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Archiv "Zur Situation der gynäkologischen Onkologie in der Bundesrepublik Deutschland" (06.01.1977)

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Zur Situation

der gynäkologischen Onkologie in der Bundesrepublik

Deutschland

I. Teil

Josef Zander1)

Aus der I. Frauenklinik und Hebammenschule der Universität München

(Direktor: Professor Dr. Josef Zander)

Alle Krebsforschung kann nur das Ziel haben, dem Menschen zu die- nen. Im Zentrum müssen aus ärztli- cher und klinischer Sicht folgende Aufgaben stehen:

~ die Ursachen der Entstehung der verschiedenen Krebserkrankungen zu erkennen und nach Möglichkeit zu beseitigen,

~ die Faktoren für ein erhöhtes Ri- siko der Entstehung spezieller Krebse zu erkennen und Populatio- nen mit erhöhtem Risiko möglichst frühzeitig und vollständig zu er- fassen,

~ Vor- und Frühstadien von Krebs- erkrankungen zuverlässig zu erken- nen und ausreichend zu behan- deln,

~ für Krebse aller Entwicklungssta- dien bei möglichst geringer körperli- cher Verstümmelung alle Chancen für eine Heilung oder zumindest für ein möglichst langes Wohlbefinden zu nutzen,

~ Strategien für eine optimale Re- habilitation und Nachsorge zu ent- wickeln und hierfür die praktischen Voraussetzungen zu schaffen,

~ die besonderen psychischen, so- zialen, Sozialmedizinischen und so- ziologischen Probleme Krebskran-

ker zu erkennen und daraus die Kon- sequenzen für ihre Betreuung zu zie- hen, insbesondere· auch die ärztli- chen, pflegerischen und gesell- schaftlichen Voraussetzungen der wirksamen Hilfe für unheilbare Krebskranke bis zu ihrem Tode zu schaffen.

Der jeweilige Stand der klinischen Krebsforschung und Behandlung muß an solchen Kriterien gemessen werden. Es liegt auf der Hand, daß sich kein Gesundheitswesen unserer Weit rühmen kann, auch nur für ein- zelne dieser Kriterien schon Optima- les erreicht zu haben. Zwar sind für einzelne Krebserkrankungen bedeu- tende Fortschritte sowohl in bezug auf die Früherkennung als auch in bezug auf Heilungsergebnisse zu verzeichnen. Das Krebsproblem in seiner höchst differenzierten Ge- samtheit ist aber nach wie vor unge- löst. Es gibt bei nüchterner Betrach- tung auch keine ausreichenden An- haltspunkte für die Annahme, daß in absehbarer Zeit eine befriedigende Lösung zu erwarten wäre. Vielmehr ist damit zu rechnen, daß auch in der Zukunft durch mühsame, sorgfältig geplante und intensive Forschungs- arbeit nur Schritt für Schritt weiter vorgedrungen werden kann.

ln der Bundesrepublik wird seit eini- ger Zeit öffentliche Kritik am Stand der Krebsforschung und der Krebs-

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin ÜBERSICHTSAUFSATZ

Seit Jahrzehnten ist in der Frauenheilkunde in der Bun- desrepublik Deutschland eine interdisziplinäre Zusammen- arbeit auf dem Gebiet der gy- näkologischen Onkologie ver- wirklicht. Diagnostik, Behand- lung und Nachsorge der Krebse des weiblichen Genita- les entsprechen deshalb dem derzeitigen Standard in den entwickelten Kulturländern in unserer Weit. Sowohl aus Gründen der Effizienz als auch aus Kostengründen muß die in der Bundesrepublik erarbeite- te Grundlage für eine systema- tische Weiterentwicklung der klinischen Erforschung und Behandlung der Krebserkran- kung der weiblichen Fort- pflanzungsorgane voll genutzt werden.

