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Archiv "Übergeordnete Gedanken für die Zukunft der ärztlichen Fortbildung" (24.04.1975)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT Spektrum der Woche Aufsätze •Notizen

THEMEN DER ZEIT:

Übergeordnete Gedanken für die Zukunft der ärztlichen Fortbildung Arzt und Patient in der Leistungsgesellschaft Kein Konzept aus der Retorte

Die Wahlkampftips für Herrn Cicero sel.

BRIEFE AN DIE REDAKTION

BEKANNTMACHUNGEN

PERSONALIA

PREISE

FEUILLETON:

Eines Menschenfreundes Zeit

Mein Thema „Übergeordnete Ge- danken für die Zukunft der ärztli- chen Fortbildung" fällt insoweit aus dem Rahmen dieser Veranstal- tung heraus, als kein konkretes Fortbildungsproblem untersucht, sondern vielmehr eine Prognose gegeben werden soll, welche Ten- denzen sich in Zukunft bei der ärztlichen Fortbildung in den Vor- dergrund schieben werden.

Ich werde das Thema im wesentli- chen beruf politisch behandeln, nicht zuletzt deshalb, weil die Fort- bildung einer der beiden Haupt- punkte bei der Weiterentwicklung des Kassenarztrechtes ist, die im Moment in Bundesrat und Bundes- tag diskutiert wird. Darüber hinaus bin ich natürlich als Berufspolitiker zu diesen Ausführungen aufgefor-

dert worden, und sie erwarten von mir berufspolitische Aussagen und keine wissenschaftlichen Beiträge zur Fortbildung.

Sonderpflichtfortbildung für Kassenärzte?

Sie alle wissen, daß im „Entwurf ei- nes Gesetzes zur Weiterentwick- lung des Kassenarztrechtes und zur Änderung der Krankenversi- cherung der Rentner", dem soge- nannten Arendt-Entwurf, vorgese- hen ist, dem § 368 m der RVO fol- genden Absatz 5 hinzuzufügen:

„Die Satzung hat auch das Nähere über die Art und Weise der Fortbil- dung sowie die Teilnahmepflicht zu bestimmen." Wenn man die Begrün- dung der Bundesregierung zu die-

Übergeordnete Gedanken für die Zukunft

der ärztlichen Fortbildung

Bei einer Veranstaltung der Kaiserin-Friedrich-Stiftung

für das ärztliche Fortbildungswesen am 15. Februar 1975 in Berlin

Horst Bourmer

Das Leitthema einer Veranstaltung der Kaiserin-Friedrich-Stiftung für das ärztliche Fortbildungswesen am 14. und 15. Februar 1975 in Berlin hieß: „Neue Verfahren für die ärztliche Fortbildung." In und nach einer Vielzahl von Vorträgen, sowohl über die Fortbildungsme- thoden von seiten der Lehrenden als auch über das Lernverhalten der Fortzubildenden wurde erörtert, welche verschiedenen Medien für die Fortbildung eingesetzt werden können, beispielsweise die Audiovision; außerdem wurde über die Bedeutung didaktischer Überlegungen für den Einsatz von technischen Hilfsmitteln für die ärztliche Fortbildung diskutiert.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT' Heft 17 vom 24. April 1975 1213

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ser Ergänzung des §368m liest, dann fragt man sich, warum eigent- lich die Fortbildung im Kassenarzt- recht geregelt werden soll und nicht wie bisher als Selbstverwal- tungsaufgabe den Ärztekammern überlassen bleibt. ln der Begrün- dung heißt es nämlich wörtlich:

"Die Aufgaben und Befugnisse der

Ärztekammern zur Unterstützung des Arztes in der Erfüllung seiner aus den berufsrechtlichen Vor- schriften sich ergebenden Ver- pflichtungen, sich beruflich fortzu- bilden, bleiben unberührt; bei die- ser Regelung wird von einer Zu- sammenarbeit der Kassenärztli- chen Vereinigungen insbesondere mit den Ärztekammern der Länder ausgegangen. Die kassenärztliche Selbstverwaltung hat die nähere Ausgestaltung der Fortbildung und der Modalitäten der Teilnahme- pflicht zu regeln."

