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Archiv "Weiterentwicklung der ärztlichen Fortbildung" (29.05.1975)

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Weiterentwicklung

der ärztlichen Fortbildung

Referat zu Tagesordnungspunkt 3 des 78. Deutschen Ärztetages

Professor Dr. med. Albert Schretzenmayr

Über den Ablauf der Beratungen zu Tagesordnungspunkt 3 des 78.

Deutschen Ärztetages: "Weiterentwicklung der ärztlichen Fortbil- dung" wurde bereits in Heft 21/1975, Seiten 1674 ff., berichtet. Das Referat von Professor Dr. Albert Schretzenmayr (gehalten am 7. Mai 1975), das in dem Bericht lediglich referiert werden konnte, wird im folgenden im Wortlaut wiedergegeben. Schretzenmayr ist Vorsitzen- der des Deutschen Senats für ärztliche Fortbildung.

Der 56. Deutsche Ärztetag 1953 in Lindau, auf dem ich die Ehre hat- te, das erste und bisher einzige Fortbildungsreferat zu halten, hat den Weg der ärztlichen Fortbildung in der Bundesrepublik Deutschland bis heute durch zwei Richtungsan- zeiger vorfJezeichnet:

Q) Der gesetzliche Auftrag der ärzt- lichen Standesvertretung zur Fort- bildung wird nicht, wie in den mei- sten europäischen und außereuro- päischen Ländern, an die Universi- täten delegiert, sondern die Stan- desvertretung übernimmt selbst Planung, Organisation und Durch- führung der ärztlichen Fortbildung, wobei der Universitätslehrer als wichtiger, aber nicht als einziger Referent fungiert.

@ Die Förderung und Überwachung der ärztlichen Fortbildung wird dem Deutschen Senat für ärztliche Fortbildung übertragen, dem alle Fortbildungsträger und Fortbil- dungsinstitutionen des Bundesge-

bietes und des befreundeten Aus- lands angehören. Seine Funktion besteht nicht in Dirigismus oder gar Befehlserteilung, sondern wirkt durch Information und Kommunika- tion, durch Moderation und Bei- spielgebung. Der Deutsche Senat ist der Garant für die Freiheit der Fortbildung eines freien Berufes.

Retrospektiv dürfen wir die Be- schlüsse des 56. Deutschen Ärzte- tages in Lindau als weise und weitschauend bezeichnen. Sub hoc signo hat sich im Bundesgebiet - wieder im Gegensatz zu anderen Systemen in anderen Ländern - das in Methodik und Thematik reichhaltigste Fortbildungsangebot an die Ärzte entwickelt; dem riesi- gen Angebot entspricht die Nach- frage - die deutsche Ärzteschaft hat in völliger Freiheit und Freiwil- ligkeit auf eigene Kosten mit einer auch von unseren Kritikern nicht bezweifelten hohen Präsenz von die- sem Angebot Gebrauch gemacht und macht davon weiterhin noch

mit ansteigenden Präsenzzahlen Gebrauch.

Wenn mich nunmehr der Vorstand der Bundesärztekammer mit dem heutigen Referat beauftragt hat, über die zukünftige Weiterentwick- lung der ärztlichen Fortbildung zu sprechen, so geschah dies sicher nicht, weil die bisherige Aufwärts- entwicklung von Fortbildungsange- bot und -nachfrage ins Stocken ge- raten wäre oder weil - wie einige es fprmulierten - die ärztli·che Fortbildung krank geworden sei.

Es sind im wesentlichen zwei Gründe für mein heutiges Referat gegeben:

..,.. Jedes, auch ein gut funktionie- rendes System muß von Zeit zu Zeit neu durchdacht und den mo- dernen Entwicklungen von Wissen- schaft und Technik angepaßt wer- den.

..,.. Der Hauptgrund: Die moderne Lehr- und Lernpsychologie hat - speziell auch für die Erwachsenen- bildung - neue Erkenntnisse erar- beitet, die Veranlassung geben, als Parameter und Ziel der ärztlichen Fortbildung nicht allein die Prä- senz, sondern die Effizienz in den Vordergrund zu stellen.

Unter diesem Aspekt sehe ich, wenn wir das in 22 Jahren Erreich- te erhalten und nicht gefährden wollen, folgende zwei Möglichkei- ten einer Weiterentwicklung dieser unserer ärztlichen Fortbildung, nämlich

..,.. durch strukturverbessernde Maßnahmen und

..,.. durch strukturverändernde Maß- nahmen.