behandlung geübt. Sie gipfelt in der kürzlich auch vom Deutschen Krebs- forschungszentrum in Heidelberg übernommenen Behauptung, daß auf dem Gebiet der onkologischen Versorgung in der Bundesrepublik ein Nachholbedarf von mindestens zehn Jahren bestehe (1 ). Diese Kritik fördert zweifellos ein breiteres Inter- esse der Öffentlichkeit an den Pro- blemen der Krebsforschung und Be- handlung sowie an dem Schicksal der Krebskranken überhaupt. Mit dem Infragestellen des derzeitigen Standes der Krebsbehandlung wer- den auch Denkimpulse für eine Be- sinnung auf das Vorhandene und auf zukünftige Entwicklungsmöglich- keiten vermittelt. Auf der anderen Seite führt die in dieser Form verall- gemeinernde und aufden nationalen Raum beschränkte Kritik zu einer deutlichen Verunsicherung der Be- völkerung in unserem Land. Sie ver- mehrt damit die Angst vor dem

Krebs. [>

1) Der Autor dankt den Mitgliedern des Aus- schusses für gynäkologische Onkologie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, denen das Manuskript vorgelegen hat, für ihre Hinweise und Anre- gungen.

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft

1

vom 6. Januar

1977

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Gynäkologische Onkologie

Der Verfasser verfügt nicht über die Kompetenz, in der Frage Stellung zu nehmen, ob diese pauschale Kritik an der onkologischen Versorgung in der Bundesrepublik für die zahlrei- chen höchst differenten Krebser- krankungen in den verschiedenen Fachgebieten der Medizin im einzel- nen berechtigt ist. Um Mißverständ- nissen vorzubeugen, muß ihr jedoch für den Bereich der klinischen Krebs- forschung, der Krebsvorsorge und Krebsbehandlung in der Frauenheil- kunde entschieden widersprochen werden. Damit ist nicht gemeint, daß auf diesem Sektor keine weiteren und auch erhöhten Anstrengungen erforderlich wären.

..,.. Es ist aber festzustellen, daß die onkologische Versorgung in der Frauenheilkunde der BRD dem der- zeitigen Standard in den entwickel- ten Kulturländern entspricht.

Im folgenden wird diese Feststellung belegt. Anschließend werden Vor- schläge für eine weitere Entwicklung der klinischen Erforschung, Erken- nung und Behandlung von Maligno- men im Bereich der weiblichen Fort- pflanzungsorgane sowie für eine den jeweiligen wissenschaftlichen Er- kenntnissen entsprechende optima- le gynäkologisch-onkologische Ver- sorgung der gesamten Bevölkerung u nte rb reitet.

Vorab einige Bemerkungen zu dem Begriff "klinische Onkologie". Die- ses Wort bewährt sich als Bezeich- nung für die klinische Lehre von den Geschwülsten in ihrer Gesamtheit und damit für ein charakteristisches fachübergreifendes Kooperations- gebiet in der Medizin. Als Bezeich- nung für eine neue Subspezialität würde damit allerdings in Wirklich- keit eine Superspezialität kreiert. Sie wäre bei den derzeitigen höchst dif- ferenzierten Kenntnissen und prakti- schen Erfahrungen über Tumorer- krankungen in den zahlreichen Fachgebieten der Medizin nicht mehr zu übersehen.

Dies schließt die Weiter- und Neuent- wicklung von speziellen onkologi- schen Zentren oder Arbeitsgruppen, in denen fachübergreifende Spezial-

gebiete aus dem Gesamtgebiet der klinischen Onkologie (zum Beispiel die Tumorchemotherapie) bearbeitet werden, keineswegs aus. Ebenso wichtig ist aber auch die Weiterent- wicklung von fachgebundenen oder interdisziplinären Abteilungen oder Arbeitsgruppen, in denen Ge- schwulstbildungen spezieller Organ- systeme bearbeitetwerden (zum Bei- spiel des weiblichen reproduktiven Systems in der gynäkologischen On- kologie). Die notwendigen Organisa- tionsformen, welche vielfältiger Art sein können, entwickeln sich jeweils von der Sache, nicht zuletzt auch von den Mitteln her.

