A1048 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 21⏐⏐22. Mai 2009
B R I E F E
HAUSARZTVERTRÄGE
Der Hausarzt als Lotse ist ein Modell, das politisch geför- dert wird wie kaum ein anderes (DÄ 16/2009: „Vorbild sucht Nachahmer“
von Heike Korzilius und Thomas Gerst).
Verträge sind nötig
Seit Abschluss des Hausarztvertrags der AOK mit dem Bayerischen Hausärzteverband wird von Vertretern der Ersatz- und Betriebskrankenkas- sen gebetsmühlenartig behauptet:
„Hausarztverträge kosten mehr bei gleicher Qualität.“ Die Qualität der ärztlichen Versorgung hängt neben der fachlichen Qualifizierung des Arztes auch davon ab, wie viel Zeit der behandelnde Arzt seinen Patien- ten widmen und was er ihnen für kas- senfinanzierte Leistungen anbieten kann. Die polemische Diskussion über die Fortbildung der Ärzte, insbe- sondere der Hausärzte, geht aus mei- ner Sicht völlig an der Realität vorbei und wird von Berufsgruppen geführt, denen eine Pflicht zur Fortbildung, wie sie den Ärzten überflüssigerweise aufgenötigt wurde, oftmals anzuraten wäre. Aus meiner fast zehnjährigen Erfahrung in der Organisation und Durchführung von Qualitätszirkeln und Fachfortbildungen in meiner Re- gion kann ich das große Interesse der Kollegen, vor allem der Hausärzte, an derartigen Veranstaltungen schon vor Einführung einer Fortbildungsver- pflichtung nur betonen. Die Zeit, die ein selbstständiger Arzt seinen Patien- ten widmen kann, hängt aus betriebs- wirtschaftlichen Gründen ganz we- sentlich von der Vergütung dieser Zeit ab. Allein durch die bessere Vergü-
tung der ärztlichen Leistung im Rah- men des Hausarztvertrags steigt also die Qualität der medizinischen Ver- sorgung. Die Qualität der Patienten- versorgung steigt aber nicht nur durch eine bessere Bezahlung der ärztlichen Zeit, sondern auch durch spezifische Leistungsangebote im Rahmen des AOK-Hausarztvertrags. So werden die Gesundheitsuntersuchung und das Hautkrebsscreening jährlich statt alle zwei Jahre angeboten, wobei die Ge- sundheitsuntersuchung an Laborwer- ten neben Cholesterin und Blutgluco- se auch Triglyzeride, HDL- und LDL- Cholesterin, Harnsäure und Kreatinin enthält, ferner ist der Haemoccult- Test Teil der Gesundheitsuntersu- chung und damit sinnvollerweise aus der geschlechtsspezifischen Vorsorge
herausgenommen, auch ist eine Ober- bauchsonografie im Rahmen der jähr- lichen Vorsorge möglich. Ferner kommt die bessere Vergütung von Hausbesuchen, insbesondere von dringenden Hausbesuchen (nicht nur bei Heimpatienten!) den Patienten zu- gute, die darauf angewiesen sind und dadurch auf manchen Krankenhaus- aufenthalt verzichten können. Zum Erhalt der hausärztlichen Versorgung in Deutschland sind Verträge nach diesem Muster nötig. Auf einer derar- tigen Basis können Ideen weiterent- wickelt werden – ein Mehr an Büro- kratie, was damit meist einhergeht, kann von den Ärzten nicht mehr ge- leistet werden!
Dr. med. Carl-Joachim Mellinghoff, Ludwig-Kick-Straße 3, 88131 Lindau
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Abgeschlossene Verträge des BVKJ
Das DÄ berichtet nur über die Verträ- ge des HÄV und MEDI nach § 73 b.
Neben den Allgemeinärzten gehören aber auch hausärztliche Internisten sowie Kinder- und Jugendärzte zum hausärztlichen Versorgungsbereich.
Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ e.V.) hat bereits mehrere Verträge nach § 73 mit ver- schiedenen Krankenkassen abge- schlossen, so auf Bundesebene mit der GEK einen Vertrag nach § 73 b, auf Landesebene zum 1. April 2009 in Bayern einen Vertrag mit der AOK Bayern nach § 73 b, der ganz wesent- liche Qualitäts- und Qualifikationskri- terien enthält und auch für Eltern große Anreize bietet, ihre Kinder ein- zuschreiben. Dieser bayerische Ver- trag ist wegweisend für eine qualifi- zierte Versorgung von Kindern und Jugendlichen durch entsprechend
weitergebildete Ärztinnen und Ärzte und zielt eben nicht nur, wie die von Ihnen zitierten Verträge, auf ein höhe- res Honorar für Ärztinnen und Ärzte ab. Die Lotsenfunktion bleibt dabei erhalten. Weitere Verträge haben wir regional nach § 73 c in Schleswig- Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Hessen, Sachsen, Thüringen, Baden- Württemberg und Brandenburg abge- schlossen, die im Gegensatz zu ande- ren Verträgen, die von KBV und KVen abgeschlossen worden sind, ei- ne Mindestqualifikation für spezielle Leistungen bei Kindern und Jugendli- chen verlangen. Alle Verträge müssen sich, wenn sie die gesetzlichen Krite- rien erfüllen wollen, in Zukunft an ih- rer Qualitätsverbesserung in der Ver- sorgung von Patienten messen lassen, nicht nur am zusätzlichen Honorar für die Ärztinnen und Ärzte.
Dr. med. Wolfram Hartmann,Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Mielenforster Straße 2, 51069 Köln