ie Europäische Kommission sieht eine Weiterentwicklung der Gemeinschaftspolitik im Bereich der öffentlichen Gesundheit vor, die sich vor allem auf drei Akti- onsbereiche stützt: Sie möchte erstens den Informationsfluß zwischen den Gesundheitssystemen verbessern, um so zweitens rascher auf Gesundheits- gefahren reagieren zu können. Wei- terhin sollen Gesundheitsförderung und Prävention berücksichtigt wer- den.
Seit 1993 existiert ein gemein- schaftlicher Aktionsrahmen der EG, der ihr eine klare Kompetenz im Be- reich der öffentlichen Gesundheit zu- schreibt. Die darin festgelegte Strate- gie, die die Vorgaben des Artikels 129 des EG-Vertrages verwirklichen soll, muß nun neu überdacht werden.
Grund sind neue Entwicklungen des Gesundheitszustandes und der Ge- sundheitssysteme, die 1993 noch nicht vorhersehbar waren.
Neue Aufgaben im Gesundheitswesen
Zwar leben die Menschen in der EU heute länger und gesünder als je zuvor, dafür entstehen aber neue Ge- sundheitsgefährdungen, insbesondere durch übertragbare Krankheiten und Reiseerkrankungen. Alte Infektions- krankheiten wie die Tuberkulose tre- ten wieder verstärkt auf, die Antibio- tikaresistenz wächst. AIDS bleibt wei- terhin ein besorgniserregendes Pro- blem. Als Folge der höheren Lebens- erwartung steigt aber auch die Zahl der altersbedingten Erkrankungen, wie Herz- und Gefäßleiden und neu- ro-degenerative und psychische Er-
krankungen. Die immer älter werden- den Menschen bedürfen der Pflege, wodurch der Kostendruck im Ge- sundheitswesen steigt.
Unterschiedliche Ausgangspositionen
Die gesundheitliche und sozio- ökonomische Situation in den einzel- nen Mitgliedsstaaten weicht teilweise stark voneinander ab. In den Ländern Mittel- und Osteuropas existieren ei- ne geringere Lebenserwartung und
ein schlechterer Gesundheitszustand, die Gesundheitsprobleme sind oft viel schwieriger zu bewältigen als in den derzeitigen Mitgliedsstaaten. Die Er- weiterung der Gemeinschaft wirft aber auch Fragen der Sicherheit und Qualitätskontrolle bezüglich des frei- en Warenverkehrs mit Medikamen- ten, Blutprodukten und medizini- schen Geräten auf.
Ein gemeinsames Problem der Mitgliedsstaaten ist die Finanzierung, Organisation und das Management ihrer Gesundheitssysteme. Man ist zu- nehmend bemüht, den allgemeinen Standard anzuheben und gleichzeitig die Kosten zu senken. Initiativen in den Bereichen „managed care“, evi- denzgestützte Medizin und Qualitäts- sicherung versuchen, auf diese Ent- wicklungen zu reagieren.
Die Europäische Kommission beabsichtigt, nach Ratifizierung des Vertrages von Amsterdam konkrete Vorschäge für die neue Politik vorzu- legen, die auch den neuen Anforde- rungen gerecht werden. Bis dahin soll eine breite Diskussion über die Ge- meinschaftpolitik in der Öffentlich- keit angeregt werden. Eva Richter
A-1777
P O L I T I K AKTUELL
Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 28–29, 13. Juli 1998 (29)
Europäische Kommission
Öffentliche Gesundheit in der Gemeinschaftspolitik
Auf dem Gebiet der öffentlichen Gesundheit hat sich in den letzten Jahren viel verändert. Auch mit der Erweiterung der Gemeinschaft ergeben sich neue Probleme.
D
Mehr als 500 Milliarden DM für Gesundheit
Nach Mitteilung des Statistischen Bundesamtes wurden 1995 in Deutschland 507 Milliarden DM für die Gesundheit ausgegeben, 7,7 Prozent mehr als 1994. Je Einwohner errechnet sich ein Durchschnittsbetrag von 6 197 DM. Die Ausgaben für Gesundheitssicherung ohne Einkommensleistungen wie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Krankengeld der Gesetzlichen Krankenversicherung oder Renten bei Berufs- und Erwerbsunfähigkeit machten 11,1 Prozent des Bruttoinlands- produkts aus.
Auf die medizinische Behandlung entfielen 291 Milliarden DM (57,4 Prozent der Gesamtausgaben). Davon wurden 122,8 Milliarden DM für die stationäre Be- handlung in Krankenhäusern, Hochschulkliniken und Kureinrichtungen ausgege- ben, 86,5 Milliarden DM für die ambulante Behandlung durch Ärzte und Zahnärz- te, 64,4 Milliarden DM für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel sowie 17,4 Milliarden DM für Zahnersatz. 139,4 Milliarden DM (27,5 Prozent der Ausgaben) entfielen auf Krankheitsfolgeleistungen, insbesondere Entgeltfortzahlung bei Krankheit und Mutterschaft, Rentenzahlungen bei Berufs- und Erwerbsunfähigkeit sowie Maß- nahmen zur beruflichen und sozialen Rehabilitation.
Für vorbeugende und betreuende Maßnahmen unter Einschluß der Pflege- leistungen waren 41,7 Milliarden DM (8,2 Prozent) erforderlich. Die Kosten der Ausbildung von medizinischem Personal und der Gesundheitsforschung machten 8,6 Milliarden DM (1,7 Prozent) aus. 26,3 Milliarden DM (5,2 Prozent) entfielen auf den Verwaltungsaufwand der Versicherungsträger.
Mit 237,2 Milliarden DM finanzierte die Gesetzliche Krankenversicherung 46,8 Prozent aller Ausgaben. 15 Prozent trugen die öffentlichen und privaten Arbeitgeber bei, 12,5 Prozent die öffentlichen Haushalte. Die Träger der Renten- versicherung beteiligten sich mit 7,6 Prozent, die private Krankenversicherung mit 5,1 Prozent und die gesetzliche Unfallversicherung mit 3,2 Prozent. Erstmals sind die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung in Höhe von 10,3 Milliarden
DM (2 Prozent der Gesamtausgaben) enthalten. EB