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Patientinnen mit gynäkologischen Tumoren gemeinsam betreuen

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Academic year: 2022

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Was ist für den Hausarzt im Hinblick auf Patientinnen mit gynäkologischen Tumoren besonders wichtig?

Die gute, enge Zusammenarbeit mit dem Tumorzentrum, ein engerer Kontakt mit den niedergelassenen Gynäkologinnen, Informationen über andere Anlaufstellen wie zum Beispiel Onko-Spitex, Psychoonkologie, Hospize, palliative Betreu- ung zu Hause sowie regelmässige Updates in Form von Wei- terbildungen sind wichtig für den Hausarzt.

Oft werden gynäkologische Erkrankungen durch den Haus- arzt diagnostiziert, klassischerweise das Ovarialkarzinom, da es sehr unspezifische und oft gastrointestinale Beschwer- den bereitet (siehe auch Tabelle 1). Man denkt initial nicht an eine gynäkologische Erkrankung, was zur Folge hat, dass die Patientin oft beschwerliche Untersuchungen wie Kolosko- pien oder Gastroskopien auf sich nehmen muss und es häu- fig erst nach Monaten anhand einer Computertomografie zur Stellung der Verdachtsdiagnose «gynäkologisches Karzi-

nom» kommt. Ein Ultraschall, vor allem transvaginal, kann hierbei in manchem Fall zu einem früheren Zeitpunkt zu einer Aufklärung führen.

Ist ein Screening für das Ovarialkarzinom ab einem gewis- sem Alter sinnvoll oder Blödsinn?

Leider gibt es beim Ovarialkarzinom kein Screening. Eine grosse amerikanische randomisierte Screeningstudie mit 30 000 Frauen hat keinen Überlebensvorteil gezeigt, was das Screening mit Ultraschall und dem Tumormarker CA125 an- geht (PLCO-Studie). Beachten muss man jedoch, dass in die- ser Studie beim CA125 ein starrer Cut-off-Wert von 35 U/ml verwendet wurde.

Seit den ersten Daten der 93 000 Frauen umfassenden briti- schen randomisierten UKCTOCS-Studie weiss man jedoch, dass vermutlich eher die individuelle Verdopplung des CA125 weitere Abklärungen auslösen sollte, auch bei einem noch im Normbereich liegenden Wert. CA125 ist ein sehr unspezifischer Marker, der schliesslich bei jeder Entzündung im Bauchraum erhöht ist. Jeder Mensch hat einen personen- spezifischen Wert. Auf dessen Verdopplung hin eingeleitete Abklärungen führten in der Studie zu einer 10 Monate frü- heren Detektion von Ovarialkarzinomen. Bei 42 Prozent der Fälle war die CA125-Konzentration niedriger als 35 U/ml (median 20 U/ml). Es gibt aber neben CA125 noch eine ganze Reihe weiterer Tumormarker beim Ovarialkarzinom, sie sind vom Histotyp abhängig (siehe Tabelle 2).

Diagnostik im Verdachtsfall: Tumormarker, Sono/CT oder direkt zum gynäkologischen Onkologen?

Als wichtigste bildgebende Methoden ist auf den Ultraschall und das CT zu verweisen. Nur bei der Rezidivsituation ist unter Umständen das PET-CT von weiterer Hilfe.

Hilfreich bei der Triage von Patientinnen mit einem Adnex- tumor ist der Einsatz eines Risikoscores, der sehr einfach im Kopf auszurechnen ist. Er errechnet sich durch Multiplika- tion aus menopausalem Status, dem Ultraschallbefund und dem absoluten CA125-Wert und hat einen negativ prädikti- ven Wert von 98 Prozent (siehe Kasten). Bei einem Wert von unter 200 kann die Patientin zum Gynäkologen, bei einem Wert von über 200 sollte sie an ein gynäkologisches Tumor- zentrum geschickt werden.

Welche Relevanz hat die Anamnese, speziell die Familien - anamnese?