Eine klare und unmißverständliche Terminologie sollte jedoch ange- strebt werden. Mißverständnisse, wie sie sich zum Beispiel aus dem Wort

"onkologische Versorgung" erge- ben können, wenn nicht eine ge- nauere Differenzierung dessen er- folgt, was damit gemeint sei, sind dann vermeidbar.

Allgemeine Voraussetzungen für eine gynäkologische Onkologie Die Erforschung der Früherkennung, Behandlung und Nachsorge der ma- lignen Tumoren im Bereich des weiblichen Genitalsystems ist seit Jahrzehnten ein zentrales Anliegen der Bemühungen und der Wirksam- keit der Frauenheilkunde. Im Vorder- grund steht dabei die unmittelbar am Menschen angewandte Forschung in der Klinik. Hierfür bestanden in der Vergangenheit und bestehen auch heute in diesem Fachgebiet ganz be- sonders günstige Voraussetzun- gen:

..,.. die klinische Erforschung der Tu- moren im Bereich des Genitalsy- stems und ihre Behandlung erfordert eine vollständige Beherrschung der speziellen gynäkologischen Unter- suchungstechniken und -Methoden.

Die hierzu notwendige Erfahrung steht in der Frauenheilkunde zur Ver- fügung,

..,.. Bereiche der Vulva, Vagina und des Uterus, in denen sich maligne Geschwülste entwickeln können,

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DEUTSCHES ARZTEBLATT

sind der inspektorischen, palpatori- schen oder instrumentellen Untersu- chung unmittelbar zugängig. Ge- websentnahmen sind jederzeit möglich,

..,.. die speziellen Kenntnisse und Er- fahrungen über die Entwicklung, Anatomie, Physiologie und Patholo- gie des weiblichen reproduktiven Sy- stems in der Frauenheilkunde kom- men der klinischen Erforschung der Geschwulstbildungen im Bereich der Fortpflanzungsorgane wesent- lich zugute,

..,. die Diagnostik und Behandlung- in der Bundesrepublik vielfach auch die radiologische Behandlung -der Tumoren erfolgt in einem Fachge- biet. Es sind damit von vornherein besonders günstige Voraussetzun- gen für eine enge Kooperation gegeben,

..,.. es stehen in der Bundesrepublik in günstiger regionaler Verteilung Frauenkliniken mit einer relativ gro- ßen Kapazität zur klinischen Erfor- schung den Erkennungs- und Be- handlungsmethoden zur Verfügung.

Die spezielle Situation

der gynäkologischen Onkologie in der Bundesrepublik Deutschland Eine interdisziplinäre und fach- übergreifende Zusammenarbeit, wie sie heute für die "klinische Onkolo- gie" mit Recht gefordert wird, be- steht für die gynäkologische Onkolo- gie in der Bundesrepublik seit Jahr- zehnten. Sie ist darüber hinaus im

Unterschied zu manchen anderen Ländern vielfach im Rahmen großer Frauenkliniken integriert. Dieser in- terdisziplinären Zusammenarbeit haben wir bis heute wesentliche und in der Weit anerkannte Fortschritte zu verdanken. Hierzu im folgenden eine Reihe von Hinweisen:

Chirurgie

Die operative Behandlung von Geni- talkarzinomen hat in der Bundesre- publik - in Fortsetzung der interna- tional anerkannten Leistungen der

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

traditionellen österreichisch-deut- schen operativen Schulen — bis heute eine intensive Pflege gefun- den. Durch die systematische über- regionale Zusammenarbeit mehrerer großer Kliniken (2) bei Verwendung gleicher oder ähnlicher Operations- techniken wurde in den letzten bei- den Jahrzehnten gezeigt, daß auch radikale Operationen gynäkologi- scher Karzinome mit einer Letalität von weniger als 1 Prozent und post- operativer Fistelfrequenz um 1 Pro- zent möglich sind. Insbesondere ist auch die individuelle Behandlung der Genitalkarzinome, die das Ziel hat, den therapeutischen Eingriff auf das Notwendige zu beschränken, ohne damit die Heilungschancen für den Patienten zu vermindern, in den letzten beiden Jahrzehnten in der Bundesrepublik entscheidend geför- dert worden (2). In einer kürzlichen ebenfalls kooperativen überregiona- len Studie (Universitäts-Frauenklini- ken Erlangen, Freiburg, Graz, Hei- delberg, Köln, München) wurde an einem sehr großen Krankengut ge- zeigt, daß bei ausschließlicher An- wendung begrenzter operativer Be- handlungsmethoden beim Mikrokar- zinom der Cervix uteri — also einem eindeutig invasiv wachsenden Karzi- nom — eine Heilungsrate von 98 Pro- zent und bei der frühen Stromainva- sion eine Heilungsrate von 100 Pro- zent erreicht wird (3).

