• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Wie funktioniert ein Präsident? Zum Beispiel Karsten Vilmar" (24.04.1980)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Wie funktioniert ein Präsident? Zum Beispiel Karsten Vilmar" (24.04.1980)"

Copied!
5
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Baden- t>erg Bayern 'Bele tBrernen flambu, I Hessen

Bundesärztekammer

Deutscher Ärztetag

Landesärztekammern (250 Delegiertet

41 Deutscher Ärzte, 4 -

4

•••••••••••••••

•••••••••••••• ••••••••••••• ••

PräciAinm Aas ••

Nieder

Sachsen Nordrhein Rheinland

Ptalz Saarland Schlestrog•

Holstern WeUlalen- tippe

Ständige Einrichtungen und Ausschüsse

••

Nessenschatificher Betrat irit

Vorstand

Deutsche Akademie lur Allgemetnmedtztn

[D

eutsche Akademie der Facharzt.

.i6 wettere Aussch.. Stan

dtge Konferenzen und Referate Geschattsfuhrung

Vorstände oder Verheer

Verba Verband der nd

"uzte Deutschlands INAVI

Arbertsgeneeschatt Banitats

de v.sen.hafernen Inspekteundhensw.sens ur des Metfihntschen Fach der Bundeswehr geselle:halten

Verband de leitenden Krankenhausarne Deutschlands

AAeburg. Bund

Verband der angestellten Bundesverbandder und beamteten Ärzte Venrauens• und Reuen- Deutschlands Bundes verecherungsarzte verband

Gemeinschah Facharzt. Verband Deutscher Betnebs Sate Berutsverbande und Werkette

Letter der Abtedung _Humaneeden . ' et Bundes- metswwe. Jugend.

Farndie und Gesundheit

:,2,`11,9nedsZalU2nar:,rr.,e.,

Deutsche Akademie der Bundesverband der

Facharzt. Knappschaftsartle

Ehreneaseenten der Deutschen Arztetage rle ieweds 3 Jahre,

Deutsche Akademie f ur Angemenmedten

verein teil deutscher 'Zr a oVfnk en -

anstaften

Berufsverband der Prak tischen Ante und A;

Deutscher Verband

lje:',T,7;rre*' e Badeamte e

PrA:2==n,,

Deutscher Senat fur arztfiche Fortbtldung

Präsident

Zident prasiZt

Präsidenten der Landesärztekammern

•••• • ••••••

Vertreter der angestellten Ärzte

••

Vrzepraedenten . I anclesarztekannnern

Kassenatzet,.

Bondesvere.gung

Haranannbund Verband de Arzt. Deutschlands

Deutscher Zentralueretn horn000alhtscher Arzle Medizinischer Faktrlialen-

lag der Bundesrepublik Deutschland censchttellItch Westbert.,MFT1

Zentralverband de Arzle . Nalehedverfahren Deutschet ArzUnnenbunO

Deutscher Sponarne- bund Deutschet

Kassenutmerband

Bundesverband de Arzle des odereehen ...Aheisdenstes

Bundesverband Deutsche Betegarzte

Bericht und Meinung

Wie

funktioniert ein

Präsident

Zum Beispiel Karsten Vilmar

Vilmar hat um das Amt des Präsi- denten der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages nie gebuhlt, er hat sich nicht einmal darum „beworben". Wie selbstver- ständlich war er — Vizepräsident seit 1975 — da, als er gebraucht wurde; er stellte sich zur Wahl und wurde zweimal, 1978 bis 1979 und schließlich 1979 für vier Jahre, je- weils mit überwältigenden Mehr- heiten, gewählt. Seither „präsi- diert" er also dem Vorstand der Bundesärztekammer und dem Präsidium des Deutschen Ärzte- tages.

Der Vorstand der Bundesärzte- kammer: Das sind kraft Amtes die zwölf Präsidenten der nach Lan- desgesetzen gebildeten Ärztekam- mern; dazu die vom Deutschen Ärztetag jeweils für vier Jahre ge- wählte „Spitze" — der Präsident sowie die beiden Vizepräsidenten

— und zwei Vertreter der Gruppe der angestellten Ärzte, um deren Repräsentanz im Vorstand der Bundesärztekammer jedenfalls auch dann sicherzustellen, wenn unter den in ihren Landesberei- chen gewählten Kammerpräsiden- ten kein angestellter Arzt wäre.

