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Archiv "Der „Arzt im Praktikum“ kommt (bald)" (20.02.1985)

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Der „Arzt im Praktikum"

kommt (bald)

Der „Arzt im Praktikum" hat die höchsten Hürden in Bonn genommen. Der Bundesrat hat der Änderung der Bundesärzteordnung am 7. Februar 1985 endgültig zu- gestimmt. Der Bundestag hatte das Gesetzesvorhaben bereits am 13. Dezember vergangenen Jahres beschlos- sen. Was jetzt noch folgt, ist eine Änderung der Appro- bationsordnung für Ärzte, in der im einzelnen festgelegt wird, wie das Medizinstudium künftig aussehen soll.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Aktuelle Politik

Z

wei Tage, bevor der Bundes- rat die Novelle zur Bundes- ärzteordnung verabschiede- te und damit dem „Arzt im Prak- tikum" freien Lauf ließ, hatte die Westdeutsche Rektorenkonfe- renz noch einmal gegen die Pra- xisphase protestiert. Die Rekto- ren, inspiriert vom Westdeut- schen Medizinischen Fakultä- tentag, befürchten, daß die

„Ärzte im Praktikum" den Assi- stenzärzten, die in Weiterbil- dung stehen und die den Hoch- schulen vielfältig in Krankenver- sorgung, Forschung und Lehre dienen, Plätze wegnehmen. Die

„Ärzte im Praktikum" würden solche Weiterbildungs-Assisten- ten nicht ersetzen können, und somit sei die Forschung gefähr- det. Der Medizinische Fakultä- tentag hätte es zudem lieber ge- sehen, wenn der Staat, statt die Praxisphase einzuführen, die Zahl der Medizinstudenten dra- stisch reduziert hätte.

Protestiert haben bis in die letz- ten Wochen hinein auch die Me- dizinstudenten. Sie befürchten,

nicht genügend Stellen für „Ärz- te im Praktikum" vorzufinden.

Und auch sie sorgen sich um die Weiterbildungsstellen. Denn de- ren Zahl werde so zurückgehen, daß nicht alle weiterbildungswil- ligen Ärzte — zumal bei den an- steigenden Approbationszahlen

— einen Weiterbildungsplatz mehr finden würden.

Bei ihrer Ablehnung des „Arztes im Praktikum" sind auch jene ärztlichen Verbände geblieben, die sich dem Allgemeinarzt in besonderer Weise verpflichtet fühlen. Diese Verbände, zumin- dest einige deren Spitzenvertre- ter, liebäugelten mit dem „Haus- ärztegesetz", einem Geset- zesantrag der SPD-Bundestags- fraktion, mit dem vorgeschrie- ben werden sollte, daß ein Arzt sich nur nach abgeschlossener Weiterbildung niederlassen dür- fe (außerdem wollte die SPD — und das war taktisch sicherlich nicht der allergeschickteste Zug

— die Kassenärzte mit 65 zwangsweise in den Ruhestand schicken).

Die Regierungskoalition und jetzt auch die Mehrheit des Bun- desrates hat sich durch die vie- len Proteste gegen den „Arzt im Praktikum" nicht beirren lassen.

Vor allem auch Bundesgesund- heitsminister Dr. Heiner Geißler hat Standfestigkeit bewiesen.

Ihm und seinen Mitarbeiterin- nen und Mitarbeitern im Bun- desministerium für Jugend, Fa- milie und Gesundheit gebührt dafür alle Anerkennung.