Es gibt gynäkologische Karzinome, die ganz klar eine fami- liäre Häufung zeigen, daher ist die Erhebung der Familien-

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Patientinnen mit gynäkologischen Tumoren gemeinsam betreuen

Rollenverteilung zwischen Hausarzt und Tumorzentrum

Wenn es um die Betreuung gynäkologischer Tumorpatien- tinnen geht, kommt dem Hausarzt eine wichtige Rolle zu.

Bei der Diagnose von Tumoren wie dem Ovarialkarzinom, das sich hinter unspezifischen Beschwerden verstecken kann, oder der weiteren Betreuung Betroffener ist er als Partner des Tumorzentrums gefragt. Im Folgenden finden Sie Antworten auf zentrale Fragen aus der hausärztlichen Perspektive rund um die verschiedenen Krankheitsbilder.

Viola Heinzelmann-Schwarz und Nicholas Trost

Tabelle 1:

Frühsymptome bei Unterleibskarzinomen

Folgende Beschwerden können auf einen gynäkologischen Tumor hindeuten:

zunehmende Blähungen, Stuhlunregelmässigkeiten, Umfangs zunahme ➞Ovar, Tube, Peritoneum Resistenz, Juckreiz, Blutung ➞Vulva

vaginale Blutungen (postmenopausal, postkoital), Ausfluss, Nierenstauung ➞Uterus, Zervix

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anamnese im Detail (maternale-paternale Seite, Alter, Art des Karzinoms, über drei Generationen) von grosser Relevanz.

Von grösster Bedeutung sind hierbei vor allem das Auftreten der folgenden Karzinome in einer Familie: Mamma-, Ova- rial-, Endometrium-, Prostata-, Pankreas- und Kolonkarzi- nome. Es muss auch beachtet werden, dass aus anderen Gründen jung verstorbene Verwandte auch durchaus eine genetische Belastung gehabt haben können, von der man aber nichts weiss.

Die häufigsten genetischen Mutationen bei gynäkologischen Karzinomen betreffen die BRCA1/2-Gene und die DNA- Mismatch-Gene (Lynch-Syndrom) (siehe Tabelle 3). Bei Ver- änderungen in den BRCA-Genen muss beachtet werden, dass hiervon durch drei sogenannte Founder-Mutations vor allem Ashkenasim (ostjüdisches Judentum) betroffen sein können.

Es ist also sehr wichtig, Familien auf ihre mögliche Belastung hinzuweisen. Falls mehrere Karzinome in einer Familie gehäuft identifiziert werden, sollte die Patientin zu einer

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Tabelle 2:

Tumormarker für Ovarialkarzinome

Epitheliales Ovarial-CA Muzinöses Ovarial-CA Keimzelltumoren Keimzelltumoren Keimstrang-Stroma-Tumoren

(nicht muzinös) (Dysgerminom) (Nicht-Dysgerminim)

CA125 CA 19-9 LDH AFP Inhibin (Granulosazelltumoren)

(HE4) CEA HCG Hormonspiegel (Sertolistromazell-

(CA72-4) tumoren)

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genetischen Beratung geschickt werden (z.B. GynOnko- Ambi@usb.ch), bei welcher festgestellt wird, ob es einer wei- teren Abklärung durch eine Blutuntersuchung sowie des dafür erforderlichen Kostengutspracheantrags bedarf. Eine Beratung ist auch deswegen sehr relevant, weil man bei Mutationsträgerinnen durch eine prophylaktische laparo- skopische Adnexektomie ab 40 Jahren oder nach ab - geschlossener Familienplanung eine Risikoreduktion von 50 Prozent für Mammakarzinome und von 98 Prozent für Ovarialkarzinome erreichen kann.

Was hat sich in den letzten Jahren bei den Therapieoptionen getan?

Beim Endometriumkarzinom ist die totale laparoskopische Hysterektomie sicher und mit vielen Vorteilen verbunden (schnellere Erholung, geringerer Blutverlust, kürzere Hospi- talisationsdauer). Sie hat heutzutage die Laparotomie weit- gehend abgelöst.