(Von 1959 bis 1973 war schon ein- mal ein Krankenhausarzt, Prof. Dr.

med. Dr. h. c. Ernst Fromm, Chef- arzt der Bakteriologisch-Serologi- schen Abteilung am Allgemeinen Krankenhaus Hamburg-Harburg, Präsident der Bundesärztekam- mer wie jetzt Dr. med. Karsten Vil- mar, Oberarzt der Unfallchirurgi- schen Klinik am Zentralkranken- haus Sankt-Jürgen-Straße der Kli- niken der Freien Hansestadt Bremen.)

Der Deutsche Ärztetag, Hauptver- sammlung der Bundesärztekam- mer (Arbeitsgemeinschaft der Westdeutschen Ärztekammern), ist die Gesamtrepräsentanz der Ärzteschaft in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin

(West). Zur Vorbereitung und Durchführung der Deutschen Ärz- tetage wurde ein Präsidium gebil- det, in dem alle relevanten Grup- pierungen der Ärzteschaft reprä- sentiert sind. (Das Schaubild auf dieser Seite verdeutlicht die Orga- nisation.) Die Beschlüsse der Deutschen Ärztetage sind verbind- lich für die Bundesärztekammer und ihren Präsidenten. Sein Funk- tionieren ist Pflicht, selbst einmal gegen eigene Meinung. Aber so etwas kommt kaum vor; schließ- lich besteht ein umfassender Kon- sens zwischen der weit überwie- genden Mehrheit der wählenden Ärzte und ihrem gewählten Präsi- denten.

Präsident der Bundesärztekam- mer und des Deutschen Ärzteta- ges — das ist kein Repräsentier- posten, sondern schon allein mehr als ein Full-time-Job (von einer 40- Stunden-Woche in diesem Amt kann nicht die Rede sein) voller harter Arbeit, und zwar in einem Geschäft, das anderes und mehr verlangt als der erlernte Arztberuf (allerdings inhaltlich tief in diesem wurzelnd): Reden und Schreiben, Diskutieren und Verhandeln, Ta- gen und Abstimmen, Fahren und Sitzen, Lesen, und wieder: Erläu- tern und Bekräftigen, Zuhören und Leiten, Fordern und Leisten.

Und immer wieder auch am Ope- rationstisch; Vilmar: „In den letz-

ten Monaten leider recht selten."

Aber gerade in diesen Monaten und Wochen ist die ärztliche Selbstverwaltung gefordert wie selten, das verlangt letzten Einsatz gerade vom obersten „Funktio- när" dieser Selbstverwaltung, auch unter Hintanstellung der per- sönlichen Berufsausübung.

Reden: Von einem Präsidenten er- wartet man wohlgesetzte, aber auch pointierte Reden, Vorträge, die einerseits „staatsmännisch"

sein sollen, andererseits auch nicht zu lang, verbindlich im Ton und keineswegs unverbindlich in ihrem Gehalt. Sachlichkeit ist Vil- mars Stil. Aber Wortwitz darf sein, Schlagfertigkeit muß sein. Denn ohne kontroverse Diskussion geht gar nichts mehr. Und vom Präsi- denten wird stets der Wortsieg er- wartet.

Grußworte: Noch etwas „Mündli- ches" wird immer wieder vom Prä- sidenten erwartet — ein Grußwort zu jeder relevanten Veranstaltung.

Und der Veranstalter: aber „per- sönlich" kommen und sprechen!

Eine besonders zeitraubende Übung, die aber natürlich der Festigung von Beziehungen dien- lich ist.

