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Archiv "Onkologie: Erfolge bei metastasierten Tumoren" (09.07.2012)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 27–28

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9. Juli 2012 A 1429

W

enn sich Therapien ausdiffe- renzieren, wie dies in der Onkologie derzeit mit rasender Geschwindigkeit geschieht, ist es entscheidend, die Strukturen der Versorgung entsprechend den sich weiterentwickelnden Standards an-

zupassen. Dies war eine wesentli- che Botschaft bei der Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology in Chicago (ASCO).

„Es ist heute offensichtlicher als in vergangenen Jahrzehnten, wie hoch der Nutzen der Patienten von einer rationalen und zunehmend nach Biomarkern stratifizierenden Krebstherapie sein kann“, sagte ASCO-Präsident Prof. Michael P.

Link von der Stanford University School of Medicine.

Wie sehr Patienten von multidis- ziplinären Teams profitieren, wur- de kürzlich durch eine im „British Journal of Medicine“ publizierte Studie belegt (BMJ 2012; 344:

e2718). Schottische Forscher hatten in einer retrospektiven Kohorten - studie Daten von 13 722 Patientin- nen mit symptomatischem, invasi- vem Mammakarzinom analysiert, die zwischen 1990 und 2000 an einem staatlichen Krankenhaus behandelt

worden waren. Ab dem Jahr 1995 wurde in solchen NHS-Kliniken nach und nach die Behandlung durch multidisziplinäre Teams eingeführt.

Multidisziplinäre Therapie senkte die Gesamtmortalität

War die Gesamtmortalität in den Jahren zuvor zwischen den Regio- nen vergleichbar gewesen, so re - duzierte sie sich nun dort, wo die Behandlung durch ein multidiszip- linäres Team eingeführt worden war, um elf Prozent. Die Brustkrebsmor- talität sank sogar um 18 Prozent – Kofaktoren berücksichtigt, die die Gesamt- und Krebssterblichkeit be- einflussen. Die Unterschiede waren

hochsignifikant. Es sei der erste wissenschaftlich gesicherte Beleg dafür, dass Multidisziplinarität Le- ben retten kann, heißt es im Editori- al (BMJ 2012; 344: 8). „Natürlich hängt der Benefit im Einzelfall von der Fachkompetenz des Teams ab“, sagt Prof. Dr. med. Andreas Engert, Hämatologe und Onkologe an der Universitätsklinik Köln.

Zu den Schwerpunkten der Dis- kussionen bei der ASCO gehörten Ergebnisse von prospektiven rando- misierten Phase-III-Studien, in de- nen neue Strategien für die Behand- lung von fortgeschrittenen Tumo- ren geprüft worden waren. Beispiel Mammakarzinom. Circa die Hälfte der Frauen mit östrogenrezeptorpo- sitivem (ER+) Brustkrebs spricht auf eine initiale endokrine Behand- lung an, aber auch Responderinnen entwickeln im Verlauf der Anti - östrogentherapie eine Resistenz.

Signalwege, bei denen das Protein mTOR1 aktiviert wird, sind an Ent- wicklung und Progression von Brust- krebs beteiligt und werden als neue Targets der Therapie geprüft. So belegen die zulassungsrelevanten Daten der randomisierten doppel- blinden BOLERO-2-Studie, dass der mTOR-Inhibitor Everolimus in Kombination mit einem Antiöstro- gen (Exemestan) das progressions- freie Überleben (PFS) von postme- nopausalen Frauen mit ER+/HER2- fortgeschrittenem Mammakarzinom signifikant verlängert im Vergleich zum Antiöstrogen allein (DÄ, Heft 23/2012). Die Frauen sprachen auf Antiöstrogene nicht oder nicht mehr an. Die radiologische Befundung in den Behandlungszentren ergab nach 18 Monaten ein durchschnittliches PFS im Kombinationsarm von 7,8

1 mTOR: mammalian target of rapamycin

2BOLERO-2: Breast Cancer Trials of Oral Everoli- mus-2

ONKOLOGIE

Erfolge bei metastasierten Tumoren

Mit zielgerichteten Substanzen lasse sich der Progress teilweise deutlich verlangsa- men, war der Tenor bei der Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology in Chicago. Komplexe Therapien erfordern Multidisziplinarität und Fachkompetenz.