..". Gerade der letzte Satz der Be- gründung zeigt deutlich, daß die Bundesregierung offensichtlich ge- willt ist, eine Teilnahmepflicht an Fortbildungsveranstaltungen im Kassenarztrecht zu verankern, um damit Druck ausüben zu können und eine rechtliche Handhabe zu schaffen, um die Teilnahmepflicht an den Fortbildungsveranstaltun- gen zu überwachen.

Die bisherige Verankerung der Fortbildungsverpflichtung in der Berufsordnung für Ärzte im § 5 ist also nach Meinung des Arbeitsmi- nisters nicht ausreichend, der § 5 der Musterberufsordnung lautet:

"Der Arzt ist verpflichtet, sich be- ruflich fortzubilden." Die Berufs- ordnungen der Landesärztekam- mern haben ähnliche Formulierun- gen übernommen.

..,.. Durch den Vorschlag der Bun- desregierung stellt sich nun als er- stes die Frage, ob die Fortbildung für Kassenärzte eine besondere ist und als solche eine Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigungen wird oder ob sie eine spezifische Aufgabe der Ärztekammern bleibt.

Wenn es gesetzlich vorgeschrieben wird, daß die Regelungen über die

Art und Weise der Fortbildung so- wie über die Teilnahmepflicht in den Satzungen der Kassenärztli- chen Vereinigungen verankert wer- den müssen, entsteht hier auf dem Sektor der Fortbildung ein Dualis- mus, der sicherlich für die Fortbil- dung nicht von Vorteil ist.

Teilnahmepflicht

an bestimmten Veranstaltungen?

Ein zweites Problem, das durch diesen Gesetzentwurf und die in der von mir zitierten Passage ge- fundenen Formulierungen aufge- worfen wird, besteht in der Teil- nahmepflicht an Fortbildungsveran- staltungen. Man kann den Begriff

"Teilnahmepf/icht" natürlich ohne Schwierigkeiten umwandeln in die uns alle bekannte Formulierung

"Pflichtteilnahme" an Fortbildungs- veranstaltungen, wenn nun eine Zwangsfortbildung gesetzlich in der Reichsversicherungsordnung (RVO) verankert wird, dann kann sich keine Ärztekammer und keine Kas- senärztliche Vereinigung, aber auch kein einzelner Arzt dieser ge- setzlichen Teilnahmeverpflichtung entziehen. Das bedeutet, daß der einzelne Arzt nicht mehr frei zwi- schen den einzelnen Formen der Fortbildung wählen kann, sondern zum Besuch von Veranstaltungen gezwungen wird.

Bei der Krankenversicherung sind wir gegen eine "Pf/ichtversiche-

rung", aber für eine "Versiche- rungspflicht". Bei der Fortbildung sind wir gegen eine "Pflichtfortbil- dung" mit all ihren dirigistischen Zwängen, aber für eine "Fortbil- dungspf/icht" mit dem nötigen indi- viduellen Freiraum.

Der Ärzteschaft hat es bisher ge- nügt, die Pflicht zur Fortbildung in der Berufsordnung verankert zu wissen. Die Ärzte sind dieser ethi- schen Verpflichtung gefolgt. Wir sind nach wie vor der Auffassung, daß der Arzt

1. seinen Patienten gegenüber, 2. sich selbst gegenüber und 3. seinem Berufsstand gegenüber

verpflichtet ist, sich beruflich fort- zubilden. Wir sind jedoch dagegen, daß der Weg, wie er diese Fortbil- dung absolviert, gesetzlich vorge- schrieben wird!

Die Formen

der ärztlichen Fortbildung - heute und morgen

loh will nun versuchen, em1ge Ge- danken über die Zukunft der ärztli- chen Fortbildung zu formulieren.

Ich werde dazu zunächst ganz kurz aus meiner Sicht eine Einteilung der Formen der ärztlichen Fortbil- dung vornehmen. Anhand einiger Zahlen werde ich dann untersu- chen, welche Entwicklungstenden- zen sich für die Formen der ärztli- chen Fortbildung abzeichnen und welche Faktoren in der Zukunft ausschlaggebend für die weitere Entwicklung sein werden.

