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Archiv "Konzertierte Aktion auf neuem Kurs" (09.04.1982)

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DEUTSCHES ZTEBLATT

Ärztliche Mitteilungen

Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung

Konzertierte Aktion auf neuem Kurs

Am 24. März 1982 fand in Bonn die Frühjahrssitzung der Konzer- tierten Aktion im Gesundheits- wesen statt. Erstmalig mußte das Gremium auch eine Empfeh- lung zur Ausgabenentwicklung im Krankenhausbereich abge- ben. Darüber gab es im Grund- sätzlichen wie im Konkreten eine kontroverse Diskussion. Aber auch das vom Bundesarbeitsmi- nisterium vorgelegte Orientie- rungsdaten-Papier war strittig.

Zukünftig sollen nicht nur Wirt- schafts-, sondern auch medi- zinische Orientierungsdaten Grundlage für die Empfehlungen der Konzertierten Aktion sein.

Als Bundesarbeitsminister Dr. Herbert Ehrenberg am Nachmittag des 24. März, eine Stunde später als ursprünglich geplant, die Konzertierte Aktionsrunde eröffnete, war er bereits sichtlich ver- stimmt. Das Bundeskabinett hatte ihm nach längerer kontroverser Aussprache sowohl die angestrebte Meldepflicht für alle offenen Arbeits- und Ausbildungsplätze abgelehnt als auch von der „Zumut- barkeitsanordnung" in der von der Bundesanstalt für Arbeit in Abstimmung mit dem Bundesarbeitsministerium vorgelegten Fas- sung Abstand genommen.

Auch die Konzertierte Aktion versprach für Ehrenberg nicht leicht zu werden. Erstmals war eine Empfehlung zum Krankenhausbereich abzugeben, und darüber hatte es im Vorfeld zwischen den vielen Beteiligten und Interessierten keine Verständigung gegeben.

Zudem war das vom Bundesarbeitsministerium vorgelegte Orientie- rungsdatenpapier im Vorbereitungsausschuß kontrovers geblieben.

Eine Einigung ließ sich nicht erreichen.

Nach alldem resümierte Ehrenberg in seiner Einführungsrede: „Im Bereich der Gesundheitspolitik kann von einem zarten Frühlingser- wachen keine Rede sein."

Zugegeben, das gesamtwirtschaftliche Klima ist rauher geworden, und davon kann das Gesundheitswesen nicht unberührt bleiben.

Dies darf aber nicht dazu führen, unser Gesundheitswesen nur noch durch die ökonomische Brille zu betrachten und seine Ausgaben allein an wirtschaftlichen Richtwerten zu fixieren. Beröits im Novem- ber 1981 in Berlin hatte Dr. Hans Wolf Muschallik vor der Vertreter- versammlung der KBV festgestellt: So wenig wie mit Krankenstand und ärztlicher Versorgung habe der Dollar-Kurs mit der Behandlung von Herzrhythmusstörungen etwas zu tun. Und hier setzte die vor- dringliche Kritik schon im Vorbereitungsausschuß an dem vom Bun- desarbeitsministerium vorgelegten Orientierungsdatenpapier für die Konzertierte Aktion an.

Nach dem Gesetz werden die medizinischen und wirtschaftlichen Orientierungsdaten gleichrangig und in einem unmittelbaren Zusammenhang genannt. Daraus läßt sich schlußfolgern, daß eine Ausgabe A/B DEUTSCHES ARZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 14 vom 9. April 1982 19

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isolierte Betrachtung von Wirt- schaftsdaten als alleinige Grund- lage für Empfehlungen der Kon- zertierten Aktion auch vom Ge- setzgeber als nicht sachgerecht erachtet wird. Dennoch wurden in der Vorlage des Bundesarbeitsmi- nisteriums allein Wirtschaftsdaten - letztlich nur die Grundlohnsum- menentwicklung - genannt und damit als ausschließliche Meßlatte für die Entwicklung unseres Ge- sundheitswesens hingestellt.

...,. Aber welche Aufgabe hätte dann noch die Konzertierte Ak- tion? Soll sie lediglich zur Kennt- nis nehmen, in welcher Größen- ordnung die Bundesregierung den Anstieg der Grundlöhne für 1982 erwartet? Dazu bedarf es höch- stens eines schriftlichen Hinwei- ses, aber nicht der zeitraubenden Zusammenkunft eines so großen Kreises namhafter Experten unse- res Gesundheitswesens.

Medizinische Orientierung mußwieder

in den Vordergrund rücken Sowohl der Vorsitzende der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Hans Wolf Muschallik, als auch der Präsident der Bundesärzte- kammer, Dr. Karsten Vilmar, zeig- ten an vielen Beispielen medizini- sche Entwicklungen auf, die kurz- oder mittelfristig zusätzlich zur täglichen Routrtie zu bewältigen sind. Dabei können die Sozialver- sicherten nicht ausgeschlossen werden, da auch ihnen eine medi- zinisch sachgerechte und den mo- dernen Erkenntnissen Rechnung tragende ambulante und stationä- re Behandlung zuteil werden muß.

Muschallik und Vilmar wiesen auf die Zunahme von Zivilisations- krankheiten, beispielsweise des Herz-Kreislauf-Systems, der rheu- matischen Formen kreise, aber ins- besondere von Tumoren hin. Gro- ße Anstrengungen in der frühzeiti- gen Diagnostik, in der spezifi- schen Therapie wie aber auch in der Langzeitnachsorge dieser Er- krankungen werden erforderlich sein; medizinische Aufgaben, die

es in nächster Zukunft zu bewälti- gen gelte und die eine kosten- trächtige Entwicklung für die ge- setzliche Krankenversicherung si- gnalisierten.