Einzelne Brust- krebszelle in der kolorierten, elektro- nenmikroskopi- schen Aufnahme:

Die Oberfläche ist blasenförmig (blau) und dendritenartig (rot, im Bild links) ausgestülpt.

Foto: Gschmeissner/SPL/Agentur Focus

M E D I Z I N R E P O R T

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A 1430 Deutsches Ärzteblatt

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9. Juli 2012 und unter Placebo von 3,2 Mona-

ten (Hazard Ratio [HR] 0,45;

95-%-Kon fidenzintervall[KI] 0,38–

0,54; p < 0,0001). Bei zentraler Be- fundung lag das PFS-Risiko der Kombination um 62 Prozent unter Placebo (PFS 11,0 versus 4,1 Mona- te; HR 0,38; 95-%-KI 0,31–0,48;

p < 0,0001; Abstract 559). Auch in der Untergruppe der mindestens 65 Jahre alten Patientinnen differier- te das PFS zwischen Verum und Pla- cebo signifikant (6,8 versus 4,0 Mo- nate; Abstract 551).

HER2

+

- Tumoren haben eine ungünstigere Prognose

„Wir vermuten, dass die Wirksam- keit von Everolimus bei sekundä- rer Resistenz gegenüber endokrinen Therapien darauf basiert, dass die Inhibition des mTOR-Signalwegs auch wachstumsfördernde Feedback- loops hemmt“, erläuterte Dr. Fa - brice André vom Institut Gustave Roussy, Villejuif, Frankreich. Bei Knochenmetastasen wirkt Everoli- mus der BOLERO-Studie zufolge der Knochenresorption entgegen, zumin - dest vorübergehend (Abstract 512).

In einer randomisierten Phase-II- Untersuchung, an der 112 unvorbe- handelte Patientinnen mit HER2-, metastasiertem Mammakarzinom teilgenommen hatten, wurden Ever- olimus plus Paclitaxel und Bevaci- zumab versus Placebo plus Taxan und Antikörper auf Effektivität in der Erstlinienbehandlung getestet.

Ergebnis war, dass sich die Wirk- samkeit der Zweierkombination durch Hinzufügen des mTOR-Inhibitors nicht signifikant erhöhen ließ (Ab - stract 1018). Nun wird Everolimus kombiniert mit Trastuzumab und Paclitaxel bei HER2+, lokal fortge- schrittenem oder metastasiertem Brustkrebs als Erstlinientherapie in Phase III geprüft (Abstract TPS 648).

Bei etwa jeder fünften Patien- tin mit Mammakarzinom ist das HER2-Gen amplifiziert, das Protein überexprimiert oder beides. HER2+- Tumoren sind mit aggressivem Phänotyp und eher ungünstiger Prognose assoziiert. Zu den innova- tiven Strategien, die außer mTOR- Inhibitoren bei Frauen mit HER2+- Mammakarzinom geprüft werden, gehören Immuntherapien, zum Bei-

spiel eine Anti-HER2-Vakzine, An- tikörperfragmente und -konjugate sowie Rezeptorantagonisten und Tyrosinkinaseinhibitoren (TKi).

So wurde in Phase III zur Erstli- nienbehandlung Pertuzumab getes- tet: ein Antikörper gegen HER2, der an ein anderes Epitop bindet als Trastuzumab. Da von einer Mehr- fachhemmung der HER-Si gnal wege ein synergistischer Effekt erwartet wird, wurde Pertuzumab zusammen mit Trastuzumab (T) plus Docetaxel (Tax) versus Placebo plus T/Tax bei 808 Frauen mit HER+, metastasier- tem Brustkrebs untersucht. Das Ergebnis führte, fast zeitgleich zur ASCO-Tagung, zur Zulassung von Pertuzumab in den USA für die Erstlinientherapie bei metastasier- tem HER2+-Brustkrebs: Das mittle- re PFS lag im Pertuzumab-Arm hochsignifikant 6,1 Monate über dem von T/Tax (18,5 versus 12,4 Monate; NEJM 2012; 366: 109–19).

