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Archiv "Gesundheitsversorgung älterer Menschen: Die Rehabilitation steht im Mittelpunkt" (19.09.1991)

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Gesundheitsversorgung älterer Menschen

Die Rehabilitation

steht im Mittelpunkt

Barbara Herkommer und Elisabeth Steinhagen-Thiessen Wenn

im folgenden der fachspezifische konzeptionale Arbeitsan- satz der Geriatrie dargestellt und daraus ihr Anspruch auf struktu- rell-organisatorische Eigenständigkeit innerhalb des Gesund- heitsversorgungssystems abgeleitet wird, sollte das nicht dazu verleiten, unnötige und schädliche Fronten zwischen medizini- schen Richtungen aufzuwerfen, die sich im Rahmen ihrer jeweili- en Aufgabenwahrnehmung nnotwendigerweise konträr verhalten müssen. In der geriatrischen Behandlungspraxis ist das therapeu- tische Team gefragt

HEMEN DER ZEIT

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

zent des Arzneimittelmarktes unter das Konzept der Festbeträge fallen würden. Tatsächlich würden jedoch nur 35 Prozent des gesamten Arznei- mittelmarktes festbetragsfähig. Für weit mehr als 60 Prozent müßten aber im nächsten Jahr 15 Prozent Selbstbeteiligung gezahlt werden.

Die SPD wolle einen Gesetzentwurf einbringen, mit dem das Inkrafttre- ten der fünfzehnprozentigen Ver- ordnungsgebühr je Medikament zu- nächst um drei Jahre verschoben werden soll.

Der FDP-Abgeordnete Dr. Die- ter Thomae hob hervor, daß das frei- heitliche Gesundheitswesen sich auch „drüben" bewährt habe. Die Grundlage dazu sei das Gesund- heits-Reformgesetz gewesen. Doch nun müßten Überlegungen ange- stellt werden, um ein Steigen der Beitragssätze zu verhindern. Die FDP schlage den Einstieg in die Selbstbeteiligung und die Kostener- stattung in allen Bereichen vor. Sei- nen diesbezüglichen Dissens zur Union umschrieb Thomae vorsichtig:

„Hier besteht noch ein Bedarf zu in- tensiver Diskussion zwischen CDU/

CSU und FDP." Die Ausgaben im Gesundheitsbereich müßten vom Pa- tienten mitgetragen werden. „Wir se- hen keine andere Möglichkeit, als über die Selbstbeteiligung noch ei- nen weiteren Beitrag der Versicher- ten einzufordern", sagte Thomae.

Pflegeversicherung im Koalitionsstreit

Auch Bundesarbeitsminister Dr.

Norbert Blüm (CDU), der eine Pfle- geversicherung unter dem Dach der gesetzlichen Krankenversicherung anstrebt, wurde vom Koalitionspart- ner dazu aufgerufen, sein Konzept zu überdenken. Bundestagsvizeprä- sident Dr. Dieter-Julius Cronenberg (FDP) betonte, wer die nächste Ge- neration überbelaste, kündige den Generationsvertrag. Unterschiedli- che Risiken müßten auch unter- schiedlich abgesichert werden.

Cronenberg bezeichnete übri- gens die Dreiteilung des alten Fami- lien- und Gesundheitsministeriums als überflüssig — „so sympathisch die drei Ministerinnen sind". Kli