Schreiben: Von mehr oder weni- ger emotionalen Ergüssen einmal abgesehen, die sich fast von selbst

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 17 vom 24. April 1980

1085

(2)

So funktioniert ein Prä- sident, z. B. Karsten Vilmar: eine der unge- zählten Sitzungen, hier die Delegiertenver- sammlung in Bremen (links); nicht immer ist ein Interview so be- quem wie im Studio (links unten); Studium im eigenen (häusli- chen!) Aktenkeller (links); Stimmabgabe für die Ärzte der Bun- desrepublik Deutsch- land beim Weltärzte- bund (unten)

Fotos: Bohnert-Neusch (4), Gordian Vilmar (2), Darchinger (1), Munker (1), Stoss (1)

"

Bericht und Meinung

niederschreiben (auch und gerade an den Präsidenten!) — es kostet manchen Arzt schon einige Über- windung, einmal einen Leserbrief zu schreiben, wenn er etwas Klu- ges mitzuteilen hat —, von einem Präsidenten erwartet man mehr:

wohlüberlegte, ausgefeilte Aufsät- ze, die wegen ihrer Differenziert- heit — der Diffenziertheit der Be- rufs-, Gesundheits- und Sozialpo- litik entsprechend — oft viele Druckseiten beanspruchen (und die Absatz für Absatz noch nach Jahren politisch zitierfähig sein sollen und müssen). Jede Zeit- schrift von Rang und Namen er- wartet vom Präsidenten nicht nur einen Originalbeitrag, sondern auch einen originellen.

Gespräche: Gespräche sind Vil- mars besonderer Stil. „Wegen der im Einzelfall außerordentlich

schwierigen Sachverhalte und der leider noch nicht zum Allgemein- gut gewordenen Erkenntnis, daß auch im Gesundheitswesen die Bäume nicht in den Himmel wach- sen und wir daher einen möglichst effizienten Einsatz der begrenzten Ressourcen erreichen müssen, führt ein Abtausch von Schlagwor- ten nicht weiter. Es sind vielmehr intensive Gespräche mit allen Be- teiligten, insbesondere Politikern und politischen Parteien, Kran- kenkassen und Versicherungen, Gewerkschaften und Verbänden, nötig, wenn sachgerechte Lösun- gen gefunden werden sollen.

Selbstverständlich gehört dazu auch eine intensive Information der Öffentlichkeit, für die das Ver- ständnis der Medien eine ent- scheidende Voraussetzung ist." — Das waren programmatische Sät- ze nach der Präsidentenwahl.

Wie viele Gespräche dieser Art Vil- mar seither führte, hat niemand mitgezählt (aber welcher Arzt ad- diert schon alle seine Einzellei- stungen). Daß ein Präsident sein Programm realisiert, ist eine Selbstverständlichkeit. Vilmar ver- sucht daher seine Überzeugungs- kraft an allen: Er sprach mit Car- stens, Kohl, Brandt und Genscher so intensiv wie mit Frau Huber, mit Ehrenberg, Wehner, Mischnik oder Scheel (um nur ein paar Na- men aus dem breiten Gesprächs- spektrum zu nennen, das selbst- verständlich auch die Fachpoli- tiker aller Fraktionen und alle gesellschaftspolitisch relevanten Gruppen umfaßt).

Vom Präsidenten erwartet man al- lerdings nicht nur, daß er etwas tut, sondern daß dies dann auch etwas bewirkt. Hat es also etwas

(3)

... in weiteren Funktionen: als Redner (1.); bei einer Ärztetagssitzung, umringt von Mitarbeitern und Delegierten (oben); optischer Kontrast: bei der Ausübung seines Arztberufes (r. 0.); im Gespräch mit politischer Prominenz, z. B. mit Bundesministe- rin Antje Huber (I. u.) und mit Bundespräsident Prof. Dr. Karl Carstens — quasi ein „Schultreffen" zweier Bremer (siehe auch Seite 1153 dieses Heftes)

genutzt? Zwischenbilanz: Tat- sächlich hat sich bei manchem Partner, um nicht zu sagen: Geg- ner, die Bereitschaft zu einem Ge- spräch überhaupt erst einmal ent- wickelt. Das Angebot zu einem sachlichen Dialog hat die Sach- lichkeit beim Partner, sogar beim Gegner, gefördert. Und: Die Ärzte- schaft hat bei manchem Ge- sprächspartner einiges Verständ- nis für ihre Argumente gefunden;

Polarisierungen sind abgebaut worden, ohne jedes Aufgeben grundsätzlicher Positionen.

