BUNDESARZTEKAMMER
••(ARBEI'T'SGEMEINSCHAFT DER WESTDEUTSCHEN ÄRZTEKAMMERN)
DEUTSCHER ÄRZTETAG
PRÄSIDENT
KÖLN 41, den 16.4.1986 Sehr verehrte Frau Kollegin,
sehr geehrter Herr Kollege !
Gerade in der jüngsten Vergangenheit wurde mehrfach über Naturkatastrophen in Südamerika, aber auch über technische Katastrophen, wie in Indien, berichtet. Vor diesem aktuellen Hin- tergrund überreiche ich Ihnen heute die vom Wissenschaftlichen Beirat und der Ständigen Kon- ferenz "Sanitätswesen im Katastrophen-, Zivilschutz und in der Bundeswehr" erarbeitete und vom Vorstand der Bundesärztekammer verabschiedete "DENKSCHRIFT KATASTROPHENMEDIZIN".
Naturkatastrophen in drei norddeutschen Bundesländern, verschiedene Großunfälle, aber auch technische Katastrophen in Industrieländern mit einer Vielzahl von Verletzten und Toten ver- anlaßten die Bundesärztekammer und ihren Wissenschaftlichen Beirat, sich mit den besonderen Fragen der Katastrophenmedizin zu befassen. Dabei stellten sich Schwachstellen des Gesund- heitswesens im Katastrophenfall heraus, durch die ein Versagen der medizinischen Hilfelei- stung auf allen Ebenen zum Schaden der betroffenen Bürger geradezu programmiert ist. Nach mehrjähriger Arbeit konnte im Dezember 1984 eine Denkschrift erstellt werden, die sich mit Fragen des ärztlichen Einsatzes bei Katastrophen und Großunfällen im zivilen Bereich befaßt.
Nach ergänzenden Beratungen im Ausschuß und der Ständigen Konferenz "Sanitätswesen im Kata- strophen-, Zivilschutz und in der Bundeswehr" der Bundesärztekammer konnte die DENKSCHRIFT KATASTROPHENMEDIZIN am 12. Mai 1985 vom Vorstand der Bundesärztekammer verabschiedet werden.
Staatliche Organe haben die Verantwortung und den vom Grundgesetz vorgegebenen Auftrag, die Voraussetzungen für ärztliche Hilfe bei Unglücksfällen, Großschadensereignissen und Katastro- phen zum Wohle betroffener Bürger zu schaffen.
Katastrophenmedizin ist Teil des Katastrophenschutzes, der im Sinne der Artikel 35 und 74 GG in die Zuständigkeit der Länder fällt. Er ist gekennzeichnet vom Mißverhältnis zwischen der Zahl der Hilfebedürftigen und der zur Hilfe Fähigen sowie der dazu notwendigen materiellen und organisatorisch-logistischen Ressourcen. Die Ärztekammern haben auf der Grundlage der Heilberufsgesetze die Pflicht, auf Mängel hinzuweisen. Sie bestehen darin, daß vor allem Ret- tunzsdienst-, Feuerwehr- und Polizeigesetze und andere Rechtsgrundlagen keine ausreichenden rechtlichen Regelungen für den Einsatz von Ärzten entsprechend ihrer Verantwortung treffen, die von den Hilfsorganisationen nicht übernommen werden kann.
Die "DENKSCHRIFT KATASTROPHENMEDIZIN" soll Anregungen zur Verbesserung und Harmonisierung der gesetzlichen Grundlagen geben. Um eine bestmögliche katastrophenmedizinische Versorgung und eine bewußtere Katastrophenprävention zu ermöglichen, bitte ich Sie, unser Anliegen zu un- terstützen.
Mit freundlichen Grüßen
(Dr. med. Karsten Vilmar)
Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 16 vom 16. April 1986 (21) 1093