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geschichte - drei Publika- tionen zu deutschsprachigen Autorinnen in der Schweiz

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Rezensionen

Feministische Beiträge zur Schweizer Literatur-

geschichte - drei Publika- tionen zu deutschsprachigen Autorinnen in der Schweiz

von 1700 bis 1945

Doris Stump/Maya Widmer/Regula Wyss: Deutschsprachige Schriftstellerin- nen in der Schweiz 1700-1945. Zürich 1994,268 S..DM48-.

Sabine Kubli/Doris Stump (Hrsg.):

»Viel Köpfe, viel Sinn«. Texte von Auto- rinnen aus der deutschsprachigen Schweiz 1795-1945. Bern 1994, 317 S„

DM 36,-.

Elisabeth Ryter/Lilian Studer/Doris Stump/Maya Widmer/Regula Wyss (Hrsg.): »Und schrieb und schrieb wie ein Tiger aus dem Busch«. Über Schriftstel- lerinnen in der deutschsprachigen Schweiz. (Mit Beiträgen von: C.Babst, A.

Baum, R. Büttikofer, C. Caduff, E. Eich- mann-Leutenegger, G. Kübler, H. Lau- per, M. Marti, I. Mort E. Pulver, E. Ryter, B. Schnegg, I. Sprenger Viol, L. Studer, E.

L. Wyss.) Zürich 1994,300 S., DM 32,-.

Das Jahr 1994 ist ein wichtiges Datum für die Schweizer Literaturgeschichte:

Bis dahin lag die feministisch-literatur-

historische Forschung in der Schweiz weit hinter dem Stand feministischer Studien in Deutschland und Österreich zurück. Mit drei grundlegenden Publi- kationen hat sich nun die Situation ver- bessert. Erschienen sind: Erstens die wissenschaftliche Bibliographie

»Deutschsprachige Schriftstellerinnen in der Schweiz 1700-1945« - von Doris Stump, Maya Widmer und Regula Wyss;

zweitens die Prosaanthologie »Viel Köpfe, viel Sinn«, herausgegeben von Sabine Kubli und Doris Stump; und drit- tens der Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung »Und schrieb und schrieb wie ein Tiger aus dem Busch. Über Schriftstellerinnen in der deutschsprachi- gen Schweiz«, herausgegeben von Elisa- beth Ryter, Liliane Studer, Doris Stump, Maya Widmer und Regula Wyss. Be- zeichnend für die feministische For- schung in der Schweiz ist es, daß dieser Durchbruch nicht an einer Universität vollzogen worden ist, sondern in außer- universitären Diskussionszusammen- hängen von feministischen Literatur- wissenschaftlerinnen. Den Publikatio- nen kommt dies jedoch zugute: Sie sind nicht nur wissenschaftlich genau und mit feministischem Engagement erar- beitet, sondern werden darüber hinaus sehr leserinnenfreundlich präsentiert.

Bereits vor zehn Jahren haben Doris Stump und Sabine Kubli die ersten Pro- jekte zur Erforschung der Literatur von

Feministische Studien 1/96

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Frauen aus der deutschsprachigen Schweiz der letzten drei Jahrzehnte im Rahmen ihrer Dissertation bzw. Lizen- tiatsarbeit zu Schweizer Autorinnen im 19. und 20. Jahrhundert konzipiert. Es bedurfte jedoch mehrerer Anträge zur Finanzierung weiterführender For- schungen beim Schweizerischen Natio- nalfonds (entspricht der DFG), bis die finanziellen Grundlagen für das For- schungsprojekt in bescheidenem Maße bereitgestellt wurden.

Die Bibliographie »Deutschsprachige Schriftstellerinnen in der Schweiz 1700-1945« verzeichnet 923 Autorinnen mit über 4500 literarischen Publikatio- nen. »Damit steht ein wissenschaftliches Hilfsmittel zur Verfügung, das den Zu- gang zu einem großen, noch weitgehend unbekannten Forschungsgebiet eröffnet und eine fundierte Erforschung und Be- urteilung der Literaturproduktion von Frauen in der Schweiz ermöglicht.« Den Herausgeberinnen ist zuzustimmen, denn hier eröffnet sich den Forscherin- nen eine enzyklopädische Fundgrube.

Die verschiedenen Register des Bandes erleichtern die wissenschaftliche Arbeit:

ein Register der Pseudonyme, eines der Familiennamen, die nicht zugleich Ver- fasserinnennamen sind, und ein chrono- logisches Register der Erstpublikatio- nen. Für deutsche Wissenschaftlerinnen besonders interessant könnte das Regi- ster der Emigrantinnen sein. Die Her- ausgeberinnen geben in der Einleitung nicht nur Aufschluß über ihre Aufnah- mekriterien (aufgeführt werden Namen und Werke von Autorinnen, die inner- halb des Zeitraums mindestens ein selb- ständiges literarisches Werk publiziert haben) und Hinweise zur Benutzung, sondern sie gehen auch auf die Entwick- lung der Literaturproduktion von Frau- en ein. Quantitativ steigert sich diese von 26 Buchtiteln im 18. Jahrhundert auf 100 in der ersten Hälfte des 19. Jahr- hunderts, auf 600 in der zweiten Hälfte und auf 3100 Titel in der ersten Hälfte

des 20. Jahrhunderts. Die Wahl der lite- rarischen Genres bleibt dagegen kon- stant: Bevorzugt wird die Prosa. Hier lassen sich auch zahlreiche historische Romane nachweisen, deren Existenz für die Schweiz noch in der Literaturge- schichte von Josef Nadler 1932 ignoriert wird. Noch überraschender ist jedoch der Befund, daß Autorinnen ebensooft dramatische wie lyrische Texte publi- ziert haben. Es existieren sehr viele Dramen von Frauen - eine Tatsache, die von den Literaturhistorikern ebenfalls nicht zur Kenntnis genommen worden ist.

Zum Lesen literarischer Texte lädt die Anthologie »Viel Köpfe, viel Sinn« von Sabine Kubli und Doris Stump ein.

Von Marianne Ehrmann bis Regina Ulimann werden in chronologischer Rei- henfolge Texte und Kurzbiographien von dreißig Autorinnen vorgelegt. Sie wer- den auf einer Doppelseite porträtiert mit Foto, Lebensdaten, Sekundärliteratur und einer knappen Einschätzung ihres Werkes. Die literarischen Texte sind teils abgeschlossene Erzählungen, teils Aus- züge aus Romanen. Thematisch bewegen sie sich in den Bereichen von Bildung, Arbeit, Politik und Ehe. In den Texten kommen die unterschiedlichsten Frau- enbilder zum Ausdruck. Da gibt es Texte, in denen das traditionelle Frauenideal der hingebungsvollen Dienerin als Ge- mahlin und Mutter beschworen wird, und zwar von Autorinnen, die in ihrer ei- genen Biographie diese Grenzen über- schritten haben. Daneben sind aber auch erstaunlich starke Frauenfiguren aufzu- finden, Vorbilder für die soziale und fe- ministische Emanzipation. Ein spannen- der Text ist z. B. »Die Wachshand« von Claire Göll, in dem das Grauen des Krie- ges in der Entfremdung von Frau und Mann drastisch sichtbar wird. Den Kampf ums Studium für Frauen lassen sowohl die Texte von Meta von Salis (der ersten promovierten Geisteswissen- schaftlerin in Zürich) wie auch von Jo-

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hanna Spyri (bekannter als Autorin des Kinderbuchs »Heidi«) lebendig werden.

