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Archiv "Die Eröffnungsveranstaltung: Gesundheitspolitik ist auf Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft angewiesen" (18.05.1989)

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form" des Deutschen Bundestages, die im Oktober 1988 allerdings ledig- lich einen Zwischenbericht vorgelegt hat und deren Abschlußbericht Ende 1990 zu erwarten ist. Die schlichte Forderung nach einer „besseren, vernünftigen Gesundheitspolitik"

reicht nicht aus; sie ist ebenso schäd- lich wie politisches Desinteresse.

• Bei einem Vergleich der un- terschiedlichen Programme und Vorstellungen zur Gestaltung unse- res Gesundheitswesens mit den zu- letzt vom 89. Deutschen Ärztetag in Hannover mit großer Mehrheit bei nur 7 Gegenstimmen und 4 Enthal- tungen verabschiedeten „Gesund- heits- und sozialpolitischen Vorstel- lungen der deutschen Ärzteschaft"

ist unschwer zu erkennen, wo die größte Übereinstimmung besteht, welche Vorstellungen unvereinbar miteinander sind und welche Konse- quenzen sich daraus ergeben.

Der schlichte Ruf nach Alterna- tiven oder politische Abstinenz aus Enttäuschung oder Verärgerung könnten sonst allzu leicht „Wen- demarken" setzen, die sich später als Symbol eines Pyrrhus-Siegs er- weisen.

Um auch künftig eine möglichst gute individuelle ärztliche und medi- zinische Versorgung zu sichern und der allen Ärzten gemeinsamen Auf- gabe gerecht zu werden, das Leben zu erhalten, die Gesundheit zu schützen und wiederherzustellen so- wie Leiden zu lindern, muß ärztliche Argumentation in die politischen Entscheidungsprozesse einfließen.

Das erfordert kritisch konstruktive Diskussion. Pluralismus und Indivi- dualität dürfen dabei nicht zu Sprengsätzen oder Zersetzungspo- tentialen werden, die tragfähige Kompromisse und sachgerechte Lö- sungen behindern oder unmöglich machen. Toleranz gegenüber An- dersdenkenden ist auch hier nötig.

Maßstab für die ärztliche Argumen- tation muß das Streben bleiben, der Gesundheit des Einzelnen und der Bevölkerung nach besten Kräften zu dienen.

Für die alte ärztlich-ethische Regel „salus aegroti suprema lex"

gibt es keine „Wendemarke"!

Die Ehrwürdig,keit des Hauses (und damit das Protokoll) gestattete es diesmal nicht, daß der Präsident der gastgebenden Ärztekammer als erster das Wort nehmen konnte. Im Berliner Reichstagsgebäude, dessen Plenarsaal für die Eröffnungsveran- staltung des 92. Deutschen Ärzteta- ges am Nachmittag des 2. Mai zur Verfügung gestellt worden war, ist der Deutsche Bundestag Hausherr.

So kam es Dieter Julius Cronenberg als dessen Vizepräsidenten zu, die im weiten Dreiviertelrund versam- melten Teilnehmer dieses festlichen Treffens an historischer Stätte zu be- grüßen. Wer allerdings bei der Auf- reihung der prominenten Namen nach dem von Gesundheitsministe- rin Ursula-Maria Lehr auch mit je- nem von Norbert Blüm gerechnet hatte, mußte etwas zurückstecken.

Aus dem Bundesministerium für Ar- beit und Sozialordnung war Staats- sekretär Bernhard Jagoda nach Ber- lin zur Grußansprache delegiert wor- den. Und anstelle des neuen Re- gierenden Bürgermeisters Walter Momper, der just am selben Tag zur diplomatischen Vorstellungsvisite samt Erklärung der auf Rot-Grün geschalteten Senatspolitik nach Lon- den fliegen mußte, hatte sich Bürger- meisterin Ingrid Stahmer, zugleich Senatorin für Gesundheit und Sozia- les, noch kurzfristig in die Rednerab- folge einkorrigieren lassen.