Die vor allem in den USA häufiger ausgeführten superradikalen Opera- tionen mit Exenteration des kleinen Beckens werden auch in der Bun- desrepublik vorgenommen. Aller- dings ergeben sich hier in größeren Kliniken nicht so häufig Indikationen für Eingriffe dieser Art. Die Gründe mögen vielfältiger Art sein. Vielleicht spielt die Konzentration der primä- ren Krebsbehandlung auf verhältnis- mäßig wenige Institutionen — vergli- chen etwa mit den USA — hier eine Rolle.

Radiologie

Seit Albert Döderlein hat die Radiolo- gie in Form spezieller gynäkolo- gisch-onkologischer Strahlenabtei- lungen in der Mehrzahl der größeren

Frauenkliniken in der Bundesrepu- blik ihren festen und international anerkannten Platz gefunden. Allein für die Entwicklung optimaler Tech-

niken der intrakavitären Kontaktbe- strahlung hat sich diese integrierte Zusammenarbeit zwischen Gynäko- logen und Radiologen als äußerst wertvoll erwiesen. Durch die Spezia- lisierung auf die Malignome im Geni- talbereich bei vollständiger Beherr- schung gynäkologischer Untersu- chungstechniken sowie durch die Konzentration auf ein großes Kran- kengut konnten zum Beispiel im Ver- lauf von Jahrzehnten in der Strahlen- abteilung der I. Universitäts-Frauen- klinik München durch H. Eymer und später durch J. Ries, ähnlich wie im Radiumhemmet in Stockholm und im Tumorinstitut des M. D. Anderson Hospitals der Universität von Texas, Grundlagen zur Erzielung hervorra- gender Heilungsresultate, insbeson- dere auch für die fortgeschrittenen Tumorstadien, erarbeitet werden.

Histopathologie

Die gynäkologische Histologie hat in der Bundesrepublik eine lange Tra- dition. Sie ist besonders gekenn- zeichnet durch die Tätigkeit von Ro- bert Meyer, zuerst in der Bumm- schen und später in der Stöckel- schen Klinik in Berlin. Seitdem ist in zahlreichen Frauenkliniken der Bun- desrepublik eine interdisziplinäre, zum Teil integrierte, vor allem aber unmittelbar klinisch orientierte Zu- sammenarbeit zwischen der Gynä- kologie und der Histopathologie ver- wirklicht worden. Neben vielen Nichtgenannten sei hier besonders auf die Ergebnisse der jahrzehnte- langen Zusammenarbeit zwischen dem Pathologen H. Hamperl und den Gynäkologen C. Kaufmann und K. G.

Ober sowie ihrer Schüler verwiesen.

Sie hat unter anderem zu internatio- nal anerkannten und für die klinische Praxis bedeutungsvollen Ergebnis- sen über die formale Genese des Zervixkarzinoms sowie über den Mo- dus seiner Ausbreitung geführt. Eine äußerst enge Kooperation zwischen dem tumorbehandelnden Gynäkolo- gen und dem Histopathologen ist heute eine unabdingbare Vorausset-

zung für eine optimale und gleichzei- tig individuelle, also möglichst wenig verstümmelnde, Behandlung gynä- kologischer Karzinome. Es ist dabei sicher besonders günstig, wenn sich auch der Histopathologe unmittelbar am Kranken orientieren kann. Solche Voraussetzungen sind heute in zahl- reichen der großen Frauenkliniken der Bundesrepublik erfüllt.

