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Archiv "Bundesregierung versucht, die Krankenversicherungen „reich zu rechnen“" (16.07.1982)

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Die Information:

Bericht und Meinung Bonner „Eckwerte"

Der Sache nach wird es selbstver- ständlich ein drittes „Kostendämp- fungs"-Gesetz geben, wenn auch unter anderem Namen. Denn erin- nern wir noch einmal daran: Auch die beiden vorangegangenen „Ko- stendämpfungsgesetze" dienten zum wenigsten der Dämpfung der Kosten, die die Krankenversiche- rung selbst zu verantworten hatte, vielmehr der Finanzierung fremder, ihr zugeschobener Lasten. In dem jetzt zu erwartenden dritten Geset- zespaket könnten über die Kabi- nettsbeschlüsse hinaus eine Reihe von Überraschungen verpackt wer- den. Denn auch das haben die bei- den früheren „Kostendämpfungs- gesetze" gezeigt: Das Bundesar- beitsministerium versucht jede Ge- legenheitzu nutzen, in Gesetzespa- kete strukturverändernde Maßnah- men, an denen ihm liegt, einzu- schmuggeln. Ärzte, die womöglich glaubten, nach den Kabinettsbe- schlüssen vom 30. Juni erleichtert aufatmen zu können, sollten also damit noch ein wenig warten. Der Vorwurf, die Ärzte kämen, obwohl doch „Besserverdiener", zu gut weg, könnte bei der Gesetzesvor- bereitung wieder aufgewärmt wer- den.

Ein Siruktureingriff ist mit den Ka- binettsbeschlüssen im übrigen schon vorprogrammiert, der kas- senartenübergreifende Finanzaus- gleich: Denn Ortskrankenkassen und Ersatzkassen werden sehr un- gleich mit den zusätzlichen 1,3 Milliarden DM belastet. Und dage- gen wird doch etwas unternom- men werden, oder? Vorläufig lei- stet die FDP, im Verein mit den Ersatzkassen, freilich noch Wider- stand.

Im nebenstehenden Beitrag wer- den die finanzpolitischen Be- schlüsse im einzelnen dargestellt.

Aus der Zusammenstellung geht ganz klar hervor, daß die Bundes- regierung den eigenen Haushalt und die Haushalte der von ihr ge- setzlich zu beeinflussenden So- zialversicherungszweige als einen Komplex ansieht — Selbstverwal- tung in der Sozialversicherung hin oder her. NJ

Die Bonner Koalition von SPD und FDP ist nicht an den finanzpoliti- schen Entscheidungen für das Jahr 1983 gescheitert. Der Bruch des Regierungsbündnisses konn- te aber nur knapp vermieden wer- den. Erst nach tage- und nächte- langen Verhandlungen war es Bundeskanzler Schmidt möglich, eine Kompromißformel zu präsen- tieren, die von den Koalitions- fraktionen gegen die Stimmen weniger Abgeordneter gebilligt wurde.

Am Ende spitzte sich die Entschei- dung auf die Frage zu, ob den Ver- sicherten bei der Krankenhausbe- handlung eine Selbstbeteiligung zugemutet werden kann, was die Freien Demokraten verlangten, und ob eine Verständigung über die Einschränkung des Ehegatten- Splittings zu erzielen war, was von der SPD gefordert und von einigen Freidemokraten befürwortet wur- de. So wurde dann beides be- schlossen, nämlich eine Selbstbe- teiligung von 5 DM während der ersten sieben Tage einer stationä- ren Behandlung und die Begren- zung des Splitting-Vorteils auf 10 000 DM im Jahr.

Damit wurde der kleinste gemein- same Nenner der Koalition er- reicht. Die nächste Krise kommt jedoch bestimmt.