Bei den Formen der Fortbildung kann man - dies ist eine Systema- tik von vielen - folgende Eintei- lung treffen:

1. Individuelle Formen der Fortbil- dung

2. interkollegiale Formen der Fort- bildung und

3. kollektive Formen der Fortbil- dung.

Dabei verstehe ich unter den indi- viduellen Formen der Fortbildung insbesondere die Fortbildung durch Bücher und Fachzeitschrif- ten. Zu dieser Form der Fortbil- dung gibt es übrigens eine sehr in- teressante Dissertation von Bruno Salzmann über das Thema "Fort- bildung und die Diffusion von Wis- sen, dargestellt am Beruf des Arz-

tes". Er führte dort aus, daß 59 Pro-

zent der Ärzte sehr oft Fachzeit-

schriften lesen; oft lesen Fachzeit-

schriften 30 Prozent. Eine Addition zeigt, daß 89 Prozent aller Ärzte re- gelmäßig und häufig Fachzeit- schriften lesen und sich auf diesem Wege Zugang zu neuen Informatio-

nen verschaffen. [>

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Zukunft der ärztlichen Fortbildung

Bei den Fachbüchern ergeben sich geringere Prozentsätze. Sehr oft le- sen Fachbücher 40 Prozent, oft 34 Prozent, so daß immerhin 74 Pro- zent aller Ärzte oft und häufig Fachbücher lesen)) Auch was die Anzahl der gelesenen Fachzeit- schriften betrifft, schneiden die Ärzte insgesamt, aber auch die nie- dergelassenen Ärzte, hervorragend ab. Regelmäßig lesen z. B. 59 Pro- zent aller niedergelassenen Ärzte zwischen zwei und fünf Zeitschrif- ten. Fünf und mehr Zeitschriften le- sen von den niedergelassenen Ärz- ten 36 Prozent, so daß man davon ausgehen kann, daß 95 Prozent al- ler niedergelassenen Ärzte regel- mäßig mehr als zwei Zeitschriften lesen, um sich fortzubilden. Dies allein zeigt schon, daß die selbst- gewählte Verpflichtung zur Fortbil- dung von den Ärzten ernst genom- men wird. 2)

Eine weitere Form der individuellen Fortbildung ist die Fortbildung mit Hilfe des Mediums Audiovision oder mit Hilfe von Filmen, die im Haus des Arztes vorgeführt werden können.

Der große Vorteil aller Arten der individuellen Fortbildung besteht darin, daß der Arzt den Zeitpunkt der Fortbildung frei wählen kann.

Er ist nicht von den Termindisposi- tionen anderer abhängig, sondern kann die Zeit individuell für sich passend festlegen.

Bei den interkollegialen Formen der Fortbildung kann man unter- scheiden, erstens die Gespräche im kleinen Kreis, z. B. in einer Gruppenpraxis oder im Kranken- haus, und zweitens die Gespräche mit einem einzelnen Kollegen, der auf einem bestimmten Gebiet Fachmann ist. Hierzu müssen aller- dings auch drittens die Gespräche mit qualifizierten Pharmaberatern gerechnet werden, durch die doch erhebliche Informationsmengen über neue Möglichkeiten der Arz- neimitteltherapie zu den Ärzten ge- langen.

Die nächste Gruppe, die kollekti- ven Formen der Fortbildung, um- fassen die Besuche regionaler und

überregionaler Kongresse, wobei man bei diesen Kongressen wieder unterscheiden muß nach Kongres- sen, die versuchen, mehr praxis- orientierte Informationen zu vermit- teln und Kongressen, die wissen- schaftlich orientierte Informationen übermitteln. Beide Arten der kol- lektiven Fortbildung sind notwen- dig.