W

as geschieht mit älteren und hochbetagten Patien- ten, die nach einem akuten Krankheitsereignis eine Erstversor- gung im Akutkrankenhaus erhalten haben? Passen sie als in der Regel multimorbide Patienten überhaupt ins Milieu hochspezialisierter und -technisierter medizinischer Einrich- tungen? Kann man dort den hohen pflegerischen Anforderungen, die ein alter Patient mit seiner herabge- setzten organischen und psychischen Anpassungsfähigkeit und Leistungs- fähigkeit nun einmal stellt, hinrei- chend gerecht werden? Häufig wer- den unter Zeitdruck an Stelle von Pflege und Zuwendung nicht-indika- tionsgerechte technische Lösungen für die Probleme des alten Patienten bevorzugt: Dauerkatheter, Magen- sonde, Bettruhe (und über dem Bett die Triangel!). Nach kurzer Zeit ist der Patient dann in der Tat das, was man hintergründig schon immer in ihm gesehen hat: ein Fall von Fehl- belegung, einer, der „nur" noch Pfle- ge braucht und dessen sich die Kran- kenkasse über kurz oder lang entle- digen kann. Mit der Verlegung in ein

„Chronikerhaus" scheint der Weg in die unaufhaltsame dauernde Pflege- bedürftigkeit bereits unumkehrbar eingeschlagen.

Ein alter Patient kann aber auch das Glück haben, in einem der weni-

gen Orte in unserem Land zu leben, in denen es geriatrische Fachkran- kenhäuser oder -abteilungen gibt (Hamburg, Velbert, Lübeck, Hanno- ver, Frankfurt, Berlin, um nur die bekanntesten zu nennen). Dann wechselt er nach einem Schlaganfall, einem Herzinfarkt oder einer ortho- pädischen Operation so bald wie möglich vom Allgemeinkrankenhaus in eine solche Einrichtung.

Von nun an steht nicht mehr ein organisches Leiden oder der klini- sche Befund des Patienten im Zen- trum der Aufmerksamkeit, sondern seine gegenwärtige Lebenssituation und seine Möglichkeiten, ihren An- forderungen künftig gerecht zu wer- den. Der typische geriatrische Pa- tient hat sowohl „alternde Krankhei- ten" als auch Erkrankungen des hö- heren Lebensalters, er hat schon ei- nige Funktionseinschränkungen oder gar -verluste erleben müssen, und durch ein einschneidendes Krankheitsgeschehen ist bei ihm das prekäre Gleichgewicht zwischen An- forderungen und Fähigkeiten zur Alltagsbewältigung gestört worden.

Nichts fürchtet er mehr als den Ver- lust seiner Selbständigkeit, seiner so- zialen, mentalen und praktischen Kompetenz. Die gemeinsame Aufga- be aller in der Geriatrie Tätigen ist es, für diese Patienten eine realisti- sche Perspektive zu erkennen, die A-3086 (22) Dt. Ärztebl. 88, Heft 38, 19. September 1991

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Betreuung durch Mitglieder des „therapeutischen Teams"

durch die medizinische Prognose ab- gedeckt ist und auf die hin ein Be- handlungsziel ins Auge gefaßt wer- den kann. Der Handlungsspielraum der Geriatrie liegt zwischen der Irre- versibilität der Krankheitsfolgen auf der einen Seite und dem Optimieren der Bewältigungsmöglichkeiten auf der anderen Seite. Um zu einer an- gemessenen Krankheitseinsicht zu gelangen, erfährt der Patient psycho- soziale Unterstützung, die ihm auch dabei hilft, die mögliche Perspektive für sein künftiges Leben zu akzeptie- ren. Geriatrie will also, wie es der Schweizer Geriater Chappuis einmal formuliert hat, den Patienten befähi- gen, seinen Lebensweg zu sehen, zu gehen und zu gestalten — ob dieser Weg nun nach Hause, in eine statio- näre Einrichtung oder ans Lebens- ende und in den Tod führt.

Geriatrie muß daher mehr sein als die Medizin für das höhere Le- bensalter; die differentia specifica, die die Geriatrie von der Medizin anderer Lebensalter unterscheidet, ist erstens die konsequente Ganz- heitlichkeit ihres Vorgehens in jeder Phase der Behandlung. Zweitens gilt für die Geriatrie — wie auch für die Rehabilitationsmedizin insgesamt —, daß in aller Regel nicht die Wieder- herstellung des Patienten „ad inte- grum" das Ziel der Behandlung sein kann, sondern die Verbesserung sei- ner Befunde und Fähigkeiten „ad optimum". Und dieses Optimum mißt sich an der erreichbaren Le- bensqualität eines Patienten: Ver- besserung oder Erhaltung der Selbst- versorgungsfähigkeit, Verminderung der Hilfebedürftigkeit, Vermeidung von Pflegeabhängigkeit.