Dieter Julius Cronenberg (FDP) leitete seine Ansprache mit der Fest- stellung ein, es sei eine gute Ent- scheidung gewesen, den diesjährigen Deutschen Ärztetag nach Berlin und zur Eröffnungsveranstaltung in den Reichstag zu laden. „Schließlich ist dies ein Jahr bedeutsamer Jubiläen.

So wurde zum Beispiel vor 70 Jahren

mit der Weimarer Reichsverfassung die Grundlage für den ersten demo- kratischen deutschen Nationalstaat geschaffen. Aber der Brand dieses Hauses in der Nacht zum 27. Febru- ar 1933 bedeutete das Ende der jun- gen Demokratie. Der Reichstags- brand war zum Fanal geworden für den Weg in den Unrechtsstaat und die nationale Katastrophe. Vor 40 Jahren wagten wir dann den zweiten, dauerhafteren Versuch. Mit dem In- krafttreten des Grundgesetzes und der Gründung der Bundesrepublik erhielt zumindest der freie Teil Deutschlands eine demokratische Grundordnung. Sie prägt unser aller Leben und Wirken bis heute. Sie si- chert uns die Freiheit und Selbstbe- stimmung, für die wir Deutschen so lange gekämpft haben. Mit der Wie- derherstellung des Reichstagsgebäu- des wollten wir deshalb bewußt ein Symbol schaffen für unser Bekennt- nis zur parlamentarischen Demokra- tie, zu einem friedlichen Europa und für unsere Hoffnung auf die Einheit des deutschen Volkes in freier Selbstbestimmung."

Freiberufler - Vorkämpfer für die Demokratie

Cronenberg, der daran erinner- te, daß auch der Bundesverband der Freien Berufe in diesem Jahr sein 40.

Jubiläum feiert, fuhr fort, heute — 40 Jahre nach der ersten Bundestags- wahl — mache das Wort von der Ver- trauenskrise gegenüber Politik und Parlament die Runde. „Das hat auch etwas zu tun mit der Dominanz des öffentlichen Dienstes unter den Ab- geordneten. Die Selbständigen und

Die Eröffnungsveranstaltung

Gesundheitspolitik ist auf Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft angewiesen

A-1496 (40) Dt. Ärztebl. 86, Heft 20, 18. Mai 1989

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Der Vizepräsident des Deutschen Bundesta- ges, Dieter Julius Cronenberg, begrüßte die Teilnehmer und Gäste des 92. Deutschen Ärztetages

Berlin erst recht nicht zum Experi- mentierfeld werden für eine andere, weniger freie Gesellschaft!"

Als Präsident der für den 92.

Deutschen Ärztetag gastgebenden Ärztekammer Berlin sprengte dann Dr. Ellis (Erich) Huber — abwei- chend von sonst bei solchen Eröff- nungsveranstaltungen beachteten Gepflogenheiten — sehr nachdrück- lich den Rahmen einer Begrüßungs- rede, um seine Vorstellungen von ei- ner „Wendezeit in der Medizin" al- len Zuhörern — unter ihnen auch mehrere Mitglieder des Bundestages

Frau Prof. Dr. Dr. h. c. Ursula Lehr, die Bun- desministerin für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit, bei ihrer Ansprache, über die auf diesen Seiten berichtet wird Freiberufler sind unter den Parla-

mentariern eine erschreckend kleine Minderheit." Schließlich seien es vor allem die Freiberufler gewesen, die als Ideenträger und Vorkämpfer für Demokratie, Liberalismus und Par- lamentarismus eingetreten waren.

„Nicht von ungefähr saßen allein 234 Arzte 1848 in der Frankfurter Pauls- kirche. In den 20er Jahren noch konnte ein Kinderarzt Finanzmini- ster werden. 1949 waren Freiberufler maßgeblich an der Gestaltung unse- res Grundgesetzes beteiligt. Heute sind neben der Vorsitzenden, der Grünen-Abgeordneten Wilms-Ke- gel, selbst im Gesundheitsausschuß des Deutschen Bundestages nur noch zwei weitere Ärzte vertreten."