Krebsvorsorge und Früherkennung (Kolposkopie und Zytologie) Die Bemühungen um die Krebsvor- sorge und die Früherkennung gynä- kologischer Krebse werden ebenfalls seit Jahrzehnten in der Bundesrepu- blik, insbesondere in klinisch-prakti- scher Hinsicht intensiv gefördert.

Spezielle Sprechstunden für die Krebsvorsorge bestehen seit langer Zeit an den meisten Frauenkliniken.

Mit der Entwicklung der Kolposkopie sind die Namen von Hinselmann und Mestwerdt untrennbar verbunden. In den USA hat sie erst heute — nach dem Tode von Hinselmann — ihre volle Anerkennung gefunden. Die Zy- tologie wurde, längst bevor die Pa- thologie ihre Bedeutung erkannte, im Rahmen einer integrierten Zu- sammenarbeit in Frauenkliniken durch H. Runge, P. Stoll, H. K. Zinser, G. Kern, H. J. Soost und viele andere weiterentwickelt, nachdem die Grundlagen in den USA durch den

„Außenseiter" G. N. Papanicolaou gelegt worden waren. Insgesamt ha- ben diese Bemühungen schließlich zu der Einführung der gesetzlichen Regelung beigetragen, die heute jede Frau im Risikoalter berechtigt, auf Kosten der gesetzlichen Kran- kenkassen einmal im Jahr eine Vor- sichtsuntersuchung der Genitalor- gane und der Brust vornehmen zu lassen.

Chemotherapie

Zu den Tumoren, welche bisher am besten auf eine systemische chemo- therapeutische Behandlung anspre- chen, gehören die sogenannten Tro- phoblasttumoren. Sie sind allerdings in der Bundesrepublik äußerst sel- ten. Es ist weiterhin seit langem be-

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Gynäkologische Onkologie

kannt, daß Ovarialkarzinome vielfach auf eine chemotherapeutische Be- handlung mit mehr oder weniger zeitlich begrenzten Remissionen an- sprechen können. In der Bundesre- publik hat sich die Frauenheilkunde sehr frühzeitig mit den klinischen Problemen der Chemotherapie die- ser Tumoren beschäftigt. Hierfür zeugen allein die Kongreßveranstal- tungen, in denen die Chemotherapie zu den Hauptthemen gehörte. Zu er- innern ist in diesem Zusammenhang auch an die frühen Versuche von H.

Limburg, die Ansprechbarkeit der Tumoren unter In-vitro-Bedingun- gen zu testen. Die große Variabilität der Ovarialkarzinome sowie die Schwierigkeiten der Früherkennung und der Erfolgsbeurteilung einer sy- stemischen Behandlung neben an- deren lokalen Behandlungsmetho- den haben allerdings international die klinische Forschung auf diesem speziellen Gebiet sehr erschwert.

Noch 1972 kommt E. W. Munnell (4) von der Columbia University in New York, ein besonders guter Kenner des Ovarialkarzinoms, zu dem Er- gebnis: „Insgesamt waren der Che- motherapie nicht die aufsehenerre- genden Erfolge in der Behandlung des fortgeschrittenen Ovarialkreb- ses beschieden, die man zunächst erwartet hatte."

In den letzten Jahren haben sich für die chemotherapeutische Behand- lung der Ovarialkarzinome eine Reihe von neuen Gesichtspunkten ergeben. Es steht außer Frage, daß gerade für die klinische Erforschung der Behandlungsmethoden dieser Tumoren, welche bisher die weitaus schlechtesten Heilungsresultate al- ler Krebse im Genitalbereich aufwei- sen (relative Fünfjahresüberlebens- rate um 20%-30%), heute und in der Zukunft eine besonders intensive in- terdisziplinäre Zusammenarbeit, ins- besondere zwischen Gynäkologen, Tumorchemotherapeuten und klini- schen Pharmakologen, Histopatho- logen sowie Immunologen notwen- dig ist.

