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Archiv "Zwölf Thesen zur ärztlichen Fortbildung" (04.09.1975)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT Spektrum der Woche Aufsätze •Notizen

THEMEN DER ZEIT:

Zwölf Thesen zur ärztlichen Fortbildung

BLICK

ÜBER DIE GRENZEN

FORUM:

Progressivpflege im modernen Krankenhaus Diskussion

um Kuren und „Kuren"

BRIEFE

AN DIE REDAKTION

BEKANNTMACHUNGEN:

Kassenärztliche Bundesvereinigung:

Änderung des Arzt/Ersatz- kassenvertrages

Bundesärztekammer:

Strahlenschutzkurse für Ärzte

PERSONALIA

FEUILLETON:

Leben

mit Albert Schweitzer

0 Eine Problemanalyse der ärztli- chen Fortbildung zeigt: es gibt ein großes Angebot von Fortbildungs- möglichkeiten, das von der Ärzte- schaft in vielfältiger Weise genutzt wird. Aber das Angebot ist unge- ordnet und damit unübersichtlich, ist nicht genügend systematisiert und weist didaktische Schwächen auf. Es fehlt eine dokumentierte Er- folgskontrolle.

Ein Teil des ärztlichen Wissens veraltet relativ schnell. Ich sage bewußt: „Ein Teil", denn

— nicht das gesamte ärztliche Wis- sen veraltet schnell,

— der Anteil an dem Erfolg ärztli- chen Handelns, der mit dem Wort

„Erfahrung" umschrieben wird, darf nicht unterbewertet werden.

Ärztliches Handeln ist mehr als die Summation von Einzelwissen. Wer alle Fragen eines Tests richtig be- antwortet, ist nicht schon ein guter

Arzt. Aber es gilt selbstverständ- lich, daß konkretes und aktuelles Wissen die unerläßliche Vorausset- zung für wirkungsvolles ärztliches Handeln ist.

Der Arzt konzentriert sich im Laufe seines beruflichen Lebens auf einen bestimmten und im allge- meinen kleineren Teil der Heilkun- de, er setzt individuelle Schwer- punkte. Die Fortbildungsnotwen- digkeiten erstrecken und be- schränken sich — abgesehen von Notfallsituationen — auf den Be- reich der Heilkunde, in dem der einzelne Arzt tätig ist. Daraus folgt:

das Fortbildungsbedürfnis ist stets individuell zu sehen.

® Das Prinzip des lebenslangen Lernens gilt auch und gerade für den Arzt. Aber auch das Lernen muß gelernt sein. Unter anderem auch diesem Zweck dient das Me- dizinstudium bzw. diesem Zweck sollte es dienen. Die Approbations- ordnung für Ärzte, die für Prüfun-

Zwölf Thesen

zur ärztlichen Fortbildung

Fritz Beske

Staatlich reglementierte Pflichtfortbildung oder selbstverantwortli- che Gestaltung bewußt übernommener individueller Fortbildungs- pflichten — dies sind die Alternativen, die in der derzeitigen öffent- lichen Diskussion um die ärztliche Fortbildung erörtert werden. Der 24. Kongress für ärztliche Fortbildung in Berlin hat in seiner Eröff- nungsveranstaltung am 20. Mai 1975 — nur wenige Tage nach dem Ende des 78. Deutschen Ärztetages, der das Thema „Fortbildung"

umfassend und zukunftsweisend erörtert hatte — in einem Po- diumsgespräch ebenfalls Fragen der ärztlichen Fortbildung behan- delt. Die nachfolgenden zwölf Thesen zur ärztlichen Fortbildung von Staatssekretär Professor Dr. med. Beske waren eine Grundlage der Diskussion.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 36 vom 4. September 1975 2467

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Spektrum der Woche Aufsätze Notizen

Zwölf Thesen zur ärztlichen Fortbildung

gen nahezu ausschließlich das Multiple-Choice-Verfahren vor- schreibt, fördert nicht ausreichend das Lernen des Lernens. Das Er- gebnis ist vielmehr eine Verküm- merung der medizinischen Theorie und des Denkens in Zusammen- hängen, es fördert lediglich die Wiedergabe erlernten Einzelwis- sens. Auch aus der Notwendigkeit zur lebenslangen und individuell betriebenen Fortbildung ergibt sich die Forderung nach einer Ände- rung der Approbationsordnung.

O Die Weiterbildung endet mit der Anerkennung als Facharzt. Ich be- fürworte eine Facharztprüfung. Der Erlaß der Prüfungsordnung und die Durchführung der Facharztprüfung sollen ausschließlich der Selbstver- waltung der Ärzte durch die Kam- mern übertragen werden.

® Ich lehne eine staatlich regle- mentierte Zwangsfortbildung ab.

Ich befürworte eine Verbesserung der nach den Berufsordnungen vorgeschriebenen Fortbildung mit einer dokumentierten Erfolgskon- trolle. Dazu ist die Entwicklung von Selbsttestprogrammen und Selbst- lernprogrammen zur Überprüfung des eigenen Wissenstandes und zur Feststellung von Wissenslücken er- forderlich. Wir benötigen Nachwei- se der Effektivität der Fortbildung, nicht zuletzt als Rückkoppelungs- effekt für die Fortbilder.