Statt dessen wachse das Übergewicht der Beamten, die so selbst zum Kon- trolleur der Bürokratie und des öf- fentlichen Dienstes werden. Cronen- berg spielte auch auf die gewalttäti- gen Krawalle im Stadtteil Kreuzberg an.

„Hier, wie im übrigen Bundesge- biet, haben Wohlstand, Sicherheit und Freiheit ein Ausmaß erreicht wie nie zuvor in unserer Geschichte.

Dennoch wächst aus der sicherlich manchmal berechtigten Kritik an einzelnen Problemfeldern die Unzu- friedenheit am Ganzen. Das Ver- trauen in den Kurs der Vernunft wird aufgekündigt. Immer mehr Bür- ger folgen zweifelhaften, ja extremen Parteipropheten mit vermeintlichen Patentrezepten rechts und links un- seres Parteienspektrums. Diese Ent- wicklung", so mahnte Cronenberg,

„liegt nicht im Interesse der Bürger dieser Stadt, auch nicht im Interesse des Gesundheitswesens und der Ärz- te. Im Interesse der Patienten, für die Sie Verantwortung tragen, brau- chen wir ein Höchstmaß an Freiheit, eine freie Arztwahl und die Thera- piefreiheit."

Berlin brauche eine Politik, die Vertrauen schafft, Vertrauen bei al- len Deutschen. Trotz der ermutigen- den Entwicklungen, die sich hinter Begriffen wie Abrüstung und Pere- stroika verbergen — die Mauer, die diese Stadt teile, die Grenze, die durch unser ganzes Land, durch ganz Europa verlaufe, bleibe tödliche Wirklichkeit, sei keineswegs mensch- licher geworden. „Und deshalb darf

und zahlreiche Abgeordnete von Länderparlamenten — im einzelnen darzulegen. Einige Passagen aus dem vorbereiteten 14seitigen Rede- manuskript: „Die Revolution des Denkens und Erklärens in der Atomphysik, einer Königin unter den klassischen Naturwissenschaf- ten, ist in der Medizin bisher nicht angekommen. Diese ist großteils noch in der naturwissenschaftlichen Denkwelt des 19. Jahrhunderts ge- fangen. Die Physik hat begriffen, daß die Vorstellungen des Beobachters immer die Realität beeinflussen.

Medizin als objektive Naturwissen- schaft ist hilfloser Glaube, entspricht einer eigenständigen, aber mäch- tigen Ideologie. Das in der Medi- zin vorherrschende biomedizinische Denken ist heute naturwissenschaft- licher Anachronismus. Das Umden- ken — weg von der mechanistischen und hin zur ganzheitlichen Beschrei- bung der Wirklichkeit — erreicht noch zu langsam die Köpfe und Her- zen der Ärzte. Die Ärzteschaft steht jedoch vor der Entwicklung einer Theorie und Praxis der Humanmedi- zin, die das ärztliche Denken und Handeln in den nächsten Jahren re- volutionieren wird."

Und: „Beim vorletzten Ärztetag in der Stadt (Berlin) unterbrachen Demonstranten die Debatte über die Psychiatrie-Enquete. Der Gesund- heitsladen Berlin, Berliner Ärztin- nen und Ärzte setzten dem 83. Deut- schen Ärztetag den 1. Deutschen Gesundheitstag entgegen. Das war im Mai 1980. Diese Selbstdarstellung der Gesundheitsbewegung war ein Erfolg. Die Revoluzzer von damals sind jetzt mehrheitsfähig geworden und stellen heute den Vorstand der Ärztekammer Berlin . ."

Der nachfolgende Abschnitt der Eröffnungsveranstaltung im Reichs- tags-Plenarsaal führte in eine andere Realität zurück: Die Bundesministe- rin für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit, Prof. Dr. phil. Dr. h. c.