Lassen Sie mich ein paar Beispiele für Strukturverbesserungen geben:

Eine rein quantitative Vermehrung des Fortbildungsangebotes, wie es vor 22 Jahren dringend notwendig war, scheidet aus; jeder von uns weiß: noch mehr Kongresse, noch längere Vorträge oder Seminare würderi keine Steigerung bringen - unser he~tiges Angebot ist opti- mal, eher bedarf es in manchen

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Sparten der Konzentration, der Vermeidung von Überschneidun- gen oder eines Überangebotes.

Auch auf der Seite der Nachfrage in Form der Präsenz ist ein so ge- waltiges Wachstum wie in den letz- ten 22 Jahren nicht mehr zu erwar- ten; die Präsenzkurve steigt zwar immer noch etwas an, nähert sich aber einem Scheitelpunkt.

Qualitative Verbesserungen ohne strukturverändernde Eingriffe er- warte ich von folgenden Maßnah- men

O Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen dem Wissenschaftlichen Beirat der Bundesärztekammer und dem Senat für ärztliche Fort- bildung in Grundfragen der Thema- tik.

O Umbau und Ausbau des Fortbil- dungsteils des DEUTSCHEN ÄRZ- TEBLATTES, mit dem bereits be- gonnen wurde.

In diesem Zusammenhang ein Wort über Fortbildung durch Lek- türe und verwandte Verfahren:

Wir haben bisher fast nur von Kongressen und Präsenzen gesprochen. In der Tat haben wir alle in den letzten 22 Jahren bewußt und aus Gründen der Sichtbarmachung die Fortbildungs- veranstaltung, den Kongreß, die Zusammenkunft als die Methode der Wahl propagiert und herausge- stellt, während wir die „Fortbildung im stillen Kämmerlein" — wie wir es mit leicht ironischem Beige- schmack nannten — unterschätz- ten. Wir teilten die Kollegen ein in solche, die zur Fortbildung gehen, und solche, die man „nie auf einer Fortbildungsveranstaltung sieht", wobei wir stillschweigend unter- stellten, daß diejenigen, die „nicht gehen", auch nichts für ihre Fort- bildung tun würden. — Diese Un- terstellung ist sicher falsch! Aus vielen, gerade heute wieder bestä- tigten Umfragen wissen wir, daß für einen beachtlichen Teil der Ärzte

— nennen wir ihn den Lesetypus

— nicht der Congressus, sondern die Lektüre, das Selbststudium, die wissenschaftliche Arbeit, das Ton-

band, die Kassette, die Bildplatte usw. die Methode der Wahl, für vie- le die ausschließliche Methode der Fortbildung ist. Ich möchte die Ge- legenheit dieses Referates benut- zen, um eine Rehabilitation „der Fortbildung im stillen Kämmerlein", eine Rehabilitation des Lesetyps unserer Kollegen vorzunehmen und diesen Kollegen zu sagen, daß wir in Zukunft ihre Fortbildung gleichwertig neben diejenige der Congressisten stellen müssen und wollen, auch wenn die Lesetypen nicht nach außen sichtbar werden und nicht bereit sind, die stolzen Präsenzzahlen ehrgeiziger Kon- gresse steigern zu helfen. Diese

Viele Worte der Anerkennung fanden die Ausführungen von Professor Dr.

med. Albert Schretzenmayr über die ärztliche Fortbildung. Schretzenmayr gehört als langjähriger Vorsitzender des Deutschen Senats für ärztliche Fort- bildung und Kongreßorganisator zu den

„Fortbildungspionieren" der Bundesre- publik Foto: Eifrig

offizielle Gleichschätzung und Gleichstellung von Kongreßtyp und Lesetyp wird für die Weiterent- wicklung der ärztlichen Fortbildung von größter Bedeutung werden.

Für die Effizienzsicherung nämlich, auf die ich noch zu sprechen kom- me, ist es gleichgültig, in welcher Weise Wissen erworben wird, ob auf dem Kongreß oder „im stillen Kämmerlein" oder durch andere Fortbildungsmethoden!