Wenn auch aus unterschiedlichen Beweggründen, so waren sich alle Anwesenden einig: Ohne medizi- nische Orientierungsdaten blei- ben Empfehlungen der Konzertier- ten Aktion einseitig und unvoll- kommen.

Unmißverständlich machte das auch Senator Herbert Brückner (Bremen) seinem Parteifreund Eh- renberg deutlich·. Die Konzertierte Aktion erfülle ihren Gesetzesauf- trag nicht, wenn sie nicht zugleich medizinische Orientierungsdaten diskutiere. Brückner hatte dabei, wie so häufig, einseitig das Kran- kenhaus im Blick. Eine Anbindung der Krankenhausausgaben an die Grundlohnentwicklung sei für ihn nicht gesetzeskonform.

ln dieser Auffassung fand Brück- ner, gestützt auf die neuen Formu- lierungen in § 405 a RVO durch das sogenannte Krankenhaus-Ko- stendämpfungsgesetz, breite Zu- stimmung. So stellte der Hauptge- schäftsführer der Deutschen Kran- kenhausgesellschaft, Prof. Dr.

Hans-Werner Müller, zufrieden fest: "Die Empfehlungen müssen den Grundsatz der Selbstkosten- deckung beachten." Die Orientie- rungsdaten haben sich, so Müller weiter, in erster Linie an der tat- sächlich zu erwartenden Entwick- lung der Kosten im Krankenhaus- bereich zu orientieren. Über eine Empfehlung zum Krankenhaus könne eine einnahmenorientierte Ausgabenpolitik in der gesetzli- chen Krankenversicherung nicht mitgetragen werden.

... Hier fand sich der Gleichklang mit der gesamten Ärzteschaft Ganz gleich, ob Krankenhaus- oder niedergelassener Arzt, eine einnahmenorientierte Ausgaben- politik - vom Bundesarbeitsmini- ster schon zur grundlohnorientier-

• Fortsetzung auf Seite 22

Die vier Empfehlungen vom 24. März 1982

Empfehlung zur Veränderung

der

.~esamtvergütungen

für Arzte

Die Bundesverbände der Krankenkas- sen einschließlich der Bundesknapp- schaft wie auch die Verbände der Er- satzkassen haben mit der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung Einigungen für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 1982 erzielt.

Die Konzertierte Aktion im Gesund- heitswesen hält eine Änderung der ver- traglichen Vereinbarungen für nicht notwendig.

Dabei geht sie von der Erwartung aus, daß in der Aufrechnung der beiden Jahre 1981 und 1982 die durchschnitt- liche Ausgabenentwicklung für die am- bulante kassenärztliche Versorgung im Einklang mit der Grundlohnentwick- lung liegen wird.

Dieser Empfehlung haben die Vertreter der Träger der gesetzlichen Kranken- versicherung und der Kassenärzte zu- gestimmt.

Empfehlung zur Veränderung

der Gesamtvergütungen für Zahnärzte

I. Zwischen den Bundesverbänden der Krankenkassen einschließlich der Bun- desknappschaft sowie den Verbänden der Ersatzkassen und der Kassenzahn- ärztlichen Bundesvereinigung bestehen Einigungen für den Zeitraum bis zum 30. Juni 1982 bzw. 31. Dezember (VdAK/AEV). Gegenüber den Bundes- verbänden der Krankenkassen ein- schließlich der Bundesknappschaft hat die KZBV verbindlich erklärt, die Ver- gütungsregelungen bis zum 31. De- zember 1982 unverändert weiterzu- führen.

20 Heft 14 vom 9. April1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A/B

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Die Vertragspartner stellen fest, daß die Ausgaben in den ersten drei Quar- talen 1981 für den gesamten Bereich der zahnärztlichen Versorgung - also einschließlich Zahnersatz- im Rahmen der Vorgabe der Konzertierten -Aktion gelegen haben.

Nach den bisherigen für das 4. Quartal 1981 vorliegenden Abrechnungsdaten für den Zahnersatzbereich ist eine deutliche Ausgabensteigerung für die Krankenkassen zu erwarten.

Die Konzertierte Aktion empfiehlt den Vertragspartnern, sich im Jahre 1982 mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu bemühen, die Ausgaben für die zahnärztliche Versorgung mit den Vorgabedaten ~~r Konzertieren Aktion wieder in Ubereinstimmung zu bringen.

Dieser Empfehlung haben die Vertreter der gesetzlichen Krankenkassen und der Kassenzahnärztlichen Bundesver- einigung zugestimmt.

II. Die Konzertierte Aktion sieht davon ab, eine Empfehlung zur Wirtschaft- lichkeit der Versorgung mit zahntechni- schen Leistungen abzugeben, da eine solche im Hinblick auf Artikel 5 Nr. 6 der Übergangsvorschriften zum KVEG im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht er- forderlich erscheint. Dieser Empfeh- lung haben die Vertreter der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und der Kassenzahnärzte zugestimmt.

Empfehlung zur Veränderung

der Arzneimittelhöchst- heträge

Die Konzertierte Aktion im Gesund- heitswesen empfiehlt, die Arzneimittel- höchstbeträge für den Zeitraum vom 1.

April1982 bis zum 31. Dezember 1982 auf der Grundlage der Ausgaben für verordnete Arzneimittel in dem Zeit- raum vom 1. April 1981 bis 31. De- zember 1981 festzusetzen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß

~ der Bundesverband der Pharma- zeutischen Industrie seinen Mitgliedern empfohlen hat, die Preise für Arznei- mittel bis Ende 1982 stabil zu halten,

~ die Menge an verordneten Arznei- mitteln nach Möglichkeit nicht weiter steigen sollte,

~ durch die Anhebung der Verord- nungsblattgebühr von 1 ,50 DM je ver- ordnetem Arzneimittel sich die Arznei- mittelausgaben der gesetzlichen Kran- kenversicherung jedoch um etwa 2,6 Prozent verringern.