Der Kliniker in der Geriatrie muß zunächst einmal ein gewiefter Diagnostiker sein. Er muß unter- scheiden zwischen altersbedingtem organischem Leistungsabfall und ei- nem präklinischen oder symptom- armen, aber behandlungsbedürftigen Krankheitsgeschehen. Auf die Poly- pathien seines Patienten darf er nicht mit Polypragmasie reagieren, sondern er muß einen Spürsinn für das Kernproblem eines Patienten entwickeln und dieses gezielt ange- hen — unter Einsatz aller geeigneten therapeutischen Mittel. Das setzt voraus, daß der Geriater sich mit den

Indikationen, den fachlichen Metho- den und Möglichkeiten der Physio- therapie, der Krankengymnastik, der Ergotherapie, Logopädie und Psy- chologie genauestens vertraut ge- macht hat. Bei Bedarf zieht er Konsi- liarii des gesamten Spektrums medi- zinischer Fachgebiete hinzu

Schlüsselrolle: Kranken- und Altenpflege

Eine Schlüsselrolle in der geria- trischen Versorgung kommt der Kranken- und Altenpflege zu. Das Pflegepersonal umgibt den Patienten 24 Stunden am Tag. Es erlebt ihn mit den Angehörigen, nimmt Verände- rungen seines Befindens zuerst wahr und verkörpert mehr als alle anderen Mitarbeiter-Gruppen das therapeu- tische Milieu der Klinik. Grundsätz- lich gilt für die Pflege in der Geria- trie, daß sie nicht mütterlich-behü- tend sein darf, daß sie immer ein we- nig weniger an Hilfe bietet, als der Patient erwartet, und diese Hilfe sukzessiv reduziert. Diese Pflege, die fördert durch Fordern, bezeichnet man als therapeutisch-aktivierende Pflege.

Organisatorisch zeichnen sich geriatrische Kliniken durch eine dif- ferenzierte Binnenstruktur aus, beste- hend aus den Bereichen, die die un- terschiedlichen Aufgaben (Akutver- sorgung, Rehabilitation, Langzeit- versorgung) sowohl vollstationär als auch teilstationär wahrnehmen.

Gleichzeitig kooperieren sie mit ex-

ternen Einrichtungen der ambulan- ten Pflege, Nachsorge und Präventi- on (Sozialstationen, Hausärzte, Be- ratungsstellen usw.). Daß eine lük- kenlose Verzahnung von stationä- rem und ambulantem Sektor auf der Basis eines einheitlichen therapeuti- schen Konzepts erst noch die tradi- tionellen Grenzen unterschiedlicher Zuständigkeiten und Kostenträger- schaft überwinden muß, ändert nichts an ihrer logischen Folgerich- tigkeit und praktischen Notwendig- keit. In Dänemark zum Beispiel, wo es für medizinische und sozialpflege- rische Versorgung keine unter- schiedliche Kostenträgerschaft gibt, sind deshalb viel bessere und zudem kostengünstigere Lösungen möglich als bei uns.

Auf ihren Rehabilitationsstatio- nen (oder auch als eigene Station) führen geriatrische Kliniken eine Anzahl von Akutbetten zur Behand- lung internistischer Erkrankungen, bei denen keine Intensivmaßnahmen erforderlich sind. Dekompensatio- nen bei Herzinsuffizienz, Entglei- sungen bei Diabetes mellitus, Bron- chial- und Harnwegsinfekte, Exsik- kosen, Decubitalulcera u. a. Krank- heitsbilder bei älteren Patienten werden hier behandelt.