Der FDP stehen schwere Zeiten bevor. Ihr politischer Spielraum ist geringer geworden. Die letzten Wahlen haben gezeigt, daß sie ih- re Rolle als Mehrheitsbeschaffer für eine der beiden großen Partei-

en zu verlieren droht. In Hamburg geht die SPD auf die „Grünen" zu, die auf -dem Sprung sind, die FDP als die dritte politische Kraft abzu- lösen. Auf diese Veränderung der politischen Landschaft hat die FDP noch nicht zu reagieren ver- mocht. Sie wird dem nicht auswei- chen können, wenn sie überleben will.

Eine nüchterne Analyse der politi- schen und ökonomischen Fakten wird kaum zu einem anderen Er- gebnis führen können. Zu einer solchen Bestandsaufnahme gehö- ren auch die jüngsten finanzpoliti- schen Beschlüsse, die sich wie folgt zusammenfassen lassen:

1. Die wirtschaftlichen Grunddaten

Grundlage der Kabinettsbeschlüs- se ist die Annahme, daß das So- zialprodukt in diesem Jahr real um 1 bis 1,5 Prozent und 1983 real um 3 Prozent wachsen wird. Auf die- ser Basis sind die Steuereinnah- men und die zu erwartenden Ar- beitslosenzahlen geschätzt wor- den. Bleibt die Entwicklung hinter diesen Erwartungen zurück, so werden sowohl mit Blick auf den Bundeshaushalt als auch mit Blick auf die Sozialversicherung neue Konsolidierungsbeschlüsse fällig, die abermals zu schweren Span- nungen in der Koalition führen müßten. Die Annahmen, die die Bundesregierung dem Haushalt zugrunde gelegt hat, liegen nicht außerhalb des Bereichs der mögli- chen Entwicklung; aber sie sind doch recht optimistisch. Sie bela-

Bundesregierung versucht, die Krankenversicherungen

„reich zu rechnen"

Die jüngsten finanzpolitischen Beschlüsse

Erneut Verschiebungen zwischen den Sozialversicherungszweigen

22 Heft 28 vom 16. Juli 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe B

(2)

Muschallik an Genseher: Bedrohung abwenden

Aus einem Fernschreiben, das der Vorsitzende der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Hans Wolf Muschallik, vor der Kabinettsbeschlußtagung am 26. Juni an den Vorsitzen- den der FDP, Hans-Dietrich Genscher, richtete:

„Wie mir bekannt geworden ist, beabsichtigt die Regierungs- koalition, einen wesentlichen Teil des Sparvolumens im Bun- deshaushalt 1983 durch Kür- zung des Zuschusses an die Bundesanstalt für Arbeit aufzu- bringen. Hierbei ist auch an ei- ne Herabsetzung der Bemes- sungsgrenze für die Beiträge der Arbeitslosen an die gesetz- liche Krankenversicherung .. . gedacht.. . . Damit würde zum wiederholten Male die gesetzli- che Krankenversicherung aus Gründen der Sanierung der

Staatsfinanzen in eine finan- zielle Krise gestürzt werden.

Dies soll ausgerechnet in einem Zeitpunkt geschehen, in wel- chem sich die Ausgaben der Krankenkassen erkennbar sta- bilisieren.

Wie soll unter diesen Umstän- den, lieber Herr Genscher, der vielfache Appell zum Sparen und damit zur Beitragsstabilität von den Betroffenen, insbeson- dere den angesprochenen Kas- senärzten, noch ernst genom- men werden?

Ich bitte Sie eindringlich, das ganze Gewicht Ihrer politischen Kraft dafür einsetzen zu wollen, daß die drohende finanzielle Bedrängnis unserer gesetzli- chen Krankenversicherung nicht Wirklichkeit wird."

Die Information:

Bericht und Meinung Bonner „Eckwerte"

sten damit das ganze Etatgebäude mit einem hohen Risiko.