Die Konzertierte Aktion empfiehlt, dem unverändert steigenden Arzneimittel- verbrauch bei älteren Patienten größere Aufmerksamkeit zu widmen. Die medi- zinischen Gründe für diese Entwic.~lung

sollten erforscht werden. Der Arzte- schaft sind sachdienliche Informatio- nen für die Therapie älterer Patienten zur Verfügung zu stellen.

Die Konzertierte Aktion empfiehlt fer- ner, daß jeder Arzt bei der Verordnung neu auf den Markt kommender Arznei- mittel prüft, ob damit ein therapeuti- scher Fortschritt erzielt wird.

Dieser Empfehlung haben die Vertreter der Träger der gesetzlichen Kranken- versicherung und der Kassenärzte zu- gestimmt.

Empfehlung

zum Krankenhausbereich

Die Konzertierte Aktion im Gesund- heitswesen hält es für erforderlich, daß im Jahre 1982 die Beitragssatzstabilität in der gesetzlichen Krankenversiche- rung auch durch Kostendämpfungsbe- mühungen im Bereich der Kranken- hausversorgung angestrebt wird. Die Krankenhäuser haben sich in den letz- ten Jahren bemüht, ihren Beitrag zu einer Kostendämpfung im Gesund- heitswesen zu leisten. Auf diesem Weg müssen die Krankenhäuser weiterge- hen. Ziel muß es sein, die Entwicklung der Kosten der Krankenhäuser für sta- tionäre Behandlung zu Lasten der Krankenversicherung dem Anstieg der Grundlohnsumme je Mitglied der ge- setzlichen Krankenversicherung anzu- nähern. Auch davon wird es entschei- dend abhängen, ob die Beitragssatz- stabilität gesichert werden kann. Dabei muß unter Berücksichtigung des sich wandelnden medizinischen Aufgaben- feldes der Grundsatz der Selbstkosten- deckung gewahrt bleiben.

Die Information:

Bericht und Meinung Konzertierte Aktion März 1982

Vor diesem Hintergrund empfiehlt die Konzertierte Aktion im Gesundheitswe- sen den an der Krankenhausversor- gung Beteiligten, insbesondere folgen- de Maßnahmen zu ergreifen:

0

Durch partnerschaftliches Zusam- menwirken auf der Selbstverwaltungs- ebene soll es baldmöglichst zu gemein- samen Empfehlungen über Maßstäbe und Grundsätze für eine wirtschaftliche und leistungsfähige Krankenhausver- sorgung kommen. Vor allem sind Orientierungsgrößen für eine auf Lei- stungsart und -umfang der Kranken- häuser abgestellte Personalausstattung zu erstellen. Die Länder sollten diesen Einigungsprozeß im Rahmen ihrer Möglichkeiten nach Kräften unterstüt- zen. Gemeinsame Gespräche sollten so bald wie möglich aufgenommen werden.

f) Ähnlich wie im ambulanten Be- reich ist zu prüfen, ob ohne Reduzie- rung des Leistungsstandards der Um- fang der technischen Leistungen unter Berücksichtigung der Aufgabenstellung des Krankenhauses eingeschränkt wer- den kann.

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Die Bemühungen um eine weitere Verkürzung der Verweildauer im Kran- kenhaus und eine Beschränkung der Krankenhauseinweisungen auf den me- dizinisch notwendigen Umfang sollten fortgeführt werden. Sie sollten durch verbesserte Möglichkeiten einer häusli- chen Krankenpflege und die Schaffung weiterer krankenhausentlastender Ein- richtungen unterstützt werden.

0

Die Länder sollten ihre Bemühun- gen zum Abbau von Krankenhausbet- ten, die für die Versorgung der Bevöl- kerung nicht mehr benötigt werden, fortsetzen. Bei einer rückläufigen Ent- wicklung der Krankenhausberech- nungstage können damit weitere Ko- steneinsparungen wirksam werden.

0

Bei der Pflegesatzbildung ist dar- auf zu achten, daß auch nach dem Selbstkostendeckungsgrundsatz nur die Kosten eines sparsam wirtschaften- . den leistungsfähigen und bedarfsge- rechten Krankenhauses berücksichtigt werden können. Angesichts des hohen Personalkostenanteils kommt dabei dem wirtschaftlichen Personaleinsatz eine besondere Bedeutung zu.

Ausgabe AlB DEUTSCHES ARZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 14 vom 9. April1982 21

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sachfremd.und daher abzulehnen. Bei allem Bemühen um Kosten- dämpfung - und die Ausführun- gen Muschalliks (Seite 23) wie auch von Dr. Jörg Hoppe (Seite 25) zeigen deutlich die großen An- strengungen und deren Erfolge s.,owohl im ambulanten wie im sta- tionären Bereich -, die Grenze ist dort zu ziehen, wo der Anspruch des Patienten auf eine zeitgemä- ße, qualitativ gute und umfassen- de medizinische Betreuung be- ginnt.