Besonders eindrücklich zum gleichen Thema ist der Beitrag der Journalistin und Autorin Ruth Waldstetten deren Ro- mane und Dramen nicht mehr veröffent- licht wurden. Silvia Andrea läßt - in ei- nem historischen Roman, der achtzig Jahre vor der Einführung des Frauen- stimmrechts in der Schweiz publiziert wurde - zwei Innerschweizer Bäuerin- nen mit der Fürstäbtissin des Fraumün- ster-Klosters in Zürich über die Proble- me der Innerschweizer Orte mit der Habsburgischen Herrschaft diskutieren, wobei die Frauen politische Lösungen entwickeln. Die Malerin und Autorin Franziska Stoecklin zeichnet in »Nacht im Institut« den Beginn einer Liebe zwi- schen zwei Mädchen auf. Forscherinnen, die sich mit den Brüchen im Leben von Frauen auseinandersetzen wollen, fin- den in anderen Texten interessantes Ma- terial, so z.B. in den Texten von Rosalia Müller, die sich von den Forderungen nach politischen Rechten und gleichbe- rechtigter Erwerbstätigkeit abgrenzte und in ihren Romanen ein traditionelles Frauenideal beschwor, dem sie in ihrer eigenen Biographie überhaupt nicht ent- spricht. Es ist nicht verwunderlich, daß sich die Rezeptionsgeschichte am tradi- tionellen Frauenbild orientierte und sich gegenüber den meisten Autorinnen ten- denziös zeigte und jene abwertete und ausgrenzte, die die traditionellen Ge- schlechterrollen überschritten. Diese Rezeption beruht auf einer ge- schlechtsstereotypen Wahrnehmung, denn: »Ebenso wie die hohe Bewertung, die die detaillierten Darstellungen des Gefühlsbereichs oder der Sinn für Rea- lismus erfahren, bringen die Ausgren- zungen ein einseitiges, konservatives Frauenbild zum Ausdruck, das sich bis heute auf allen Ebenen des gesellschaft- lichen Lebens als hinderlich - aber ins- gesamt kostengünstig - ausgewirkt hat«, schreiben die Herausgeberinnen Stump und Kubli im Nachwort.

Aus dem Wunsch, über die quantitati- ven Daten der Bibliographie hinaus ei- nen qualitativen Einstieg in die Litera- tur der schreibenden Frauen in der deutschsprachigen Schweiz zu geben, erwuchs die Idee einer Ausstellung. Dies ergab ein weiteres größeres Projekt, das vor allem vom Eidgenössischen Gleich- stellungsbüro und dem Department des Innern sehr unterstützt wurde. Die Aus- stellung »Und schrieb und schrieb wie ein Tiger aus dem Busch« wurde in Bern, Basel und Zürich gezeigt. Das gleichna- mige Buch ergänzt die Ausstellung und ist als eigenständige Publikation konzi- piert. Für beides zusammen haben die Herausgeberinnen inzwischen den Ber- ner Kulturpreis erhalten. Die Beiträge der insgesamt 18 Literaturwissenschaft- lerinnen porträtieren einzelne Autorin- nen, greifen Motive auf und beleuchten die Entwicklung in bestimmten Zeiträu- men. Eine systematische Darstellung der Literaturgeschichte schreibender Frauen in der Schweiz kann der Band selbstverständlich nicht geben, weil die- ses Forschungsfeld eben erst eröffnet worden ist. Gleichwohl erlauben diese Beiträge einen recht umfassenden Ein- blick in die Bedingungen der literari- schen Produktion von Frauen in der Schweiz der letzten dreihundert Jahre.

Es werden einzelne Autorinnen mit ih- rem Werk besprochen und in den zeitge- schichtlichen Zusammenhang gestellt.

Porträtiert werden aus dem 17. Jahrhun- dert die Gelehrte Hortensia Gugelberg von Moos, aus dem 18. Jahrhundert die deutsch-französischsprachige Philoso- phin Julie Bondeli, aus dem 19. Jahrhun- dert die Züricher Theaterdirektorin Charlotte Birch-Pfeiffer und aus dem 20. Jahrhundert die Herausgeberin des Schweizer Frauenkalenders, Clara Büt- tiker, sowie der Kulturredakteur Viktor Widmann, der als Ausnahme unter den Männern viele Autorinnen durch seine Rezensionen förderte. Weitere Beiträge beleuchten die Motive von »Hexe« und Kindsmörderin. Überblicksartikel be-

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schäftigen sich zudem mit einzelnen so- zialen Gruppen von Autorinnen, näm- lich mit Emigrantinnen in der Schweiz, mit lesbischen Autorinnen in den dreißi- ger Jahren, mit Lyrikerinnen und mit Autorinnen der Gegenwart. Die Beiträ- ge sind packend geschrieben, und die reiche und sorgfältige Bebilderung er- höht die Lust am Lesen erheblich. Nebst den Entdeckungen verschiedenster Au- torinnen bietet dieser Band einen Über- blick über die politischen und sozialen Hintergründe des literarischen Schaf- fens von Frauen in der Schweiz.

Die Bibliographie »Deutschsprachige Schriftstellerinnen in der Schweiz 1700-1945« ist ein unerläßliches Hilfs- mittel für Forscherinnen, die Antholo- gie »Viel Köpfe, viel Sinn« ein schönes Lesebuch, das auch im Unterricht sei- nen Platz finden könnte, und die Auf- satzsammlung »Und schrieb und schrieb wie ein Tiger aus dem Busch ...« eine Einladung für literatur- und sozialge- schichtlich Interessierte. Zusammen er- öffnen sie eine Breite und zeigen eine Vielfalt der Literatur deutschsprachiger Schweizer Autorinnen, wie sie wohl nie- mand erwartet hätte und für die gilt:

Viele Köpfe publizieren viel Sinn!

Madeleine Marti (Zürich) und Marianne Ulmi (Bern)

Christiane Berneike: Die Frauenfrage ist Rechtsfrage. Die Juristinnen der deutschen Frauenbewegung und das Bürgerliche Gesetzbuch. Schriften zur Gleichstellung der Frau, Bd. 11, Baden- Baden: Nomos 1995,119 S„ DM 38,- Daß es bereits vor 1900 deutsche Juri- stinnen gab, hörte die damalige Berliner Jurastudentin Christiane Berneike zum erstenmal im Frühjahr 1987, als die drit- ten Fernsehprogramme die Dokumen- tationsreihe »Unerhört - die Geschichte der deutschen Frauenbewegung« aus- strahlten. Damit hatte sie den entschei- denden Anstoß zu ihrer jetzt vorliegen- den Dissertation erhalten. Diese be- schäftigt sich mit der Rolle, die Europas erste Juristin, die Schweizerin Emilie Kempin, und ihre wenige Jahre später promovierten beiden deutschen Kolle- ginnen Anita Augspurg und Marie Raschke in den Kämpfen der deutschen Frauenbewegung gegen die Kodifizie- rung des 1900 in Kraft getretenen Bür- gerlichen Gesetzbuches gespielt haben.