Selbstverständlich führt nicht je- des Gespräch gleich zu einem handfesten Ergebnis, zum hand- greiflichen Nutzen für Arzt und Pa- tient. Wie überhaupt dieser Prozeß der sachlichen Auseinanderset- zung deutlich macht, daß die Ärz- teschaft keinesfalls die totale Be-

friedigung eines Gruppeninteres- ses von der Öffentlichkeit erhoffen darf, so wenig wie dies die eine oder andere Ärztegruppe von der Gesamtärzteschaft erwarten kann.

Im Verhältnis zur Öffentlichkeit, auch diese Erkenntnis verbreitet sich, hat „der Arzt" keine isolierte Stellung, quasi im luftleeren Raum; es besteht eine unleugbare Wechselbeziehung zwischen ihm und der Gesellschaft, die ihn selbstverständlich mehr und bes- ser akzeptiert, wenn sichtlich ho- he Leistung erbracht wird.

Öffentlichkeitsarbeit: Selbstver- ständlich gibt es im Dialog mit der Öffentlichkeit auch Rückschläge, eher aber aus Mißverständnissen resultierend. Jedenfalls wird nicht länger jede Äußerung der ärztli- chen Selbstverwaltung pauschal mit dem Schlagwort abgetan, das

alles sei nur „Interessenpolitik".

Dennoch: Es ist und bleibt schwie- riger, der breiten Öffentlichkeit den Ärztestandpunkt klarzuma- chen als etwa einem fachlich ver- sierten Politiker. Ungezählt blie- ben die Pressekonferenzen und -gespräche, die Besuche in Re- daktionen, die Namensartikel für Zeitungen und Illustrierte, Inter- views aller Art, die wohlvorbereite- ten und die unter besonderem Zeitdruck (die verdammten Tele- foninterviews mitten in anderer Ar- beit) — mühevolle Kleinarbeit, de- ren Ergebnis oft den am meisten enttäuscht, der sie leistet.

Da gibt es zwar die schriftliche Presseerklärung; diese müßte am ehesten die exakte Verbreitung der eigenen Meinung garantieren,

— meint man. Da aber jede Pres- seagentur, jeder Journalist sol-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 17 vom 24. April 1980 1087

(4)

Wie funktioniert ein Präsident

chen Text im Hinblick auf den er- warteten Leserkreis und nach ei- genem Stilempfinden umformu- liert - und sei es nur, um nicht wortwörtlich dasselbe zu verbrei- ten wie die "Konkurrenz" -, ver- mitteln "die Medien" selten einen bekanntgegebenen Beschluß, ei- ne kundgegebene Meinung genau so, wie sie postuliert waren. Wer nicht selbst Akten, Urkunden, Do- kumente im Orignial liest, sondern

auf "die Medien" angewiesen ist,

der kann sich gar nicht vorstellen, wie mehr oder weniger weit er ge- legentlich von "der Wahrheit" ent- fernt ist.

Absichtliche Aussage- und Tatsa- chenverdrehungen sind indes sel- ten. Sie beschränken sich in der Regel auf den Agitationsjournalis- mus in einigen "Magazinen". Agi- tationsjournalismus kommt aber auch in der medizinischen Presse vor, sei es, daß eine besonders ge- schäftstüchtige Wochenzeitung aus kommerziellen Gründen prin- zipiell alles, was in ärztlicher Selbstverwaltung geschieht, pole- misch attackiert, sei es, daß einzel- ne Gruppeninteressen (und seien es auch nur vermeintliche) in ex- tremer Schärfe gegen die mehr- heitliche Meinungsbildung inner- halb der Selbstverwaltung und oh- ne Rücksicht auf die Gesamtinter- essen der Ärzteschaft propagiert werden.

Am besten artikuliert sich der Prä- sident natürlich in der "eigenen"

Presse -obgleich auch dort nicht jeder Bericht über ihn, jeder Satz, jedes Wort "amtlichen" Charakter hat. Auch das Ärzteblatt ist schließlich nur ein "Medium". Zu- dem: Eine Zensur findet nicht statt.

~ Wer es auf Punkt und Komma genau wissen will, was der Präsi- dent vertritt, der braucht nur zu lesen, was er schreibt, beispiels- weise: in diesem Heft. Lesen muß man allerdings selbst - was übri- gens Gegner der Ärzteschaft und deren Selbstverwaltung beson- ders aufmerksam tun!

