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Archiv "Zur Situation der Onkologie in Deutschland: II. Zusammenarbeit zwischen freipraktizierenden Ärzten und Klinischen Onkologen" (03.07.1975)

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Academic year: 2022

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Onkologie

gung der geistigen Auseinander- setzung und damit der Forschung dar. Hinzu kommt, daß die Effekti- vität wissenschaftlicher Arbeiten nicht immer proportional mit der Größe der Investitionen ansteigt.

Dies gilt insbesondere für größere theoretische Institute mit oft unge-

nügender gegenseitiger Koopera- tion, deren Arbeiten sich oft fern der Bedürfnisse der klinischen On-

kologie vollziehen. Aus diesem Grunde möchten wir neben den Groß-Instituten für Grundlagenfor- schung die Einrichtung kleinerer Institute der theoretischen Onkolo- gie anempfehlen, die im Rahmen klinischer Krebszentren der o. a.

Art arbeiten. Ihre Aufgabe wäre die theoretische Bearbeitung von Pro-

blemen, die sich unmittelbar aus der direkten Zusammenarbeit mit den klinischen Fächern der Onko- logie ableiten, und durch die klini- schen Forschungsrichtungen am Ort mitbestimmt werden. Es be- steht ein ausgesprochener Mangel an solchen praxisnahen, kleineren, theoretischen Instituten, die unmit- telbarer Teil des Onkologischen Zentrums sein sollten. Mit Nach- druck weisen wir auf die unge- wöhnlich erfolgreichen Bemühun- gen in den angelsächsischen Län- dern hin, wo die kliniknahe Grund- lagenforschung in größerem Um- fang Einfluß auf die Pathogenese, Pathophysiologie und sogar Be- handlung von Tumorleiden gewon- nen hat.

Dies läßt sich insbesondere am Beispiel der Leukämie-Forschung nachweisen. Für die Erforschung der Stammzellkinetik, der Knochen- markstransplantation, der immu- nologischen und molekularbiolo- gischen Charakterisierung von Leukämiezellen — wie sie in kliniknahen Instituten für experi- mentelle. Hämatologie in den an- gelsächsischen Ländern erarbeitet worden ist — gibt es in der Bun- desrepublik, von vereinzelten Aus- nahmen abgesehen, keine Entspre- chung.

Wenn wir den Vorschlag unterbrei- ten, die Ballungsgebiete mit großer

Bevölkerungsdichte sowie die gro- ßen Einzugsgebiete mit intensiver Nachfrage für die onkologische Betreuung bei der Ausstattung der Klinischen Onkologie besonders zu berücksichtigen, ist damit keines- falls der Anspruch verbunden, auf die Forschung und die medizini- schen Bemühungen außerhalb der Schwerpunktbildungen Einfluß neh- men zu wollen.

Man würde den Sinn dieser Denk- schrift mißverstehen, wenn aus un- seren Vorschlägen exorbitant hohe Investitionskosten abgeleitet wür- den. Dies ist keinesfalls notwendig.

Vielmehr ist es möglich, unter Be- rücksichtigung der hochentwickel- ten Einrichtungen von Großkliniken die Onkologie so auszubauen, daß sie den Forderungen einer moder- nen multidisziplinären Betreuung von Tumorkranken gerecht wird.

Die Einrichtung von Fachdiszipli- nen, die sorgfältige Schulung und

Die vorstehenden Ausführungen von Schmidt und Scherer machen deutlich, daß der erste Abschnitt jeder Tumortherapie der Klinik vor- behalten bleiben muß. Dies gilt selbstverständlich für operative- und Strahlenbehandlung, muß aber auch gelten für gewisse Bereiche der medikamentösen Behandlung, soweit sie mit Nebenwirkungen be- haftet ist, die eine kontinuierliche Überwachung erfordern, welche nur in der Klinik gewährleistet wer- den kann. Damit verbunden ist in jedem Fall eine sorgfältige Befund- dokumentation, die Prozedur der Stadienfestlegung als Vorstufe der aus ihr abzuleitenden Thera- pie.

die koordinierte Entwicklung zu Medizinisch-Onkologischen und Radiologischen Kliniken bzw. Ab- teilungen oder die Besetzung von Medizinischen Kliniken mit Medizi- nischen Onkologen — neben ande- ren Fachrichtungen der Inneren Medizin — sind weitaus wichtiger.