Mit der Praxisphase ist be- stimmt nicht die Ideallösung ge- funden worden. Diesen An- spruch erheben auch die, die sie konzipiert und durchgesetzt ha- ben, nicht. Die Praxisphase hät- te überhaupt nicht sein müssen, hätte man die bisherige Appro- bationsordnung tatsächlich so, wie sie gedacht und niederge- schrieben war, vollziehen kön- nen. Dann hätte es ein durchge- hend praxisorientiertes Studium gegeben. Doch die Realitäten, sprich: die Studentenzahlen, sind nun einmal anders. Für die Lösung, die Studentenzahlen an die Ausbildungsmöglichkeiten ä la Approbationsordnung (alt) an- zupassen, ist derzeit kein Politi- ker zu gewinnen. Das hat einmal mehr die Debatte im Bundestag über den „Arzt im Praktikum"

gezeigt. Ein einziger Abgeord- neter hat dabei seine Hoffnung auf eine Anpassung der Kapazi- täten zum Ausdruck gebracht;

aber auch er redete nicht einer Verschärfung des Numerus clausus das Wort (denn das wür- de „Anpassung der Kapazitä- ten" ja im Klartext bedeuten), sondern er setzte seine Hoff- nung darin, daß „aufgrund der demographischen Entwicklung die Medizinerschwemme an den Universitäten wieder einmal ab- nehmen" werde.

Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 8 vom 20. Februar 1985 (17) 469

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Arzt im Praktikum

Angesichts der Realitäten haben sich auch die Deutschen Ärzte- tage eindeutig für das Konzept der Praxisphase ausge- sprochen. Auch auf den Ärzteta- gen gab es dagegen Proteste, doch die Protestier blieben in der Minderheit. Das muß ange- sichts der starken Worte einiger

In einem Interview mit dem DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATT (Heft 39 vom 30.

September 1983) hatte Minister Dr. Hei- ner Geißler bereits seine Vorstellungen von einer zweijährigen Praxisphase nä- her umrissen Foto: Darchinger Verbandssprecher während des parlamentarischen Verfahrens noch einmal deutlich gesagt werden.

Was bedeutet nun

„Arzt im Praktikum"?

Auf das nach wie vor sechsjähri- ge Medizinstudium und das Staatsexamen („ärztliche Prü- fung") folgt, so haben es Bun- destag und Bundesrat beschlos- sen, künftig eine zunächst 18monatige, später zweijährige Tätigkeit mit eingeschränkter ärztlicher Berufserlaubnis. Die Betreffenden haben „unter Auf- sicht" eines Arztes ärztliche Tä- tigkeiten zu verrichten und ärzt- liche Erfahrungen zu sammeln.

Nach der Praxisphase bekom- men sie die Approbation und da- mit das uneingeschränkte

Recht, ärztlich tätig zu sein — als Angestellter oder in freier Pra- xis.

Bis es soweit ist, werden noch einige Jahre vergehen. Wer das Staatsexamen bis zum 30. Juni 1987 ablegt, bekommt die Ap- probation noch nach dem bishe- rigen Recht, also gleich nach dem Staatsexamen. Wer das Staatsexamen zwischen dem 30.

Juni 1987 und dem 31. Dezem- ber 1991 ablegt, braucht ledig- lich eine Praxisphase von 18 Monaten zu durchlaufen. Erst ab 1992 wird die Praxisphase zwei Jahre dauern.

Die lange Übergangszeit geht auf einen Wunsch des Bundes- rates zurück. Die Länder wollen die Praxisphase langsam anlau- fen lassen. Denn alle Einrichtun- gen, die künftig „Ärzte im Prakti- kum" beschäftigen sollen, brau- chen Zeit. Zum 1. Oktober 1989 und zum 1. Oktober 1990 wird die Bundesregierung darüber berichten, wie es um die Praxis- phase steht. Hinter diesen Vor- sichtsmaßnahmen steht eine ge- wisse Unsicherheit: Wird es ge- nug Stellen für „Ärzte im Prakti- kum" geben? Wo werden die Engpässe liegen? Die Parla- mentsdebatten beschäftigten sich vorwiegend mit diesem Stellenproblem. Die Regie- rungsparteien und die Bundes- regierung verbreiteten Zuver- sicht, SPD und Grüne malten schwarz. Der Bundesrat setzte die Vorgabe, daß die Praxispha- se „weitgehend kostenneutral verwirklicht wird". Die Länder- haushalte sollen „nicht bela- stet" und die gesetzliche Kran- kenversicherung „nicht unver- hältnismäßig belastet" werden.