Dieses nach der Reichsgründung 1871 in Angriff genommene juristische Jahr- hundertwerk sollte das - der bisherigen Kleinstaaterei entsprechend - in viele unterschiedliche Rechtsgebiete und Rechtsquellen zersplitterte Privatrecht vereinheitlichen. Obwohl der später kaum veränderte Entwurf in seinem fa- milienrechtlichen Teil die (erst 1977 völ- lig aufgehobene) Entmündigung der Ehefrauen festschrieb und so eine reichsweite feministische Protestkam- pagne (»Frauenlandsturm« 1895/96) herausforderte, sind die Petitionen und Stellungnahmen der Frauenbewegung in den Darstellungen der BGB-Entste- hungsgeschichte bisher kaum beachtet worden. Auch von der historischen For- schung wurden die Quellen der Frauen- bewegung lange vernachlässigt. Das galt insbesondere für ihren erst in den acht- ziger Jahren wiederentdeckten »radika- len« Hügel (vgl. Fem. Studien 1/1984), der die Frauenfrage in erster Linie als

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Rechtsfrage begriff und die Protestkam- pagne gegen die erneute Festschreibung frauenfeindlicher Rechtsnormen orga- nisierte und vorantrieb. Obwohl Anita Augspurg und zweitweise auch Marie Raschke zu den wichtigsten Akteurin- nen des »Frauenlandsturmes« gehörten, wurde ihr Widerstand »gegen den Fortschritt des Rechts als etwas Brauen- los Allgemeines<« (15) bisher nicht systematisch gewürdigt. Diese For- schungslücke versucht Christiane Ber- neike mit ihrer Arbeit zu schließen. In- dem sie die (männliche) Familienrechts- dogmatik Punkt für Punkt mit der an ihr geübten weiblichen Rechtskritik kon- frontiert, enthüllt sie, was den meisten Rechtshistorikern noch immer nicht der Rede wert ist: die Parteilichkeit der BGB-»Väter« für das eigene Ge- schlecht.

Ihrer zentralen Prämisse gemäß, daß sich eine radikale Kritik des Rechts nur von einem Standpunkt aus formulieren läßt, »der dessen Voraussetzungen re- flektiert, einem Standpunkt außerhalb des dogmatischen Denkgebäudes von Recht«, hat die Autorin der »Notwen- digkeit außerjuristischer Bezüge« (15) dadurch Rechnung getragen, daß sie auch die Antriebskraft der drei Juristin- nen, nämlich deren unterschiedlich in- tensives Engagement in der Frauenbe- wegung, in ihre Untersuchung mit ein- bezog. Allerdings beschränkt sie sich im wesentlichen auf eine Darstelldung ih- rer Biographien bis zum Inkrafttreten des B G B 1900 und faßt ihr weiteres Le- ben und ihre künftigen Aktivitäten nur in einem anschließenden knappen

»Ausblick« zusammen. Diese »Mo- mentaufnahme«, die die als gleicherma- ßen »radikal« dargestellten Positionen Augspurgs und Raschkes dem Kempins gegenüberstellt, die der »Naivität« und dem »Draufgängertum« der Radikalen äußerst skeptisch gegenüberstand, ist zu einer generellen Würdigung der drei Ju- ristinnen allerdings nur bedingt geeig- net. Sie läßt nämlich erst gar nicht in den

Blick kommen, daß Marie Raschke An- fang 1903 nach einer Auseinanderset- zung mit Augspurg und Cauer dem Ber- liner Verein »Frauenwohl« den Rücken kehrte und bei der BDF-Generalver- sammlung 1908 zu den vehementesten Gegnerinnen einer ersatzlosen Strei- chung des § 218 StGB gehörte. Zweifel- los hätte es den Wert der Arbeit erhöht, wenn die Autorin auch der Frage nach- gegangen wäre, aufgrund welcher Er- fahrungen es zu solchen Widersprüchen kommen konnte und wie sich die Akti- vitäten der Juristinnen zu denen der

»Nur«-Frauenrechtlerinnen verhielten, ohne die die erste große Massenmobili- sierung deutscher Frauen kaum zustan- de gekommen wäre. In diesem Zusam- menhang wäre insbesondere die Rolle Marie Raschkes als Vorsitzende der Rechtskommission des B D F zu klären gewesen, zumal sie sich in dieser Funkti- on schon bald so isolieren sollte, daß ihr bei der Generalversammlung 1905 in Danzig nur noch der Rücktritt blieb.

Nur im Falle der Schweizerin Emilie Kempin wird das ambivalente Verhält- nis untersucht, das sie und die deutsche Frauenbewegung verband, ohne daß al- lerdings die Hauptursache für die Vor- behalte der deutschen Frauenrechtle- rinnen ihrer Rechtsauffassung gegen- über benannt wird. Kempins im Auftrag des A D F erstellte »Denkschrift«1 argu- mentierte ihren Kritikerinnen »zu juri- stisch und trug dem Frauenstandpunkt allzuwenig Rechnung« (M. Stritt in Lan- ge/Bäumer 1901,136). Die Tatsache, daß Kempins Rechtskritik wesentlich ver- haltener ausfiel als die der beiden ande- ren Juristinnen, wird in Berneikes Un- tersuchung vorwiegend aus den unter- schiedlichen Lebensumständen erklärt.

Danach konnte Kempin schon deshalb nicht radikaler argumentieren, weil sie anders als ihre beiden materiell wesent- lich unabhängigeren Kolleginnen auf die Anerkennung durch die etablierte patriarchale Rechtswissenschaft ange- wiesen war. Dieser allzu eindimensiona-

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len Betrachtungsweise entgeht aber, daß die innerhalb der Frauenbewegung über die »richtigen« Rechtsforderungen geführten Debatten eng mit Fragen der moralischen Wertung und den von den Radikalen ausgehenden Bemühungen um eine »Neue Ethik« zusammenhän- gen. Die erste grundsätzliche Auseinan- dersetzung über diese Frage fand be- reits - innerhalb Berneikes Untersu- chungszeitraum - bei der BDF-Gene- ralVersammlung 1898 in Hamburg statt.

Die etwas zu strikte Beschränkung auf den kurzen historischen Moment zwischen 1895 und 1900 hat auch zur Folge, daß weder die Formen noch die Inhalte der innerhalb der Frauenbewe- gung ausgebildeten Traditionen der Rechtskritik deutlich werden. Obwohl die Autorin selbst die Frage aufwirft, an welche Traditionen die Juristinnen an- knüpfen konnten, geht sie nur sehr ver- kürzt auf die bereits von der Frauenge- neration um Louise Otto verfaßte erste familienrechtliche Petition unter dem Titel »Einige deutsche Gesetz-Para- graphen über die Stellung der Frau« von 1876 ein. Weder ihr Anlaß, ein auf dem Frauentag 1875 in Gotha zur Sprache gekommener Fall keineswegs unge- wöhnlicher ehemännlicher Gewalt und Willkür, noch, was wichtiger gewesen wäre, ihre naturrechtliche Argumentati- onsstruktur werden als relevante Vor- aussetzungen der BGB-Kritik benannt.

