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Archiv "Arzthaftpflicht: Prämien für Kliniken steigen" (15.06.2012)

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A 1214 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 24

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15. Juni 2012

ARZTHAFTPFLICHT

Prämien für Kliniken steigen

Mehr Patienten als früher verlangen nach einem vermuteten Behandlungsfehler Schadens- ersatz – die Anzahl der anerkannten Fälle steigt aber in viel geringerem Umfang.

Versicherungsmakler Ecclesia rechnet gleichwohl vor, dass die Policen teurer werden.

D

ie Haftpflichtversicherer be- obachten, dass sich die Zahl der Anträge auf Schadensersatz nach einem vermuteten Behand- lungsfehler in den letzten Jahren deutlich erhöht hat. „Die Anzahl der begründeten Schadensfälle ist in den letzten Jahren aber nicht ge- stiegen“, stellte Manfred Klocke Anfang Juni klar. Der Hauptge- schäftsführer der Ecclesia Gruppe, des führenden Versicherungsmak- lers im Gesundheitswesen, verwies auf eigene Daten. Danach wurden 1997 in knapp einem Promille der Behandlungsfälle im Krankenhaus Ansprüche geltend gemacht, 2006 dann ungefähr 1,5 Promille. Dies entspricht einer Steigerung um etwa 50 Prozent.

Während 1997 in 0,54 Promille der Fälle Schadensersatz gezahlt wurde, war dies 2006 in 0,6 Promil-

le der Fälle notwendig. Dies ent- spricht einer Steigerung um ledig- lich elf Prozent. Ecclesia unterhält nach eigenen Angaben die größte Heilwesenschaden-Datenbank und wertet seit 15 Jahren kontinuierlich die Schäden von knapp 250 Kran- kenhäusern aus.

Statt 350 in Zukunft 520 Millionen für Policen

Mehr anerkannte Schadensfälle zählt der Versicherungsmakler zwar nicht, aber: „Die Schäden werden alle teurer, und unter dieser Last stöhnt die Versicherungswirt- schaft“, so Klocke. Die Kranken- häuser müssen aus Sicht von Eccle- sia deshalb kurzfristig mit spürba- ren Prämienerhöhungen für ihre Betriebshaftpflichtversicherungen rechnen. Statt 350 Millionen Euro wie bisher seien für alle Kliniken

zusammen eher 520 Millionen Euro anzusetzen, sagte Klocke. Aus- schlaggebend seien die enorm ge- stiegenen Kosten bei Großschäden, etwa in der Geburtshilfe.

Seinem Kollegen Franz-Michael Petry sei zuzustimmen, wenn er in einer Studie zu „Arzthaftung in Europa“ schreibe: „Der Arzthaf- tungsbereich befindet sich in einer geradezu paradoxen Situation.

Durch die zunehmende Perfektio- nierung der Technik und die fort- schreitende Spezialisierung der me- dizinischen Wissenschaft ist das medizinische Risiko ständig gesun- ken. Gleichzeitig hat sich jedoch das forensische Risiko für den Arzt, das heißt, die Gefahr, mit Schadens- ersatzansprüchen, Strafanzeigen und damit staatsanwaltschaftlichen Er- mittlungen überzogen zu werden, dramatisch erhöht.“

GRAFIK Maßvoll ist die Entwicklung bei der Zahl berechtigter Schadensfälle.

Für die scheinbar rückläufigen Zahlen der letzten Jahre gilt: Ansprüche wer- den oft zeitversetzt erhoben.

Fallzahlen der Heilwesenschäden (eigene Auswertung der Ecclesia Gruppe; 140 Krankenhäuser seit 1987) 2 000

1 800

1 600

1 400

1 200

1 000

800

600

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1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 1. Chirurgie

2. Orthopädie 3. Gynäkologie 4. Geburtshilfe

5. Urologie 6. Innere 7. Neurologie 8. Sonstige Ansprüche mit Zahlungen

Quelle: Ecclesia Gruppe, Detmold

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A 1216 Deutsches Ärzteblatt

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15. Juni 2012 Klocke wies darauf hin, dass in

Deutschland viele Verfahren außer- gerichtlich geregelt würden, vor al- lem mit Hilfe der Gutachterkom- missionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern. Deren Arbeit lobte der Versicherungsfachmann ausdrücklich. Er gab zudem zu be- denken, dass die Haftpflichtver - sicherer 2006 lediglich in etwa 10 000 Fällen Schadensersatz zah- len mussten – bei knapp 17 Millio- nen Behandlungsfällen im Kran- kenhaus. Die Zahl der belegten To- desfälle durch Behandlungsfehler lag bei knapp 1 200.

DKG fordert Ausgleich für höhere Haftpflicht

Die Deutsche Krankenhausgesell- schaft (DKG) forderte angesichts der angekündigten Beitragssteige- rungen für die Haftpflicht, diese bei der Finanzausstattung der Kliniken zu berücksichtigen. „Zu einer gut funktionierenden Krankenhausver- sorgung gehört auch ein faires Ent- schädigungsrecht, wenn Fehler pas- siert sind“, betonte DKG-Hauptge- schäftsführer Georg Baum. Die DKG setzt sich derzeit dafür ein, dass die Krankenhäuser mehr Geld erhalten, weil ihre Ausgaben gestie- gen sind, unter anderem die für Per- sonal- und für Energiekosten.