Daneben werden auch Langzeit- betten in angemessener Zahl vorbe- halten für Patienten, die auf längere Sicht intensive pflegerische Betreu- ung unter stetiger ärztlicher Kontrol- le der Medikation und sonstiger Be- handlungsmaßnahmen brauchen.

Hierzu zählen zum Beispiel Apalli- Dt. Ärztebl. 88, Heft 38, 19. September 1991 (23) A-3087

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Tabelle: Gesundheitssystem für den älteren Mitbürger

Betreuungsform Institution medizinische Leistung

Geriatrische Klinik oder

Krankenhausabteilung;

darin:

—Akut-Geriatrie

— Geriatrische Rehabilitation

— Geriatrische Langzeitstation

Spezielle

geriatrische Diagnostik, Akut-Behandlung, aktivierende Pflege Medizinisch-geriatrische Therapie

Med. Versorgung, Aktivierende Pflege, Erhaltungstherapie

stationär

Geriatrisches Pflegeheim

aktivierende Pflege, Erhaltungstherapie, medizinische Versorgung

stationär

Spezielle

geriatrische Diagnostik, medizinisch-geriatrische Behandlung und

Rehabilitation, Prävention Geriatrische

Tagesklinik

teilstationär

Tagespflegeheim für ältere Menschen

Aktivierende Pflege, Erhaltungstherapie, präventive Maßnahmen

teilstationär

Sozialstation Häusliche Krankenpflege, Hauspflege, Sozialberatung

ambulant

Praxis niedergel.

—Ärzte

—Krankengymnasten

—Erhgotherapeuten

—Logopäden

Geriatrische Rehabilitation und Erhaltungstherapie, Geroprophylaxe

ambulant

betreute Wohnung oder therapeutische Wohngemeinschaft

Rehabilitation

und Erhaltungstherapie, psycho-soziale Betreuung

ambulant

Beratungsstellen Gesundheits-, Ernährungs-, Wohn- und Kontaktberatung

ambulant ker und ältere Karzinom-Patienten

im Finalstadium, sowie alle Patien- ten, bei denen Komplikationen im Rehabilitationsverlauf aufgetreten sind, und die jetzt weniger intensiv, aber langfristig therapiert werden oder auf ihre Verlegung in eine ge- eignete Dauerpflegeeinrichtung war- ten. Ferner werden hier auch Betten für die Kurzzeitversorgung pflegebe- dürftiger alter Menschen vorgehal- ten, deren Angehörige vorüberge- hend die Pflege nicht versehen kön- nen.

Therapeutisches Team

• Den Schwerpunkt ihrer Auf- gabe sehen geriatrische Kliniken darin, durch gezielte Rehabilitati- onstherapie die durch ein akutes Er- eignis oder Verschleißerscheinungen beeinträchtigte Funktionsfähigkeit eines alten Menschen soweit wieder herzustellen, daß er ein möglichst selbständiges und von fremder Hilfe unabhängiges Leben in der ihm ver- trauten Umgebung weiterführen kann. Um gezielt auf dieses Ergebnis

hin therapieren zu können, muß das Ensemble der körperlichen, seeli- schen und sozialen Hintergründe und Auswirkungen der Erkrankung zum Ausgangspunkt der Behandlung gemacht werden.

Aus dem Prinzip der Ganzheit- lichkeit und der funktionellen Ziel- setzung resultiert das wesentliche Strukturelement geriatrischer Klini- ken: die Organisation der Stations- mitarbeiter als therapeutisches Team. Die traditionelle hierarchi- sche Organisationsstruktur des me- dizinischen Personals („der Arzt und seine Gehilfen") wäre in der geriatri- schen Rehabilitation geradezu dys- funktional. Angefangen von der Ein- schätzung des Rehabilitationspoten- tials bei Aufnahme und der Formu- lierung eines Behandlungsziels bis zur Entlassungsvorbereitung tragen alle therapeutischen Berufsgruppen völlig gleichberechtigt zur Planung und Durchführung der Therapie bei.