Die äußerst knappe Darstellung kann stellenweise sogar zu völligen Fehl- schlüssen führen. So entsteht in einem Kapitel mit der fragwürdigen Über- schrift »Otto Gierke, Anton Menger und der Allgemeine Deutsche Frauen- verein. Die Kritik am Familienrecht des Entwurfs bis 1892« der falsche Ein- druck, als handle es sich bei den genann- ten Rechtsexperten um Freunde der Frauenbewegung, deren Kritik am BGB-Entwurf mit der des ADF über- einstimme. Tatsächlich aber wurde nur der Wiener Rechtsprofessor Anton Menger von der deutschen Frauenbe-

wegung als »Autorität ersten Ranges«

(M. Stritt in Lange/Bäumer 1901, 136) akzeptiert. Nur seine gegen den BGB- Entwurf gerichtete Streitschrift »Das bürgerliche Recht und die besitzlosen Volksklassen« von 1890 fand auch bei den Frauenrechtlerinnen »lebhafte Sympathie und Zustimmung«, denn auch die Frauen, denen durch das pro- jektierte ehemännliche »Nutznießungs- und Verwaltungsrecht« die Verfügungs- gewalt über ihr eigenes Vermögen ge- nommen werden sollte, fühlten sich als besitzlose Volksklasse. Zudem boten seine (von der Autorin nicht erwähnten) naturrechtlich begründeten Leitsätze z. B. bei der Kritik des Unehelichenrech- tes auch der Frauenbewegung Argu- mentationshilfen an, die sie im eigenen Interesse nutzen konnte.

Trotz dieser Einschränkungen schließt Christiane Berneikes Arbeit in- sofern eine Lücke, als sie die von der Rechtshistorie unterschlagene Kritik der ersten Juristinnen an Rechtsnormen aufzeigt, die zum Teil bis in die siebziger Jahre galten und Frauen die schon da- mals geforderte Rechtsgleichheit ver- weigerten.

Beatrix Geisel

Zitate aus: H. Lang/G. Bäumer (Hrsg.) (1901), Handbuch der Frauenbewegung, Bd. 1.

Anmerkung

1 A D F (Hrsg.): Die Stellung der Frau nach den zur Zeit in Deutschland giltigen Geset- zesbestimmungen sowie nach dem Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, bearbeitet von Dr. Emilie Kempin, Leipzig 1892.

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Margit Brückner/Birgit Meyer (Hrsg.):

Die sichtbare Frau. Die Aneignung der gesellschaftlichen Räume. Freiburg/

Breisgau: Köre Verlag 1994, 412 S., DM 40,-.

Die Feststellung, »daß zur Zeit revolu- tionäre feministische Befreiungsträume nicht mehr geträumt werden« (10), ge- hört inzwischen zum guten Ton in frau- enbewegten Kreisen. Wie diese resi- gnierte Einschätzung zu dem selbstbe- wußt daherkommenden und Erfolgs- meldungen verheißenden Titel paßt, klärt sich in den Bestandsaufnahmen der feministischen Errungenschaften, die einen Teil der insgesamt dreizehn Beiträge des Sammelbandes bilden. Sie verdeutlichen die Differenz zwischen der gestiegenen Sensibilität der Öffent- lichkeit für feministische Anliegen und der tatsächlichen kulturellen und politi- schen Umsetzung.

Die Artikel von Margit Brückner, Gi- sela Wülffing und Birgit Meyer zeigen, daß die vermehrte Präsenz von Frauen in der politischen Öffentlichkeit bislang nicht zu bedeutenden Veränderungen von Politikinhalten, Politikstilen und politischer Entscheidungsfindung ge- führt hat. Altbekannte Fremd- und Selbstverhinderungen zwingen Frauen noch immer zur Einpassung in eine pa- triarchal strukturierte politische Kultur, in der die Existenz geschlechtsspezi- fischer Interessen, die Geschlechtlich- keit des Menschen überhaupt, beharr- lich »entnannt« wird (vgl. Brückner).

Diese Beobachtung findet sich auch in Karin Flaakes Beitrag zur weiblichen Adoleszenz. Am Beispiel des Umgangs mit der beginnenden Menstruation schildert die Autorin, wie ein gesell- schaftliches Tabu beständig wirkt, ob- wohl es allgemein als überkommen gilt.

Auch von der Doppelbelastung von Re- produktions- und Produktionsarbeit sind die Frauen noch nicht befreit, stellt Karin Jurczyk im Rahmen ihrer Unter- suchung geschlechtsspezifischer Zeit-

erfahrungen fest. Besonders erwerbstä- tige Mütter können immer noch nur als

»Zeitakrobatinnen« (221) bestehen.

Ebenso fällt Marianne Rodensteins Ein- schätzung aus, die in ihrem Artikel Uber feministische Architektur und Stadtpla- nung als einzige den »Raum« nicht als Metapher nutzt: »Der Schritt heraus aus dem Haus ist getan, aber den Raum der Stadt haben wir uns noch nicht genom- men« (266).

Unter dem Titel »Feminismus zu Recht« berichtet Ute Gerhard genau dies aus dem juristischen Bereich. Wen wundert es angesichts der - an feministi- schen Idealvorstellungen gemessen - geringen rechtlichen Fortschritte und der noch unbefriedigenden Umsetzung dieser Errungenschaften im Rechtsall- tag, daß der »Rechtsnihilismus« (327) in der Frauenbewegung weit verbreitet ist? Gerhard plädiert trotz solcher »Un- rechtserfahrungen« (ebd.) für die Ent- wicklung einer feministischen Rechts- kritik auf der Grundlage der Forderung nach »Gleichheit in der Differenz«

(361).

»Sichtbar« heißt noch lange nicht

»etabliert«. Diese Erkenntnis ist nicht wie in o.g. Artikeln das Fazit, sondern der Ausgangspunkt des gelungenen Ver- suchs einer Neubestimmung des femini- stischen Öffentlichkeitsbegriffs von Sey- la Benhabib. Die Philosophin provoziert mit der Vermutung, daß »der Versuch, das Private zu >politisieren< ... nicht zur Emanzipation der Frauen, sondern zu Beseitigung der letzten Spuren mensch- licher Freiheit in der modernen Welt«

(273) führen werde. Feministische Poli- tik habe nur insofern dazu beigetragen, daß die Sphäre des Öffentlichen sich ausgedehnt habe, als daß »eine Nation von Voyeuren« (296) die Besichtigung privater - intimer - Räume vornimmt.

Durch die kritische Erweiterung von Hannah Arendts Kategorien »öffentli- cher Raum« und »Privatheit« - »mit Arendt gegen Arendt denken« (276) - beginnt Benhabib, einen positiven Be-

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griff von Privatheit und damit eine femi- nistische Politik zu entwickeln, die Öf- fentlichkeit nicht derart produziert, daß sie die Intimsphäre dem »Bürger-Kon- sumenten« (296) zum Fraß vorwirft, sondern dazu beiträgt, »private Scham in eine öffentliche Forderung, private Dunkelheit und Blindheit in öffentli- ches Licht und Sichtbarkeit zu verwan- deln« (296).

Noch eindeutiger kritisiert Jean L.

