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Archiv "Deutscher Hausärzteverband: Zu wenig Tempo bei den Verträgen" (11.05.2012)

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Deutsches Ärzteblatt

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Heft 19

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11. Mai 2012 A 955 DEUTSCHER HAUSÄRZTEVERBAND

Zu wenig Tempo bei den Verträgen

Dass der jetzige § 73 b SGB V Honorarverbesserungen erschwert, ärgert den Verband nach wie vor. Hinzu kommt: Selbst geschiedste Verträge sind schwer umzusetzen.

U

lrich Weigeldt, Bundesvor- sitzender des Deutschen Hausärzteverbands (HÄV), hatte bei der Frühjahrstagung seines Verbands eine Überraschung parat:

Man habe, „natürlich über die mo- dernen Kommunikationsformen“, Kontakt mit den Piraten im Berli- ner Abgeordnetenhaus aufgenom- men und treffe sich demnächst mit deren gesundheitspolitischem Sprecher. Was an den Piraten für den Verband interessant ist? Sie seien eine Partei, die rasant wachse, sagte der HÄV-Bundesvorsitzende – ganz das Gegenteil der FDP. Was die Hausärzte nicht bedauern, denn das von den Liberalen geführte Bundesgesundheitsministerium zei- ge ihnen nach wie vor die kalte Schulter, kritisierte Weigeldt. Ge- meint ist damit in erster Linie das Festhalten am geltenden § 73 b So- zialgesetzbuch (SGB) V. Diesen hat - te die schwarz-gelbe Regierungs - koalition so erweitert, dass Honorar- verbesserungen im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung durch Einsparungen an anderer Stelle aus- geglichen werden müssen, bei- spielsweise bei Arzneimitteln.

Unterstützung in NRW

Bei der Union gebe es Bewegung in der Diskussion um eine neuerliche Änderung des § 73 b, berichtete Weigeldt. So unterstützten in Nord- rhein-Westfalen der ehemalige CDU- Sozialminister Karl-Josef Lau- mann und der CDU-Spitzenkandi- dat Norbert Röttgen die Position des HÄV. Der gesundheitspoliti- sche Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jens Spahn, beharrt aber in einem Beitrag für den

„Hausarzt“ darauf, dass vor einer Gesetzesänderung die Ergebnisse aus bisher geschlossenen Verträgen abgewartet werden müssten.

Das dauert dem HÄV zu lang.

„In Anbetracht der Finanzlage der

Krankenkassen fehlt es auch zuneh- mend an tragfähiger Begründung“, befand Weigeldt. Die Hausärzte wurmt seinen Worten zufolge zu- dem, dass die Krankenhäuser „mal eben 300 Millionen Euro zusätz - liche Mittel“ bekommen, der § 73 b aber nicht geändert wird und des- halb Honorarsteigerungen begrenzt bleiben müssen.

Die Delegierten forderten in Hamburg denn auch einstimmig, den entsprechenden Absatz im Ge- setz zu streichen und dem § 73 b in seiner ursprünglichen Fassung wieder Geltung zu verschaffen. Mit einem weiteren Antrag verlangten sie, die Praxisgebühr für Versicherte abzuschaffen, die an Hausarztverträgen nach § 73 b teilnehmen.

Und einem dritten Be- schluss zufolge sollen Ra- battverträge der Kranken- kassen mit Arzneimittel- herstellern künftig nur im Rahmen von 73-b-Verträ- gen möglich sein. Zur Begründung hieß es, wirk- lich sinnvolle Einsparun- gen mit einer gleichzeiti- gen Verbesserung der Ver- sorgungsqualität könnten nur in Kombination mit ei- nem hausarztzentrierten System er- reicht werden.

Die Hausärzte gingen aber noch weiter: Einstimmig wurde die Bundesregierung aufgefordert, die ambulante Versorgung im Sinne ei- nes primärärztlichen Versorgungs- systems zu reformieren und neu zu strukturieren. Die knapper werden- den Ressourcen und die demogra- fische Entwicklung ließen keinen anderen Weg mehr zu, lautet die Begründung. Weitere Details enthält der Antrag allerdings nicht. Die Unzufriedenheit über das Tempo bei der Umsetzung der hausarzt-

zentrierten Versorgung war bei der Tagung durchgängig zu spüren.