Der Stationsarzt als der für das medizinische Handeln Verantwortli- che ist der Leiter des Stationsteams Er schätzt den Allgemeinzustand, die Belastbarkeit und die Prognose des Patienten ein, verordnet auf die- ser Basis die Therapien und über- wacht ihre Durchführung. Aber die wichtigen Entscheidungen im gesam- ten Rehabilitationsverlauf werden nach gemeinsamem Abwägen und Erörtern aller Probleme und Res- sourcen des Patienten im therapeuti- schen Team getroffen.

Bei den regelmäßig stattfinden- den Teamsitzungen werden Er- kenntnisse und Eindrücke über den aktuellen Behandlungsstand ausge- tauscht, die die einzelnen bei ihrer Arbeit mit dem Patienten gewonnen haben, soweit diese Informationen von Bedeutung für den weiteren Therapieverlauf sind. Das Ergebnis eines Hausbesuchs durch den Ergo- therapeuten löst unter Umständen mehr Aktivitäten beim Sozialdienst (Hilfsmittelversorgung, Veranlas- sung von Umbauten in der Woh- nung) und bei der Krankengymna- stik (Anpassungstraining) aus als bei den Ergotherapeuten selber Immer wieder wird die Therapieplanung dem Verlauf entsprechend verändert und nötigenfalls wird zum Beispiel auch das ursprüngliche Behand- A-3088 (24) Dt. Ärztebl. 88, Heft 38, 19. September 1991

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lungsziel durch ein (erweitertes oder reduziertes) anderes ersetzt.

Die wichtigsten Krankheitsbil- der in der geriatrischen Rehabilitati- on sind

> Zustand nach Schlaganfall, Frakturen, Amputationen, Endopro- thetik, neurochirurgischen Interven- tionen;

> Neurologische Erkrankun- gen wie M. Parkinson, Multiple Skle- rose;

> Internistische Erkrankungen wie karidale Dekompensation, Pneu- monie, Tumorkrankheiten.

In der Regel stellen die Hemi- plegie-Patienten den weitaus größ- ten Teil aller Rehabilitationsfälle.

Das macht es erforderlich, daß alle Mitarbeiter, die mit Patienten zu tun haben, dazu angeleitet und ausgebil- det werden, sich zum Beispiel nach dem Bobath-Konzept zu verhalten.

Bis zur Stationshilfe weiß jeder, daß der Nachttisch auf der betroffenen Seite zu stehen hat, daß jede An- sprache und jeder Reiz von der He- miseite her an den Patienten gerich- tet wird. Jede Schwester beherrscht — zur Schonung des Patienten und auch der eigenen Kräfte — das Hand- ling und Lagern nach „Bobath".

Krankengymnastik und Ergothe- rapie versuchen, durch Hemmung der Spastizität und das Neuanbah- nen von physiologischen Bewegungs- abläufen die körperliche Integrität des Schlaganfallpatienten wieder- herzustellen. Vermieden wird heute das Kompensieren über die gesunde Seite, weil damit zwar schnelle „Er- folge", aber keine Heilungen zu er- zielen sind. Patienten mit Aphasien, Dysarthrien, Schluck- und Kaustö- rungen werden von Logopäden be- handelt. Dabei wird gleichzeitig mit der Sprach- und orofazialen Thera- pie auch psychotherapeutische Be- treuung geleistet, weil Aphasiker un- ter ihrer Störung besonders schwer leiden.

Besonders wichtig:

Sozialarbeit

Insgesamt verfolgt die geriatri- sche Rehabilitation zwei Ziele: Sie trainiert die körperlichen und psy- chosozialen Fähigkeiten des Patien-

Das Ziel der Behandlung sollte die „Verbes serung der Fähigkeiten" sein

ten, damit er den praktischen Anfor- derungen des täglichen Lebens ge- wachsen ist, und sie stärkt sein Selbstvertrauen, daß er seine Krank- heit akzeptieren und mit seiner Be- hinderung leben lernt.