Mithin kann die Praxisphase, so- weit sie in den Krankenhäusern verläuft, nur durch Umwandlung und Teilung bereits vorhande- ner Arztstellen durchgeführt werden.

Die Bundesregierung erwartet, daß auch die Kassenpraxen ih- ren Beitrag leisten, daß die nie-

dergelassenen Ärzte den Nach- wuchs aufnehmen. Auch die Konferenz der Gesundheitsmi- nister hat auf „die besondere Verantwortung der Kassenärzt- lichen Vereinigungen und ihrer Mitglieder" hingewiesen, „weil es unerläßlich ist, daß ein Teil der Praxisphase bei niederge- lassenen Ärzten abgeleistet wird". Geißler hat im Bundestag die Frage der Studenten und Studentinnen nach einem Platz im Praktikum als völlig berech- tigt bezeichnet; er könne zwar keine förmliche Stellengarantie geben, wohl aber eine „politi- sche Garantie, daß entspre- chend der Zahl der jungen Ärzte Praktikumsplätze zur Verfügung stehen werden". Eine besserere Garantie, so erklärte Geißler,

„als die bekundete Bereitschaft von Bundesländern, Gemeinden und den in Betracht kommen- den Organisationen, alle Kräfte für diese Plätze einzusetzen, kann es nicht geben". Der Mini- ster rechnet damit, daß 5000 As- sistenzarztstellen in Plätze für

„Ärzte im Praktikum" umgewan- delt werden könnten. Das schaf- fe mindestens 15 000 Stellen für

„Ärzte im Praktikum". Dazu kä- men Stellen bei niedergelasse- nen Ärzten, im öffentlichen Ge- sundheitswesen, bei der Bun- deswehr und bei den betriebs- ärztlichen Diensten. Insgesamt würden 20 000 bis 24 000 Plätze für die Praxisphase benötigt.

Geißler wie auch die Gesund- heitsminister der Länder versi- chern unermüdlich, daß die Tä- tigkeit als „Arzt im Praktikum"

soweit wie möglich auf die Wei- terbildung zum Gebietsarzt an- rechenbar sein soll. Anrechnung bedeutet freilich, daß die Zeiten, die ein junger „Arzt im Prakti- kum" verbringt, mit den Anfor- derungen der Weiterbildungs- ordnung übereinstimmen müs- sen. Wenn die Praxisphase voll- ständig oder doch zu einem er- heblichen Teil auf eine spätere Weiterbildung zum Allgemein- arzt oder in einem Gebiet ange- rechnet werden soll, dann wäre 470 (18) Heft 8 vom 20. Februar 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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Arzt im Praktikum

es höchst sinnvoll, sie zu struk- turieren. Anderenfalls wäre es dem einzelnen völlig überlas- sen, wie er Praxisphase und Weiterbildung auf einen Nenner bekommt. Eine solche Struktu- rierung ist in der Bundesärz- teordnung als Möglichkeit vor- gesehen. Zu regeln wäre das in der Approbationsordnung. Das Tauziehen darum- die neue AO soll, wie Geißler versicherte, in Kürze kommen - hat längst be- gonnen. Die Deutsche Kranken- hausgesellschaft etwa hat die Bundesregierung aufgefordert, fürs erste keine die Praxisphase strukturierenden Mi ndestzeiten festzulegen. Anderenfalls werde die Bereitschaft der Kranken- häuser, frei werdende Planstel- len für "Ärzte im Praktikum" zu reservieren, erheblich einge- schränkt.