In diesem Zusammenhang ist si- cherlich auch von Bedeutung, daß die Finanzplanung nicht mit Län- dern und Gemeinden abgestimmt worden ist. Die Bundesregierung hat wiederum Länder und Ge- meinden nicht in die Konsolidie- rung einbezogen, obwohl deren Einnahmen und auch viele Ausga- ben durch Bundesgesetze be- stimmt werden. 70 Prozent aller öffentlichen Investitionen liegen bei den Gemeinden. Wenn der Bund diese nicht entlastet, so wer- den die öffentlichen Investitionen weiter zurückgehen, selbst wenn der Bund seine investiven Ausga- ben erhöhen sollte. Der Bund will zwar zusätzliche beschäftigungs- wirksame Maßnahmen in Höhe von 1,3 Milliarden DM finanzieren.

Dabei geht es jedoch um keine neuen Projekte, sondern um Zu- schüsse an die Stahlindustrie, den Bergbau, für den Airbus und die fortgeschrittenen Kernenergie- Techniken. Auf der anderen Seite sollen Finanzhilfen um etwa 1 Mil- liarde DM gekürzt werden.

2. Hohe Neuverschuldung des Bundes

Durch den Nachtragshaushalt wird die Neuverschuldung im lau- fenden Jahr gleich um 7 Milliarden DM auf 34 Milliarden DM in die Höhe getrieben. Diese Mittel wer- den zum Abbau des Defizits bei der Nürnberger Bundesanstalt und zum Ausgleich für die hohen Steuerausfälle benötigt. 1983 sol- len die Ausgaben, die in diesem Jahr um wenigstens 5,5 Prozent steigen, auf 250,5 Milliarden DM begrenzt werden; das entspricht einer Zuwachsrate von nur 2 Pro- zent. Aber selbst bei dieser denk- bar knappen Kalkulation läßt sich die Neuverschuldung nicht unter 28,5 Milliarden DM drücken. Dabei ist noch zu berücksichtigen, daß der Finanzminister wieder mit ei- nem Bundesbankgewinn von 10,5 Milliarden DM rechnet. Dieser wird auch gleich für 1984 unterstellt.

Und dennoch soll auch dann die Netto-Kreditaufnahme nicht unter 27 Milliarden DM absinken.

Der Schuldenberg wird also, selbst wenn man sich an die Zah- len der Regierung hält, unaufhalt- sam weiter wachsen, was zur Fol- ge hat, daß auch die Zinsbela- stung ständig steigt. Das wird sich Jahr für Jahr nur durch neue Kür- zungsbeschlüsse oder durch Ab- gabenerhöhungen ausgleichen lassen. Die Zinsbelastung des Bundes nähert sich bald der Mar- ke von 30 Milliarden DM; die neu- en Kredite werden dann nur noch dafür verwandt, die Gläubiger des Bundes mit Zinsen zu bedienen.

3. Sozialleistungen spürbar betroffen

Hauptziel der Konsolidierungsbe- mühungen war es diesmal, das ho- he Defizit der Nürnberger Bundes-

anstalt zu verringern, weil dieses vom Bund ausgeglichen werden muß. Trotz aller Versicherungen von Schmidt, Lahnstein und Lambsdorff hat sich die Bundesre- gierung sehr rasch auf den Vor- schlag geeinigt, den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung, der erst vor einem halben Jahr erhöht wor- den ist, abermals um einen halben Prozentpunkt anzuheben. Das bringt mehr als 3 Milliarden DM im Jahr. Sodann soll der Beitrag, den die Bundesanstalt für die Arbeits- losen an die Rentenversicherung und die Krankenversicherung zu zahlen hat, gekürzt werden.