Cohen, Autorin des zweiten - sehr le- senswerten - Artikels zum Thema » Ö f - fentlichkeit - Privatheit«, die »universa- listische Stoßrichtung« (300), den »in- toleranten Gruppenpartikularismus«

(301) und die »autoritären Behauptun- gen von Differenz« (301) der Frauenfor- schung und der Neuen Sozialen Bewe- gungen insgesamt als eine Abkehr von demokratischen Prinzipien. Bislang sei es nicht gelungen, für »Privatheit ...

eine normative Konzeption zu entwik- keln, die Differenz und Pluralität hinrei- chend schützt und zugleich der Komple- xität gegenwärtiger Zivilgesellschaften völlig angemessen ist« (302 f.). Cohen will die »Territorien des Selbst« (325) - Entscheidungsautonomie, körperliche Integrität und Unverletzbarkeit der Persönlichkeit - gewahrt sehen und plä- diert für »das Recht, es ohne wirklich sehr zwingende Gründe nicht hinneh- men zu müssen, daß der Staat oder Drit- te die eigenen konstitutiven Identitäts- bedürfnisse verletzen oder sich in diese einmischen« (319).

Gegen »festgeschriebene feministi- sche Programmatik« (146) wendet sich auch Cornelia Helfferich in ihrem Bei- trag über feministische Körperpolitik.

Sie kritisiert die »Tendenz zur >Recht- haberei< körpergebundener Theorien«

(121), die der Schwierigkeit entspringe, subjektiv authentisches Körpererleben zu relativieren oder zu widerlegen. Daß auch die »Wirklichkeit der Leibhaftig- keit« (146) gesellschaftlich konstruiert ist, führt Helfferich anhand des ver- schiedenartigen Körpererlebens von

Frauen aus der ehemaligen D D R und der ehemaligen B R D vor.

Die unterschiedliche Wirklichkeit von ostdeutschen und westdeutschen Frauen wird auch von Ilse Nagelschmidt thematisiert. Sie besichtigt die deutsche Frauenliteratur seit 1968 und illustriert mit vielen Textauszügen, daß die Texte von DDR-Autorinnen »auf den ganzen Menschen aus sind und Utopien mög- lich machen« (ebd.), während die Schriftstellerinnen in der Bundesrepu- blik fast ausschließlich »Ablösungstex- te« (ebd.) produzierten: »Thema ist nicht, wie es sich mit einem Mann leben läßt, sondern vielmehr wie die Frau aus einer unglücklichen Beziehung heraus- kommt« (163). Ulrike Prokop gibt einen historischen Überblick über Entwick- lungstendenzen weiblicher Identität. Im Zentrum ihrer Überlegungen steht das Mutter-Tochter-Verhältnis in den unter- schiedlichen Etappen der Neuen Frau- enbewegung. Sah sich laut Prokop die Tochter in den 70ern als »Avantgarde der Frauen und als Racheengel« (77) der Mutter in ihrer weiblichen Opfer- rolle, fehle der frauenbewegten Frau in den 80er Jahren dieses Sendungsbe- wußtsein: »Die >neuen< Töchter möch- ten die Mütter eher loswerden, als sie retten« (80).

Birgit Rommelspachers Beitrag han- delt von Rassismus und Antisemitismus bei Frauen und in der Frauenforschung.

Damit Rassismus nicht als Nebenwider- spruch verschwinde, sei es wichtig,

»die Wechselwirkung der verschiedenen Herrschaftssysteme zu untersuchen und zu fragen: Wann ist feministische Kritik auch gleichzeitig Kritik an anderen Herrschaftsverhältnissen?« (195)

Der Sammelband präsentiert »ein breites Spektrum feministischen Den- kens« (11). Das schlechte Gewissen, den einzelnen Beiträgen in ihrer jeweiligen Spezifik und Qualität hier nicht gerecht werden zu können, streitet mit dem Ä r - ger darüber, daß es weder eine themati- sche noch eine theoretische Klammer

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gibt. Zumal das Vorwort eine umfassen- de Bestandsaufnahme der Erfolge, Nie- derlagen und Entwicklungen der Frau- enbewegung verspricht: »Nach über 25 Jahren Neuer Frauenbewegung und Frauenforschung fragen wir: Mit wel- chen Phantasien, Hoffnungen und Wün- schen sind Frauen angetreten, und wo stehen sie heute? Welche Orte haben Frauen wiederentdeckt und erobert?

[...] Hat die Frauenbewegung Erfolge zu verzeichnen, die wiederum Funda- mente bilden können für Neues und Ge- wagtes auch jenseits feministischer Leit- bilder?« (9) In Erwartung der angekün- digten perspektivischen Bilanz ent- täuscht die statt dessen dargebotene bunte feministische Vielfalt. Die »Diffe- renzierungen und Differenzen zwischen Frauen« machen es den Herausgeberin- nen »aufregend und schwierig zugleich, feministische Inhalte und Ziele (neu) zu bestimmen und kreative Wege zu fin- den, sich darüber auseinanderzusetzen«

(10). Wenn zu viele verschiedene Aspekte nebeneinandergesetzt werden, entsteht aber eher das Gefühl der Ori- entierungslosigkeit als das der Aufre- gung, feministische Theorie und Praxis zu profilieren und somit den Anlaß für

»revolutionäre feministische Befrei- ungsträume« zu schaffen.

Ulla Weber

Elaine Aston: An Introduction to Femi- nism and Theatre. London: Routledge 1995,166 S.

Feministische Theaterwissenschaft - das ist die wissenschaftliche Annäherung an den Untersuchungsgegenstand Theater unter feministischen Perspektiven und somit ein komplexes, interdisziplinäres Unterfangen. Elaine Aston versteht es, unter Anwendung poststrukturalisti- scher und theatersemiotischer Theorien das gesamte Themenspektrum bisheri- ger feministischer Theaterwissenschaft

zu erfassen. Ihre Kenntnis der Theater- praxis stammt aus dem anglo-amerika- nischen Raum. Den Hauptteil ihrer Ar- beit bilden Untersuchungen zum Anteil von Frauen an der Theatergeschichte, zum Einfluß der neuen Frauenbewe- gung, was Überlegungen zur besonde- ren Problematik schwarzer und lesbi- scher Frauen einschließt, und zu Fragen einer weiblichen Theaterästhetik. Im 2.

Teil veranschaulicht Aston einige ihrer theoretischen Erkenntnisse an Beispie- len aus der Theaterpraxis.

Wie schon aus dem Titel »An Intro- duction to Feminism and Theatre« her- vorgeht, begreift sie ihre Studie als Ein- führung für alle an der Forschung auf diesem Gebiet Interessierten, vornehm- lich Studentinnen der Theaterwissen- schaften. Sie gibt einen Einblick in mög- liche Themen, die im einzelnen vertieft werden müßten, um differenzierte For- schungsergebnisse zu ermöglichen. Mit beachtlicher Konsequenz, wie sie in theaterwissenschaftlicher Literatur sel- ten gegeben ist, bleibt Aston (zumindest in dem wichtigeren 1. Teil) ihrer semio- tisch geprägten Auffassung von Theater treu, wonach der dramatische Text nur ein Zeichensystem von vielen innerhalb einer Inszenierung darstellt.

