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Archiv "Private Krankenversicherung: Der modifizierte Standardtarif lässt viele Fragen offen" (30.11.2007)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 48⏐⏐30. November 2007 A3301

P O L I T I K

Z

um 1. Juli 2007 ist als weitere Stufe der Gesundheitsreform der modifizierte Standardtarif in die private Krankenversicherung (PKV) eingeführt worden. Damit soll das politische Ziel erreicht werden, „be- zahlbaren Krankenversicherungs- schutz für alle Bürgerinnen und Bür- ger, auch in der PKV“ zu gewähr- leisten, so die Bundesministerin für Gesundheit. Die privaten Kranken- versicherungen sind demnach ver- pflichtet, einen modifizierten Stan- dardtarif anzubieten (vgl. § 315 SGB V). Im Wesentlichen betrifft diese Regelung Personen, die früher in der PKV versichert waren und ihren Versicherungsschutz verloren haben, sowie Personen, die nie ver- sichert waren und wegen ihres be- ruflichen Werdegangs der PKV zu- zuordnen sind, wie zum Beispiel Selbstständige. Nach derzeitigem Stand haben etwa 2 400 zuletzt nicht versicherte Personen den modifi- zierten Standardtarif gewählt. Damit wird die Diskrepanz in der politi- schen Prognose zum Personen- kreis ohne Versicherungsschutz in Deutschland deutlich: für die gesetz- liche und private Krankenversiche- rung zusammen war die Politik von 300 000 bis 400 000 nicht kranken- versicherten Personen ausgegangen.

Systemfremde Elemente in der PKV

Nach dem modifizierten Stan- dardtarif Versicherte haben einen Anspruch auf Leistungen, die nach Art, Umfang und Höhe mit den Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ver- gleichbar sind. Für private Kranken- versicherungsunternehmen besteht Kontrahierungszwang. Dies bedeu- tet, dass Personen ohne Risikoprü- fung und Leistungsausschlüsse in

diesen Tarif aufgenommen werden müssen. Damit ist die Äquivalenz zwischen Beitragseinnahmen und den Ausgaben für die Krankheits- kosten der Versicherten nicht mehr gegeben. Die Bezahlbarkeit der Prämien ist ein weiteres Ziel, das durch die Kopplung des Beitrags im Standardtarif an den durchschnittli- chen Höchstbeitrag in der GKV er- reicht werden soll. Zudem werden die ärztlichen Vergütungen für Leis- tungen der Standardtarifversicher- ten im Vergleich zum PKV-Volltarif abgesenkt und eine Quersubventio- nierung dieses Tarifs aus den Nor- maltarifen der PKV gesetzlich vor- geschrieben. Dadurch drohen eine erhebliche Verteuerung der Normal- tarife und eine Beeinträchtigung der Attraktivität der privaten Krank- heitskostenvollversicherung.

Um die Behandlungspflicht von Standardtarifversicherten für Ver- tragsärzte einzuführen und die Ver- gütung zu begrenzen, wurde der Sicherstellungsauftrag der Kas- senärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesverei-

nigung gemäß § 75 Abs. 3 a bis c SGB V auf die Standard- und Ba- sistarifversicherten (für Letztere ab 1. Januar 2009) ausgedehnt. § 75 Abs. 3 a SGB V verknüpft die mit- telbare Behandlungspflicht mit ei- ner Regelung, die die ärztliche Ver- gütung auf bestimmte Höchstsätze der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) begrenzt. Diese neuen Höchstsätze der GOÄ lösen für Vertragsärzte, aber auch für dem SGB V unterliegende Arztgruppen beziehungsweise Leistungsbereiche (zum Beispiel belegärztliche Leis- tungen nach § 121 SGB V oder das ambulante Operieren nach § 115 b SGB V) die Gebührenregelung des

§ 5 b GOÄ für Standardtarifversi- cherte ab. Damit gelten die neuen Vergütungssätze nach § 75 Abs. 3 a SGB V sowohl für die bisher Stan- dardtarifversicherten (Altbestand nach

§ 257 Abs. 2 a SGB V) als auch für den neuen Personenkreis im modifizierten Standardtarif nach

§ 315 SGB V.