Als letzte Form der Fortbildung möchte ich das Kontaktstudium und auch das Fernstudium erwäh- nen. Beide Arten der Fortbildung sind noch nicht ausgebaut. Sie stellen jedoch sicherlich einen An- satzpunkt dar, der weiterverfolgt werden muß, da hier intensivste Übermittlung von Fortbildungsin- formationen möglich ist. Es ist hierbei z. B. beim Kontaktstudium, daran zu denken, daß durch ein- oder zweiwöchige Kurse an Klini- ken neue diagnostische Möglich- keiten an niedergelassene Ärzte vermittelt werden. Ich glaube, daß die Berliner Kaiserin-Friedrich-Stif- tung hier ein weites Aufgabenge- biet vorfindet, das sie auch schon intensiv bearbeitet.

Angebot ausreichend oder lückenhaft?

Nach diesem kurzen Überblick über die einzelnen Formen der ärztlichen Fortbildung möchte ich untersuchen, ob denn das Fortbil- dungsangebot für Ärzte ausrei- chend ist oder ob unter Umständen eine Angebotslücke vorhanden ist.

In einer Untersuchung „Zur Sozio- logie der Akademiker" von Karl-Mi- chael Kuntz findet sich eine Stati- stik, die Antwort auf diese Frage gibt. Kuntz hatte an verschiedene akademische Berufsgruppen die Frage gestellt, ob sie ihrer Mei- nung nach über bestimmte Wis- sensbereiche ihres Berufes besser informiert sein müßten. Bemer- kenswerterweise liegen die Ärzte

1) Am angegebenen Ort, Seite 87.

2) Am angegebenen Ort, Seite 114.

3) Am angegebenen Ort, Seite 157.

4) Am angegebenen Ort, Seite 170.

5) Am angegebenen Ort, Seite 179.

und hier die Gruppe der Internisten erst an 11. Stelle. Die niedergelas- senen Ärzte liegen insgesamt erst an 15. Stelle). D. h., daß bei den Ärzten offensichtlich der Fortbil- dungsbedarf durch ein ausreichen- des Angebot gedeckt ist.

In der gleichen Untersuchung wird auch die regelmäßige Fachzeit- schriftenlektüre untersucht4). Es zeigt sich, daß hier die Ärzte als Berufsgruppe am besten abschnei- den.

Im Durchschnitt lesen von allen be- fragten Berufsgruppen 32 Prozent drei bis vier Fachzeitschriften re- gelmäßig, 37 Prozent der niederge- lassenen Ärzte lesen jedoch regel- mäßig drei bis vier Titel, so daß sie hier mit 5 Prozent über dem Durch- schnitt der befragten akademi- schen Berufe liegen.

Kuntz hat auch die einzelnen Be- rufsgruppen danach gefragt, ob ih- rer Meinung nach das Fortbil- dungsangebot für ihren Beruf zu gering sei 5 ). Es zeigt sich bei einer Aufstellung aus den einzelnen Be- rufssparten, daß die Ärzte am Ende dieser Aufstellung zu finden sind, d. h., daß das Fortbildungsange- bot bei allen anderen Berufsspar- ten von den Berufsangehörigen schlechter beurteilt wird als bei der Berufsgruppe der Ärzte. Z. B.

sind 60 Prozent der Richter der Meinung, daß das Fortbildungsan- gebot für ihren Beruf zu gering ist.

Hingegen sind nur 7 Prozent der Kliniker und der Amtsärzte der Meinung, daß das Fortbildungsan- gebot für ihre Berufsgruppe zu ge- ring sei.

Eine gesetzliche Neuregelung ist überflüssig

Ich habe diese Zahlen von Kuntz und von Salzmann deswegen hier vorgetragen, weil ich der Auffas- sung bin, daß diese Untersuchun- gen zeigen, daß die Ärzte gewillt sind, sich fortzubilden, und daß das notwendige Angebot für die Fortbildung der Ärzte vorhanden ist. Zurückkehrend zum Arendt- DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 17 vom 24. April 1975 1215

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Entwurf, der auch die „Art und Weise" der Fortbildung regeln will, muß man dem Minister und der Bundesregierung entgegenhalten:

„Eine gesetzliche Neuregelung der Fortbildung ist überflüssig."

