Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 25|
24. Juni 2011 A 1401Z
um Ende seiner Amtszeit an der Spitze der Bun- desärztekammer hat sich Prof. Dr. med. Jörg-Diet - rich Hoppe noch einmal so richtig unbeliebt gemacht bei den „Fondsmanagern“ der privaten Krankenversi- cherung (PKV). Diese wollten die amtliche Gebühren- ordnung für Ärzte (GOÄ) durch verhandelbare Versi- cherungstarife ersetzen, über eine Öffnungsklausel in der GOÄ die Ärzte gegeneinander ausspielen und letzt- lich mit Dumpingpreisen für ärztliche Leistungen die Renditen ihrer Unternehmen steigern, hatte er am 31. Mai zur Eröffnung des 114. Deutschen Ärztetages in Kiel kritisiert – „und das, obwohl die PKV allein für Maklerprovisionen über 50 Prozent dessen ausgibt, was sie für die ärztlichen Leistungen insgesamt auf- wendet“.Der Konter des Vorsitzenden des PKV-Verbandes auf die „schrillen Töne aus Kiel“ ließ nicht lange auf sich warten. Es sei für ihn völlig unverständlich, dass immer von Dumping geredet werde, sagte Reinhold Schulte am 16. Juni bei der Mitgliederversammlung in Berlin: „In der Logik einer betriebswirtschaftlich kal- kulierten Gebührenordnung kann eine Öffnungsklausel doch gar nicht zu Dumping führen, weil diese kalku- lierten Sätze eben nicht unterschritten werden können.“
Stattdessen solle es für mehr Qualität und mehr Service mehr Honorar geben, stellte Schulte in Aussicht: „Wo- vor fürchten sich die Ärztevertreter eigentlich?“
Sie fürchten sich davor, dass eins plus eins zwei er- gibt, möchte man ihm zurufen. Schließlich ist es kein Geheimnis, dass den PKV-Unternehmen die Kosten aus dem Ruder laufen und deftige Prämiensteigerungen deshalb seit Jahren die Regel sind. „Die private Kran- kenversicherung wird immer teurer“, titelte gerade die
„Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“. „Jeder Fünfte bereut inzwischen den Wechsel“, lautete zu Jahresbeginn das Ergebnis einer Umfrage. Die Sorge, dass die Versicherungen über Selektivverträge mit den Ärzten ihre Kosten drücken wollen, etwa durch Be- grenzungen der Steigerungssätze, ist also naheliegend.
Und was die Aussicht auf mehr Honorar angeht: Für die Qualität der ärztlichen Leistungserbringung setzt das Haftungsrecht Maßstäbe, die einzelvertraglich kaum zu toppen sind. Somit geht es, wenn überhaupt, um Serviceaspekte. Aber glaubt jemand ernsthaft, dass eine Versicherung es extra honoriert, wenn ein Arzt kurze Wartezeiten, Sprechzeiten am Wochenende oder ein hübsches Wartezimmer offeriert? Wohl kaum. Inso- fern ist die Argumentation des PKV-Verbandes, was die Öffnungsklausel betrifft, scheinheilig.
Dass manche private Krankenversicherungen ihren Maklern überhöhte Provisionen für Neuabschlüsse zah- len, räumte Schulte sehr wohl ein: „Alle Beteiligten se- hen, dass man hier im Interesse des Verbraucherschut- zes Übertreibungen vermeiden muss.“ Eine verbindli- che Regelung durch den PKV-Verband sei aber nicht möglich, „weil das gegen Kartellrecht verstoßen wür- de“. Der Verbandsvorsitzende sprach sich deshalb für eine „maßvolle gesetzliche Regulierung“ aus; ließ aber offen, wie diese aussehen könnte. DKV-Vorstandschef Clemens Muth hatte jüngst eine Obergrenze für Ver- mittlerprovisionen gefordert und sich zudem dafür stark gemacht, dass die Makler einen Teil der Provision zurückzahlen müssen, wenn der Kunde weniger als fünf Jahre beim betreffenden Unternehmen bleibt.
PRIVATE KRANKENVERSICHERUNG
Scheinheilig
Jens Flintrop
Jens Flintrop Redakteur für Gesundheits- und Sozialpolitik