Jeder Arzt muß aber die Möglich- keit haben, seine Fortbildung nach eigenen Bedürfnissen selbst zu or- ganisieren. Deshalb: Pflichtfortbil- dung nein — Fortbildungspflicht ja!

Auch in diesem Bereich warne ich vor dem Glauben, alles werde da- durch besser, daß man entweder zentralisiert oder in staatliche Zu- ständigkeit überführt.

O Die Kompetenz zur Regelung der ärztlichen Fortbildung liegt auf Grund der Kammergesetze bei den Ärztekammern. Hierbei soll es bleiben. Die Kammern haben für die Fortbildung kein Monopol, sie sollen es auch nicht haben. Sie ha- ben jedoch den Auftrag, dort, wo kein ausreichendes Fortbildungs-

angebot besteht, die Fortbildung anzuregen oder zu organisieren und im übrigen die Fortbildung zu koordinieren.

Alle Ärztekammern sollten Akade- mien für ärztliche Fortbildung er- richten. Ich begrüße ausdrücklich die Gründung der Deutschen Aka- demie für ärztliche Fortbildung in Bad Nauheim mit unterstützenden und koordinierenden Funktionen.

Desgleichen weise ich auf die

„Akademie Praxis und Wissen- schaft" in der Deutschen Gesell- schaft für Zahn-, Mund- und Kiefer- heilkunde hin mit ihren Lernzielka- talogen, einem geschlossenen

Lehrprogramm, das die jeweiligen Fortschritte berücksichtigt, und ei- nem Zertifikat mit der damit ver- bundenen Herausstellung derart fortgebildeter Zahnärzte. Jeder Arzt soll auf seinem Arztschild den Zusatz anbringen können: „Mit- glied der Akademie für ärztliche Fortbildung der Landesärztekam- mer", sofern er die vorgeschriebe- nen Voraussetzungen erfüllt.

® Eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für Fortbildungsfragen bestreite ich. Nach Art. 74 Nr. 19 des Grundgesetzes besitzt der Bund die konkurrierende Gesetz- gebung nur für die Zulassung zu den Berufen des Gesundheitswe- sens, nicht für die Fortbildung.

®

Der Motivierung zur Fortbildung dient auch die Qualitätssicherung wie z. B. die Qualitätssicherung im klinisch-chemischen Labor durch die Kassenärztlichen Vereinigun- gen. Denn Qualitätssicherungen zwingen zum qualitativ hochwerti- gen Handeln und damit zu konti- nuierlicher Fortbildung. Qualitätssi- cherungen sollten für weitere ärzt- liche Leistungen eingeführt wer- den, wozu u. a. die Diagnosestati- stiken Krankenhaus und allgemein das gehört, was im amerikanischen Sprachgebrauch als „medical au- dit" bezeichnet wird.

Die Zuständigkeit für die Qualitäts- sicherung gehört in die Selbstver- waltung, gehört damit in die Hände der Kammern der Kassenärztlichen

Vereinigungen, aber auch der Fachgesellschaften.

O Wichtige Forderungen für eine Effizienzverbesserung der Fortbil- dung sind:

I> Programmierung und Systemati- sierung der Fortbildung unter Be- rücksichtigung der Anliegen einzel- ner Berufssparten, wobei das „En- gagement der Vielen" nicht verlo- rengehen darf;

D Betonung einer praxisbezoge- nen Forbildung

I> Fortbildung der Fortbilder durch pädagogische und didaktische Schulung der Dozenten;

> stärkere Integration zwischen der Fortbildung der Ärzte und der Fortbildung für andere Berufe des Gesundheitswesens;

I> Förderung einer Forbildungsfor- schung, die praktisch anwendbare Ergebnisse erzielen soll.

• Gesagt werden muß aber auch folgendes: Fortbildung verursacht Kosten. Es wird wie selbstverständ- lich vom Arzt erwartet, daß er sei- ne Fortbildung selbst bezahlt. Dar- an sollte denken, wer über ärztli- che Einkommen spricht.

O Ich appelliere an die ärztliche Selbstverwaltung, ich appelliere an alle Ärzte, sich der Fortbildung in- tensiver und gezielter anzunehmen als bisher, um diesen Freiheits- raum eigener Gestaltungsmöglich- keiten zu erhalten. Gelingt dies nicht oder gelingt es nur unzurei- chend, so werden die Rufe nach der Zwangsfortbildung nicht ver- stummen — wobei anzumerken ist, daß die Rufer in aller Regel Perso- nen sind, die sich selbst einer Zwangsfortbildung mit Effizienz-

nachweis durch Prüfungen nicht unterziehen wollen.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Fritz Beske, Staatssekretär

23 Kiel 1

Brunswiker Str. 16 - 22

2468 Heft 36 vom 4. September 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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