Die geltenden GOÄ-Vergütungs- höchstsätze gemäß § 75 Abs. 3 a

PRIVATE KRANKENVERSICHERUNG

Der modifizierte Standardtarif lässt viele Fragen offen

Vertragsärzte müssen die PKV-Standardtarifversicherten behandeln und dürfen dabei nur bis zu den festgeschriebenen GOÄ-Höchstsätzen abrechnen. Ein Überblick

TABELLE

Abrechnung Standardtarif alt/modifizierter Standardtarif

Standardtarif alt modifizierter Standardtarif

§ 5 b GOÄ § 75 Abs. 3 a S. 2 SGB V

GOÄ-Höchstsätze GOÄ-Höchstsätze

(Behandlung ab dem 1. 7. 2007)

GOÄ Faktor 1,7 GOÄ Faktor 1,8

A, E, O GOÄ 1,3-fach A, E, O GOÄ 1,38-fach

M, GOP 437 GOÄ 1,1-fach M, GOP 437 GOÄ 1,16-fach

gilt weiterhin für Ärzte, die nicht § 75 Abs. 3 a entsprechende Abrechnung für belegärztliche SGB V unterliegen, abweichende Vereinbarungen Leistungen (§ 121 SGB V)

nach § 2 GOÄ

Ambulante Operationen § 115 b

Ambulante Behandlung im Krankenhaus § 116 b SGB V Sozialpädiatrische Leistungen § 119 SGB V

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A3302 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 48⏐⏐30. November 2007

P O L I T I K

SGB V, die hierfür festgelegt wur- den, sind nachstehend aufgeführt:

>für Leistungen des Abschnitts M (Laboratoriumsuntersuchungen) und der Gebührenordnungsnummer 437 GOÄ bis zum 1,16-Fachen des Gebührensatzes

>für Leistungen der Abschnitte A, E und O der GOÄ bis zum 1,38- Fachen des Gebührensatzes und

>für die übrigen Leistungen des GOÄ-Gebührenverzeichnisses bis zum 1,8-Fachen des Gebührensatzes.

Im Vergleich zur Vergütung nach

§ 5 b GOÄ ergibt sich eine leichte Anhebung der Höchstsätze.

Privatärzte sind weiter an die GOÄ gebunden

§ 75 Abs. 3 a SGB V gilt, so lange nichts anderes vereinbart ist. Nach

§ 75 Abs. 3 b SGB V ist alternativ zu den GOÄ-Höchstsätzen eine Vereinbarungslösung möglich, die die Vergütungen für Leistungen im Standardtarif in Verträgen zwi- schen dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V. im Ein- vernehmen mit den Trägern der Beihilfe und mit den Kassenärzt- lichen Vereinigungen oder der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung ganz oder teilweise abweichend von den angegebenen GOÄ-Ver- gütungshöchstsätzen regeln kann.

Bislang ist eine solche vertragliche Regelung nicht vorgesehen. Daher gilt bis auf Weiteres obige Ver- gütungsregelung.

Die Regelung in § 75 Abs. 3 a SGB V kann jedoch ihre Wirkung nicht gegenüber allen Ärzten entfal- ten, sondern erfasst nur diejenigen Ärzte, die dem Sicherstellungsauf- trag der Kassenärztlichen Vereini- gungen unterliegen (Vertragsärzte, Belegärzte, auch ermächtigte Kran- kenhausärzte im Rahmen ihrer Er- mächtigung).

Privatärzte oder auch Kranken- hausärzte mit Privatliquidationsrecht unterliegen dieser Verpflichtung nicht, sondern sind bei der Abrech- nung weiterhin an die GOÄ gebun- den. Um die gleichen Höchstbeträ- ge wie Vertragsärzte abzurechnen, müsste mit den Versicherten eine ent- sprechende Vereinbarung auf der Grundlage von § 2 GOÄ geschlossen werden. Eine solche abweichende

Vereinbarung ist nach persönlicher Absprache im Einzelfall zwischen Arzt und Zahlungspflichtigem vor Erbringung der Leistung in einem Schriftstück zu treffen. Dieses muss zwingend bestimmte Angaben, die im Einzelnen in § 2 Abs. 2 S. 2 GOÄ geregelt sind, enthalten. Für alle Be- teiligten wäre es einfacher gewesen, wenn auch § 5 b GOÄ entsprechend geändert worden wäre. Das Bundes- ministerium für Gesundheit argu- mentiert allerdings, dass die in § 75 Abs. 3 a Satz 2 SGB V enthaltenen Höchstsätze auch für Privatärzte gelten würden. Als höherrangiges Recht gehe § 75 Abs. 3 a Satz 2 SGB V der Vergütungsregelung des

§ 5 b GOÄ oder § 5 a GOZ vor.