Da eine feministische Theaterpraxis, vor allem im deutschsprachigen Raum, noch selten ist, läuft gerade die femini- stische Theaterwissenschaft Gefahr, sich ausschließlich mit den in größerem Um- fang vorhandenen feministischen Thea- tertexten zu befassen und so den tradi- tionellen Dramazentrismus fortzuset- zen. Anders Aston, die in ihrem 2. Kapi- tel »Finding a Tradition: Feminism and Theatre History«, das sich mit der ver- schütteten Theatergeschichte von Frau- en auseinandersetzt, nicht nur auf Thea- terautorinnen eingeht, sondern auch auf die Frage, welche Bedeutung die Kennt- nis der Lebens- und Arbeitsbedingun- gen der Theatermacherinnen für die Forschung über vergangene Theater- epochen hat. Beispielsweise erscheint

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die Shakespeare-Forschung unter dem Aspekt der rein männlichen Besetzung in einem anderen Licht. Wie mögen die

»Frauen«figuren wohl auf der elisabe- thanischen Bühne, die weder eine Ram- pe noch künstliche Beleuchtung kannte, ausgesehen haben? Die weiblichen Rol- len, ihrerseits teilweise Hosenrollen wie im Falle von Viola aus »Ttoelfth Night«, von einem männlichen Autor für seine männlichen Schauspieler geschrieben, verlieren ihren Charakter als kräftige, selbstbewußte Bühnengeschöpfe, den selbst feministische Literaturwissen- schaftlerinnen ihnen in Mißachtung der rein männlichen elisabethanischen Theaterpraxis attestiert haben.

Aston tritt für eine Neubewertung der Maßstäbe ein, anhand deren inner- halb der Theatergeschichte Bedeutung bemessen wird. So wagt sie es, ausge- rechnet das in der Dramenwissenschaft unliebsame 19. Jahrhundert als Epoche großer Theaterkunst von Frauen zu be- zeichnen. Denn sie hält die Leistungen der bedeutenden Diven dieses Jahrhun- derts, u.a. Sarah Bernhardt, Eleonara Duse, Ellen Terry, für herausragend, auch wenn sie triviale Stücke gespielt haben. Ihnen sei es gelungen, durch Ge- stik, Mimik und Sprachnuancen eine vom Text unabhängige, eigene Körper- sprache (»body-as-text«, 33) zu entwik- keln, aufgrund deren es ihnen möglich war, auch auf internationalen Bühnen verstanden zu werden.

Die Intention, die Schauspielkunst innerhalb der Theatergeschichte aufzu- werten, ist das Neue an Astons Arbeit, wodurch sie sich von anderen feministi- schen Theaterwissenschaftlerinnen ab- hebt, deren Absichten häufig auf eine Gegengeschichte weiblicher Dramatik und des Schauspielerinnenberufs be- grenzt sind. Derlei historische Untersu- chungen liegen vor, von daher ist es kein Verlust, daß Astons Auseinanderset- zung mit der Geschichte von Dramati- kerinnen nur einen sehr großen Über- blick bietet, der kaum über die Nennung

der wichtigsten Namen hinausgeht.

Auch ihre kurze Abhandlung Uber Ar- beitsbedingungen und soziales Ansehen von Schauspielerinnen sowie Prinzipa- linnen eignet sich eher als Anregung, woanders mehr darüber nachzulesen (z.B. bei Lesley Ferris. Acting Women, London, Macmillan: 1990), wie sie selbst empfiehlt.

Bevor Aston die Möglichkeiten, in feministischer Absicht auf der Bühne zu agieren, beschreibt, erörtert sie Theori- en, die zumindest in Theaterzusammen- hängen noch wenig Anwendung finden.

Sie stellt Jacques Lacans Vorstellung, daß die Sprache, die die gesellschaftli- che und kulturelle symbolische Ord- nung ausmacht, männlich dominiert ist, zusammenfassend dar. Die Frau hat La- can zufolge keinen Ort in der symboli- schen Ordnung, so daß sie entweder schweigt oder eine männliche Sichtwei- se auf sich selbst und ihre Umwelt an- nimmt. Nach Aston besteht das Anlie- gen des zeitgenössischen Theaters von Frauen darin, die Ausgrenzung der Frauen aus der soziosymbolischen Ord- nung aufzuheben, indem Ausdrucksfor- men gefunden werden, diese zu unter- laufen. Ihre vehemente Ablehnung je- der Form von Realismus auf dem Thea- ter läßt sich darauf zurückführen, daß sie darin immer eine 1:1-Repräsentation der symbolischen Ordnung sieht. Um die Dekonstruktion der symbolischen Ordnung theoretisch zu fundieren, be- zieht sie die ästhetischen Konzepte der französischen Feministinnen Helene Cixous, Luce Irigaray und Julia Kristeva in ihre Überlegungen ein, die auf eine Theaterpraxis bezogen werden können.

Es sind im wesentlichen dieselben Kon- zepte, die auch feministische Literatur- wissenschaftlerinnen auf der Suche nach einer weiblichen Ästhetik aufgrei- fen. Das Frau-Sprechen der Irigaray, das weibliche Schreiben der Cixous und das (geschlechtsneutrale) Semiotische der Kristeva - alles Vorschläge, um die star- re Ordnung des sprachlichen Zeichen-

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systems aufzubrechen, um Raum für darin nicht repräsentierte Erfahrungen zu schaffen. Dazu gehört auf dem Thea- ter beispielsweise der Versuch, einen Diskurs nicht nur einem sprechenden Subjekt zuzuordnen, sondern einer Viel- zahl von Stimmen. Auch das in der Spra- che verankerte lineare Zeitmodell kann auf der Bühne durch Zeitsprünge zwi- schen Vergangenheit und Gegenwart durchbrochen werden. Aston nennt lei- der nur wenige, nicht sehr differenzierte Beispiele aus der Theaterpraxis von Frauen, die einen direkten Zusammen- hang zu den Vorstellungen der französi- schen Poststrukturalistinnen darstellen.

Deutlich wird jedoch ihre Auffassung, daß Frauen einen subversiven Umgang mit der symbolischen Ordnung finden müssen, um sich selbst zu repräsentie- ren. Deshalb stehen auch Theaterfor- men, die einer Frauensubkultur zuzu- ordnen sind, im Vordergrund ihres In- teresses. Sie beschreibt die Arbeit ver- schiedener Frauentheaterprojekte in Großbritannien und den USA, geht je- doch nur am Rande und immer ableh- nend auf die Leistungen von Frauen in etablierten Theatern ein. Da es im deutschsprachigen Raum überwiegend staatlich subventionierte und nur weni- ge überregional bekannte freie Theater gibt, stellt sich das Problem einer femi- nistischen Theaterpraxis bei uns jedoch anders dar. Daher lassen sich nur einige Aspekte der von ihr favorisierten Ar- beit in freien Frauentheatergruppen oder gemischten Theatergruppen mit ei- nem Schwerpunkt Geschlechterdiffe- renz auf unser Theatersystem beziehen.