Grundlage der Beitragsbemes- sung war bislang das vorherige Brutto-Arbeitsentgelt des Arbeits- losen. Nun sollen dem Beitrag nur noch 70 Prozent des vorherigen Brutto-Verdienstes zugrunde ge- legt werden. Die Nürnberger An- stalt wird um mindestens 3,3 Mil- liarden DM entlastet; die Renten- versicherung verliert Einnahmen

Ausgabe B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 28 vom 16. Juli 1982 23

(3)

Steigungsrate insgesamt Allgemeine KV

KV der Rentner

+ 5,2 + 4,5 + 6,7 + 3,0

+ 1,0 + 7,1

— 1,6

—4,9 + 4,2

— 1,7

—4,0 + 0,7

+ 9,3 + 7,0 + 11,8 Summe

der Ausgaben

Ambulante*) ärztliche Behandlung

Arzneien aus Apotheken

Heil- und Hilfsmittel

Kranken- haus- behandlung Die Information:

Bericht und Meinung Bonner „Eckwerte"

Ausgabenentwicklung bei der gesetzlichen Krankenversicherung im 1. Quartal 1982

Quelle: KV 45 (BMA)

*) Die Steigungsraten beruhen auf Schätzungender Krankenkassen. Sie dürften deutlich zu hoch liegen. So beträgt bei den Ersatzkassen nach den tatsächlichen Abrechnungsergebnissen der Kassenärztlichen Vereinigungen die Steigerung je Mitglied nur 0,25 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal, sie ist damit gut vier Prozentpunkte niedriger als von den Krankenkassen gemeldet. Für die RVO-Kassen dürften sich die Zahlen aufgrund der Abrechnungsergebnisse ebenfalls reduzieren.

von etwa 2 Milliarden DM, die Krankenversicherung von wenig- stens 1,3 Milliarden DM. Hier wird also ein neuer „Verschiebebahn- hof" eröffnet: der Bund entlastet sich auf Kosten der Rentenversi- cherung und der Krankenversi- cherung.

4. Die Rentendynamik soll gebremst werden

Die Finanzlage der Rentenversi- cherung verschlechtert sich im nächsten Jahr um 2 Milliarden DM.

Der Bundeszuschuß soll um 1,3 Milliarden DM gekürzt werden;

dem steht die Absicht gegenüber, den von 1984 an vorgesehenen Krankenversicherungsbeitrag zu Lasten der Rentner nun schon 1983 einzuführen. Der Beitrags- satz soll Jahr für Jahr um einen Prozentpunkt erhöht werden. 1986 wäre also ein Satz von 4 Prozent erreicht. Ein Prozentpunkt bringt heute 1,3 Milliarden DM. Die Ren- tenversicherung muß schon in die- sem Jahr zur Finanzierung der Renten Milliardenbeträge aus der Rücklage nehmen. Bereits Ende 1983 könnte es Zahlungsschwie- rigkeiten geben. Von 1984 soll der Rentner-Beitrag dann voll der Rentenversicherung zugute kom- men. Aber wer mag daran noch glauben?

Es bleibt die Tatsache, daß Finanz- masse, die die Rentenversiche-

rung zur eigenen Konsolidierung braucht, zur Sanierung der Bun- desfinanzen herangezogen wird.

Durch den Krankenversicherungs- beitrag verringert sich die jährli- che Rentenanpassung in den nächsten vier Jahren um jeweils einen Prozentpunkt. 1983 werden die Renten also nicht um 5,6, son- dern um 4,6 Prozent erhöht. Die- ser Satz soll dann auch für die Kriegsopferleistungen und die Al- tershilfe der Landwirtschaft gel- ten. Vorgesehen ist auch die neu- erliche Abwertung der beitragslo- sen Ausbildungszeiten, und zwar diesmal von 100 Prozent auf 70 Prozent des Durchschnittsver- dienstes aller Versicherten.