Ursula-Maria Lehr, die den Teilneh- mern die Grüße der Bundesregie- rung übermittelte, nahm sich unmit- telbar des Reizthemas Gesundheits- Reformgesetz an. Es gelte jetzt, „die unausweichlichen Anlaufschwierig- keiten" dieses Gesetzeswerks zu überwinden; es gelte, die heftige und A-1498 (42) Dt. Ärztebl. 86, Heft 20, 18. Mai 1989

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Auch der Präsident der Ärztekammer Berlin, Dr. Erich Huber, sprach ein Grußwort zur Eröffnung dieses Ärztetages

(Zu der noch in diesem Jahr er- forderlichen Umsetzung der EG- Richtlinie „Allgemeinmedizin" in in- nerstaatliches Recht und den Kon- zepten dazu nahm die Ministerin ebenfalls Stellung. Darüber hat das Deutsche Ärzteblatt bereits in einer Gesamtdarstellung auf „seite eins"

des Hefts 19 berichtet.)

Staatssekretär Bernhard Jagoda aus dem Bundesministerium für Ar- beit und Sozialordnung gab sich

„nach so einer excellenten Rede"

der Gesundheitsministerin selbstiro- nisch-bescheiden. Weil ja die Bun-

Staatssekretär Bernhard Jagoda vom Bun- desarbeitsministerium bei seiner Anspra- che

Anstelle des Regierenden Bürgermeisters von Berlin sprach Bürgermeisterin Ingrid Strahmer

desregierung mit „zwei Zungen, aber einer Sprache" auf diesem Ärztetag spreche, müsse er nun sehen, was an Ausführungen für ihn übriggeblie- ben sei, die er den Grüßen seines am Erscheinen verhinderten Ministers Blüm hinzufügen möchte. Auch Ja- goda griff dann unter anderem den Problemkreis Verbesserung der Volksgesundheit heraus: Hier habe sich die deutsche Ärzteschaft bereits hervorragende Verdienste erworben.

„Aber ich glaube, es wäre falsch, wenn die Politik diese Aufgabe den Ärzten allein zuweisen würde. Sie müssen nach wie vor ihren Beitrag dazu leisten, doch das Wachrütteln der Bevölkerung, sich gesunder zu verhalten, muß früher einsetzen — nicht erst in der Arztpraxis. Sonst kommt es für viele Menschen zu spät!" Hier bestehe ein großer Nach- holbedarf, sowohl durch die Schule als auch durch die Medien.

Die Berliner Bürgermeisterin und Senatorin für Gesundheit und Soziales, Ingrid Stahmer (parteilos, jedoch von der Alternativen-Liste nominiert), ließ in ihrer Ansprache keinen Zweifel an den einschlägigen Vorhaben der erst kürzlich aus der Taufe gehobenen rot-grünen Koali- tion: „Wir wollen Härten dieser so- genannten

Gesundheitsreform wie- der

rückgängig machen, die man den Bürgerinnen und Bürgern nicht zu- muten darf." Deshalb bereite die Gesundheitsverwaltung des Berliner kontroverse Debatte zu beenden und

sie durch eine sachliche Diskussion darüber zu ersetzen, was in der Ge- sundheitspolitik nach diesem Gesetz und ergänzend zu diesem Gesetz ge- schehen könne und geschehen müs- se. „Und es gilt vor allem, eine weit über das Gesetz und die von ihm ge- regelten Inhalte hinausgehende in- haltliche Thematisierung der Ge- sundheitspolitik zu erreichen, denn auch dabei werden Gruppeninteres- sen nicht unberührt bleiben kön- nen", betonte die Ministerin. „In un- serem pluralistischen und freiheit- lichen Gesundheitswesen, an dessen Erhaltung wir alle ein fundamentales Interesse haben, führt kein Weg dar- an vorbei, Übereinstimmung zu er- zielen." Alle Beteiligten sollten sich klar darüber werden, daß eine Um- orientierung der Gesundheitspolitik notwendig sei. „Hatten wir bisher in erster Linie eine Krankenversor- gungspolitik, so muß in Zukunft auch die Förderung und Erhaltung der Gesundheit mit Ziel und Schwerpunkt sein."