Bei der Frage, ob sich Trastuzu- mab und der TKi Lapatinib (Inhi - bition von HER1/2), jeweils kom- biniert mit einem Taxan, bei der Erstlinientherapie von Frauen mit metas tasiertem HER2+-Mamma- karzinom unterscheiden, zeichnet sich ein Trend zur besseren Wirk- samkeit des Antikörpers ab. In einer prospektiven randomisierten Pha - se-III-Studie (Abstract LBA671) wurde zu einer sechsmonatigen Behandlung mit Paclitaxel (wö- chentlich) oder Docetaxel (alle drei Wochen) entweder Trastuzumab (T/Tax) oder Lapatinib (L/Tax) ge- geben, gefolgt von der Antikörper- (T/Tax-T) oder der TKi-Therapie (L/Tax-L) bis zum Progress der Er- krankung. 652 Frauen mit lokal fortgeschrittenem oder metastasier- tem Brustkrebs nahmen teil. Die Analyse der Daten von 636 Frauen ergab: Das durchschnittliche PFS betrug 11,4 Monate im T/Tax- T-Arm im Vergleich zu 8,8 Mona- ten unter Lapatinib (L/Tax-L; HR 1,33; p = 0,01). Bei Tumoren mit zentral bestätigter Überexpression von HER2 lag der Unterschied bei durchschnittlich 4,7 Monaten (13,7 versus 9,0; p = 0,003). Eine Thera- pie mit Lapatinib wurde häufiger wegen Unverträglichkeiten, wie schwere Diarrhöen, febrile Neutro-

penie, abgebrochen als die Antikör- pertherapie.

Als sehr vielversprechend wur- den Daten des Trastuzumab-Konju- gats T-DM1 bewertet: An den Anti- körper ist das Zytotoxin Mertansin (DM1) gekoppelt (pro Antikörper durchschnittlich 3,5 DM1-Molekü- le). Der Antikörper, der sich an das im Tumor überexprimierte HER2 bindet, dessen mitogene Aktivität hemmen und die antikörperabhän- gige, zellvermittelte Zytotoxizität ankurbeln soll, wird endozytiert. So gelangt das Spindelgift in die Zelle, wo es die Tubulinpolymerisation und damit die Mitose hemmt.

Prof. Kimberly L. Blackwell vom Duke Cancer Institute der Duke Uni- versity in Durham, North Caro lina, stellte Daten der EMILIA-Studie vor (Phase-III; Abstract LBA1).

978 Frauen mit lokal fort geschrit te - nem oder fernmetastasiertem HER2+- Mamma kar zi nom – alle waren unter Therapie mit Trastuzumab und Taxa- nen progredient – wurden eins zu eins randomisiert in eine Gruppe, die eine Monotherapie mit T-DM1 erhielt (3,6 mg/kg i.v. alle drei Wochen), und eine zweite Gruppe, die Capecitabine plus Lapatinib ein- nahm. Das Progressionsrisiko war unter T-DM1 im Vergleich zur Kom- binationstherapie statistisch hoch - signifikant um 35 Prozent vermin- dert (PFS 9,6 versus 6,4 Monate).

Antikörperkonjugat wirkt bei intensiv Vorbehandelten

Das Zweijahresgesamtüberleben lag bei durchschnittlich 65,4 Prozent unter T-DM1 und 47,5 Prozent im Capecitabine-Lapatinib-Arm. Das durchschnittliche Gesamtüberleben betrug zur Zeit der Analyse 23,3 Mo- nate unter Chemotherapie und ließ sich für den T-DM1-Arm noch nicht bestimmen. Häufigste, aber kontrol- lierbare Nebenwirkungen (≥ Grad 3) waren bei T-DM1 Thrombozytope- nie und erhöhte Leberwerte, bei der Kombinationstherapie Diarrhöen und Hand-Fuß-Syndrom. Aus Sicht der Klinik sei nicht nur die hohe Wirk- samkeit von T-DM1 als Monosub- stanz bei intensiv vorbehandelten Pa- tientinnen positiv, sondern auch das Toxizitätsprofil, sagte Blackwell.

Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze

M E D I Z I N R E P O R T

Referenzen

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