Mittlerweile sind zwar viele Ver- träge durch Schiedsämter entschie- den, laufen aber nicht, weil die Krankenkassen sich aus Sicht des HÄV unnötig Zeit lassen.

Bald Daten aus dem Süden

Es gehe aber auch anders, berich- tete Weigeldt: „Die CSU und das von ihr gestellte Gesundheitsmi- nisterium in Bayern sind sehr aktiv und stärken die Vertragswelt unter

anderem durch erheblichen Druck auf bayerische Kassen.“ Der Bun- desvorsitzende hofft, dass die Eva- luationsergebnisse aus dem laufen- den AOK-Vertrag in Baden-Würt- temberg weiterhelfen. Sie sollen am 15. Juni in Berlin präsentiert werden.

Lobend erwähnte Weigeldt in seinem Bericht zur Lage die Zu- sammenarbeit mit dem Deutschen Landkreistag, die den Versorgungs- problemen vor Ort geschuldet ist.

Man habe ein gemeinsames The- senpapier verabschiedet: „Wir wis- sen, dass die Probleme in den Land-

„Mal eben 300 Millionen Euro zusätzliche Mittel für die Krankenhäuser“

– Ulrich Weigeldt kri- tisierte die ungleiche Behandlung von Kliniken und Haus- ärzten.

Foto: Heike Günther

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11. Mai 2012 kreisen konkret auflaufen und dass

wir dazu beitragen können, sie zu lösen.“ In dem Thesenpapier wird nicht nur der alte § 73 b zurückge- fordert, sondern auch die Stärkung der Allgemeinmedizin an Universi- täten sowie als Pflichtbestandteil des praktischen Jahrs (PJ).

Die Delegierten bekräftigten die- se Forderung durch einen Antrag:

Die Bundesländern sollten bei der Mitte Mai anstehenden Abstim- mung im Bundesrat ein PJ-Pflicht- quartal Allgemeinmedizin von 2019 an unterstützen. Damit werde die Allgemeinmedizin gestärkt und zugleich den Bedenken der Medi- zinstudierenden Rechnung getra- gen, die sich gegen eine ersatzlose Aufhebung der Wahlmöglichkeit ausgesprochen hatten.

Morbidität bringt kein Geld

Kritisch setzten sich die hausärztli- chen Delegierten wie bei jeder Ta- gung mit aktuellen Beschlüssen der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung (KBV) und der Kassenärztli- chen Vereinigungen (KVen) ausein - ander. Diese wurden unter anderem aufgefordert, die bisherige Praxis der Vorwegabzüge vor der Tren- nung der Gesamtvergütung im Hin- blick auf die Psychotherapie und den Laborbereich zu beenden. Über die Vorwegabzüge und Schmäle- rungen des hausärztlichen Gesamt- vergütungsanteils wird seit langem debattiert.

Kritisiert wurde auch der Plan der KBV, den Einheitlichen Bewer- tungsmaßstab (EBM) evolutionär weiterzuentwickeln. Dahinter ver- birgt sich nach Ansicht des HÄV- Vorsitzenden ein Kurs, der nur zu Umverteilungen zwischen und in den Arztgruppen führen wird. Au- ßerdem verwies Weigeldt – wie vor ihm schon der bayerische KV-Vor- standsvorsitzende, Dr. med. Wolf- gang Krombholz – auf die Schat- tenseiten einer forcierten Morbidi- tätsorientierung und einer darauf basierenden Differenzierung von hausärztlichen Praxen und deren Leistungen: Durch den Patienten- mix sei eine solche Differenzierung wenig honorarwirksam, dafür aber

bürokratisch.

Sabine Rieser

SELEKTIVVERTRÄGE

Die Schnittstellenfrage

Neue Konstellationen bei der IT-technischen Umsetzung von Selektivverträgen; Softwarehäuser fordern einheitliche Standards.