Die Ärzteschaft indes sei einer der wichtigsten Partner bei der Ent- wicklung gemeinsamer Strategien für ein geändertes Gesundheitsbewußt- sein der Bevölkerung und für eine verbesserte Prävention. „Ohne die Ärzte können wir in der Vorsorge keinen Erfolg haben", betonte Frau Lehr. „Gesundheitspolitik ist auf die Zusammenarbeit mit der Ärzte- schaft, auf ihre Anregungen, ihre Ideen, ihre Kritik angewiesen!" In- folge der veränderten Ausrichtung der Gesundheitspolitik werde der Arzt durch die Hereinnahme von Prävention und Verhaltensmedizin ein verbreitertes Arbeitsfeld und ei- ne Fülle neuer Aufgaben erhalten.

Er werde mehr als bisher informie- ren und stärker an der Gesund- heitserziehung beteiligt sein. „Wir rechnen fest mit Ihrer aller Bereit- schaft, sich diesen veränderten An- forderungen zu stellen, durch Fort- bildung Ihr Wissen über Nutzen und Möglichkeiten der Prävention abzu- runden und diese Erkenntnisse in der täglichen Berufsarbeit engagiert anzuwenden. Gehen Sie auf den Pa- tienten ein, überzeugen Sie ihn, denn nur so ist bei ihm eine Verhaltensän- derung möglich!"

Dt. Ärztebl. 86, Heft 20, 18. Mai 1989 (45) A-1499

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Senats zur Zeit drei Bundesratsin- itiativen vor. So solle die Zuzahlung bei Krankenhausaufenthalt sowie die Fahrkostenbeteiligung bei chro- nisch Kranken gestrichen, die Härte- fallregelung durch gestaffelte Ein- kommensgrenzen und gleitende Übergänge ergänzt, die Erprobungs- regelung zur Beitragsrückerstattung gestrichen werden.

„Wir wollen im Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen auch Vertreter der Naturheilkunde zulas- sen", fuhr Frau Stahmer — begleitet von unüberhörbarem Raunen vieler Zuhörer — fort, „und wir wollen in der studentischen Pflichtversiche- rung den früheren Rechtszustand wiederherstellen." Zweitens strebe der Berliner Senat eine Bundesrats- initiative zur Neuorganisation der Krankenversicherung an, „die auch die Ortskrankenkassen vor dem Aus- bluten bewahrt, und drittens setzen wir uns zusammen mit anderen Bun- desländern dafür ein, daß endlich ein bundesweites Leistungsgesetz die offenen Finanzierungsprobleme der Pflege löst".

Das dieser Abfolge der Reden sich anschließende Grundsatzreferat des Präsidenten der Bundesärzte- kammer und des Deutschen Ärzteta- ges, Dr. Karsten Vilmar, leitete zu den Beratungen des 92. Deutschen Ärztetages — am darauffolgenden Tag im Internationalen Congress Centrum Berlin — über. (Das Referat ist in diesem Heft in einer ergänzten Fassung auf den Seiten vor dem Be- richt über die Eröffnungsveranstal- tung dokumentiert.)

Dr. Karsten Vilmar überreichte bei der Eröffnungsveranstaltung die auf Beschluß des Arztetags-Präsidi- ums verliehene Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft an drei verdiente Ärzte und Wissenschaft- ler: Dr. med. et phil. Erich Graßl (München), Professor Dr. med. Dr.

phil. Dr. med. h. c. Heinrich Schip- perges (Heidelberg) und Professor Dr. med. Ernst-Eberhard Weinhold (Nordholz). Dr. Vilmar verlas den Tenor der Laudationes (deren Wort- laut ist bereits in Heft 19 veröffent- licht worden). Für die Laureaten dankte Professor Heinrich Schipper- ges bewegt in einer kurzen Anspra- che. HRS

Nicht jeder Arzt trägt ständig die ärztliche Berufsordnung unter dem Arm. Dennoch weiß er, daß er zur Fortbildung verpflichtet ist. Das ist nicht nur eine Ehrenpflicht. Sie ist in § 7 der Berufsordnung auch ko- difiziert.