Verständlich war der Unmut der Krankenkassen über die verfahre- ne Situation. Einerseits werden sie ständig vom Bundesarbeitsmini- ster bei etwaigen Beitragsanhe- bungen in der Öffentlichkeit ge- prügelt, andererseits bürdet der Staat ihnen immer neue Lasten auf und läßt sie nach ihrer Auffas- sung gesetzgabarisch im Stich. So machte der Vorsitzende ctes Ver- bandes der Angestellten-Kranken- kassen (VdAK), Karl Kaula, aus sei- nem Ärger über das neue Kran- kenhaus-Kostendämpfungsgesetz keinen Hehl. ,,Wir stellen heute

fest", so Kaula, "daß die Änderung

des § 405 a RVO lediglich eine einzige Wirkung hat: nämlich die, daß wir von heute an über die Aus- sagen der Konzertierten Aktion zum Krankenhausbereich nicht mehr verschämt ,Erklärung', son- dern ,Empfehlung' schreiben kön- nen. Sachlich hat sich", so Kaula

weiter, .,an der Kompetenz der

Konzertierten Aktion nichts geän- dert. Im Gegenteil: Jetzt steht noch ausdrücklich im Gesetz, daß das Selbstkostendeckungsprinzip Vorrang vor der Empfehlung der Konzertierten Aktion hat."

Ist der Gesetzgeber wirklich auf dem falschen Weg? Hatte Ehren- berg noch im Frühjahr 1981 aus- geführt: .,Der Versuch, einzelne Bereiche aus der Kostendämp- fung auszuklammern und für sie eine Art Naturschutzpark zu schaf-

fen, gefährdet das Gesamtkonzept

und damit auf Dauer die Solidar- gemeinschaft Krankenversiche-

rung", so wird er schwerlich jetzt,

nach Verabschiedung des Kran- ken haus-Kostendämpfu ngsgeset- zes, dem Gesetzgeber vorwerfen können, dieser habe für den Kran- kenhausbereich einen Natur- schutzpark g~schaffen. Wenn aber die Kosten Vorrang vor den Einnahmen haben - und nichts anderes hat der Gesetzgeber für den Krankenhausbereich postu- liert -, so muß dies für alle, auch für den ambulanten Bereich, gel- ten. Kostendämpfung einseitig zu Lasten der niedergelassenen Kas- senärzte ist für diese nicht nur unzumutbar, sondern auch wenig erfolgreich. Wie soll der 18-Pro- zent-Ausgabenanteil für ambulan- te ärztliche Behandlung an den Gesamtausgaben der Krankenkas- sen auch angesichts einer erfolg- reichen Strategie des .,Soviel am- bulant wie möglich" noch weiter zusammengequetscht werden?

Als Resümee der wichtigen Grundsatzdiskussion in der Kon- zertierten Aktion lassen sich zwei wesentliche Erkenntnisse nennen: ..,.. Ökonomische Orientierungs- daten sind sowohl für die Kran- kenkassen als auch für die Lei- stungserbringer bedeutsam; sie charakterisieren aber in keiner

Weise die medizinische Entwick-

lung und das sich verändernde Morbiditätsspektrum sowie die da-

daten zukünftig stärkere Beach- tung zukommen.

..,.. Bei den ökonomischen Orien-

tierungsdaten kann nicht allein

die Grundlohnentwicklung aus- schlaggebend sein. Die tatsächli- chen oder erwartbaren Kosten müssen auffangbar sein. Dies gilt selbstverständlich bei Beachtung eines wirtschaftlichen Maßstabes sowohl für die Sach- und Perso- nalkosten im Krankenhaus als auch für die Praxiskosten, die den niedergelassenen Ärzten in den letzten Jahren davongelaufen sind.

Kein Deckel

auf die ärztlichen Honorare Die Empfehlungen für die Ärzte und Zahnärzte waren alter Tradi- tion gemäß im Vorfeld der Konzer- tierten Aktion zwischen den Ver- tragspartnern erfolgreich abge- sprochen worden. Der Ausgaben- zuwachs für 1981 liegt mit sechs Prozent im ambulanten ärztlichen Bereich in einer Größenordnung, die keine Schwierigkeit signali- siert. Die Erwartung-:- nicht zu ver- wechseln mit einer Zusage-, wo- nach in der Aufrechnung der Jah- re 1981 und 1982 Ausgaben- und Grundlohnentwicklung überein- stimmen werden, kann als reali- stisch angesehen werden. Um so mehr überraschte ein Vor- stoß des amtierenden Vorstands- vorsitzenden des Bundesverban- des der Ortskrankenkassen (BdO), Altred Schmidt, der allerdings als DGB-Vertreter an der Konzertier- ten Aktion teilnahm. Der Deutsche Gewerkschaftsbund, so Schmidt,

e

Fortsetzung auf Seite 25 22 Heft 14 vom 9. April1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEB~ATT Ausgabe NB

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Realistische Erwartung

Ausführungen von Dr. med. Hans Wolf Muschallik zu einer Empfehlung zur Veränderung der Vergütung für die kassen- und vertragsärztliche Versorgung

Zwischen den Bundesverbänden der Krankenkassen einschließlich der Bundesknappschaft wie aber auch den Verbänden der Ersatz- kassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sind die Ende 1980 ursprünglich nur für das er- ste Halbjahr 1981 getroffenen Ver- einbarungen über das zweite Halbjahr 1981 hinaus bis Ende 1982 ohne Erhöhung der Punkt- werte bzw. Gebührensätze verlän- gert worden. Gleichzeitig wird in der Empfehlung die Erwartung ge- äußert, daß sich in der Aufrech- nung der beiden Jahre 1981 und 1982 die durchschnittliche Ausga- benentwicklung für ambulante kassenärztliche Versorgung mit der Grundlohnsummenentwick- lung im Einklang bewegen wird.

Dieser Erwartung hatte die Kas- senärztliche Bundesvereinigung bereits Ausdruck verliehen, als sie im Rahmen der Beratungen zum Kostendämpfungs-Ergänzungsge- setz (KVEG) angesichts der schwierigen Finanzsituation, in welche die gesetzliche Kranken- versicherung zu geraten drohte, ihre Bereitschaft zur Verlängerung der bestehenden Verträge signali- sierte.