Die Selbstverwaltung der Ärzte hat- te dieses Problem schon lange ge- löst, bevor der Minister das Pro- blem überhaupt erkannte.

Welche Entwicklungstendenzen sind nun auf dem Fortbildungssek- tor zu verzeichnen. Ich bin sicher, daß sich die Entwicklung nicht auf eine bestimmte Form der ärztli- chen Fortbildung konzentrieren wird. Vielmehr werden alle Formen ärztlicher Fortbildung weiter aus- gebaut und intensiviert werden. Si- cherlich wird sich zeigen, daß das Medium Audiovision, falls die not- wendigen Voraussetzungen bei der sogenannten „Hardware" (Geräte und Einrichtungen) geschaffen werden können, eine wichtige Er- gänzung des Fortbildungsangebo- tes bringt. Ich bin jedoch der fe- sten Überzeugung, daß die indivi- duelle Form der Fortbildung allein nicht genügt, um den Ansprüchen an das Angebot an Fortbildung all- gemein gerecht zu werden.

Zum Problem der praxis- oder wis- senschafts-orientierten Fortbildung wird man für die Zukunft sicherlich sagen können, daß die praxisbe- tonte Fortbildung verstärkt werden muß. Gleichzeitig ist jedoch sicher, daß nur dann die Fortschritte der medizinischen Wissenschaft in die Praxis übernommen werden kön- nen, wenn die wissenschafts-orien- tierten Fortbildungsveranstaltun- gen auch weiterhin durchgeführt werden.

Zur Didaktik nur eine kleine An- merkung (Das Problem der Didak- tik ist auf dieser Veranstaltung schon ausführlich diskutiert wor- den): Ich bin der Auffassung, daß es notwendig sein wird, in Zukunft verstärkt auf die bessere Präsen- tation der Fortbildungsinformatio- nen wert zu legen. Dies gilt für alle Formen der Fortbildung. Vielleicht am wenigsten für die kollegiale

Form der ärztlichen Fortbildung, si- cherlich jedoch für die individuel- len und die kollektiven Formen der Fortbildung.

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, daß dem ärztlichen Gespräch zwischen Pa- tient und Arzt in Zukunft eine im- mer größere Bedeutung beizumes- sen sein wird. Dies gilt sowohl für die Beratung des Patienten als auch für die Möglichkeit, durch eine entsprechende Ausgestaltung dieses ärztlichen Gesprächs die Meinung der Öffentlichkeit über die ärztliche Tätigkeit zu korrigie- ren.

Ich würde es außerdem ordentlich begrüßen, wenn die Fortbildungs- bemühungen sich auch mit den Formen des ärztlichen Gesprächs beschäftigen; denn während der Aus- und Weiterbildung lernen un- sere nachwachsenden Mediziner über die Formen des ärztlichen Gesprächs eigentlich relativ wenig.

Mehr beachten:

Rückkoppelungseffekt!

Auf einen weiteren Punkt, der in Zukunft sicherlich verstärkt beach- tet werden muß, möchte ich hin- weisen. Es handelt sich um den so- genannten Rückkoppelungseffekt, der durch entsprechende Informa- tionen der Lernenden an die Leh- renden das Fortbildungsangebot stärker nach den Bedürfnissen der Lernenden ausrichtet. Dies ist aller- dings nur dann möglich, wenn sich die Lernenden bereit erklären, an einer Dokumentation oder an ei- nem Nachweis über den Erfolg oder Mißerfolg von Fortbildungsbe- mühungen mitzuwirken. So konnte Krämer*) als Erfolg einer Auswer- tung der ersten medizinischen Ex- amen nach dem neuen schriftli- chen System einen typischen Rück- koppelungseffekt feststellen. Es

*) Ein Artikel von Dr. Krämer, dem Leiter des Instituts für medizinische Prüfungs- fragen, Main, wird in Heft 18/1975 des DEUTSCEHN ÄRZTEBLATTES veröffent- licht werden. DÄ 6) „Das aktuelle Interview" mit Frau Dr.