Anschrift der Verfasser:

Professor Dr. Carl G. Schmidt Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft Direktor der Inneren

Universitätsklinik und Poliklinik (Tumorforschung)

43 Essen Klinikum Essen

Professor Dr. Eberhard Scherer Beirat der Deutschen

Krebsgesellschaft Direktor der Universitäts- Strahlenklinik

43 Essen Klinikum Essen

Sobald aber die stationäre Unter- bringung des Patienten als Voraus- setzung für eine intensive Therapie und Verlaufskontrolle nicht mehr erforderlich ist, sollte der Patient zum frühestmöglichen Zeitpunkt in ambulante Behandlung entlassen werden. Der nunmehr beginnende Behandlungsabschnitt ist für das Schicksal des Patienten von emi- nenter Bedeutung und muß über einen langen Zeitraum geplant werden. Alles was in dieser Zeit geschieht, kann nur in Zusammen- arbeit der niedergelassenen Allge- meinärzte und Fachärzte im engen Kontakt mit der primär behandeln- den Klinik geschehen. Der statio- när tätige Klinikarzt und der ambu-

II. Zusammenarbeit zwischen freipraktizierenden Ärzten und

Klinischen Onkologen

Hans Joachim Sewering

DEUTSCHES ARZTEBLAT'T Heft 27 vom 3. J u 111975 2019

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Onkologie

lant tätige niedergelassene Arzt müssen sich hier also harmonisch ergänzen, sowohl in der Durchfüh- rung des Behandlungsplanes als auch in der Vermittlung von Infor- mationen und schließlich in der Durchführung der notwendigen Kontrolluntersuchungen. Dabei wird am Anfang ein ausführlicher Bericht des Klinikarztes an die nachbehandelnden Ärzte stehen müssen. Dieser Bericht erschöpft sich nicht in der Darstellung des Befundes und der durchgeführten Therapie, er muß auch den Plan für die Gesamtbehandlung über einen langen Zeitraum darstellen.

Von den ambulant tätigen Ärz- ten, sei es der Hausarzt oder der einschlägige Facharzt muß erwar- tet werden, daß sie die weitere Be- handlung und die Kontrolluntersu- chungen bei den Patienten genau nach dem festgelegten Konzept durchführen. Nur auf diese Weise ist eine langfristige Therapiestrate- gie realisierbar. Der ambulant be- handelnde Arzt muß seinerseits die Möglichkeit haben, den Patienten unmittelbar wieder in die stationäre Behandlung zu überführen, wenn sich dies beim Verlauf als notwen- dig erweist. Ein solchermaßen von Klinik und Praxis gemeinsam getra- genes Behandlungskonzept wird

durch eine Verbesserung der thera- peutischen Ergebnisse belohnt;

seine Berechtigung wird damit von allen beteiligten Ärzten bald er- kannt werden.

Die Voraussetzungen für eine sol- che Zusammenarbeit zwischen Kli- nik und Praxis in der Durchführung langfristiger Tumortherapie sind in der Bundesrepublik Deutschland günstig. Allgemeinärzte wie auch Fachärzte der verschiedenen Dis- ziplinen stehen überall zur Verfü- gung.

Es wird primär die Aufgabe der Kli- nik sein, mit dem Patienten abzu- sprechen, zu welchen Ärzten er sich für die ambulante Behandlung begeben wird. Die Ärzte werden dann von der Klinik über die Be- funde und den weiteren Verlauf der Therapie zu unterrichten sein. So-

bald der Patient dann in die Hand des ambulant tätigen Arztes über- gegangen ist, wird dieser die Ver- antwortung für den Kontakt mit der Klinik zu übernehmen haben. In den Rahmen der langfristig geplan- ten ambulanten Therapie werden natürlich auch die notwendigen Kontrolluntersuchungen einzubau- en sein. Sie lassen sich in Zusam- menarbeit des Hausarztes mit dem niedergelassenen Facharzt in aller Regel ambulant durchführen.