ÄRZTEKAMMER BREMEN

KÖRPERSCHAFT DES ÖfFENTLICHEN RECHTS DER PRÄSIDENT

Herrn Dr. med.

und Frau Dr. med.

28oo Bremen

28 BREMEN, DEN 8. April 1980

SCHW ... CHHAUSfll. HEEIISTR. 20/28

~:LzE:~~~:0051 Dr. V. /M.

Sehr verehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege!

Ich bestätige den Eingang Ihrer Kammerbeiträge für 1980.

Da Sie die Beitragszahlungen mit dem Vermerk "unter Zwang gezahlter Beitrag für 1980 als Zwangsmitglied" gekenn- zeichnet haben, möchte ich Sie iiber die Zusammenhänge aufklären. Sie sind Bürger der Bundesrepublik Deutschland und nicht etwa Zwangsbürger, denn im Gegensatz zu einem anderen deutschen Staat können Sie diese Bundesrepublik Deutschland jederzeit verlassen. Solange Sie aber freiwillig in der Bundesrepublik Deutschland bleiben wollen, müssen Sie sich nach den in diesem Staat geltenden "Spielregeln" richten, die durch Bundes- und Landesparlamente in Gesetzen auf der Basis unseres Grundgesetzes und der Landesverfassungen ge- regelt sind.

So müssen Sie als Bürger dieses Staates z. B. Steuern,nicht etwa Zwangssteuern zahlen und Sie sind - hoffentlich - nicht etwa mit einem Zwangs-Ehe-Partner verheiratet.

Wenn Ihnen bei aller Freiheit in unserem Staat dennoch die Mitgliedschaft in der Ärztekammer Bremen und daraus resul- tierende Beitragspflicht als Zwang erscheint, können Sie sich dieses Zwanges ohne weiteres entledigen.· Sie brauchen nur auf rhre Approbation als Arzt zu verzichten und damit auf die ärztliche Berufsausübung und sind schon von der Kammermit- gliedschaft und der Beitragszahlung befreit. Sie befreien sich damit zugleich von dem Zwang, Honorare oder Gehälter für ärztliche Arbeit entgegennehmen zu müssen, woraus wiederum eine Reduzierung Ihrer Zwangs-Verpfiichtungen gegenüber unserem Staat resultiert.

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich gelegentlich wissen ließen, welchen der Ihnen aufgezeichneten Wege Sie zu be- schreiten gedenken oder ob Sie von Ihren Zwangs-Vorstellungen Abstand nehmen wollen.

Mit freundlichen Grüßen Ihr

(Dr. Vilmar)

Verteidigung der freiheitlichen Selbstverwaltung aus tiefster Überzeugung

Übrigens wird vieles in der ärztli- chen Presse auch mit dem Blick auf eine mitlesende Öffentlichkeit geschrieben. So funktioniert ein Präsidenten-Aufsatz sowohl nach innen als auch nach außen ...

Eine-Minute-Interview: Extremer Gegensatz zu allen schriftlichen Äußerungen - das "Eine-Minute- Fernsehinterview" (auch hier hat- außer den Sekunden - niemand mitgezählt). Vom Präsidenten wird erwartet, daß er auf eine x-beliebi- ge Frage hin innerhalb eines "50- Sekunden-Statements" den ärztli- chen Standpunkt darlegt, fachlich korrekt (für die zuschauenden Kol- leginnen und Kollegen) und allge- meinverständlich {für alle anderen Zuschauer und Zuhörer). Zwanzig

Sekunden zu lange gesprochen, das beschwört dann die Gefahr ri- goroser Kürzung herauf. Man merkt einen solchen "Schnitt", wenn die Satzmelodie nicht tief, sondern hoch endet- und der ln- halt dem Kenner höchst unvoll- ständig erscheint. Letzteres ist aber auch unvermeidbar, wenn die Interviewzeit von 60 Sekunden ex- akt eingehalten wird, worin ein Präsident (oder Vorsitzender) Routine entwickelt. Das undank- barste aller "Präsidentengeschäf~

te". Aber es gibt nur eine Wahl:

Mitmachen, oder die Stimme der Ärzteschaft bleibt völlig ungehört.