Heuser, November 1974.

scheint sich demnach herauszu- stellen, daß zwei wissenschaftliche Bereiche noch ernsthafte Schwie- rigkeiten haben, hartes wissen- schaftliches Material, das einer Prüfung standhält, zu erstellen. Es wird viele nicht wundern, daß es sich dabei um die medizinische Soziologie sowie um die medizini- sche Psychologie handelt.

Ein engeres Zusammenwirken mit dem Institut für medizinische Prü- fungsfragen, das unter der Leitung von Dr. Krämer in Mainz arbeitet, böte ein neues und weiteres Feld, Ergebnisse aus dem Ausbildungs- bereich für das Gebiet der Weiter- und Fortbildung zu nutzen.

Dokumentation der Bemühungen und der Erfolge!

Ich komme nun wieder zurück zu dem politischen Grundproblem der Diskussion über ärztliche Fortbil- dung, nämlich dem Vorwurf der Kritiker des ärztlichen Berufsstan- des, daß die Entwicklung der medi- zinischen Wissenschaft so rasch voranschreitet, daß die Fortbil- dungsbemühungen angeblich nicht im Stande sind, den Wissensstand der praktizierenden Ärzte der Ent- wicklung der medizinischen Wis- senschaft anzupassen. Die Über- zeugung innerhalb des ärztlichen Berufsstande, daß diese Behaup- tung falsch ist, genügt sicherlich nicht. Es müssen Beweise des Ge- genteils erbracht werden. Ich darf in diesem Zusammenhang Herrn Sewering, den Präsidenten der Bundesärztekammer, zitieren: „Die Kritiker werden um so leiser wer- den, je besser wir es verstehen, unsere Fortbildung in eigener Ver- antwortung selbst zu kontrollieren und zu organisieren. Es gibt da eine Parallele: Die Kritik der Quali- tät von Laborleistungen ist genau in dem Augenblick verstummt, als die Kassenärztlichen Vereinigun- gen die Qualitätssicherung einge- führt haben. Da ließ sich die Kritik eben nicht aufrechterhalten. Das könnten wir wohl auch bei der Fortbildung erreichen6)."

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Zukunft der ärztlichen Fortbildung

Dieses Zitat von Sewering zeigt auf, welche Bedeutung die Doku- mentation über die Bemühungen auf dem Sektor der Fortbildung in Zukunft politisch haben wird. Wenn wir unseren Gegenspieler auf der Gewerkschaftsseite und auf der lin- ken Seite der SPD etwas entgegen- halten wollen, werden wir in Zu- kunft nicht darum herumkommen, unsere Bemühungen um das life- long-learning dokumentarisch nachzuweisen.

Bei einer Befragung von über 4000 Allgemeinpraktikern und niederge- lassenen Internisten in Nordrhein, vorgenommen im Rahmen einer noch unveröffentlichten Disserta- tion von Manfred Kusche und H: E.

Roemer-Hoffmann bei Professor Dr. Rudolf Gross, Köln, über Fort- bildung, wurde folgende Frage ge- stellt: „Würden Sie eine freiwillige Selbstüberprüfung ihres Wissens- standes für den Praxisalltag durch regelmäßige (z. B. jährliche) an- onyme Beantwortung von Testfra- gebogen bejahen?"

■ Mehr als 60 Prozent der Allge- meinpraktiker und 70 Prozent der Internisten beantworteten die Fra- ge mit Ja. Abgelehnt wurde die Be- antwortung von Testfragebogen von 38 Prozent der Allgemeinprak- tiker und von 28 Prozent der Inter- nisten. Aus dieser Umfrage läßt sich unschwer erkennen, daß die Bereitschaft zu solchen Dokumen- tarischen Nachweisen für die Fort- bildung innerhalb der niedergelas- senen Ärzteschaft vorhanden ist, und zwar in einem Ausmaß vorhan- den ist, das uns alle überrascht.

Ich darf Sie in diesem Zusammen- hang an einen Beschluß der Ver- treterversammlung der Landesärz- tekammer Rheinland-Pfalz vom 30.