Diese Regelungen seien insofern gegenstandslos geworden.

Dieser Auslegung, die eine Ver- mischung von Rechtskreisen vor- nimmt, schließt sich die Bundesärz- tekammer nicht an. Änderungen oder Ergänzungen der GOÄ erfolgen nicht über das SGB V, sondern auf der Rechtsgrundlage von § 11 der Bundesärzteordnung (BÄO) in ei- nem geregelten Verfahren. Danach wird die Bundesregierung, nicht das Bundesgesundheitsministerium, er- mächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats die Entgelte für ärztliche Tätigkeit in ei- ner Gebührenordnung zu regeln. Zu- dem ist zu berücksichtigen, dass es sich um unterschiedliche Regelungs- kreise handelt. Deshalb kann nicht jedes Gesetz, das in der Hierarchie der Rechtsverordnung GOÄ vorgeht, die GOÄ ändern. Privatärzte unter- liegen dem SGB V nicht. Diese Tat- sache erkennt das Bundesgesund- heitsministerium im Hinblick auf die Behandlungspflicht auch an: „Im Unterschied zu Vertragsärzten wer- den Privatärzte allerdings nicht von der Sicherstellung der Leistungen nach § 75 Abs. 3 a Satz 1 SGB V er- fasst. Dementsprechend gilt die sich aus der Leistungssicherstellung nach

§ 75 Abs. 3 a Satz 1 SGB V ergeben- de Behandlungsverpflichtung für Privatärzte nicht.“ Konsequenter- weise gelten deshalb die geregelten Höchstsätze nicht unmittelbar, son- dern nur, wenn dies zwischen Privat- arzt und Patient vereinbart ist. § 5 b GOÄ ist auch nicht „automatisch“

gegenstandslos geworden, weil die Notwendigkeit der Regelung nicht entfallen ist. Diese Bestimmung ist nach wie vor die Grundlage für die Liquidation von Privatärzten ge- genüber den bisher nach dem Stan- dardtarif Versicherten.

Höchstsätze in der GOÄ müssen angepasst werden

Da Privatärzte aber nicht schlechter gestellt werden dürfen als Ver- tragsärzte, können sie eine ab- weichende Honorarvereinbarung auf der Grundlage von § 2 GOÄ ab- schließen. Dabei könnte vereinbart werden, nach der GOÄ (einschließ- lich Gebührenrahmen nach § 5 GOÄ) abzurechnen, oder sich, wie oben bereits angedeutet, auf die in

§ 75 Abs. 3 a S. 2 SGB V geregelten GOÄ-Höchstsätze zu einigen.

Eine Änderung beziehungsweise Ergänzung von § 5 b GOÄ ist ange- zeigt und zwar dergestalt, dass § 315 SGB V ergänzt und die Höchstsätze in der GOÄ entsprechend angepasst werden.

Zusammenfassend lässt sich fest- stellen, dass zugelassene Ver- tragsärzte und Belegärzte, die Versi- cherte nach dem brancheneinheitli- chen und modifizierten Standardtarif behandeln, Gebühren nach der GOÄ bis zu den oben aufgeführten und in

§ 75 Abs. 3 a SGB V geregelten Höchstsätzen abrechnen dürfen. Vor- aussetzung dafür ist, dass der Versi- cherte dem Arzt seinen Versiche- rungsstatus durch die Vorlage eines Versicherungsausweises nachweist oder einen solchen Nachweis auf Anforderung des Arztes beibringt.

Privatärzte rechnen für Stan- dardtarifversicherte gemäß § 257 Abs. 2 a SGB V (Altbestand) nach wie vor nach § 5 b GOÄ ab, sofern nicht eine abweichende Honorarver- einbarung nach § 2 GOÄ abgeschlos- sen wird. Auch mit nach dem modi- fizierten Standardtarif Versicherten (§ 315 SGB V) kann eine Honorar- vereinbarung nach § 2 GOÄ ge- schlossen werden. Dabei können die in § 75 Abs. 3 a S. 2 SGB V enthal- tenen Höchstsätze oder eine andere Vergütungshöhe gemäß § 5 GOÄ

vereinbart werden. I

Renate Hess, Dr. jur. Marlis Hübner Bundesärztekammer

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