~ Diese Erwartung darf allerdings nicht mit einer Garantiefunk- tion verwechselt werden, da eine individualbezogene, medizinisch sachgerechte Versorgung in er- ster Linie der tatsächlichen Morbi- ditätsentwicklung, der medizini- schen Notwendigkeit des jeweili- gen Behandlungsfalles und dem medizinischen Erkenntnisstand Rechnung zu tragen hat.

Dementsprechend kann und darf die geäußerte Erwartung nicht mit einer Anbindung der kassenärztli- chen Gesamtvergütungen an die Grundlohnsummenentwicklung - so wichtig letztere für die Einnah- menentwicklung der Krankenver- sicherung auch sein mag- gleich- gesetzt werden. Nicht anders kann nach meiner Auffassung auch die Resolution des Deutschen Bun- destages bei Verabschiedung des KVEG verstanden werden, in der ebenfalls von einer "Erwartung"

gesprochen wird.

Heute bin ich in der Lage, deutlich zu machen, daß diese Erwartung durchaus realistisch ist. Entgegen den vorliegenden Zahlen des KV 45, die aufgrund der Schätzungen des vierten Quartals zu hoch ge- griffen sein dürften, werden die Ausgaben für den ambulanten Be- reich 1981 tatsächlich nur um gut einen Prozentpunkt über der Ent- wicklung der Grundlohnsumme liegen. Diesem Ergebnis liegt eine für 1981 vertraglich vereinbarte Honorarsteigerung von 4,3 Pro- zent bei den Ersatzkassen und von 4,7 Prozent bei den RVO-Kassen zugrunde.

Vor diesem Zahlenhintergrund ge- winnt die Erwartung hinsichtlich der Ausgabenentwicklung der Jahre 1981 und 1982 trotz der gleichzeitig praktizierten Strategie des .. So viel ambulant wie mög- lich" immer mehr an Wahrschein- lichkeit:

Verläuft das Jahr 1982 in etwa so wie das Jahr 1981 und tritt keine unvorhersehbare Krankheitshäu-

Die Information:

Bericht und Meinung Konzertierte Aktion März 1982

figkeit ein, die sich massiv auf die Fallzahlentwicklung auswirken müßte, so wird unter Zugrundele- gung der für 1982 prognostizier- ten Grundlohnentwicklung das er- klärte Ziel erreicht.

Gleichzeitig zeigt die zwischen Krankenkassen und Ärzten verein- barte Strategie einer Intensivie- rung der ambulanten kassenärztli- chen Versorgung mit dem Ziel, die Krankenkassen in anderen Lei- stungsbereichen zu entlasten, er- ste Erfolge. Nicht nur die rückläu- fige Entwicklung der Ausgaben für Heil- und Hilfsmittel, sondern auch die von der Deutschen Kranken- hausgesellschaftfür das Jahr 1981 vorgelegten Zahlen untermauern diese Feststellung. Danach sind die abgerechneten Pflegetage um über 1 Prozent rückläufig, und die Verweildauer im Krankenhaus hat sogar um 2,8 Prozent abge- nommen.

Diese Entwicklung· werte ich so- wohl als Ausdruck des Bemühans der Krankenhausärzte um Kosten- dämpfung sowie als eine Auswir- kung des verstärkten Einsatzes der niedergelassenen Kassenärzte um eine intensivierte Diagnostik vor Einweisung ins Krankenhaus.

Wir werden in diesem Bemühen fortfahren, auch wenn den Kas- senärzten mit den in 1982 unver- ändert weiterlaufenden Vergü- tungsregelungen weitere Opfer abgefordert werden. Bekanntlich haben schon die Praxiskostenstei- gerungen der letzten Jahre die Ärzteschaft empfindlich getroffen, was die jüngsten Untersuchungen des Statistischen Bundesamtes deutlich bestätigen. Ein nominel- ler Einkommenszuwachs wurde durch die Preissteigerungsraten mehr als egalisiert, so daß sich für die letzten fünf Jahre ein realer Einkommenszuwachs nicht mehr nachweisen läßt.

Dieser Trend wird sich durch das jetzige "Stillhalteabkommen" wei- ter verschärfen. Die Zahl der Kas- senärzte steigt unaufhörlich und weist im Jahre 1981 eine Zunahme Ausgabe NB DEUTSCHES ARZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 14 vom 9. April1982 23

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von knapp zwei Prozent aus, wo- bei dieser Zahl ein Bruttozuwachs von 5,3 Prozent zugrunde liegt.

Mit diesen auch im Rahmen der Bedarfsplanung . neugegründeten Praxen sind erhebliche Investitio- nen verbunden, und auch in die- sem Zusammenhang kommt der Preissteigerungsrate große Be- deutung zu. Die im Orientierungs- datenpapier vom März 1981 ge- nannte Preissteigerungsrate hat sich als unrealistisch erwiesen.

Prognostiziert waren 4,5 Prozent, tatsächlich lag die Preissteige- rungsrate 1981 aber bei sechs Pro- zent.

Preissteigerungsrate und Grund- lohnentwicklung sind sicher wich- tige Eckdaten und haben als öko- nomischer Orientierungsrahmen sowohl für die Krankenkassen als auch für die Leistungserbringer ihre Bedeutung; aber sie charakte- risieren in keiner Weise die medi- zinische Entwicklung und das sich verändernde Morbiditätsspektrum sowie die dadurch notwendig wer- denden ärztlichen Leistungen und Aufwendungen.