Wer aber kennt nicht den Stoß- seufzer von Fortbildungsveranstal- tern, immer seien dieselben zu se- hen. Das Gegenargument liegt nahe:

viele bilden sich im stillen anhand der Literatur, nicht zuletzt der Fülle der Zeitschriften, fort. Und das läßt sich schlecht nachweisen.

Genau um diesen Punkt, den Fortbildungsnachweis, drehte sich der Tagesordnungspunkt 1 des 92.

Deutschen Arztetages in Berlin:

„Ärztliche Fortbildung". Zwei Refe- renten analysierten die Lage und stellten ihre Forderungen für die künftige ärztliche Fortbildung:

1> Dr. med. P. Erwin Oden- bach, Geschäftsführender Arzt der Bundesärztekammer und dort Leiter der Abteilung Fortbildung und Wis- senschaft, in dieser Eigenschaft einer der Gestalter auch der Fortbildungs- kongresse der Bundesärztekammer;

> Prof. Dr. med. Franz Carl Loch, Vorsitzender des Deutschen Senats für ärztliche Fortbildung, Präsident der Ärztekammer des Saarlandes und Mitglied des BÄK- Vorstandes. Der „Senat" ist der Fachausschuß der Bundesärztekam- mer für Fortbildungsfragen.

Ungeachtet des allseits aner- kannten hohen Stellenwertes der Fortbildung — Deutsche Ärztetage beschäftigen sich nicht allzu häufig mit dem Thema. Zuletzt stand es 1979 auf der Tagesordnung, davor 1975. 1979 hatte Odenbach mit sei- nem Referat über „Organisatorische Aufgaben der Ärztekammern als

Folge der Fortbildungsverpflichtung der Berufsordnung für die deutschen Ärzte" seinen Einstand als Leiter der einschlägigen Abteilung der Bundesärztekammer gegeben. In diesem Jahr zog er Bilanz.

Vor zehn Jahren hatte Oden- bach zwölf Empfehlungen für die ärztliche Fortbildung formuliert; sie sind es wert, auch heute noch zitiert zu werden, allein schon deshalb, um zu vergleichen, ob sich die Realität den Empfehlungen inzwischen genä- hert hat. Der Leser mag anhand ei- gener Erfahrung vergleichen. Oden- bachs Wunschliste von 1979 lautet:

Denkbar seien Empfehlungen, so Odenbach wörtlich:

O Zum Nachweis erbrachter Fortbildung durch Präsenz- und Selbstkontrolle

• Zur Anerkennung von Fort- bildungsveranstaltungen als fortbil- dungswürdig

Zur Planung, Vorbereitung, Durchführung und Finanzierung re- gionaler und lokaler Fortbildungs- veranstaltungen

• Zu organisatorischen Vor- aussetzungen in den Kammern für entsprechende Gestaltung der Fort- bildung bei Nachweis durch Präsenz- und Selbstkontrolle

• Zur Beachtung bei organi- satorischer und finanzieller Förde- rung von Fortbildungsveranstaltun- gen durch die Industrie

O Zur Förderung der Fortbil- dung von Referenten in didaktischer Hinsicht und in bezug auf die Ver- wendung neuer Medien

O Um allen Ärzten Gelegen- heit zu geben, sich sinnvoll fortbilden zu können

Ferner wären

• Nachweismöglichkeiten für individuelle Fortbildung durch Me-

Tagesordnungspunkt I

Zwölf Forderungen für die Fortbildung

A-1500 (46) Dt. Ärztebl. 86, Heft 20, 18. Mai 1989

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