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Archiv "Hausarztverträge: Zähes Geschäft" (19.02.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 7

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19. Februar 2010 A 263

A

ls „gewaltigen Schritt in die Tarifautonomie der Hausärz- te“ hat der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Ul- rich Weigeldt, den Abschluss der ersten beiden Schiedsverfahren zur hausarztzentrierten Versorgung be- zeichnet. Seit 1. Januar gelten Ver- träge zwischen dem Bayerischen Hausärzteverband und 69 Betriebs- krankenkassen sowie zwischen dem Hausärzteverband Bremen und der dortigen AOK. Blaupause ist der Vertrag von Hausärzteverband, Medi-Verbund und AOK Baden- Württemberg aus dem Jahr 2008, der als erster an der dortigen Kas- senärztlichen Vereinigung (KV) vorbei die hausärztliche Versorgung organisiert und die Vergütung der beteiligten Ärztinnen und Ärzte neu geregelt hat. Mit ihrer Orientierung an diesem Vorreitervertrag haben die Schiedspersonen Dr. Klaus En- gelmann, Bundessozialrichter a. D., und Dr. Arnold Knigge, Staatsrat in Bremen a. D., die Linie des Deut- schen Hausärzteverbandes bestä- tigt, der reine „Add-on-Verträge“

mit Beteiligung der KVen ablehnt.

Die Kassen wiederum hatten sich genau dafür im Schiedsverfahren eingesetzt. Engelmann begründete seinen Schiedsspruch sinngemäß damit, dass der Gesetzgeber § 73 b SGB V im vergangenen Jahr nicht verschärft hätte, wenn er weiterhin auf Add-on-Verträge setzen würde.

„Add-on-Verträge bringen nichts, sie kosten nur Geld“, hat Hausärzte- Chef Weigeldt wiederholt erklärt.

Aus seiner Sicht besticht der AOK- Vertrag in Baden-Württemberg auch wegen des einfachen Honorarsys-

tems: Die Hausärzte erhalten Pau- schalen mit wenigen qualitätsgebun- denen Zuschlägen – ohne Abstaffe- lungen und Quotierungen. Damit könnten sie sich wieder auf die Versorgung ihrer Patienten konzen - trieren, und zwar ungestört durch Abrechnungsregularien und andere bürokratische Hindernisse.

Komplizierte Bereinigung Nach baden-württembergischem Vor- bild gibt es inzwischen Verträge mit der AOK und den Landwirtschaft - lichen Krankenkassen in Bayern sowie einen ersten bundesweiten Vertrag mit der Signal-Iduna-IKK.

Diese Verträge waren bereits im vergangenen Jahr auf dem Ver - handlungsweg zustande gekommen.

Doch im überwiegenden Teil der Fälle konnten sich die Verhand- lungspartner nicht einigen. Deshalb sind weitere 1 600 Schiedsverfahren anhängig. Dabei verspricht sich der Hausärzteverband von den Schieds- sprüchen in Bayern und Bremen eine gewisse Signalwirkung für die noch anhängigen Verfahren. „Es kommt Bewegung in die Sache“, sagte ein Sprecher, „das Tempo wird sich verschärfen“ – mit massi- ven Folgen für den Kollektivvertrag und die KVen. Denn wenn Ärzte Pa- tienten im Rahmen eines Selektiv- vertrags behandeln, müssen die Honorare aus dem Kollektivvertrag gekürzt werden. Das ist aufwendig, kompliziert und bürokratisch.

Bislang haben – allen voran die Ersatzkassen – auf Zeit gespielt.

Nach den gesetzlichen Vorgaben sollten alle Krankenkassen ihren Versicherten vom 30. Juni 2009 an

eine besondere hausarztzentrierte Versorgung nach § 73 b anbieten.

Der Paragraf regelt auch, wer die Vertragspartner sein sollen: Gemein- schaften, die mindestens 50 Prozent der Allgemeinärzte eines KV-Be- zirks vertreten. Das läuft faktisch auf ein Verhandlungsmonopol des Deut- schen Hausärzteverbandes und sei- ner Landesverbände hinaus. KVen und Krankenkassen werden nicht müde, diesen Umstand zu kritisie- ren. Der Zwang verleite Hausärzte- gemeinschaften dazu, Fantasiepreise zu fordern, meinte der Vorstandsvor- sitzende des AOK-Bundesverban- des, Herbert Reichelt. Er appellierte bereits Anfang 2009 an die damali- ge Bundesregierung, den Vertrags- zwang, der auf Betreiben der CSU eingeführt wurde, wieder aus dem Sozialgesetzbuch zu streichen. Doch auch der Regierungswechsel, auf den viele gehofft hatten, brachte kei- ne Änderung. Dabei gehört Bundes- gesundheitsminister Philipp Rösler selbst zu den Kritikern des Verhand- lungsmonopols der Hausärzte.

Den Monopolvorwurf lässt der Hausärzteverband jedoch nicht gel- ten. Beispiel Niedersachsen: Dort wurde am 9. Februar ein Add- on-Vertrag unterschrieben, den die Hausärzteverbände in Niedersach- sen und Braunschweig sowie die KV Niedersachsen mit der AOK ge- schlossen haben (siehe Seite eins in diesem Heft). „Der Bundesverband hätte einen Vollversorgungsvertrag bevorzugt“, sagte ein Sprecher. „Wir respektieren aber die föderale Struk- tur der Hausärzteverbände und die demokratische Entscheidung.“ ■

Heike Korzilius

HAUSARZTVERTRÄGE

Zähes Geschäft

In Bayern und Bremen sind die ersten beiden Schiedsverfahren zur hausarztzentrierten Versorgung

abgeschlossen. Auch dort findet sie künftig außerhalb des Kollektiv-

vertrags statt.

Hausarztzentrierte Versorgung für alle?

Der Gesetzgeber will es so.

Foto: dpa

P O L I T I K

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