Beim Zervixkarzinom hat in der First- und der Second-line- Chemotherapie die Erhaltungstherapie mit Bevazicumab zu einem Überlebensvorteil von im Median drei Monaten geführt.

Beim Vulvakarzinom ist eine weniger aggressive Chirurgie an der Vulva heute Standard, und die Sentinel-Lymphonod - ektomie kann in ausgewählten Fällen als Alternative zur Lymphonodektomie in der Leiste in Erwägung gezogen werden.

Beim Ovarialkarzinom hat sich in der letzten Zeit am meis- ten getan. Die initiale Operation ist essenziell, dabei sollte

eine maximale Zytoreduktion angestrebt werden. Die Che- motherapie umfasst mittlerweile viele neue Therapeutika einschliesslich zielgerichteter Therapie (targeted therapy) und Immuntherapie, aber auch viele Wege der Verabreichung (intraperitoneal, wöchentlich statt 3-wöchentlich, Erhal- tungstherapie).

Was sind Alarmsignale für ein Rezidiv?

Beim Ovarialkarzinom sind das eine Zunahme an Blähun- gen, Stuhlunregelmässigkeiten, Schmerzen oder auch eine Bauchumfangzunahme.

Beim Endometriumkarziom wird ein Rezidiv oft früh durch eine vaginale Blutung oder Schmerzen identifiziert.

Beim Zervixkarzinom können ebenfalls vaginale Blutungen, Schmerzen oder auch eine Niereninsuffizienz oder Nieren- schmerzen auftreten.

Beim Vulvakarzinom müssen neu aufgetretene Tumoren oder Schwellungen der Leiste oder der Vulva sowie Blutungen und

Schmerzen beachtet werden.

Für weiterführende Fragen steht das Tumorzentrum unter gyn.tumorzentrum@usb.ch , Tel. 061 265 39 03 oder Fax 061 265 39 26 zur Verfügung.

Prof. Dr. med. Viola Heinzelmann-Schwarz Leiterin des Gyn. Tumorzentrums und Chefärztin der Frauenklinik Universitätsspital Basel, Frauenklinik Spitalstrasse 21

4031 Basel

E-Mail: viola.heinzelmann@usb.ch

Dr. med. Nicolas Trost Ärztepraxis Bärencenter Hauptstrasse 30 4127 Birsfelden

Interessenkonflikte: keine deklariert

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ARS MEDICI 182015 Tabelle 3:

Häufige Mutationen bei gynäkologischen Tumoren

Syndrom Gen(e) Tumorspektrum (u.a.)

Hereditäres Mamma- und Ovarialkarzinom BRCA1, BRCA2, RAD51C, RAD51D Mamma, Ovar, Prostata, Pankreas, Melanom

Peutz-Jeghers-Syndrom STK11 (LKB1) gastrointestinale Tumoren, Zervix, Mamma, Ovar, Pankreas

Li-Fraumeni-Syndrom TP53 Mamma, Sarkom, Nebennierenrinde, ZNS

Cowden-Syndrom PTEN Mamma, Schilddrüse, Leiomyom, Trichilemmome

Lynch-Syndrom (HNPCC) MLH1, MSH2, MSH6, PMS2 Kolon, Endometrium, Ovar, Magen, Harntrakt, Mamma hereditäres diffuses Magenkarzinom CDH1 Magen, Mamma, Kolon

Kasten:

Triage mittels Risk of Malignancy Index (RMI)

Menopausenstatus: prämenopausal = 1 postmenopausal = 2 Ultraschall: simple Zyste = 1

bis komplexe Masse = 3 absoluter CA125-Wert: Zahlenwert (U/ml)

RMI = Menopausenstatus ×Ultraschall ×absoluter CA125-Wert Bei einem RMI > 200 ➞Überweisung an ein gynäkologisches Tumorzentrum

Referenzen

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