Grundsatz-Programm: Derselbe Präsident sitzt stunden-, tage- und nächtelang bei der Arbeit an ei-

(5)

nem Dokument, das wirklich ein- mal „den ganzen ärztlichen Stand- punkt", in aktueller Fassung, dar- stellen wird. Hier hat er allerdings, im Gegensatz zu seinen persönli- chen, mündlichen oder schriftli- chen Äußerungen, etliche Helfer.

Gemeint ist, beispielhaft für viele andere schriftliche Stellungnah- men zu Einzelthemen, die Arbeit am „Blauen Papier", den zusam- mengefaßten „Gesundheits- und sozialpolitischen Vorstellungen der deutschen Ärzteschaft", die beim nächsten Deutschen Ärzte- tag im Mai in Berlin von den 250 Delegierten aus allen Kammerbe- reichen beraten und verabschie- det werden sollen. Eine Heidenar- beit, von außerordentlicher Be- deutung. Da wurde zwei Jahre lang entworfen und verworfen, formuliert und gestrichen, zur Dis- kussion gestellt und abgestimmt.

Ein schwieriger, langwieriger Ar- beitsprozeß, einer gesonderten Würdigung wert —, aber warten wir mit allen künftigen Lesern das Er- gebnis dieser Arbeit noch einige Wochen ab.

Ämter: Bedenkt man den Kraft- und Zeitaufwand all dieser Aktivi- täten, dann wird verständlich, daß Vilmar seit seiner jüngsten Wahl zum Präsidenten der Bundesärzte- kammer und des Deutschen Ärzte- tages kein Amt dazugenommen, sondern eines abgegeben hat.

Vier Jahre (ab 1975) war er 1. Vor- sitzender des Verbandes der ange- stellten und beamteten Ärzte Deutschlands — Marburger Bund;

Ende 1979 stellte er sich dort nicht mehr zur Wiederwahl, zu groß wa- ren die Belastungen, einerseits im Beruf und andererseits im Präsi- dentenamt, das wirklich kein

„Pöstchen" ist.

Selbstverwaltung: Der Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages steht an ei- ner Spitze der ärztlichen Selbst- verwaltung, um nicht zu sagen: an

der Spitze (neben der in den Kam- mern öffentlich-rechtlich begrün- deten allgemeinen ärztlichen Selbstverwaltung gibt es ja auch die ebenfalls öffentlich-recht-

Wie funktioniert ein Präsident

lich konstituierte kassenärztliche Selbstverwaltung). Vilmar war schon ein engagierter Fürspre- cher der ärztlichen Selbstverwal- tung, als er in ihr noch keineswegs eine Spitzenfunktion hatte. Man kann vermuten, daß diese Grund- haltung aus dem Elternhaus stammt: der Vater war bis vor we- nigen Jahren niedergelassener Arzt in Bremen. So etwas prägt:

Individuelle Krankenversorgung, das ist eben kein Funktionärs- schlagwort — freiheitliche Selbst- verwaltung des Arztberufs, das ist eben kein Funktionärsargument, sondern beides ist erlebte Berufs- wirklichkeit und -notwendigkeit.

Selbstverwaltung in Freiheit und Verantwortung, das ist für Vilmar wie für* die weit überwiegende Mehrheit der deutschen Ärzte ein Garant für die Sicherung des frei- heitlich-sozialen Systems unserer Gesellschaftsordnung auch im Be- reich des Gesundheitswesens. Da- bei dient weder „die Selbstverwal- tung" noch ihr Präsident Grup- peninteressen. Vilmar vertritt das Ganze, wie es seiner Grundüber- zeugung entspricht: „In allgemein soziologischen, berufsrechtli- chen, berufsethischen Fragen kann es keinen Unterschied zwi- schen der ärztlichen Berufsaus- übung in freier Praxis und in An- gestellten- oder beamteten Posi- tionen geben, solange die dem Freien Beruf eigentümliche beruf- liche Entscheidungsfreiheit exi- stiert und jederzeit ein Wechsel in die Freiberuflichkeit möglich ist, der Beruf also nicht ausschließlich in abhängiger Stellung ausgeübt werden muß."

