übersteigt nach meinem Begriff jegliches Au- genmaß.

Wer sich eine Fernreise um 10 000 DM leisten kann, den sollte man durchaus die dafür nötigen Impfungen aus

eigener Tasche bezahlen las- sen und nicht als Leistung der Solidargemeinschaft.

Ich frage mich, wann die vorbeugende Reiseapotheke gegen Durchfall und Insek- tenstich auch noch Kassenlei- stung wird und ebenfalls von der Solidargemeinschaft für einige Priviligierte, die sich derartige Reisen leisten kön- nen, bezahlt wird!

Dr. med. Jürgen Renker, Oberer Stadtplatz 17/11, 8360 Deggendorf

DDR

Plädoyer für die Polikliniken:

Trübes Bild

Zunächst möchte ich mich, auch im Namen meiner Frau (FA für Allgemeinmedi- zin, ich FA für Urologie), herzlich bedanken für die re- gelmäßige Zusendung Ihrer Zeitschrift! Sie ist uns eine wertvolle Hilfe, um Probleme

„hüben und drüben" besser verstehen zu können . . .

Angeregt zum Schreiben hat mich das außerordentlich trübe Bild, das über die Poli- kliniken verbreitet wird, ver- bunden mit der Forderung, diese nicht zu sanieren. Das hat dazu geführt, daß von all den großzügigen Hilfen fast nichts wirksam wurde für die Verbesserung der ambulan- ten Versorgung; ein Sonogra- phie-Gerät wäre zum Beispiel dringend.

Wir arbeiten in der hiesi- gen Bergarbeiterpoliklinik, wo in elf Fachrichtungen 16 Arzte je zur Hälfte bergbau- lich Versicherte und andere Versicherte zu deren Zufrie- denheit betreuen. Die be- schriebene Anonymität gibt es nicht, da die Patienten ih- ren Arzt bereits seit zehn bis 20 Jahren aufsuchen. Günstig ist es für den Patienten, daß er — wenn nötig — an einem Vormittag zwei bis drei Fach- ärzten vorgestellt werden kann, daß unter einem Dach auch Labor- und Röntgenun- tersuchungen durchgeführt werden können. Doppelun- tersuchungen werden vermie-

den durch eine gemeinsame Patientenkartei. Außerdem sind noch eine zahnärztliche Abteilung, eine Apotheke und eine Abteilung für Phy- siotherapie im gleichen Haus.

Da das Durchschnittsalter der Ärzte über 50 Jahren liegt (also kaum kreditwürdig!), könnte ich mir vorstellen, daß wir unsere Patienten in Zu- kunft entweder als angestellte Ärzte mit leistungsorientier- ter Bezahlung (einen solchen Vorschlag habe ich vor 15 Jahren an das Ministerium für Gesundheitswesen ge- macht, der ohne Echo blieb) oder als Ärzte einer Praxisge- meinschaft versorgen.

Rechtsträger der Einrichtung könnte dann die Knapp- schaftskasse oder das Land Sachsen sein, da unsere Pa- tienten nicht nur aus dem Kreis Aue kommen.

Dr. Ulrich Knabe, Guido- Lein-Straße 3, DDR-9400 Aue

PARAGRAPH 218

Zu dem Leserbrief „Statistik über alles" von Dr. Steiner in Heft 25/26/1990, der sich auf den Kurz- bericht „Für oder wider den Para- graphen 218" von Dr. Petrat in Heft 21/1990 bezog:

Leben ist leben

In der DDR gab es bis 1972 zwar keine Ausschüsse, jedoch Kommissionen, wel- che über die Abtreibung zu entscheiden hatten. Heute gelten andere Verbrämungen und andere Begründungen, die Abtreibung zu legalisie- ren. Ausschüsse, Kompeten- zen und hiermit verbundene Infragestellungen der Perso- nialitäten, Körperschaften und Verbände — all diese Pro- blemkreise entzünden die Gemüter.

Ich habe zwei Kinder zum familiären Wunsch. Beide ge- hen ihren guten Weg. Anson- sten brauchten meine Frau und ich keine Institutionalitä- ten zur Klärung unserer per- sönlichen Dinge.

Dies bedeutet nicht, in fast drei Jahrzehnten medizi- nischer Arbeit nicht nachge-

dacht zu haben, wie andere Menschen über solche Fra- gen denken.

Ich bitte jedoch um eine Nachfrage bei denjenigen, die der Frau zum „Recht" zu ver- helfen haben. Erst nach der Wende erfuhr ich, daß es auch in der DDR Kranken- häuser gab, welche keine Ab- treibungen als kostenlose Be- dienstung durchführten. Die Bezeichnungen dieser unärzt- lichen Tat als Unterbrechung ist schon sprachlich eine Ver- gewaltigung.

