Deutsches Ärzteblatt
|
Jg. 109|
Heft 21|
25. Mai 2012 A 1107 PRIVATE KRANKENVERSICHERUNGSo viele Versicherte wie nie zuvor
Im Jahr 2011 wechselten – wie schon in den Vorjahren – mehr Menschen aus der gesetzlichen in die private Krankenversicherung als umgekehrt.
D
as Neugeschäft der privaten Krankenversicherung (PKV) hat auch im Jahr 2011 deutlich zugelegt. „Es gibt heute so viele Privatversicherte wie nie zuvor – insgesamt rund 31 Millionen“, er- klärte der Vorsitzende des Verbandes der privaten Krankenversicherung, Reinhold Schulte, bei der Vorstel- lung der vorläufigen Branchenzah- len in Berlin. Das zeige, dass alle Spekulationen über angebliche Ab- wanderungen mit der Wirklichkeit nichts zu tun hätten. Hintergrund:Die AOK Rheinland/Hamburg hatte gegenüber dem „Spiegel“ zu Jah-
resbeginn gesagt, dass sich Anfra- gen von Privatversicherten häuften, die den Wechsel in eine gesetzliche Kasse in Erwägung zögen. Daraus hat sich wieder einmal eine poli - tische Diskussion über den Sinn des dualen Krankenversicherungs- systems in Deutschland entwickelt.
Insgesamt waren in der PKV zum Jahresende 2011 knapp neun Millionen Menschen vollumfäng- lich gegen das Risiko Krankheit versichert – knapp ein Prozent mehr als im Vorjahr. Der Nettoneuzu-
gang in der Vollversicherung betrug 80 800 Personen (2010: 84 700).
Damit sind inzwischen 11,3 Prozent der Bevölkerung privat krankenver- sichert. Vor fünf Jahren waren es noch 10,7 Prozent.
Ein solides Wachstum verzeich- neten die privaten Krankenversi- cherungsunternehmen erneut auch in der Zusatzversicherung: Dort wuchs der Bestand 2011 netto um 541 500 Verträge, so dass zum Jah- resende insgesamt 22,51 Millionen Zusatzversicherungen bestanden, was einem Plus von 2,5 Prozent entspricht.
Auch die Zahl der Pflegezusatz- versicherungsverträge ist weiter ge- stiegen: um 10,8 Prozent auf 1,88 Millionen. Bezogen auf die Ge- samtbevölkerung bestehe hier aber noch immer ein großer Nachholbe- darf, meinte Schulte: „Deshalb ist die von der Bundesregierung ge- plante steuerliche Förderung der freiwilligen privaten Vorsorge für den Pflegefall ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.“
Die Alterungsrückstellungen stie- gen bis Ende 2011 in der privaten
Krankenversicherung auf 146 Mil- liarden Euro und in der privaten Pflegeversicherung auf 24 Milliar- den Euro, also insgesamt auf 170 Milliarden Euro. Das sind 7,6 Pro- zent mehr als im Jahr zuvor. „Damit zeigt sich erneut, dass unser nach- haltiges Prinzip der Kapitaldeckung auch in den Zeiten der Banken- und Eurokrise stabil funktioniert“, er- klärte Schulte.
Während die Beitragseinnahmen in der Krankenversicherung 2011 mit einem Plus von 4,3 Prozent auf insgesamt 34,7 Milliarden Euro ge- stiegen sind, entwickelten sich die ausgezahlten Versicherungsleistun- gen in der Krankenversicherung mit einem Anstieg um 3,7 Prozent ana- log zum Vorjahr und beliefen sich auf insgesamt 22 Milliarden Euro.
Entgegen anderslautenden Medien- berichten hätten mehrere un ab - hängige Branchenanalysedienste zum Jahreswechsel 2011/2012 ei- nen Beitragsanstieg in der PKV von durchschnittlich nur etwa zwei Pro- zent ermittelt, heißt es beim PKV- Verband, der aber einräumt, dass es vor allem auch bei den „Billigtari- fen“ einiger Anbieter deutlich höhe- re Beitragsanstiege gegeben habe.
Im langfristigen Vergleich der Deutschen Aktuarvereinigung be- trage die jährliche Beitragssteige- rung in der privaten Krankenversi- cherung im Schnitt knapp 3,3 Pro- zent und in der gesetzlichen Kran- kenversicherung (GKV) circa 3,1 Prozent. „Die steigenden Gesund- heitskosten in einer älter werdenden Gesellschaft betreffen beide Ver - sicherungssysteme gleichermaßen, wobei die PKV mit ihren kapital - gedeckten Alterungsrückstellungen weitaus besser auf diese demografi- sche Herausforderung vorbereitet ist“, sagte der PKV-Vorsitzende
Schulte.
▄
Jens Flintrop GRAFIK
Allen Unkenrufen zum Trotz:
Die private Kran- kenversicherung verzeichnet auch 2011 einen Netto- neuzugang.
Das Wechselverhalten von Versicherten zwischen GKV und PKV (in Tausend)
2007 2008 2009 2010 2011
Wechsel von PKV zur GKV Wechsel von GKV zur PKV
Quelle: PKV-Verband
155 151 147 153
159 234
245
288
228 236