Astons Interesse an feministischem Theater konzentriert sich weniger auf eine künstlerische als auf eine politisch motivierte Ästhetik. Das Problem der mangelnden Professionalität und künst- lerischen Qualität in Frauentheater- gruppen, auf das ihre englische Kollegin Michelene Wandor hingewiesen hat, scheint sich ihr nicht darzustellen (vgl. Michelene Wandor. Understudies,

Theatre and Sexual Politics, London.

Methuen: 1981).

Was Astons Arbeit jedoch positiv von Wandors Studie abhebt, ist eine tie- fere Einsicht in die Entstehung von Theaterprozessen. So kommt sie dazu, über Schauspielerinnenausbildung und -training zu sprechen, was m.E. ein wichtiger Aspekt im Bemühen um femi- nistisches Theater ist. Schließlich sind es die Schauspielerinnen, die neue, vom männlichen Blick befreite Entwürfe von Weiblichkeit auf die Bühne bringen sol- len. Eine von herrschenden Frauenbil- dern losgelöste Sicht auf sich selbst, ver- bunden mit einem entsprechenden Kör- pergefühl, lernen Schauspielerinnen we- der in Schauspielschulen noch bei männlichen Regisseuren, die die Thea- ter beherrschen. Aston hebt zwei me- thodische Ansätze der Schauspielkunst hervor, die ihr geeignet erscheinen, Frausein zu repräsentieren. Der eine be- zieht sich auf die Brechtsche Schau- spiellehre der Distanz zwischen Schau- spielerin und Rolle, wodurch eine kriti- sche Haltung sichtbar werden soll. Der andere, interessantere, geht auf die ar- gentinische Regisseurin Cristina Ca- strillo zurück, die mit dem internationa- len Frauentheaterprojekt Magdalena in Cardiff/Wales arbeitet. In ihrer Schau- spielmethode geht es darum, die eige- nen Erfahrungen, die im emotionalen und physischen Gedächtnis gespeichert sind, hervorzubringen. Schauspielerin- nen verwandeln sich also nicht in eine ihnen fremde Figur, sondern bleiben bei sich. Um die Schauspielerinnen zu schützen, werden die Prozesse des Erin- nerns kontrolliert. Der Gefahr, in For- men des Psychodramas abzudriften, wird vorgebeugt.

In ihrem 7. Kapitel, »performing gen- der«, geht Aston, auch unter Berücksich- tigung weiblicher Homosexualität, auf die Konstruktion von Weiblichkeit auf der Bühne ein. Sie zeigt, daß auch eine Besetzung von Rollen, die gegen die kon- ventionelle Praxis gerichtet ist, die sym-

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bolische Ordnung angreift. Diesen Punkt,bei Aston nicht weiter ausgeführt, halte ich für wichtig: Wie würde z. B. ein Publikum reagieren, wenn die klassische junge Liebende von einer großen, kräfti- gen Frau gespielt würde?

Nachdem Aston in ihrem wichtigen ersten Teil kenntnisreich und immer im Bewußtsein des Zusammenhangs zwi- schen theoretischen Überlegungen und der Theaterpraxis eine Vielzahl an The- men der feministischen Theaterwissen- schaft vorgestellt hat, schließt sie einen zweiten Teil an, in dem sie anhand von Fallstudien ihre im ersten Teil vorge- stellten Überlegungen anwenden will.

Unverständlich ist, weshalb sie sich hier plötzlich überwiegend auf Theatertexte bezieht und nicht auf Inszenierungen, wo doch ihr Bestreben dahin zielt, einen gesamttheatralischen Kontext herzu- stellen. Aufgrund dieses Verfahrens kommt sie beispielsweise dazu, Neil Dunns Text »Steaming« als realistisch abzulehnen, weil sie ihn aufgrund seiner konventionellen Dramaturgie automa- tisch mit einer realistischen, sprich: frau- enfeindlichen Aufführungspraxis ver- bindet, während sie Sarah Daniels Text

»Masterpieces« allein wegen der bereits im Text angelegten Verfremdungstech- niken schätzt. Als Einführung in die Möglichkeiten der feministischen Thea- terwissenschaft ist »An Introduction to Feminism and Theatre« jedoch auf- grund der ungewöhnlich praxisbetonten Sichtweise trotz der genannten Schwä- chen zu empfehlen.

Helga Fleig

L. Christof Armbruster/Ursula Mül- ler/Marlene Stein-Hilbers (Hrsg.): Neue Horizonte? Sozial wissenschaftliche For- schung über Geschlechter und Ge- schlechterverhältnisse. Opladen: Leske + Budrich 1995,221 S.,DM 36,-.

Bei dem Sammelband »Neue Horizon- te?« handelt es sich um ein Buch mit programmatischer Absicht. Er entstand aus einer im Juli 1994 an der Universität Bielefeld veranstalteten Tagung, bei der die Einflüsse der Frauenforschung auf die aktuelle Entwicklung in den Sozial- wissenschaften diskutiert werden soll- ten. Einen weiteren Bezugspunkt der vorliegenden sorgfältig edierten Textsammlung bilden die Folgen des Poststrukturalismus auf die Frauenfor- schung. Der vorliegende Band ist ein Beitrag zur Kontroverse um eine Frau- enforschung, deren Theorien und Me- thoden sich einerseits im sozialwissen- schaftlichen Feld behaupten können und andererseits weibliche Erfahrungs- horizonte außerhalb des akademischen Feldes nicht aus dem Blick verlieren sollten. Diese doppelte Beziehung und die darin enthaltenen Spannungen sind der rote Faden, der sich durch den Band zieht. Die Position, die die Herausgebe- rinnen in bezug auf diese Fragestellung einnehmen, wird im gewiß nicht zufällig an die erste Stelle gesetzten Beitrag von Mary Maynard fundiert, die das Ver- schwinden der Kategorie »Frau« zugun- sten der Kategorie »Geschlecht« be- klagt. Maynard kritisiert, daß Fragen, die Macht, Privilegien und Unterord- nung berühren, im Zuge des postruktu- ralistischen Durchdeklinierens von Ge- schlechterdifferenzen zunehmend aus dem Blickwinkel gerieten. Nach May- nard führt der Bedeutungszuwachs postmoderner Orientierungen - hier unter dem Begriff »Kulturansatz« sub- sumiert - dazu, daß kulturelle Phäno- mene auf Kosten von sozialen Phäno- menen in der Forschung überrepräsen- tiert werden. Konkret hat dies »eine

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Verschiebung der Interessen weg vom Materiellen und der Beschäftigung mit Angelegenheiten wie Ökonomie, dem Arbeitsmarkt und der Arbeitsteilung der Geschlechter hin zu einer Betonung von Symbolisierungen, Repräsentatio- nen, Diskursen und Texten bedeutet«

(32). Auf diese Situation reagiert May- nard, indem sie die Auffassung vertritt,

»daß sowohl >Frauen< wie auch das >So- ziale< als Fokus für feministische Sozial- wissenschaft re-etabliert werden müs- sen« (25). Nach einer epistemologischen Kritik des Kulturansatzes und einigen seiner Kerngedanken kritisiert May- nard diese Positionen im weiteren auch als politisch nicht »nützlich« und bindet hiermit ihr Erkenntnisinteresse an ein utilitaristisches Postulat (33). In diesem Sinne mag man auch Maynards »Aus- blick auf das 21. Jahrhundert« verste- hen, in dem sie betont, daß eine nützli- che feministische Theorie die Subjekt- kategorie nicht aufgeben, Generalisie- rungen wagen und die Kategorie Frau als einende versus vereinheitlichende verwenden sollte. Maynard gebraucht hier den Begriff des »strategischen Es- sentialismus«, der dominierte Gruppen in die Lage versetzte, Wir-Gruppen for- mieren zu können. Sie beendet ihren Ausblick ins 21. Jahrhundert dann auch folgerichtig mit der Forderung nach ei- ner feministischen Theorie mit kleinem

»t« und bezieht sich hierbei auf das mitt- lerweile schon klassisch gewordene Merton-Etikett der »Theorien mittlerer Reichweite«.