Entschuldigungen über unverträgliche medikamentö- se Verhütungsmethoden wa- ren für mich fragwürdig. Nun kommen die Disqualifikatio- nen der Verhüterli zur Spra- che. Was soll's? Das Leben ist leben.

Ein Arzt darf nach mei- nem Verständnis nicht durch trotzige und fordernde Zeit- genossen gezwungen sein, ein übles Operationsverfahren machen zu müssen. Mehr als Macherei ist wohl eine Ab- treibung im medizin-morali- schen Sinne nicht. Ein Arzt soll dem Leben zum Leben verhelfen und dies schützen.

Wer denkt von diesen De- monstranten gegen diesen Standpunkt? Es darf keinen Zwang auf Arzte geben, sol- chen Wünschen nachzukom- men. Der Arzt ist nicht weni- ger Mensch als die Fordern- den.

Med.-Rat Dr. Jochen Rich- ter, August-Bebel-Straße 35, DDR-7904 Elsterwerda

Verdrehte Argumente

Warum verdreht Herr Steiner demogogisch die Ar- gumente, und warum verbiegt er soziale Fakten? Warum stellt er alles auf den Begriff Töten ab? Sind medizinische Indikationen und soziale Härtefälle nach seiner Dikti- on nicht auch Tötung? Doch wohl! Aber gerade da, wo die Frau sich aus anderen als den oben genannten Gründen für einen Abbruch entscheidet, soll sie kriminalisiert werden!

Interessant wäre es festzu- stellen, in welchem Maße je- A-2354 (10) Dt. Ärztebl. 87, Heft 31/32, 6. August 1990

(2)

ne Männer, die so apodik- tisch auf der Bewahrung des

§ 218 bestehen, an der Ver- sorgung und Erziehung ihrer (oder der von ihnen gezeug- ten Kinder) teilnehmen.

Warum verschweigt man bei den Verfechtern des § 218 so beständig, daß nach der Schwangerschaft und Geburt noch eine „Kleinigkeit"

kommt: die Erziehung und Betreuung der Kinder?

Uns geht es doch eigent- lich nur um eines: In einer freien Gesellschaft soll sich die Frau grundsätzlich frei entscheiden können, ob und wann sie Kinder bekommt, um sie zusammen mit dem Partner zu versorgen und zu erziehen. Wenn die sozialen und gesellschaftlichen Bedin- gungen jedoch ungünstig sind, muß der Frau das Recht eingeräumt werden, in letzter Konsequenz auch abtreiben zu lassen. Aus der biologischen Tatsache heraus, daß die Frau die Kinder bekommt, wird ihr bis dato auch die Hauptlast der Folgejahre auf- gebürdet, die berufliche Ent- wicklung wird mindestens stark beeinträchtigt. Echte Gleichberechtigung kann doch nur heißen: Partner-

ZEITGEIST

Zu dem „Seite eins"-Beitrag

„Ethik und Randale" in Heft 25-26/1990:

Für Lebensrecht eintreten

In der Glosse „Ethik und Randale" wird vom „lautstar- ken Protest und von Krawal- len einiger Gruppen" gegen den Auftritt in Deutschland des Philosophen Peter Singer gesprochen. Warum sagen Sie nicht, daß es sich bei diesen Gruppen um Behinderte und um Personen handelt, die in der Behindertenarbeit tätig sind?

Sollen Menschen, die, wenn es nach Singer ginge, als Säuglinge möglicherweise ge- tötet worden wären, nur aka- demisch-respektvoll über sei- ne Thesen diskutieren?

Singers Hauptwerk „Prak- tische Ethik" enthält auf Sei-

schaft in der Ehe unter kin- derfreundlichen Bedingun- gen, die der Sozialbereich des Staates zu schaffen hat und die ihre sinnreiche Reflexion in der Arbeits- und Berufs- welt erfahren muß.

Sicher ist das ein hoher und teurer Anspruch, viel- leicht sehr teuer. Wenn das nun noch nicht realisierbar ist, muß der Frau die freie Ent- scheidung bleiben, damit sie nicht wieder oder sich immer noch im Nachteil befindet.

Es sei im Nachhinein noch einmal betont, daß selbstver- ständlich eine qualifizierte Aufklärung stattfinden muß, daß selbstverständlich der freie Zugang zu Verhütungs- mitteln gesichert sein muß.

Und gerade auf dem Gebiet der Kontrazeption, insbeson- dere auch der irreversiblen Kontrazeption haben wir noch ein weites Feld von Möglichkeiten, das verant- wortungsvollen Frauen und Männern unserer Gesell- schaft zum Nutzen sein könn- te, wenn die Möglichkeit ein- geräumt würde.

Dr. med. W. Ulbricht, Landambulatorium Könnern, Bahnhofstraße 7, DDR-4340 Könnern

te 188 der Reclam-Ausgabe den durchaus nicht aus dem Zusammenhang gerissenen, zusammenfassenden Satz:

„Der Kern der Sache ist frei- lich klar: die Tötung eines be- hinderten Säuglings ist nicht moralisch gleichbedeutend mit der Tötung einer Person.

