P O L I T I K AKTUELL
Jedes Pflichtmitglied der Be- triebskrankenkassen (BKK) in den westlichen Bundesländern war im Jahr 1994 durchschnittlich 21 Tage krank. Damit blieb die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage auf glei- chem Niveau wie im Jahr zuvor. Zu Beginn der neunziger Jahre lagen die Fehltage jedoch noch deutlich höher (1991: 26 Tage). In den neuen Län- dern gibt es eine gegenläufige Ent- wicklung. Die Anzahl der Krank- heitstage stieg dort von 10 im Jahr 1991 auf 17 im Jahr 1994. Der einzel- ne Krankheitsfall dauerte unverän- dert 16 Tage.
Dies ist das Ergebnis einer Un- tersuchung des BKK-Bundesverban- des, der die Daten seiner rund drei Millionen Pflichtmitglieder ausge- wertet hat. Danach können 77 Pro- zent aller Arbeitsunfähigkeitstage im Jahr 1994 auf nur fünf Krankheits- gruppen zurückgeführt werden. Mus- kel- und Skeletterkrankungen traten am häufigsten auf (31 Prozent), ge- folgt von Atemwegserkrankungen
(17 Prozent), Verletzungen und Ver- giftungen (12 Prozent), Verdauungs- erkrankungen (9 Prozent) sowie Herz- und Kreislauferkrankungen (8 Prozent). Die Kosten für Behandlung und Rehabilitation infolge dieser
Krankheiten schätzen die Kranken- kassen auf über 90 Millionen DM. Be- wegungsmangel und einseitige Kör- perhaltung am Arbeitsplatz und in der Freizeit sind nach Ansicht des Bundesverbandes mitverantwortlich für die Zunahme der Muskel- und Skeletterkrankungen. Im Jahr 1980 waren etwa 25 Prozent aller Arbeits- unfähigkeitstage in den westlichen Bundesländern auf diese Erkrankun- gen zurückzuführen, 1994 schon mehr als 30 Prozent.
Unter den Einzeldiagnosen nah- men die „Affektionen des Rückens“
die Spitzenstellung ein. Ihr Anteil an allen Arbeitsunfähigkeitsfällen be- trug 9,1 Prozent, an allen Arbeitsun- fähigkeitstagen 12,3 Prozent. Die durchschnittliche Falldauer lag 1994 bei 21,6 Tagen. Weitere häufige Ein- zeldiagnosen waren Bronchitis, Ga- stroenteritis und Grippe.
Besonders hoch ist die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage in Ver- waltungen sowie Dienstbetrieben des Bundes. Dort betrugen die Fehlzeiten 28 Tage pro Mitglied in Westdeutsch- land, in den östlichen Bundesländern 27 Tage. Ergebnissen betrieblicher Gesundheitsberichte zufolge liege die Ursache dieses hohen Krankenstan- des in belastenden Arbeitsbedingun- gen, beispielsweise bei der Müllab- fuhr, der Straßenreinigung, den Gärt- nereien oder bei Kanalarbeiten. SG
A-1757 Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 26, 28. Juni 1996 (25)
Krankheitsartenstatistik des BKK-Bundesverbandes
Rückenleiden
stehen an erster Stelle
„Wie mache ich medizinische Neuigkeiten ver- ständlich? Richtige und falsche Wege im Umgang mit der Presse“, so lautete am 20. Mai das Thema einer Gastvorlesung des Wissenschaftsredakteurs Dr. rer.
nat. Dirk Förger („Die Welt“) an der Medizinischen Fakultät der Universität Münster.
Der Trend in der Presselandschaft gehe dahin, daß wir „zur bestunterhaltendsten und schlechtinformierte- sten Gesellschaft“ verkämen, in der „die Präsentation wichtiger sei als der Inhalt“, bedauerte Förger. Als Fol- ge dieses Trends gingen beispielsweise die Einschalt- quoten von Wissenschaftssendungen rapide zurück.
Negative Weltsichten würden durch den Journalismus gefördert; gefragt seien in zunehmendem Maße Skan- dalgeschichten. Hierdurch bedingte Zweifel an den Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft hätten auch negative Auswirkungen auf das Image der Ärzte, so der Referent.
Was also macht ein Mediziner, der in dieser Eigen- schaft Nachrichten publizieren will? Interessant sei stets
„das, was unterschiedlich zum Alltäglichen ist“, lautet eine journalistische Binsenweisheit. Wichtig sei es, mit den Journalisten zu sprechen, Kontakte anzubahnen und ein Manuskript frühzeitig, also drei bis vier Wochen (im Fall der Publikumspresse, bei Fachzeitschriften gel- ten oft längere Fristen) vor dem beabsichtigten Erschei- nungsdatum an die Redaktion zu senden. „Es empfiehlt sich, den Journalisten kurz vor dem geplanten Termin noch einmal anzurufen“, betonte der Pressemann.
Fremdwörter, „Behördendeutsch“ und „Bandwurmsät- ze“ seien im Journalismus verpönt. Die medizinische Öffentlichkeitsarbeit müsse viel mehr fachliche Sach- verhalte allgemeinverständlich übersetzen. Damit kön- ne der Wissenschaftler „sowohl die 70jährige Oma als auch das 10jährige Kind als Zielgruppe im Auge behal- ten“, meinte Förger. Birgit Lammersmann
Neues in der Medizin: Wie schreib’ ich es?
Fehltage in West und Ost: Gegenläufige Entwicklung seit den 90er Jahren Grafik: Globus