Und nun zurück zum Ausgangs- punkt: Fortbildungsteil des DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATTES: Die Bun- desärztekammer hat für den Kon- greßtyp eine glanzvolle Fortbil- dungsheimat in Form der großen internationalen Kongresse geschaf- fen. Der Lesetyp der Ärzte hat An- spruch auf eine gleichwertige Hei- mat. Sorgen wir dafür, daß er sie im Fortbildungsteil des DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATTES findet!

• Weitere Strukturverbesserun- gen können sich aus der konse- quenten Anwendung der neuen Er- kenntnisse der Lehr- und Lernstra- tegie ergeben. Aus Zeitgründen darf ich auf die entsprechenden Protokolle der großen Senatssit- zungen und auf die einschlägigen Beiträge im DEUTSCHEN ÄRZTE- BLATT verweisen.

O Einen Begriff der Lehrpsycholo- gie darf ich gesondert kurz heraus- greifen, den Begriff der Lernmoti- vation: Herr Inspektor Müller be- sucht Fortbildungswochenendkur- se, läßt sich bezahlten Bildungsur- laub geben und wird schließlich Oberinspektor Müller. Seine Lern- motivation: mehr Geld, höheres Sozialprestige.

Wenn der Arzt zwei Wochen zur Fortbildung geht, gibt's weniger Krankenscheine bei der Abrech- nung, und seitdem die Fortbil- dung ein Politikum geworden ist, versuchen unsere Kritiker jeder in Freiheit und Freiwilligkeit erbrach- ten Fortbildungsleistung eine pre- stigemindernde Umdeutung anzu- hängen.

Lernmotivationen

Fragt man nun die Ärzte selbst bei ihrer Fortbildung nach ihrer Lern- motivation, so erhält man einmütig eine Antwort: Verantwortungsge- fühl für Patient und Beruf. So er- freulich diese ethische Lernmotiva- tion ist, so vorsichtig müssen wir sie für die Zukunft beurteilen: Es könnte sein, daß es unter dem Druck der Wissenslawine und der Auswahlmethoden des Numerus clausus einmal eine Ärztegenera-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 22 vom 29. Mai 1975 1713

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Ärztliches Informations- und Kommunikations-Zentrum

1 I I

Berater-Kliniken und Institute

Service Beratungsarzt

vom Dienst

Notfall- Schnell-Information

Fernseh-Zeitung für Ärztl. Fortbildung

und Berufspolitik

Audiovisuelle Fortbildung Leitartikel, Referate, Übersichten, Kommentare,

auf Abruf

Ca. 90% der Fragen durch Speicher beantworten

Ca.10°/o erfordern persönliche Rücksprache

Kabel-Fernsehen

12■ 11M1111111111

4fel:

Arzt in Praxis und Klinik

Code-Wörterbuch

Zweigstelle im Auto (Landärzte/Notfallwagen)

Die Abbildung zeigt in schematisierter Form das Modell eines „Ärztlichen Informations- und Kommunikations-Zentrums", in das der Referent seine Vorstellungen von einer künftigen Organisationsform für die ärztliche Fort- bildung kleidete. Nähere Erläuterungen finden sich vor allem unter Ziffer 5 des Referates (ab Seite 1714)

tion gibt, die den Arztberuf nicht als Berufung, sondern als Job be- treibt: damit könnte der heutigen Lernmotivation der Boden entzo- gen werden.

Unsere englischen Kollegen den- ken hier realer. Ich darf als Modell einer finanziellen Lernmotivation die Regelung im National Health

Service anführen: Es entspricht jahrhundertealter englischer Ärz- tetradition, daß die berufliche Er- fahrung honoriert wird; dement- sprechend erhält der englische Kassenarzt nach Erreichung der Altersstufen 48, 54 und 60 jeweils ein höheres Honorar, das soge- nannte seniority payment. Seit 1966 ist nun das seniority payment mit

der Fortbildung gekoppelt; die hö- here Honorierung tritt nur in Kraft, wenn der englische Arzt die vorge- schriebene Fortbildung nachweist.

Erfolg:

Anstieg der Fortbildung von 20 auf 80 bis 90 Prozent; soweit das eng- lische Modell.

Übertragen auf die Bundesrepublik kann das nicht bedeuten, daß nun auch die Kassenärztlichen Vereini- gungen eigene Kongresse oder Kurse durchführen, zumal ja in un- serer Fortbildung der Kassenarzt seit eh und je das Zielobjekt ist.