Der Auftrag: Der Deutsche Ärzte- tag hat 1978 in einer Erklärung konstatiert: Die berufspolitische Arbeit in der Verteidigung der frei- heitlichen Berufsausübung des Arztes, als entscheidender Beitrag zur Wahrung der berechtigten In- teressen der Patienten, wird kon- sequent weitergeführt. Das war ei- ne einmütige Bekundung des Wil- lens der Delegierten und ein Auf- trag: der Präsident erfüllt ihn, er funktioniert. R/DÄ

Freiheit

in der ärztlichen Berufsausübung

• Fortsetzung von Seite 1084

ders im Zusammenhang mit der gleichzeitig forcierten Weiterent- wicklung der Medizintechnik be- fürchtet werden müssen.

Wenn die in den nächsten Jahren möglicherweise über den Bedarf hinaus die Hochschulen verlas- senden Studienabgänger keine Arbeitsmöglichkeit im Kranken- haus finden, sondern genötigt sind, sich nach Abschluß ihrer Ausbildung sofort in freier Praxis niederzulassen, kann dadurch nicht nur die für freiberufliche Tä- tigkeit erforderliche wirtschaftli- che Existenzgrundlage berührt werden, es sind vielmehr auch Einschränkungen der beruflichen Freiheit vorstellbar, wenn etwa Entscheidungen getroffen werden sollten, die nicht von dem Gedan- ken an Gegenleistung und Gewinn frei sind. Eine derartige Ein- schränkung beruflicher Freiheit ist natürlich ebenso im Angestellten- verhältnis denkbar, wenn Konkur- renzdruck und Existenznot dazu führen sollten, daß fachfremde ad- ministrative Einflüsse bei der Ge- staltung der Arbeitsbedingungen der Ärzte akzeptiert werden müs- sen. Diesen, in erster Linie für den Patienten schädlichen Entwick- lungen ist nicht mit subtilen büro- kratisch-technokratischen Rege- lungsmechanismen zu begegnen.

Verwalteten Ärzten entsprechen verwaltete Patienten. Im Interesse des Gestaltungsfreiraumes und der Individualität eines jeden Men- schen und der gerade angesichts von Krankheit, Leiden und Tod höchst unterschiedlichen Bedürf- nisse der Patienten müssen daher alle dem Pluralismus und der Ge- staltungsmöglichkeit für den ein- zelnen Menschen verpflichteten

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 17 vom 24. April 1980 1089

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Die Kritiker kamen aus der an Zahl kleinen, aber ungemein rühri- gen oppositionellen Gruppierung, die auf den Arztetagen schon seit ei- nigen Jahren auftritt und zur Zeit et- wa

Ironie, auf die sich Vilmar durchaus versteht, ist nicht unbedingt Sache von Hörfunk und Fernsehen.. Karsten Vilmar hat seine Sache – und das ist die Vertretung von Patien-

Jedermann weiß, daß infolge immer bequemerer Lebensumstän- de die Menschen auch immer länger Freude am Leben haben können.. Jedermann weiß, daß der medi- zinische Fortschritt

tiert werden, und trotz aller Fort- schritte und immer noch unaufge- klärter Zusammenhänge mensch- lichen Lebens gibt es in der Welt eine einheitliche Auffassung über das

Naturkatastrophen in drei norddeutschen Bundesländern, verschiedene Großunfälle, aber auch technische Katastrophen in Industrieländern mit einer Vielzahl von Verletzten und Toten

Vilmar bezeichnete eine solche Vorbereitungszeit aller- dings als eine vorübergehende Notlösung, „bis der Staat endlich den ihm obliegenden Ausbil- dungsverpflichtungen gerecht

In England aber, das in Sachen Sterbehilfe schon seit den 30er Jahren eine gewisse Vorreiterrolle spielt, fordert die Ge- sellschaft für freiwillige Euthanasie, auch unter den

Karsten Vilmar bei der konsequenten Vertretung solcher Prinzipien, sachbezogen und kenntnisreich bis ins Detail, in ungezählten Verhandlungen, Gesprächen, Veranstaltungen,