November 1974 erinnern, der wie folgt lautet: „Die Vertreterver- sammlung bittet die Akademie für ärztliche Fortbildung in Rheinland- Pfalz, Maßnahmen vorzubereiten, die den Ärzten in Rheinland-Pfalz die Möglichkeit eröffnen soll, durch Selbstkontrolle des Wissensstan- des die Effektivität der ärztlichen Fortbildung zu dokumentieren."

Sie ersehen auch aus diesem Zitat, daß die Landesärztekammern durchaus erkannt haben, was die Stunde geschlagen hat und bereit sind, das Ihre zu einer Lösung des Problems beizutragen.

Ich bin überzeugt, daß ohne Schwierigkeiten Formen des Nach- weises und der Dokumentation ge- funden werden können, die sowohl die Effektivitätssicherung als auch den Rückkoppelungseffekt haben und trotzdem die Individualsphäre des Arztes nicht verletzen.

Zusammenfassung

Ich hoffe, dargelegt zu haben, daß innerhalb der deutschen Ärzte- schaft die Nachfrage nach Fortbil- dung ausreichend hoch ist und daß das Angebot an Fortbildung ge- nügt. Ich bin sicher, daß qualitativ und quantitativ und auch in der Art der Zusammensetzung des Fortbil- dungsangebotes in Zukunft Verän- derungen eintreten werden. Ich halte es aber für eine wichtige Auf- gabe der nächsten Zukunft, das

„Marketing" für das Fortbildungs- angebot wie auch dessen Präsen- tation zu verbessern. Darüber hin- aus glaube ich, daß es eine politi- sche Notwendigkeit für die Ärzte- kammern ist, Fortbildungsakademi- en in allen Kammerbereichen zu gründen. Damit wird nicht nur nach außen hin dokumentiert, daß diese Aufgabe von den Ärztekammern wahrgenommen wird. Hier werden dann Fakten gesetzt, die sicherlich bei der Entscheidung, wem die Fortbildung als Aufgabe gesetzlich zugeordnet bleiben oder werden soll, den Kammern oder den Kas- senärztlichen Vereinigungen, mit berücksichtigt werden müssen.

Daneben können diese Fortbil- dungsakademien der Ärztekam- mern sicherlich die Aufgabe wahr- nehmen, auch über den Erfolg von Fortbildungsveranstaltungen Doku- mentationen herauszubringen. Da- mit könnte dann gegenüber den Kritikern des Ärztestandes, gegen- über den Politikern und der inter- essierten Öffentlichkeit der Beweis

angetreten werden, daß die Fortbil- dungsbemühen der Selbstverwal- tungsorgane der Ärzteschaft er- folgreich sind.

Regierungen, die mehr Mut für De- mokratie und zu Bürgerinitiativen fordern, sollten auch berufsständi- schen Selbstverwaltungskörper- schaften, auch wenn es ärztliche sind, den notwendigen Freiraum lassen, der vor jeder staatlichen Reglementierung stehen muß!

Literatur

Horst Bourmer: Referat vor der Kaiserin- Friedrich-Stiftung in Berlin, Jahrbuch des Hartmannbundes 1973/74 — Bruno Salz- mann: Fortbildung und Diffusion von Wis- sen, dargestellt am Beruf des Arztes (Dis- sertation) — Karl-Michael Kuntz: Zur So- ziologie der Akademiker (Ferdinand Enke Verlag Stuttgart) — Hans Joachim Sewe- ring: Neue Wege der ärztlichen Fortbildung (DÄ, Nr. 26, vom 27. 6. 1974) — Hedda Heuser: „Das aktuelle Interview" (Nov.

1974) — Manfred Kusche, Hannelore Roe- mer-Hoffmann: Befragung der Allgemein- praktiker und niedergelassenen Internisten in Nordrhein über Fortbildung (noch nicht veröffentlichte Dissertation bei Prof. R.

Gross, Köln)

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Horst Bourmer Vizepräsident

der Bundesärztekammer 5 Köln 41, Haedenkampstraße 1

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 17 vom 24. April 1975 1217

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