Ich könnte mir aber vorstellen, daß die Kassenärztlichen Vereinigun- gen durch flankierende Maßnah- men aktiv das Fortbildungsgesche- hen fördern würden. Das englische Modell ist eine von mehreren Mög- lichkeiten, die sowohl die kassen- ärztliche Erfahrung wie die Fortbil- dung des Kassenarztes berück- sichtigt, und deshalb durfte ich Ih- nen dieses Modell kurz vorstellen.

Strukturverbessernde Einflüsse werden auch die kommenden Ent- wicklungen der Massenmedien ha- ben. Ich bin beauftragt, speziell auch darüber zu sprechen. Um Zeit einzusparen, habe ich Ihnen tech- nische Berichte und eine techni- sche Zeichnung übergeben lassen.

(Näheres zeigt das Schaubild.) Seit einem Monat ist die geschei- terte Kassette in Form der Bildplat- te wiederauferstanden. Einen gro- ßen Erfolg für die Fortbildung er- warte ich nicht. Mehr darüber in der Diskussion. Neu ist das Mas- senmedium Ceefax (Kürzel aus see facts), das in England bereits in Betrieb ist, allerdings nicht für die Fortbildung. Mit Hilfe eines billigen Zusatzgerätes können auf jedem Fernsehgerät 99 Stehbilder mit Text abgerufen werden. ln drei Jahren soll es soweit sein, daß die- se Stehbilder durch Druck auf eine Taste fotografiert und sofort ent- wickelt werden, so daß jeden Mor- gen die Zeitung (ohne Zeitungs- frau) auf dem Frühstückstisch lie- gen kann. Man könnte für die Fort-

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bildung eine der 99 Seiten mieten und jeden Tag in Konkurrenz zu Börsenberichten und Waschmittel- reklame eine Seite ärztliche Fort- bildungssendungen einfügen.

Nachdem jedoch die ärztliche Fort- bildung aus bekannten Gründen weder im Hörfunk noch im Fernse- hen floriert hat, dürfte Ceefax höchstens als Vorbereitung für die nächste Mediumgeneration interes- sant sein.

Das Kabelfernsehen — ungelöste finanzielle Fragen Diese nächste Mediengeneration, das „Kabelfernsehen", ist in bezug auf die Technik gelöst, in bezug auf die Finanzierung jedoch noch Futurologie. Der Name Kabelfern- sehen ist irreführend; Kabelfernse- hen ist ein Medium eigener Prä- gung mit eigener Dynamik. Für die häusliche Fortbildung und für die Bewältigung der Wissenslawine meiner Ansicht nach hervorragend geeignet. Die Information, überwie- gend Stehbilder mit Text und Strichzeichnungen kann gezielt und in millionenfacher Variation abgerufen und ausgesucht werden;

die Information ist nur dem zahlen- den Teilnehmer zugänglich, kann notfalls auch ver- und entschlüsselt werden. Die Zeichnung auf der Ab- bildung soll eine Vorstellung dieser futurologischen Möglichkeiten ver- mitteln: Die Notfallinformation im Kästchen links macht alle Notfallfi- beln überflüssig; das mittlere Käst- chen wird alle medizinischen Zeit- schriften einschließlich Fortbil- dungsteil des DEUTSCHEN ÄRZ- TEBLATTES in der bisherigen Form verschwinden lassen, und das Käst- chen rechts wird dem stets retar- dierten Handbuch den Todesstoß geben; denn die benötigte Informa- tion liegt ausgedruckt schneller auf dem Schreibtisch, als Sie im Hand- buch nachschlagen können.

Die Realisation einer Einrichtung dieser oder ähnlicher Art im Lauf der nächsten 10 Jahre würde nicht nur strukturverbessernde, sondern die stärksten strukturverändernden Folgen für unsere Fortbildung ha-

ben — überspitzt formuliert könnte man sagen: es gibt keine Fortbil- dung im heutigen Sinn mehr, es gibt nur noch Bewältigung der Wis- senslawine durch sekundenschnel- len Informationsfluß. Kassandra- rufe und „Big-brother-Visionen"

sind hier fehl am Platze, wir müs- sen einen speziellen technischen Ausschuß bilden und als Fortbil- dungsbeauftragte die Entwicklung sorgfältig beobachten. Im übrigen zeichnen sich dabei auch Lichtblik- ke ab: der Informationsfluß geht — wie die Zeichnung zeigt — nur von der Zentrale zum Teilnehmer und zurück; für Kommunikation unter den Teilnehmern ist kein Ansatz.

