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Archiv "„Praxiswelten“: Eine Kulturgeschichte der Medizin" (06.12.2013)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 49

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6. Dezember 2013 A 2385

„PRAXISWELTEN“

Eine Kulturgeschichte der Medizin

Die Patientenakte steht im Mittelpunkt der Ausstellung über die Geschichte der Begegnung zwischen Patient und Arzt.

D

ie Arztpraxis halten viele Menschen für den Arbeits- platz des Mediziners. Doch der Be- griff umfasst weit mehr. Wie span- nend der Alltag eines Mediziners in der Vergangenheit war, das zeigt die aktuelle Ausstellung „Praxiswelten – Zur Geschichte der Begegnung von Patient und Arzt“ im Berliner Medizinhistorischen Museum der Charité (BMM). Der sogenannte Praxisaufschrieb, die Patientenakte, steht im Mittelpunkt der Schau.

Nirgendwo sonst wird die Bezie- hung zwischen Arzt und Patient so deutlich. Acht Praxisjournale wer- den präsentiert: aus Berlin, Thürin- gen, der Schweiz und Südtirol, ent- standen in der Zeit vom 17. bis 19.

Jahrhundert.

Am Anfang stehen die Notizen von Johannes Magirus, verfasst von 1647 bis 1656 in Zerbst bei Berlin.

Da der Mediziner auch als Mathe- matik-Professor lehrte, zog er bei wohlhabenden Patienten die Astro- nomie zurate. Eine Druckgrafik stellt unter dem Titel „Der reiche Kranke“ dar, wie sich damals gleich

zwei Ärzte um einen Patienten in einem vornehmen Palast bemühen.

Die Texte der Praxisjournale wer- den anschaulich begleitet von zeit- genössischen Darstellungen der praktischen Medizin. Damit wird jene Basis lebendig, auf der die Be- ziehung zwischen Arzt und Patient stattfand. So kann die Schau auch als eine Kulturgeschichte der Medi- zin betrachtet werden.

Genaue Beobachtung der Leidensphänomene

„Die ärztliche Meinung fand nicht bedingungslos Gehör. Auch über- liefertes medizinisches Volkswis- sen und der Glaube an magische oder religiöse Praktiken hatten oft eine große Bedeutung für die Kranken“, sagte Prof. Dr. med.

Thomas Schnalke, Direktor des BMM. Tagelöhner und Dienstmäd- chen schützten sich vor Krankhei- ten mit Schutzamuletten. Hatten die magischen Kräfte nicht den er- wünschten Erfolg gezeitigt, ließen sie sich im Rahmen von „Kranken- Besuchsanstalten“ behandeln. Der

Pathologe Conrad H. Fuchs leitete ein solches Institut im 19. Jahrhun- dert in Göttingen. Statt in Kliniken therapierten Ärzte mit Medizinstu- denten im Schlepptau die Patienten in deren Wohnungen. Genaue Be- obachtung der Leidensphänomene gehörte zur Ausbildung. So ent- standen Krankenporträts von Pa- tienten mit Lungentuberkulose oder Magenkrebs, die den ärztli- chen Blick schulten.

Der Konkurrenzkampf zwischen Schulmedizinern und Homöopa- then ist nicht neu. Ein Holzstich stellt den Ärztekrieg im 18. und 19.

Jahrhundert dar. Buchstäblich auf dem Rücken des Patienten tragen die Mediziner ihre Rangelei aus.

Der Allopath als Vertreter der Tra- dition trägt noch die altmodische Kniehose, während sein junger Wi- dersacher bereits die langen Bein- kleider bevorzugt, die „Sansculot- ten“ der französischen Revolutio- näre. Der Homöopath stützt sich auf Samuel Hahnemanns Methode, 1810 im „Organon der rationellen Heilkunde“ veröffentlicht.

Obduziert wurde sogar in den Häusern der Toten. Um den im- mer größer werdenden Bedarf an Leichen zu decken, gab es staatli- che Regelungen, Verstorbene aus Zuchthäusern und Kliniken für die Pathologie zur Verfügung zu stel-

len.

Judith Meisner

@

5 Fragen an Prof. Dr. med. Thomas Schnalke: www.aerzteblatt.de/56352

Zur Ausstellung „Praxiswelten – Zur Geschichte der Be- gegnung von Patient und Arzt“ ist auch ein Katalog er- schienen. Die Ausstellung läuft bis 21. September 2014 im Berliner Medizinhistorischen Museum der Charité, Charitéplatz 1, in Berlin-Mitte. Weitere Informationen im Internet unter www.bmm.charite.de.

INFORMATIONEN

Pockenschutz- impfung auf dem Lande. Holzstich aus der Zeitschrift

„Die Gartenlaube“, 19. Jahrhundert

Foto: Hans-Peter Theurich

K U L T U R

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