Für den Patienten hat das den ent- scheidenden Vorteil, daß er im schützenden Rahmen seiner Fami- lie bleiben kann, dadurch der Übergang in das gesellschaftliche und berufliche Leben erleichtert und beschleunigt wird. Für die Kli- niken bedeutet das eine erhebliche Entlastung, damit verbunden eine Verkürzung der Verweildauer und eine Einsparung hoher Kosten.

Im Interesse einer zielstrebigen Therapie sowie einer lückenlosen Verlaufs- und Erfolgskontrolle wird es allerdings auch erforderlich sein, sich Gedanken über die Do- kumentation zu machen. Es wird dabei nicht genügen, wenn die Da- ten über Behandlung und Kontroll- untersuchungen einerseits in der Klinik, andererseits beim ambulant behandelnden Arzt erfaßt und ver- wahrt werden. Die Zusammenfüh- rung der Daten zur Verlaufsbeurtei- lung im Einzelfall und zur statisti- schen Erfassung des Gesamtberei- ches der Krebserkrankungen wird auf die Dauer ein unumgängliches Erfordernis sein. Auch dies muß unter allen Umständen in den Plan der Zusammenarbeit zwischen der Klinik und den ambulant tätigen Ärzten einbezogen und bedacht werden.

Die hier entwickelten Vorstellun- gen werden vielleicht im ersten Au- genblick auf Skepsis oder Wider- spruch stoßen. Das Arbeiten nach

„Programmen" entspricht sicher- lich nicht der üblichen und norma- lerweise auch berechtigten Übung, wonach der einzelne Arzt nach ei- genem Ermessen über diagnosti- sche und therapeutische Maßnah-

men entscheidet. Wir müssen aber heute anerkennen, daß das pro- grammierte therapeutische und diagnostische Handeln bei langfri- stigen Erkrankungen ein Erforder- nis sein wird, dem wir uns nicht ver- schließen können. Für die Tumor- therapie gilt das im ganz besonde- ren Maße. Alle beteiligten Ärzte werden den Vorteil einer solchen programmierten Arbeitsweise für den Patienten und den Heilerfolg rasch erkennen und den sich dar- aus ergebenden Anforderungen Rechnung tragen. Das ärztliche Tun war stets bestimmt von dem Wohl des Patienten. Die niederge- lassene Ärzteschaft wird auch im Bereich der Tumortherapie ihren Beitrag in vollem Umfange leisten.

Anschrift des Verfassers:

Prof .Dr. Hans J. Sewering Präsident

der Bundesärztekammer 5 Köln 41 (Lindenthal) Haedenkampstraße 1

Schlußbemerkung

Hauptziel unserer Ausführungen ist es, gemeinsam und alternierend mit den freipraktizierenden Ärzten sowie den verschiedenen onkologi- schen Disziplinen dem Patienten eine optimale, nach modernen Grundsätzen konzipierte Diagno- stik und Therapie zu vermitteln, ohne ihn aus nicht zwingenden Gründen durch längere Kranken- hausaufenthalte aus seinem ge- wohnten Lebensraum herauszulö- sen. In der Essener Klinik konnte durch diese Verfahren die Verweil- dauer pro Patient von 25,1 Tagen im Jahre 1970 auf 12,6 Tage im Jahre 1973 verkürzt werden.

Berücksichtigt man die durchschnitt- liche Krankenhausverweildauer von Patienten im Rahmen der Inneren Medizin, die 23,6 Tage beträgt, und ferner den natürlicherweise bei Tumorkrankheiten gegebenen chronischen Charakter des Lei- dens, kann diese Zahl als erstaun- lich günstig eingestuft werden. I>

2020 Heft 27 vom 3. Juli 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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