Das bedeutet: unsere Kongresse werden nicht überflüssig; in Anbe- tracht der kalten Technik sogar wichtiger werden; sie werden an- ders, vor allem wärmer, menschli- cher werden. Auch die Effizienzsi- cherung wird anders, aber nicht überflüssig werden.

Wir kommen zu strukturverändern- den Maßnahmen, die wir heute schon ergreifen können und sollen.

Nach 22jähriger erfolgreicher Fort- bildungsarbeit und -freiheit wäre die Zwangsfortbildung die -eingrei- fendste Maßnahme. Daß ein 'freier Beruf die Zwangsfortbildung ab- lehnt, brauche ich nicht auszufüh- ren. Unseren Kritikern aber, die uns ja immer wieder die Zwangs- fortbildung durch Einberufung zu Fortbildungskursen als das einzig Richtige oktroyieren wollen, darf ich folgendes noch sagen:

Zwangsfortbildung dieser Art kann höchstens die Präsenz steigern, aber nicht die Effizienz der Fortbil- dung verbessern. Warum sollten wir uns also mit überholten und ineffizienten Ratschlägen aus der Mottenkiste des Tausendjährigen Reiches befassen?

Als echte strukturverändernde Maßnahmen mit vernünftiger Ziel- setzung möchte ich die Errichtung von Fortbildungsakademien bei den einzelnen Landesärztekam- mern nennen. Nicht Einzelperso- nen, nicht mehr ein anonymer Aus- schuß, sondern das Kollegium der fortbildungsinteressierten Ärzte

soll aktiv bei der Gestaltung tätig werden. Ich darf dem Vorschlag und dem Wunsch Ausdruck verlei- hen, daß bei jeder Landesärzte- kammer des Bundesgebietes eine solche Fortbildungsakademie ent- steht, wobei in Form und Rechts- status weitgehend den landsmann- schaftlichen, historischen, finan- ziellen und sonstigen Gegebenhei- ten Rechnung getragen werden kann.

Die Gemeinschaft dieser Akademi- en des Bundesgebietes in Zusam- menarbeit mit dem Deutschen Senat für ärztliche Fortbildung sollte nun außer ihren regionalen Pflichten alle ein bis zwei Jahre — und damit komme ich zum letzten und wichtigsten Punkt — eine ge- meinsame Aufgabe auf Bundesebe- ne durchführen, die sogenannte Ef- fizienzsicherung in der ärztlichen Fortbildung. Es ist unmöglich, daß wir Einzelheiten hier aufführen und diskutieren. Ich darf hinweisen auf unsere fast zehnjährigen Vorversu- che mit der freiwilligen Selbstkon- trolle des Wissensstandes bei den großen Fortbildungskongressen der Bundesärztekammer, zum Bei- spiel als Abschluß eines Fortbil- dungsseminars, auf mein Fortbil- dungsreferat beim 25. Bayerischen Ärztetag vor zweieinhalb Jahren, auf die einschlägigen Veröffentli- chungen im DEUTSCHEN ÄRZTE- BLATT, insbesondere auf den Ar- tikel von Herrn Sewering „Neue Wege der ärztlichen Fortbildung"

und darf hinweisen auf die diesbe- züglichen Ärztetagsumdrucke!

Als Methode der Effizienzermitt- lung darf ich das Feedback-Verfah- ren vorschlagen, wegen seines zeit- und damit kostensparenden

und vor allem wegen seines psy- chologischen Effekts: Der an der Effizienzsicherung teilnehmende Kollege hat sofort das Ergebnis der Wissenskontrolle vor sich — ohne Rückfrage, ohne die Notwen- digkeit einer nachträglichen, oft dann schon nicht mehr interessie- renden Berichtigung.