Der von der Versicherungswirt- schaft angekündigte Prämienan- stieg führe bei den Kliniken zu ei- ner Verschärfung der ohnehin be- stehenden Finanzierungsprobleme, warnte Baum. Schließlich könnten sie derartige Risikokosten nicht auf die Behandlungskosten umlegen.

Er forderte, dies bei den Verhand- lungen um mehr Geld zu bedenken und zudem in Zukunft solche Kos- ten in die Kalkulation des geplanten Orientierungswerts für die Kliniken aufzunehmen.

Klocke und Baum äußerten sich bei der Präsentation der Studie

„Arzthaftung in Europa“, die Eccle- sia und DKG gemeinsam in Auftrag gegeben hatten. Patienten, bei de- nen ein Behandlungsfehler aner- kannt wurde, erhalten in Deutsch- land demnach höhere Entschädi- gungen als in den meisten anderen europäischen Ländern.

Sabine Rieser

ARZNEIMITTEL

Erster Preis erfolgreich verhandelt

Die Krankenkassen haben sich mit dem Pharma - unternehmen AstraZeneca auf einen Erstattungspreis für das Medikament Ticagrelor geeinigt.

F

ünf Verhandlungsrunden be- nötigten der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen und das Pharmaunternehmen Astra- Zeneca, um sich auf einen Preis für den Plättchenaggregationshemmer Ticagrelor zu einigen. Bis zum Ab- schluss des Unterschriftenverfah- rens will man über dessen Höhe al- lerdings noch nichts verraten. „Es waren schwierige Verhandlungen“, sagt der Sprecher von AstraZeneca, Florian Dieckmann. „Aber wir ha- ben auch absolutes Neuland betre- ten. Deshalb freuen wir uns, dass es uns gelungen ist, uns auf dem Ver- handlungsweg zu einigen.“

Seit dem Inkrafttreten des Arz- neimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) am 1. Januar 2011 müs- sen Pharmahersteller mit den Kran- kenkassen über die Erstattungsprei- se neuer Arzneimittel verhandeln.

Die Bedingung: Die Präparate müs- sen einen Zusatznutzen gegenüber der Standardtherapie nachweisen.

Anderenfalls werden sie direkt ei- ner Festbetragsgruppe zugeordnet (Kasten). In den Vor-AMNOG- Zeiten waren die Hersteller in der komfortablen Lage, die Preise für ihre neuen Präparate selbst festle- gen zu können.

Echte Innovationen haben nichts zu befürchten

Die Krankenkassen, die jährlich etwa 30 Milliarden Euro für Arznei- mittel ausgeben, sehen sich durch die ersten erfolgreich abgeschlosse- nen Preisverhandlungen auf gu- tem Wege, die Ausgabenentwicklung besser kontrollieren zu können. „Es ist ein gutes Signal, dass es uns ge- lungen ist, uns bei den allerersten Preisverhandlungen auf einen fai- ren Erstattungspreis zu verständi-

gen“, erklärt der Sprecher des Spit- zenverbands der gesetzlichen Kran- kenkassen, Florian Lanz. Das Er- gebnis zeige, dass die mit dem AMNOG eingeführten Instrumente funktionierten. Echte Innovationen brauchten eine Zusatznutzenbewer- tung und Preisverhandlungen nicht zu fürchten.

Pharmaverband zeigt sich enttäuscht

Die Pharmaindustrie hat dagegen ihre Kritik an dem vom AMNOG vorgeschriebenen Verfahren erneu- ert. Die ersten Erfahrungen mit dem Gesetz seien sehr enttäuschend, er- klärte am 8. Juni die EFPIA, der Dachverband der europäischen Phar- maunternehmen und deren nationaler Verbände. „Die Probleme ergeben sich aus einem teils fehler haften Gesetz, unflexibler Interpretation und dem Unwillen, kreative Lösun- gen in Betracht zu ziehen“, erklär- te EFPIA-Hauptgeschäftsführer Ri- chard Bergström in Berlin.

Hauptknackpunkt ist die Wahl der Vergleichstherapie bei der frühen Nutzenbewertung. Sie entscheidet nicht nur über die Größe des Zusatz- nutzens eines neuen Medikaments, sondern gibt indirekt auch einen Preisrahmen für die anschließenden Preisverhandlungen vor. Dass die Krankenkassen durch Sitz und Stim- me im Gemeinsamen Bundesaus- schuss (G-BA) sowohl an der Wahl der Vergleichstherapie beteiligt sind als auch im Anschluss die Preisver- handlungen führen, hat aus Sicht der Pharmaindustrie deshalb ein „Ge- schmäckle“. Die EFPIA formuliert es so: „Tatsächlich wird die Wahl der Vergleichsgröße dazu benutzt, die Preisfestsetzung für neuartige Arz- neimittel in Deutschland in Richtung

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