Dementsprechend hoch ist der Stellenwert der Sozialarbeit in der Geriatrie. Sie muß die Verbindung zwischen dem Drinnen und dem Le- ben draußen aufrecht erhalten. Es gibt keine stärkere Motivation für ei- ne engagierte Teilnahme an den Therapien als den Wunsch, in ein Zuhause, zu einem geliebten Men- schen oder in eine vertraute Umge- bung zurückzukehren. Die sozialen Beziehungen des Patienten sind ein kostbares Gut, das gehegt und ge- pflegt werden muß. Angehörigenar- beit (Beratung, Anleitung, Ausspra- che) gehört zu den Aufgaben der Schwestern, der Ärzte und der The- rapeuten — schwerpunktmäßig aber betreut der Sozialdienst den ganzen Komplex der sozialen Einbindung.

Ahnliches gilt für die Vorberei- tung der Entlassung und der Nach- sorge, die zwar das gesamte Team von Anfang an im Blick haben muß, deren Durchführung dann aber Auf- gabe des Sozialdienstes ist. Hausbe- suche mit dem Patienten, Probeent- lassungen, um die Belastbarkeit von Patient und Angehörigen zu testen, die rechtzeitige und ausführliche Kontaktaufnahme zu einer Sozialsta- tion, die die eventuell notwendige

häusliche Krankenpflege und Haus- pflege übernehmen kann, ein detail- lierter Bericht an den weiterbehan- delnden Hausarzt — das sind einige der absichernden Maßnahmen, um ein Scheitern der Entlassung zu ver- hüten.

Wenn eine Entlassung nach Hause nicht möglich ist, muß sehr sorgfältig ein angemessener Einrich- tungstyp für die weitere Betreuung gesucht werden. Auf keinen Fall darf das Versorgungsniveau höher sein, als es der betreffende alte Mensch benötigt. Eine leichte Überforde- rung ist günstiger für ihn als eine permanente Unterforderung, die ihn in Passivität und Immobilität verfal- len läßt.

Neben der gezielten, kurativen Rehabilitation ist auch eine thera- peutische Behandlung zur präventi- ven Rehabilitation alter Menschen sinnvoll. Für die Durchführung einer solchen Maßnahme ist die geriatri- sche Tagesklinik hervorragend geeig- net. Bei multimorbiden Alterspa- tienten muß am Beginn eine gründli- che (teil)-stationäre Diagnostik und Befundung stehen, um dann präven- tiv gegen weiteren Leistungsabfall und fortschreitende Funktionsein- schränkungen therapeutisch ange- hen zu können.

• Die Aufrechterhaltung von Lebensqualität auch im hohen Alter und bis ans Lebensende ist ein hoch- gestecktes, aber durch den großzügi- gen Einsatz des vorhandenen Wis- sens und der gesellschaftlich verfüg- baren Mittel erreichbares Ziel.

Literatur: Elisabeth Steinhagen-Thies- sem Konzepte von Prävention und Rehabi- litation in der Geriatrie, in: Hans-Werner Müller (Hrsg.): Prävention von Krankhei- ten im Alter. Referate anläßlich des XXI.

Kongresses der Deutschen Zentrale für Volksgesundheitspflege e. V. (DZV), 17./18. Oktober 1990 in Frankfurt, Schrif- tenreihe der DZV, Frankfurt/Main, April 1991

Anschrift der Verfasser.

Barbara Herkommer, Dipl.-Soziologin,

Prof. Dr. med. Elisabeth Steinhagen-Thiessen

Max-Bürger-Krankenhaus/

Freie Universität Berlin Geriatrie III

Sophie-Charlotten-Straße 115 W-1000 Berlin 19

Dt. Ärztebl. 88, Heft 38, 19. September 1991 (25) A-3089

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