Und so soll die Effizienzsicherung alle ein oder zwei Jahre ablaufen:

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 22 vom 29. Mai 1975 1715

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Die Akademien bilden auf Bun- desebene einen Effizienzausschuß, der - verstärkt durch die Berufs- verbände und wissenschaftlichen Fachgesellschaften für jede Fachrichtung die Fortbildungs- schwerpunkte erarbeitet und diese mit Hilfe der Experten in die Spra- che des Feedback übersetzt. So- bald die jeweiligen Schwerpunkt- gebiete feststehen, setzt eine ge- waltige Aktion ein, die mit allen zur Verfügung stehenden Fortbildungs- methoden diese für die Effizienzsi- cherung ausgewählten Teilgebiete den Kollegen praxisnah vermittelt - Effizienzseminare für den Kon- greßtyp, glasklare Texte für den Lesetyp, audiovisuelle und pro- grammierte Hilfen für alle. Nach dieser intensiven Vorbereitungszeit von ca. sechs Monaten erfolgt der Versand der Feedback-Bögen an die Akademiemitglieder. Noch hat der Kollege Zeit, sich mit anderen zu beraten, noch Zeit zum Nachle- sen, noch Zeit für ein Wochenend- effizienzseminar. Dann ist es so- weit: Bei guter Vorbereitung braucht er höchstens eine Stunde

zur Beantwortung des Feedback- Bogens; das Ergebnis liegt, wie ich bereits sagte, sofort vor ihm - er wird befriedigt, enttäuscht, beunru- higt oder gar schockiert sein! Er wird - dessen bin ich sicher - die Konsequenzen für seine künfti- ge Fortbildung ziehen.

Der zweite, mindestens ebenso wichtige Teil der Effizienzsiche- rung richtet sich nun an die Adres- se der Fortbilder. Erstmals werden wir zuverlässiges Material über Lücken, Versäumnisse, Bedürfnisse, Notwendigkeiten in der ärztlichen Fortbildung in die Hand bekom- men. Die Feedback-Bögen müssen also wieder zurück an die Akade- mien zur Auswertung. Um mög- lichst viele zurückzuerhalten, wird man nach einer gewissen Anlauf- zeit die Mitgliedschaft in der Aka- demie von der Rücksendung des Feedback-Bogens abhängig ma- chen.

Unter Effizienzsicherung der ärztli- chen Fortbildung verstehe ich also nicht die Ausfüllung irgendeines

Schriftliche Informationen werden nach wie vor sehr große Bedeutung in der Fortbildung haben: Zeitschriften und Bücher auf d.em Informationsstand des Deutschen Ärzte-Verlages im Hamburger Congress Centrum

Fragebogens - stets ein Ärgernis für den Arzt -, sondern ich verste-

he darunter den ganzen, oben ge- schilderten dynamischen Vorgang:

Beginnend mit der wohlüberlegten Auswahl der Schwerpunkte für die einzelnen Fachgebiete durch Effi- zienausschuß der Akademien auf Bundesebene, dann die sechsmo- natige konzentrierte Fortbildungs- aktion zur Durcharbeitung der Schwerpunktgebiete, dann der Ver-

sand, die letzten Orientierungsmög-

lichkeiten, der kurze Akt der Be- antwortung des Feedback-Bogens, der psychologische Effekt des So- fortergebnisses, die Rücksendung der Bögen an die Akademien, die Auswertung der Gesamtheit der Bögen, die Schlußfolgerungen für die Fortbildungsverantwortlichen und die Zielsetzung für die weitere Fortbildungsarbeit

Die Dynamik dieses Vorgangs wird eine neue Welle der ärztlichen Fortbildung einleiten, vergleichbar der bisherigen 22jährigen Welle und auf ihr aufbauend. Ich berich- tete Ihnen, daß die finanzielle Lern- motivation des englischen Modells einen 80prozentigen Fortbildungs- erfolg erbringt ·- jetzt darf ich's sagen: nur 80 Prozent, obwohl's ums Geld geht. Ich bin sicher, bei unserer Effizienzsicherung errei- chen wird, Kongreßtyp mit 50 Pro- zent, Lesetyp mit 30 Prozent, diese 80 Prozent im ersten Anlauf!

Meine Kolleginnen und Kollegen!

Unsere Vorschläge zu den struktur- verbessernden Maßnahmen, zur Er- richtung von Fortbildungsakademi- en und zur Effizienzsicherung sind eingehend beraten, in Modellversu- chen lange erprobt und mit den einschlägigen Spezialisten und In- stitutionen abgestimmt. Wir bitten um Ihren Auftrag zur Weiterent- wicklung der ärztlichen Fortbildung in den kommenden Jahren.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med.

Albert Schretzenmayr 89 Augsburg

Frohsinnstraße 11

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