Darüber hinaus ist für sorgfältig geplante klinische Studien eine re- gionale und überregionale Koopera- tion erforderlich, damit eindeutige

Schlußfolgerungen aus einem genü- gend großen Krankengut zuverlässig möglich werden.

Interdisziplinäre und kooperative Ar- beitsgruppen dieser Art haben sich in den letzten Jahren an einer ganzen Reihe von Frauenkliniken der Bun- desrepublik entwickelt.

Für das Zervixkarzinom liegen bisher noch keine überzeugenden Ansätze für eine wirksame Chemotherapie vor. Für das Endometriumkarzinom haben sich für die zusätzliche syste- mische Behandlung lediglich die hochdosierten synthetischen Gesta- gene bewährt. Die Grundlagen die- ser Behandlung wurden in der Bun- desrepublik insbesondere durch die Arbeiten von R. Kaiser gefördert.

Nachsorge

Die Nachsorge nach einer Primär- oder Sekundärbehandlung von Ma- lignomen im Bereich des Genitalsy- stems findet in den großen Frauen- kliniken der Bundesrepublik seit lan- ger Zeit eine besondere Pflege. Sie geht schon auf Wertheim zurück, zu dessen großen Leistungen gehörte, daß er die ersten tausend operierten Patientinnen mehr als fünf Jahre in Kontrolle hielt. Spezielle Sprech- stu nden für die Tumornachsorge fin- den in vielen Frauenkliniken der Bundesrepublik seit Jahrzehnten re- gelmäßig statt. Eine entsprechende Dokumentation liegt in solchen Klini- ken vor. Die Patienten werden viel- fach ihr Leben lang weiter beobach- tet und betreut. Eine Sozialhilfe ist meist mit eingeschaltet und in vielen Frauenkliniken institutionalisiert. In klinischer Hinsicht gilt das Interesse vor allem der frühzeitigen Entdek- kung von unerwünschten Behand- lungsfolgen sowie eines Tumorrezi- divs.

Neue Aspekte für die Tumornachsor- ge haben sich in den letzten Jahren in der mit Initiative der Bayerischen Landesärztekammer und mit privater Initiative errichteten gynäkolo- gisch-onkologischen Nachsorgekli- nik in Bad Trissl bei Oberau- dorf/Oberbayern ergeben. Es be-

steht eine enge Kooperation mit dem Fachbereich Medizin an der Univer- sität München. Bei verhältnismäßig niedrigen Kosten ist hier eine höchst intensive Konzentration auf die Dia- gnostik und Behandlung von leich- ten und schwereren Behandlungs- folgen, auf die frühzeitige Erken- nung von Rezidiven oder zusätzli- chen Erkrankungen sowie auf eine kontrollierte chemotherapeutische Behandlung von Tumoren des weib- lichen reproduktiven Systems mög- lich. Dieses erste Modell einer Nach- sorgeklinik findet internationales In- teresse.

Die vorliegenden Ausführungen zei- gen, daß sich im Bereich der gynäko- logischen Onkologie in der Bundes- republik das Vorhandene bewährt hat und daß es eine gute Grundlage für die weitere Entwicklung einer kli- nisch orientierten Krebsforschung sowie für eine weitere Verbesserung der gynäkologisch-onkologischen Versorgung der Gesamtbevölkerung darstellt. Es gibt zur Zeit keinen zu- reichenden oder überzeugenden Grund, diese Konzentration der Auf- merksamkeit eines Fachgebietes auf die Geschwülste der weiblichen Fortpflanzungsorgane etwa zugun- sten zentralisierter onkologischer In- stitutionen aufzugeben. Allerdings

bedarf diese Konzentration auch in der Zukunft der unbedingten Offen- heit zu jeder weiteren wissenschaftli- chen und klinischen interdisziplinä- ren sowie regionalen und überregio- nalen Zusammenarbeit.

• Wird fortgesetzt

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. Josef Zander I. Frauenklinik und

Hebammenschule der Universität Maistraße 11

8000 München 2

28 Heft 1 vom 6. Januar 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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