Ebenso wie wir uns gegen den fal- schen Eindruck wehren, als ent- schieden die nicht einmal 18 Pro- zent Ausgaben für ambulante ärzt- liche Behandlung an den Gesamt- ausgaben der gesetzlichen Kran- kenversicherung über deren finan- zielles Schicksal, müssen wir es aus ärztlicher Sicht und Verant- wortung für das Wohl unserer Pa- tienten ablehnen, gesundheits- fremde wirtschaftliche Zahlen als eiserne Grenzwerte hinzunehmen.

Nach unserer Auffassung wird die- ses Gremium „Konzertierte Ak- tion" nur dann erfolgreich zur Si- cherung einer weiterhin qualitativ hochwertigen ambulanten ärztli- chen Versorgung für 92 Prozent der Bevölkerung beitragen kön- nen, wenn zukünftig die schon nach dem Gesetz geforderten me- dizinischen Orientierungskriterien stärker in die Bewertung der Aus- gabenentwicklung für unser Ge- sundheitswesen einbezogen wer-

den.

Aufgrund der Vereinbarung mit den Ärzten findet im Jahre 1982 gegenüber dem Jahre 1981 keine Punktwerterhöhung, d. h. keine Preiserhöhung statt. Wenn sich die bisher bekannte Mengenent- wicklung des Jahres 1981 im Jahre 1982 fortsetzt, würde der gegebe- ne zusätzliche Finanzierungsspiel- raum ausreichend sein. Im Durch- schnitt der ersten drei Quartale des Jahres 1981 haben sich die Fallzahlen nicht erhöht. Die Punkt- zahlen je Fall nahmen im Durch- schnitt bei den RVO-Kassen um 2,1 Prozent zu. Im übrigen besteht für die RVO-Kassen in nahezu al-

len Landesverbänden eine Be- grenzung für die Mengensteige- rung um 2,3 Prozent.

Für die Spitzenverbände der Kran- kenversicherung ist darüber hin- aus jedoch von Bedeutung, daß sich die Ausgaben der Kranken- versicherung insgesamt im Rah- men der Grundlohnentwicklung halten. Sie vertrauen darauf, daß sich ihr Konzept zur Stärkung der ambulanten kassenärztlichen und vertragsärztlichen Versorgung auch zum Zwecke der Einsparung von Kosten in anderen Bereichen der gesetzlichen Krankenversiche- rung weiterhin bewährt. Inzwi- schen wurde die Information der Ärzte über die von ihnen veranlaß- ten Kosten weiter ausgebaut. Wie wir hören, hat diese Information bei den Ärzten hinsichtlich ihres Verhaltens bei der Verordnung von Arzneimitteln, Heil- und Hilfs- mitteln, Krankenhauseinweisun- gen sowie von Arbeitsunfähigkeit durchaus Nachdenken ausgelöst und auch Wirkungen gezeigt.

Ich darf ferner darauf hinweisen, daß der Bundesausschuß Ärzte/

Krankenkassen auf seiner Sitzung am 26. Februar 1982 Richtlinien über die Verordnung von Heilmit- teln und Hilfsmitteln, von Kranken- hauspflege sowie von Kranken- fahrten, Krankentransport- und Rettungsdienstleistungen be- schlossen hat.

Diese Richtlinien sollen zu einer zweckmäßigen und wirtschaftli- chen Verordnung beitragen. Wir versprechen uns auch davon ei- nen kostendämpfenden Effekt. Sie können allerdings ihre Wirkung erst dann zeigen, wenn sie vom BundesministAr für Arbeit und So- zialordnung genehmigt sind. Herr Minister, wir wären Ihnen dankbar, wenn diese Genehmigung alsbald erteilt würde.

Wir meinen, daß die Spitzenver- bände und die Kassenärztliche Bundesvereinigung damit erneut unter Beweis gestellt hben, daß es ihnen ernst damit ist, die Balan- ce zwischen Einnahmen und Aus- gaben zu halten und damit Bei- tragssatzstabilität zu gewährlei- sten. Beide sehen sich damit auch in voller Verantwortung, das jetzi- ge System der gegliederten Kran- kenversicherung in einer wirt- schaftlich schwierigen Zeit nicht zu einer zusätzlichen Belastung für die Beitragszahler werden zu lassen.

Die Spitzenverbände der Kranken- kassen werden sich auch in Zu- kunft bemühen, in partnerschaftli- cher Zusammenarbeit mit den Ärz- ten diesen Weg weiter zu be-

schreiten.

Finanzierungsspielraum reicht

Statement von Willi Heitzer, Bundesverband der Ortskrankenkassen, zur Veränderung der Vergütung

für die kassen- und vertragsärztliche Versorgung

24 Heft 14 vom 9. April 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A/B

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Die Information:

Bericht und Meinung Konzertierte Aktion März 1982

Die pauschalen Zahlen zur Ko- stenentwicklung im Krankenhaus sind bekannt. Trotz gestiegener Patientenzahlen ist durch eine Re- duktion der Verweildauer ein ver- minderter Auslastungsgrad und damit auch eine relative Ver- schlechterung des wirtschaftli- chen Ergebnisses unserer Kran- kenhäuser eingetreten. Das Kran- kenhaus, in dem ich Tag für Tag arbeite, kann als typisch und pla- kativ für diese Entwicklung gelten.

Im Jahre 1980 haben wir 11 215 Patienten aufgenommen, im Jahre 1981 11 919. Die Verweildauer ging von 15,17 Tagen in 1980 auf 13,84 Tage im Jahre 1981 zurück, und die Bettennutzung fiel damit von 88,00 Prozent in 1980 auf 85,63 Prozent, die Berechnungsta- ge sanken von 180 862 im Jahr 1980 auf 176 522 im Jahr 1981.