Die Deutsche Krankenhausge- sellschaft ist indes grundsätzlich

dem "Arzt im Praktikum" gewo-

gen. Sie ist auch grundsätzlich bereit, Stellen einzurichten. Ei- ne kategorische Ablehnung, sich der "Ärzte im Praktikum"

anzunehmen, wurde hingegen vom Fachverband Deutscher All- gemeinärzte bekannt. Die Bun- desregierung, darauf angespro- chen, bezweifelt, daß sich eine Vertretung der Allgemeinärzte der Mitwirkung an Maßnahmen entziehen wolle, durch die letzt- lich eine Verbesserung der pri- märärztlichen Versorgung er- reicht werden könne. Denn ge- rade für eine Weiterbildung in Allgemeinmedizin biete die Pra-

xisphase besondere Anreize.

Der "Arzt im Praktikum" wird

der Allgemeinmedizin erst recht dann nützen, wenn die allge- meinmedizinische Weiterbil- dung den Vorschlägen der EG- Kommission in Brüssel halb- wegsangepaßt würde. Die Kom- mission hat den Richtlinienent- wurf, der seit Jahren herumgei- stert, soeben vorgelegt; er sieht eine allgemeinmedizinische Weiterbildung von mindestens zwei Jahren vor. NJ

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

THEMEN DER ZEIT

Entwicklung ausgewählter Arztgruppen seit 1961 IGRAFI~I

1961 1970 1980 1983

Index

Allgemeinärzte/Praktische Ärzte 27 279 25 539 24 980 26 172 Gebietsärzte 17 033 20 763 31 158 34 049 Gesamt 44 312 46 302 56 138 60 221

180

160

140

120

100

1961 1965 1970 1975 1980 1983

Zahlen für die Bundesrepublik Deutschland

EG-Richtlinie

Allgemeinmedizin:

Ein Schrin weiter

Was nun schon seit Jahren disku- tiert wird, ist Ende 1984 einen Schritt vorangekommen: die EG- Kommission hat dem Ministerrat den Vorschlag für die EG-Richtli- nie zur Allgemeinmedizin zur Be- schlußfassung zugeleitet. Eine solche Richtlinie soll zweierlei er- reichen:

~ in allen Mitgliedstaaten der EG soll eine Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin von minde- stens zweijähriger Dauer einge- führt werden.

~ Zu einem späteren Zeitpunkt sollen die Mitgliedstaaten der EG die Ausübung des ärztlichen Be- rufes im Rahmen ihres jeweiligen Sozialversicherungssystems da- von abhängig machen, daß der Arzt entweder eine andere fach- ärztliche Weiterbildung oder aber die neue mindestens zweijährige allgemeinmedizinische Weiterbil- dung abgeschlossen hat.

Als nächstes müssen sich sowohl das Europäische Parlament wie auch der Wirtschafts- und Sozial- ausschuß mit dem Richtlinienvor-

schlag befassen. So sind auch die in der jetzigen Fassung (EG 11387/84) vorgesehenen Termine gegenüber früheren Fassungen schon hinausgeschoben worden.

Die allgemeinmedizinische Wei- terbildung soll jetzt spätestens ab 1. Januar 1990, die Pflichtweiter- bildung als Zugang zu den Sozial- versicheru ngssystemen ab späte- stens 1. Januar 1993 eingeführt werden.

Für die Bundesrepublik Deutsch- land, in der es längst eine vierjäh- rige Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin gibt, wäre die- ser Teil der europäischen Richtli- nie also bereits erfüllt. Den Zu- gang des Arztes zum Sozialversi- cherungssystem- sprich: die Nie- derlassung als Kassenarzt - von der Erfüllung einer Weiterbil- dungspflicht abhängig zu ma-

chen, würde dagegen auf kaum zu

überwindende juristische und ver- fassungsrechtliche Schwierig- keiten stoßen (wie in Heft 42/1983 bereits ausführlich begründet worden ist). EG-Recht kann logi- scherweise nur vom Bund durch- gesetzt werden, die ärztliche Wei- terbildung gehört aber in die Kompetenz der Länder.

Die Bundesärztekammer hatte da- her schon früher eine den deut- Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 8 vom 20. Februar 1985 (19) 471

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