Sehr oft ist sie überhaupt kein Unrecht."

Erwarten Sie, daß Betrof- fene und Engagierte nach sol- cher Lektüre über den Begriff der Person in der abendländi- schen Philosophie nachden- ken? Wieviel behinderte Menschen kennen Sie eigent- lich? Ich selbst bin als Arzt in einem Behindertenheim tätig und werde mit allen Kollegen und allen Mitarbeitern für das Lebensrecht behinderter Säuglinge eintreten, auch und insbesondere der Spina-Bifi- da-Kinder, die Singer ja vor allem meint. Das Deutsche

Ärzteblatt wendet sich gegen die, die lautstark gegen Sin- ger und seine Anhänger pro- testieren. Wieso wendet es sich nicht gegen den Verrat an der christlichen und huma- nistischen Tradition unserer Medizin? Es war der lautstar- ke Protest des Bischof von Galen und anderer mutiger Männer, der die Vernichtung lebensunwerten Lebens ein- dämmen konnte. Es ist noch nicht lange her.

Dr. med. Werner Klein, Heimarzt im Behinderten- heim, 7410 Reutlingen (Rap- pertshofen)

PHARMAKOLOGIE

Zu dem Beitrag „Situation und Perspektiven der klinischen Phar- makologie" von Prof. Dr. med. El- len Weber in Heft 8/1990:

Entscheidende Faktoren nicht genannt

Die jahrelangen engagier- ten Bemühungen von Frau Weber, die klinische Pharma- kologie zu einer unverzicht- baren, selbständigen Diszi- plin zu etablieren, auszubau- en und zu stabilisieren, ver- dienen nicht nur Respekt und Anerkennung, sondern volle Unterstützung. In ihrer Situa- tionsbeschreibung des Faches führt sie einige Gründe an, warum das angestrebte Ziel noch nicht erreicht werden konnte. Ich wage zu bezwei- feln, daß sie die tatsächlich entscheidenden Faktoren ge- nannt hat. Meine ergänzen- den Anmerkungen zu Frau Webers Analyse sind bewußt überspitzt, sicher auch zu ver- allgemeinernd formuliert und sollen ausdrücklich empörten Widerspruch provozieren.

Denn nur die offene und har- te Auseinandersetzung über die Ursachen der von Frau Weber zutreffend diagnosti- zierten Stagnation der klini- schen Pharmakologie in Deutschland kann das Fach aus der Sackgasse führen.

> Ich behaupte, die klini- sche Pharmakologie, wie sie in Deutschland betrieben wird, ist — von Ausnahmen

abgesehen — phantasielos und wissenschaftlich ohne „Pio- niergeist".

In einem Memorandum der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft wurde schon 1983, wie Frau Weber zitiert, der Hoffnung Ausdruck gegeben: „Die Kli- nische Pharmakologie sollte nicht, wie so vieles andere, dessen Wiege ebenfalls in der Bundesrepublik stand, zum

‚Importartikel' werden müs- sen." Kein Punkt im Artikel von Frau Weber erklärt, war- um sich diese Hoffnung nicht erfüllt hat, warum praktisch kein neues Arbeitsgebiet in Deutschland entstanden ist, das von der internationalen Wissenschaft aufgenommen wurde. Doch selbst bei we- sentlich bescheideneren An- sprüchen ist in den letzten Jahren von innovativen Im- pulsen des Faches wenig zu spüren gewesen. Ich bekenne ganz offen, daß ich mich selbst im Denken und Han- deln enorm umstellen mußte, um die klinische Pharmakolo- gie als eigenständige Diszi- plin glaubhaft machen zu können.

Als 1967 das Institut für Neuropsychopharmakologie gegründet wurde, kam mein klinischer Kollege Hippius mit der Frage zu mir, ob ich die speziell bei älteren Pa- tienten gelegentlich auftre- tenden Paradoxreaktionen auf Schlafmittel erklären kön- ne. Nicht nur, daß mir derar- tige Probleme bisher nicht be- wußt waren, mit meiner Aus- bildung war ich auf ihre Be- antwortung auch nicht vorbe- reitet. Ich fand diese und ähnliche Herausforderungen aber wissenschaftlich so inter- essant, daß als Konsequenz ein Schwerpunkt des Instituts die „Biologie des Alterns"

wurde. 1980 und 1986 haben Schulze und ich in mehreren Übersichten über die theore- tischen Grundlagen der Be- sonderheiten einer Pharma- kotherapie im Alter publi- ziert. Die dazu ausgewertete Originalliteratur ergab eine verschwindend kleine Zahl aus Deutschland stammender Beiträge, so als ob die vielfäl- A-2356 (12) Dt. Ärztebl. 87, Heft 31/32, 6. August 1990

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