Die Grundtendenz dieser Entwick- lung unseres 528 Betten umfas- senden Krankenhauses der Ver- sorgungsstufe 2 ist repräsentativ für das gesamte Krankenhaus- wesen in der Bundesrepublik Deutschland, wie die Statistik aus- weist. Jeder wird unschwer erken- nen können, daß durch diese Ent- wicklung die Belastung des Per- sonals in den Krankenhäusern enorm gestiegen ist. Da die Be- rechnung der Stellenpläne aber nach der Bettennutzung erfolgt, müßte zwangsläufig eine Reduk- tion des Personals in unseren Krankenhäusern die Folge sein.

Ich glaube, daß die Unvollkom- menheit unseres Finanzierungssy- stems kaum anschaulicher darge- stellt werden kann.

Das vom Krankenhauskosten- dämpfungsgesetz ausdrücklich bestätigte Prinzip der Selbstko- stendeckung in unserem System ist eine Selbstverständlichkeit.

Das gilt wie im gesamten übrigen Wirtschaftsleben auch für die an- deren Bereiche unseres Gesund- heitswesens.

Wir unterstützen deshalb durch- aus die Ausführungen der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung zu diesem Thema für den ambulan- ten Bereich. Wir beobachten aller- dings in zunehmendem Maße, daß die Krankenkassen nicht mehr be- reit sind, die von den Krankenhäu- sern ermittelten Selbstkosten zu decken, so daß die Krankenhäuser mittlerweile bis auf wenige Aus- nahmen in eine defizitäre Finanz- situation geraten sind. Viele Kran- kenhäuser müssen deshalb zum Zwecke der Kostensenkung weit über das hinausgehen, was man gemeinhin sparsames Wirtschaf- ten nennt.

Als gefährlichste Entwicklung in der krankenhausärztlichen Ver- sorgung ist der Umstand zu ver- zeichnen, daß mehr und mehr Krankenhausträger aus Kosten- gründen dazu übergehen müssen, den gesonderten ärztlichen Dienst auf den Intensivstationen und da- mit einen der wesentlichsten Fort- schritte der Medizin in den letzten Jahrzehnten wieder abzuschaffen.

Dieser Rückschritt hat ganz erheb- liche Auswirkungen für das per- sönliche Schicksal einzelner er- krankter Menschen, was so man- cher Krankenhausarzt mit Beispie- len belegen könnte.

• Fortsetzung von Seite 22 fordere eine Umformulierung der vorgelegten Texte. Die Vertrags- partner müßten zum Ausdruck bringen, daß sie den Einklang zwi- schen Ausgaben- und Grundlohn- entwicklung sicherstellen werden.

Mit dieser Forderung stieß Schmidt zu Recht auf allseitiges Unverständnis. Wenn auch der Bundesarbeitsminister durch Un- terbrechung der Sitzung speziell die Spitzenverbände der Kranken- kassen zur Änderung der Empfeh- lungstexte veranlassen wollte, so erwiesen sich diese doch als stabi- le Vertragspartner. Der Vorsitzen- de des VdAK, Karl Kau la, und der stellvertretende Vorsitzende des BdO, Dr. Detlef Balzer, lehnten für die Spitzenverbände der Kranken- kassen eine Änderung der Emp- fehlungen kategorisch ab bezie- hungsweise hielten eine solche für nicht erforderlich.

Mit einer Protokollnotiz über das Begehren des DGB konnte schließlich ohne Textumformulie- rungen der allgemeine Konsens über die Empfehlungen für Ärzte und Zahnärzte erreicht werden.

Danach hält die Konzertierte Ak- tion eine Änderung der vertragli- chen Vereinbarungen, die ein Wei- terlaufen der für 1981 geschlosse- nen Verträge auch für 1982 vorse- hen, für nicht notwendig.

Die Diskussion über die Empfeh- lung zur Veränderung der kas- senärztlichen Gesamtvergütungen wurde durch grundsätzliche Aus- führungen des BdO-Vertreters Willi Heitzer — Heitzer wird am 1. Juli dieses Jahres anstelle von Alfred Schmidt alternierender Vor- sitzender des BdO — sowie des Vorsitzenden der KBV, Dr. Mu- schallik, eingeleitet (dazu auch Seite 23 und 24).

Empfehlung Arzneimittel- höchstbeträge:

Keine konkrete Zahl

Die Empfehlung über die neuen Arzneimittelhöchstbeträge kam reibungslos zustande. Auch hier

Belastung des Personals

Aus dem Statement von Dr. med. Jörg D. Hoppe, dem Vorsitzenden des Marburger Bundes, zur Krankenhausempfehlung

Ausgabe A/B DEUTSCHES ARZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 14 vom 9. April 1982 25

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waren sich schon im Vorfeld der Sitzung der Konzertierten Aktion die Spitzenverbände der Kranken- kassen, die Kassenärztliche Bun- desvereinigung, der Bundesver- band der Pharmazeutischen Indu- strie und die Arbeitsgemeinschaft der Berufsvertretungen Deutscher Apotheker einig geworden. Da- nach sollten angesichts des Ap- pells an die Arzneimittelhersteller, die Preise für Arzneimittel bis En- de 1982 stabil zu halten, die neuen Arzneimittelhöchstbeträge gleich- falls nur bis Ende 1982 gelten. Da- für spricht auch die ab 1. Januar 1982 von DM 1 auf DM 1,50 erhöh- te Zuzahlung je verordnetes Arz- neimittel, die rein rechnerisch zu einer Senkung des Ausgabenvolu- mens für Arzneimittel bei den Krankenkassen in 1982 um 2,6 Prozent gegenüber 1981 führt.