5. Ansätze zur Selbstbeteiligung in der Krankenversicherung Die Bundesregierung bemüht sich, die Krankenversicherung reich zu rechnen. Die Beitragsaus- fälle sollen nämlich durch andere Maßnahmen mehr als wettge- macht werden. Da wird ein Plus von 200 Millionen DM erwartet. So soll die Erhöhung der Gebühr je Arzneimittelverordnung von 1,50 DM auf 2,00 DM insgesamt 300 Millionen DM bringen. Sodann wird der Vorschlag unterbreitet, die sogenannten „Bagatellarznei- mittel" aus der Erstattungspflicht der Kassen herauszunehmen. Die- ser Plan ist nicht neu; das steht schon im Kostendämpfungsge-

setz. Die Verordnungsermächti- gung dazu ist schon mindestens drei Jahre alt. Jetzt soll es durch Gesetz und wohl auch umfangrei- cher gemacht werden. Die Regie- rung hat auch schon die Medika- mentengruppen benannt: Abführ- mittel, Mittel gegen Reisekrank- heiten, Husten, Schnupfen und Heiserkeit sowie Mund- und Ra- chendesinfizientien. Die Mehrein- nahmen werden auf 580 Millionen DM geschätzt. Weitere 600 Millio- nen DM verspricht sich die Regie- rung von einer Maßnahme, die schon lange im Gesetzblatt steht:

Von 1983 werden die zusätzlichen Alterseinkünfte der Rentner mit 6 Prozent beitragspflichtig.

Die „Wende" hat die FDP mit dem Vorschlag herbeigeführt, die Ver- sicherten und deren Familienan- gehörige in den ersten 7 Tagen eines Krankenhausaufenthalts mit 5 DM je Pflegetag an den Kranken- hauskosten zu beteiligen. Das soll auch für den öffentlichen Dienst gelten. Bei Kuren, die voll von den Sozialversicherungsträgern finan- ziert werden, ist eine Selbstbeteili- gung von 10 DM je Tag vorge- sehen.

Die Kürzung der Beiträge der Bun- desanstalt in Nürnberg an die Krankenversicherung hat die fata- le Konsequenz, daß ein neuer Be- lastungsausgleich innerhalb der gesetzlichen Krankenversiche- rung eingeführt werden muß, da

24 Heft 28 vom 16. Juli 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe B

(4)

Gesetzliche Krankenversicherung im 1.Hj.1981 Beiträge

;240

DM

M Ausgaben

trr'-'-

;196 DM Monatlich

je

Berufs- tätigen

Ausgaben

4295

Q

Monatlich Beiträge*

je

Rentner

* Zahlungen

der Rentenversicherung an die Krankenversicherung

Die Information:

Bericht und Meinung

bei den einzelnen Kassen der An- teil der Arbeitslosen an der Versi- chertenzahl höchst unterschied- lich ist. Die Orts- und Innungs- krankenkassen liegen deutlich über dem Durchschnitt; die Mehr- belastungen träfen sie besonders hart. Günstiger stehen die Ersatz- kassen und die Betriebskranken- kassen mit ihrem relativ geringen Arbeitslosenanteil da.

6. Abbau

von Steuervergünstigungen Unter dieser Überschrift gibt es ei- ne Reihe von Maßnahmen, die nicht in jedem Fall zu mehr Steu- ergerechtigkeit führen. Dieses

„Paket" hat eine ideologische Schlagseite zu den „Besserverdie- nenden".

So soll der private Nutzungsanteil bei Betriebs-Pkw verdoppelt wer- den, und zwar von mindestens 20 bis 25 Prozent auf mindestens 40 bis 50 Prozent. Ein relativ kleiner Personenkreis wird mit 800 Millio- nen DM mehr belastet.

Der pauschale Lohnsteuersatz von 10 Prozent für bestimmte Zu- kunftssicherungsleistungen zu- gunsten von Arbeitnehmern (§ 40b EStG) wird auf 15 Prozent angeho- ben. Das soll dem Fiskus 225 Mil- lionen DM mehr bringen.

Bei Beamten wird die Vorsorge- pauschale auf 2000/4000 DM (Ledi- geNerheiratete) begrenzt. Der pauschale Zuschlag für Kinder bleibt. Bislang galt ein Höchstbe- trag von 2340/4680 DM. Dieser kann von Beamten nur noch aus- geschöpft werden, wenn die Vor- sorgeleistungen im einzelnen nachgewiesen werden.