E

ine rasche Einigung auf ein- heitliche Regeln für Schnitt- stellen und Funktionen bei der IT- Umsetzung von Selektivverträgen ist derzeit nicht in Sicht. Der Hin- tergrund: Die Gesellschafterver- sammlung der KV-Telematik-ARGE (die Telematik-Arbeitsgemeinschaft der Kassenärztlichen Vereinigun- gen) hatte Ende März 2012 be- schlossen, bei der geplanten IT- Schnittstelle für Selektivverträge künftig eine rein ärztliche Lösung zu verwirklichen und dabei mit dem Hausärzteverband zusammenzuar- beiten. Die zuvor bestehende Ko- operation zwischen der Telematik- ARGE und dem AOK-Bundesver- band war damit beendet. Sie zielte darauf ab, die Direktabrechnung zwischen Kassen und Ärzten über die „gevko“- Schnitt stelle zu defi- nieren, einen offenen IT-Standard, der allen Herstellern von Arzt- und Krankenhaussoftware zur Verfü- gung stehen sollte.

Unpolitische Standards

Aus Sicht der Praxissoftwarehäuser ist ein einheitlicher Standard unbe- dingt erforderlich, denn eine Viel- falt von Schnittstellen bedeutet mehr Programmieraufwand und da- mit höhere Kosten für die Arztpra- xen. „Wir fordern zur IT-Umset- zung von Selektivverträgen gemäß der § 73 b und c sowie 140 a Sozial - gesetzbuch V einheitliche und un- politische Standards“, erklärte Jens Naumann, Geschäftsführer der Me- datixx, bei der IT-Messe ConhIT in Berlin. Die Integration von Ver- tragsfunktionen in die Arzt-EDV sei eine notwendige Bedingung für den nachhaltigen Erfolg von Di- rektverträgen. Dabei entscheide die IT-Spezifikation über die Wirksam- keit und damit über den Erfolg des Vertrages. Außerdem wollen die Softwarehäuser keine Fremdsoft-

ware in ihre eigenen Produkte inte- grieren, wie dies bislang die Haus- arztverträge mit dem „gekapselten Kern“ voraussetzen. Die entspre- chenden Funktionalitäten wollen sie im freien Wettbewerb selbst pro- grammieren.

Kassen entwickeln weiter

Die AOK hat indessen angekündigt, ihre „gevko“-Schnittstelle für Se- lektivverträge auch nach dem Aus- stieg der Telematik-ARGE gemein- sam mit den Ersatzkassen, den Be- triebskrankenkassen und weiteren interessierten Kassen weiterzuent- wickeln. Dazu soll der damit be- traute Geschäftsbereich bei der AOK bis Mitte des Jahres als eigen- ständige GmbH ausgegliedert wer- den, berichtete Karsten Knöppler, Leiter des gevko-Geschäftsberei- ches der AOK Systems GmbH. Die sogenannte S3C-Schnittstelle solle sämtliche Prozesse professionell unterstützen, die Geschäftsprozesse zwischen den vernetzten Partnern steuern und die Standardisierung voranbringen, erläuterte Knöppler.

Verschiedene Module, wie etwa das Arzneimittelmanagement und die Abrechnung, sind bereits verfügbar.

Derzeit arbeiten laut Knöppler be- reits 5 000 Ärzte mit der Lösung.

Im Mai werden die S3C-Module Heil- und Hilfsmittelmanagement veröffentlicht. Zudem starten zwei neue Regionalverträge, an denen in Bayern und in Westfalen-Lippe etwa 800 Ärzte teilnehmen.

Die S3C-Schnittstelle stehe allen Softwareherstellern und an Verträgen beteiligten Partnern zur Verfügung, betonte Knöppler. IT-Unternehmen könnten die Spezifikationen unent- geltlich nutzen, die Zertifizierung sei kostenfrei. Und auch die Tür für die KV-Seite und für den Hausärz- teverband bleibe offen.

Heike E. Krüger-Brand

P O L I T I K

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