Auch die im Empfehlungstext aus- gesprochene allgemeine Erwar- tung, daß die Menge an verordne- ten Arzneimitteln nach Möglich- keit in 1982 nicht weiter steigen sollte, kann aus der Sicht der Kas- senärzte unterstrichen werden.

~ Eine erste Analyse des Verord- nungsverhaltens der Kassenärzte in 1981 zeigt jedenfalls, daß sich diese wiederum bei der Verord- nung von Arzneimitteln sehr zu- rückgehalten haben. So hat die Zahl der ausgestellten Rezepte je Versicherten um 0,91 Prozent, die Zahl der Arzneimittel je Rezept zu- sätzlich um 1,05 Prozent und da- mit die Zahl der verordneten Arz- neimittel je Versicherten um ins- gesamt 1 ,96 Prozent gegenüber 1980 abgenommen.

Nachdenklich stimmt allerdings der unverändert stark steigende Arzneibedarf bei älteren Patien- ten. Lag der Ausgabenzuwachs bei den Allgemeinversicherten mit 4,9 Prozent nahezu im Rahmen der von der Konzertierten Aktion vom März 1981 empfohlenen Grö- ßenordnung, so wurde bei den Rentnern mit einem Anstieg um 10,5 Prozent dieses Datum bei weitem überschritten. Dafür sind sicherlich mehrere Ursachen aus- schlaggebend. Nicht zuletzt dürfte

aber der Zuwachs bei den Rent- nern auf die sich ändernde Alters- struktur unserer Bevölkerung zu- rückzuführen sein, welche durch eine höhere Lebenserwartung und eine relative Zunahme an älteren Menschen in der Gesamtbevölke- rung geprägt wird.

Aber auch an die Bundesregie- rung wurde erneut der dringende Appell gerichtet, durch Abschaf- fung, zumindest aber Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes auf Arz- neimittel, auch ihrerseits zur Ko- stendämpfung im Gesundheitswe- sen beizutragen. Allein im Jahre 1981 entstand der gesetzlichen Krankenversicherung durch die Entrichtung des vollen Mehrwert- steuersatzes eine zusätzliche Be- lastung von ca. 1,6 Mrd. DM.

(Auszüge aus den einleitenden Ausführungen des Geschäftsfüh- rers der Betriebskrankenkassen, Dr. Kurt Friede, und des Vorsitzen- den des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie, Prof.

Dr. Rwdolf Kopf, werden in der nächsten Ausgabe dokumentiert.)

Krankenhauskosten:

Annäherung an die Grundlohnentwicklung

Im Krankenhausbereich gab es nicht nur eine kontroverse Diskus- sion über die grundsätzliche Ziel- richtung, sondern auch um den konkreten Empfehlungsinhalt In- tensive Beratungen bis kurz vor Beginn der Sitzung der Konzer- tierten Aktion brachten keine Eini- gung. So lagen schließlich drei Entwürfe auf dem Tisch. Die Mit- glieder der Konzertierten Aktion konnten zwischen der Forderung der Deutschen Krankenhausge- sellschaft nach einem Ausgaben- zuwachs für die Krankenhausbe- handlung um sechs Prozent, ei- nem Zugeständnis der Kranken- kassen für die Erhöhung der Pfle- gesätze um 3,4 Prozent und einem Vorschlag des Bundesarbeitsmini- steriums auf Erhöhung um 4,7 Prozent wählen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft pochte unter Berufung auf das Kranken- haus-Kostendämpfungsgesetz ·auf

die Orientierung der Empfehlung an den tatsächlich zu erwartenden Kostensteigerungen, das BMA wollte die Grundlohnorientierung gewahrt wissen, während die Krankenkassen sogar den Ausga- benüberhang für Krankenhaus- pflege des Jahres 1981 mit den Ausgaben für das Jahr 1982 ver- rechnen wollten.

Wie nicht anders zu erwarten war, gab es keine Annäherung zwi- schen den Standpunkten und da- mit den Zahlenwerten. Schließlich zogen zur Erleichterung aller Be- teiligten die Vertreter der CDU-re- gierten Länder einen Empfeh- lungstext aus der Tasche, der kei- ne Zahl nannte. Ziel söll es sein, die Entwicklung der Kosten der Krankenhäuser dem Anstieg der Grundlohnsumme · anzunähern.

Mit wenigen redaktionellen Ände- rungen fand dieser Text (Seite 20) schließlich die Zustimmung des Plenums.

Die Konzertierte Aktion strebt zu neuen Ufern. Auch in einer wirt- schaftlich äußerst schwierigen Zeit muß eine gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung auf gutem Niveau gewährleistet blei- ben. Zum einen sind Rezession und Morbiditätsentwicklung kein korrespondierendes Paar, zum an- deren darf der medizinische Fort- schritt nicht stagnieren. Die aktu- ellen Auswirkungen durch eine sich ändernde Morbidität bei spe- ziellen Erkrankungen, in der sich ändernden Altersstruktur wie aber auch der gesamtgesellschaftli- chen Einflüsse auf den Gesund- heitszustand unserer Bevölkerung müssen bewältigt werden. Den Blick für das medizinisch Notwen- dige zu schärfen, ohne die dabei entstehenden Kosten aus dem Au- ge zu verlieren, heißt die Devise. ln dieser Richtung wurden zahlrei- che Anstöße für eine sachgerech- tere Diskussion der zukünftigen Empfehlungen der Konzertierten Aktion in der diesjährigen Früh- jahrssitzung gegeben.

Dr. med. Eckart Fiedler Kassenärztliche Bundesvereinigung 26 Heft 14 vom 9. April1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe NB

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