Während Maynard sich der Reflexi- on des Verhältnisses von »Kultur« und

»Sozialem« wesentlich dadurch ent- zieht, daß sie einen politischen Stand- punkt einnimmt, mit dem ein theoreti- scher Pragmatismus einhergeht, stellen sich Adkins/Lury dieser Problematik, indem sie in ihrem Beitrag eine Ver- schiebung von einem sozialen zu einem kulturellen Essentialismus nachzeich- nen. Letzterer, so die Autorinnen, basie- re auf einem verkürzten Verständnis des

Sozialen als relevanter Kategorie zur Erforschung der Konstitution von Ge- schlecht. Der einseitige Fokus auf Dis- kurs- und Identitätsanalyse ohne die Berücksichtigung von sozialen und öko- nomischen Strukturen, welche etwa die Organisation und Entlohnung von Ar- beit determinieren, verschließe den Blick für die Zusammenhänge von Sub- jektpositionen und dem geschlechtli- chen Charakter gesellschaftlicher An- eignungsverhältnisse. Am Ende ihres Beitrages plädieren Adkins/Lury für eine feministische Theorie, deren analy- tische Reichweite Geschlecht als kollek- tive Kategorie und als individuelle Iden- tität einschließt. Dieser Ansatz, der für eine »Ausweitung des Sozialen« plä- diert, birgt in sich Potentiale, die ebenso uneinsichtige wie unzeitgemäße Grenze zwischen »Kultur« und »Sozialem« auf- zuweichen.

In dem anschließenden Block über die soziale und kulturelle Konstruktion von Geschlechterverhältnissen und Männlichkeiten, den Connell, Thornton und Meuser bestreiten, schließt vor al- lem Connell konzeptionell an die May- nardschen Forderungen an, die Katego- rie Ungleichheit bei der Beschreibung der Geschlechterdifferenz zu berück- sichtigen. Sein Ansatz umfaßt materiel- le, soziale und kulturelle Aspekte der Vergeschlechtlichung. Die von ihm em- pirisch fundierten Typen von Männlich- keit generalisieren Überlappungen von Geschlechts- und Klassenpositionen.

Der Beitrag von Crompton ver- knüpft zwei feministische Traditionen:

Der auf Geschlechtergleichheit gerich- tete Fokus des liberal-feministischen Ansatzes wird hier in ein Spannungsver- hältnis mit Ansätzen gebracht, die die Geschlechterdifferenz im Blick haben.

Wie die Autorin betont, arbeiten beide Ansätze mit unterschiedlichen Metho- den. Während Crompton einerseits die Gewinne beider Perspektiven unter- streicht und sie auch den Anspruch for- muliert, beide miteinander zu verbin-

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den, bleiben den Leserinnen die hiermit einhergehenden epistemologischen und methodischen Probleme nicht verbor- gen. Ihre Forderung: »Als Soziolog/

inn/en müssen wir immer noch in der Lage sein, die Welt zu beschreiben, un- beschadet aller Schwierigkeiten, die durch unsere ontologischen Reflexio- nen aufgetreten sind« (143) belegt dies in bizarrer Weise. Das krude Statement läßt Reflexion über die Geschlechter- verhältnisse als Denkluxus für intro- spektiv Orientierte erscheinen. Die Realität da draußen in der Gesellschaft scheint halt doch immer noch am besten mit den altbewährten Methoden zu be- wältigen zu sein! So ist es auch nur fol- gerichtig, daß Crompton am Ende ihres Beitrages betont, daß es letztlich »die Strukturen sind, die zählen, und daß die- se sich unterschiedlich auf Männer und auf Frauen auswirken« (143).

Auf einen Beitrag von Trude Knijn, in dem die Veränderung der Vaterschaft in den modernen Industriegesellschaf- ten untersucht wird, folgt Judith Staceys Aufsatz »Der Kreuzzug der Revisioni- sten« in den USA. In diesem geht es um soziale Strömungen, deren zahlreiche Anhänger die lebenslange heterosexu- elle Ehe mit männlichem Haupternäh- rer und Kindern als ideale Lebensform propagieren. Stacey arbeitet heraus, daß anhand dieses Modells Konkurrenzen im politischen und im akademischen Feld ausgetragen werden. Neben den offen antifeministischen und homopho- bischen konservativen Kräften identifi- ziert Stacey auch sogenannte zentristi- sche Fraktionen, die ihre Werte der postindustriellen Gesellschaft und der postfeministischen Kultur anpassen, d.h.

selektiv deren Inhalte Ubernehmen.

Nach ihrer Analyse des neuen ideologi- schen Gemischs beschreibt Stacey die Konsequenzen des neuen Trends für den Feminismus als Forderung an die feministische Familienpolitik, ihre In- halte zu erneuern. Konkret fordert sie die Aufgabe der pauschalen Ablehnung

der Kernfamilie als »Stätte patriarcha- ler Gewalt« zugunsten eines differen- zierteren Modells der Familie als demo- kratischer Institution. Als Vorbild für diese Position bringt Stacey die im Kon- text lesbischer und schwuler Lebens- kontexte entwickelten »Familienwerte- Kampagne« ins Spiel.

Die vorliegende Kompilation mit ih- rer doppelten Programmatik der Unter- suchung des Einflusses feministischer Theorie auf die sozialwissenschaftliche Forschung einerseits und der Anbin- dung von Frauenforschung an weibliche Erfahrungswelten außerhalb der For- schung andererseits ist ein problemati- sches Vorhaben, das Gefahr läuft, Wis- sensbestände zu zementieren, die theo- retisch reflektiert werden sollen. Dies verdeutlicht die starke antikulturelle Stoßrichtung und der im Band an vielen Stellen zum Ausdruck gebrachte Wunsch, endlich wieder »handfeste So- ziologie« betreiben zu wollen. Die Rückkehr zu »strategischen Essentialis- men« ist ein politisch eventuell mögli- ches, theoretisch jedoch unbefriedigen- des Vorhaben. Es ist den Herausgebe- rinnen zu unterstellen, daß ihnen dieses Problem bewußt ist und daß sie in der Lage gewesen wären, hier dezidiert Stellung zu beziehen und Kategorie- Pappkameraden wie »Kulturansatz«

und »Soziales« zugunsten von differen- zierteren aus dem Wege zu räumen.

Hätte man überdies vermieden, den Beitrag von Maynard als programmati- sches Fanal an den Anfang zu stellen, hätten einige Beiträge des Bandes eine größere Wirkungschance bekommen.

Karin Werner

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