Lahnstein soll bis zum Jahresende prüfen, wie der Verlustausgleich über die geltende Regelung des Paragraphen 15a des Einkommen- steuergesetzes hinaus weiter ein- geschränkt werden kann.

Ziel ist es, Steuervorteile aus Ver- lustzuweisungsgesellschaften und

Bonner „Eckwerte"

Bauherrengemeinschaften auszu- schließen oder zumindest zu be- grenzen. Auch sollen folgende Ver- luste aus dem Ausland künftig nicht mehr steuermindernd mit positiven Einkünften verrechnet werden:

Verluste aus Vermietung und Ver- pachtung von ausländischem Grundbesitz, Verluste aus Land- und Forstwirtschaft im Ausland, Verluste aus ausländischer ge- werblicher Tätigkeit, die nicht im Sinne des Paragraphen 5 des Aus- landsinvestitionsgesetzes als „pro- duktiv" bewertet werden kann.

7. Das Ehegatten-Splitting ist in Gefahr

Umstritten dürfte vor allem die vorgesehene Einschränkung des Ehegatten-Splittings sein. Der Vorteil des Ehegatten-Splitting be- trägt heute höchstens 4838 DM im Jahr, und zwar bei einem zu ver- steuernden Einkommensbetrag von gut 300 000 DM in der Einver- diener-Familie. Der Splitting-Vor- teil soll künftig auf höchstens 10 000 DM begrenzt werden.

Das bedeutet, daß Einverdiener- Ehepaare mit einem zu versteu- ernden Einkommensbetrag — also nach Abzug aller Freibeträge — von mehr als 86 724 DM höher be- lastet werden. Die Mehrbelastung steigt danach sehr rasch an; sie beträgt bei einem zu versteuern- den Einkommensbetrag von 133 380 DM bereits 3001 DM.

Dieser Schritt ist von prinzipieller Bedeutung. Er läßt sich allenfalls steuersystematisch begründen, er wirft jedoch die Frage nach der Gleichheit der Besteuerung zwi- schen den Einverdiener-Ehepaa- ren und den Mehrverdiener-Ehe- paaren auf. Die Haushaltssanie- rung wird zum Exerzierfeld der Steuerideologen gemacht.

Letztlich bedeutet dieser Beschluß eine Entscheidung gegen die Fa- milie, insbesondere gegen die Fa- milie mit Kindern, und eine Ent- scheidung für die Berufstätigkeit der Frau. wst

NACHRICHTEN

Alterslast

der Krankenkassen

Die Finanzierung der Krankenver- sicherung der Rentner (KVdR) ist seit Jahren ein Dauerproblem so- wohl der Renten- als auch der Krankenversicherung.

1981 belief sich das Defizit bereits auf fast 17 Milliarden DM bei ei- nem Gesamt-Ausgabenvolumen der gesetzlichen Krankenversiche- rung (GKV) in Höhe von 91,6 Mil- liarden DM. Vor sieben Jahren deckten die pauschalen Beitrags-

zahlungen der Rentenversiche- rung noch 71 Prozent der GKV- Aufwendungen für die Versorgung der Rentner, 1981 war es nur knapp die Hälfte.

Während die über 65jährigen nur 29 Prozent der Mitglieder der GKV ausmachen, benötigen sie rund 50 Prozent der zu Lasten der Kran- kenkassen verordneten Arzneimit- tel. Infolge der defizitären KVdR müssen immer größere Anteile der Beiträge der erwerbsaktiven Mit- glieder für die medizinischen Ver- sorgungsbedürfnisse einer wach- senden Zahl von Pensionären ab- gezweigt werden (falls keine ein- schneidenden Reformen diesem Übel abhelfen). Globus/DÄ

Ausgabe B DEUTSCHES ARZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 28 vom 16. Juli 1982 25

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